Die Offenbarung Jesu Christi

Sendschreiben an die sieben Versammlungen

Das „was ist“ beschreibt den Zustand der sieben Gemeinden in Asien, wie wir in den folgenden Briefen sehen werden. Sie sind aber auch eine kurzer prophetischer Abriss der gesamten Kirchengeschichte auf der Erde. Während in Paulus' Brief an die Epheser die Kirche als Leib Christi gesehen wird, die natürlich nicht gerichtet werden kann, wird sie in der Offenbarung nur als bekennendes System gesehen, das Christus verantwortlich ist und ihrer Treue entsprechend wird sie beurteilt. In diesen Briefen wird das Gericht angekündigt, aber nicht vollstreckt.

Bevor wir in die Details gehen, sollten wir zwei Dinge beachten. Erstens: in den drei ersten Briefen wird das Kommen des Herrn nicht erwähnt, während es in den anderen Briefen besonders betont wird. In den ersten drei Briefen finden wir auch die Aufforderung zum Hören vor der Verheißung für die Überwinder, während es in den anderen vier Briefen genau umgekehrt ist. Selbst bei einem menschlichen Autor wäre solch ein Wechsel wohl kaum zufällig, in Gottes Wort ist ein Zufall ausgeschlossen. Es muss daher einen triftigen Grund für diesen Unterschied geben. Die einfachste Erklärung ist, dass in den ersten drei Briefen die Kirche, trotz Versagen, nicht als hoffnungslos schlecht angesehen wird und daher wird die gesamte Körperschaft aufgefordert: „Höre, was der Geist den Versammlungen sagt!“ In den darauffolgenden Briefen wird die Kirche insgesamt als verdorben betrachtet, so dass keinem gesagt werden kann, zu hören, was der Geist sagt, ausgenommen den Überwindern, den wahren Gläubigen inmitten einer verdorbenen bekennenden Kirche.

Diese Erklärung stützt den Gedanken, dass in diesen Briefen ein prophetischer Überblick der Geschichte der Christenheit gegeben wird, von dem Verlassen der ersten Liebe, wie in Ephesus, bis hin zu Laodizea, denen angekündigt wird, dass Christus sie schließlich ausspeien wird. In den ersten drei Perioden gibt es immer noch ein gemeinsames Gewissen, so dass die ganze Versammlung ermahnt wird zu hören. Bei den letzten vier Versammlungen hingegen ist das gemeinsame Gewissen nicht mehr vorhanden und der Appell kann sich nur an die wahren Gläubigen richten. Die ersten drei Perioden werden vor dem Kommen des Herrn bereits beendet sein, so dass dieses Ereignis nicht in den Briefen erwähnt wird. Die vier anderen entstehen nacheinander in der Reihenfolge der Briefe und bestehen zusammen bis zum Schluss, so dass in diesen Briefen das Kommen des Herrn oder dessen Auswirkung entweder als Hoffnung oder als Warnung vorgestellt wird.

Dass diese Briefe auch prophetischen Charakter haben, wird zudem durch die Anzahl der Kirchen und die bemerkenswerte Übereinstimmung mit historischen Tatsachen gestützt. Warum ausgerechnet sieben Kirchen? Die Zahl sieben wird in der Offenbarung immer verwendet um einen vollständigen Zyklus zu beschreiben. Was könnte daher noch wahrscheinlicher oder noch kostbarer sein als dass der Herr uns symbolisch mit diesen sieben Versammlungen einen Einblick in die verschiedenen Perioden der Christenheit während der gesamten Kirchengeschichte geben möchte. Hätte eine bestimmte Anzahl Versammlungen Briefe erhalten, jede entsprechend ihrem Zustand und der Umstände, in denen sie sich befand, hätte eine symbolische Zahl keine Bedeutung gehabt. Geht man davon aus, dass die Briefe neben ihrem unmittelbaren Zweck auch einen prophetischen Aspekt haben, sehen wir in der Zahl sieben eine vollkommene Harmonie mit dem symbolischen Charakter des Buchs.

Die Parallelen zwischen dem Zustand, der in den Briefen beschrieben wird, und den verschiedenen Perioden der Kirchengeschichte von der ersten bis zur letzten Zeit, werden wir bei der Betrachtung der Briefe im Detail noch sehen.

Jedes Schreiben besteht aus vier Teilen:

  1. Die besondere Art und Weise, wie der Herr sich vorstellt,
  2. das Gericht, das Er verkündet und die Ermunterungen oder Warnungen, die Er äußert,
  3. die Belohnung, die Er dem Überwinder verspricht, und
  4. die Ermahnung „Höre, was der Geist den Versammlungen sagt!“

Bei Letzterem finden wir immer den gleichen Wortlaut, obwohl, wie bereits erwähnt, die Reihenfolge nicht immer gleich ist. Die anderen Teile sind immer unterschiedlich und haben stets einen mehr oder weniger offensichtlichen Bezug zueinander. Wir werden nun die Briefe einzeln betrachten.

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