Botschafter des Heils in Christo 1877

Der Gott des Friedens

Der Titel, unter welchem der Heilige Geist Gott hier einführt, ist besonders ausdrucksvoll. Er nennt Ihn „den Gott des Friedens.“ Das ist Er für uns, und zwar in Verbindung mit dem geöffneten Grab des „großen Hirten“ und auf Grund „des Blutes des ewigen Bundes.“ Wir haben hier den Gott des Friedens und den Herrn Jesus, das Blut des ewigen Bundes und die Auferstehung aus den Toten.

Es gibt jedoch noch einen anderen Titel, unter welchem Gott erkannt werden muss, bevor die Seele sich in Ihm, als „dem Gott des Friedens“, erfreuen kann, und zwar als „der Gott des Gerichts.“ Vom Frieden zu reden, bevor den Anforderungen Gottes bezüglich dieses letzten Charakters entsprochen ist, ist die größte Torheit. Gott kann in keiner Weise Frieden mit der Sünde haben. Solange sie nicht hinweggetan ist, kann kein Frieden mit Gott vorhanden sein. Da mag der Frieden der Unwissenheit, der Frieden einer fleischlichen Sicherheit, eines verhärteten Herzens oder eines völlig abgestumpften Gewissens sein; aber da ist kein Frieden mit Gott, solange die Sünde ungerichtet bleibt.

Auf was für einem Grund aber kann der Apostel von „dem Gott des Friedens“ reden? Der Grund ist dieser: „der Gott des Gerichts“ begegnete dem Sündenträger auf dem Kreuz und brachte dort die ganze Frage der Sünde für immer in Ordnung. Der göttliche Stellvertreter machte Frieden durch das Kreuz, damit „der Gott des Friedens“ uns ohne Gericht begegnen könnte an dem geöffneten Grab. Alles, was der Gott des Gerichts gegen meine Sünden hatte, legte Er auf das Haupt meines Stellvertreters auf dem Kreuz, damit ich Ihn als den Gott des Friedens kennen und genießen mochte. Dies ist die Fundamentalwahrheit, welche, wenn sie einfach geglaubt wird, dem Gewissen einen bestimmten Frieden geben muss. Die Gerechtigkeit Gottes ist in Betreff der Sünde völlig befriedigt worden durch den Tod Christi. Noch mehr: Gott ist in Betreff der Sünde durch den Tod Christi verherrlicht worden. Durch das Blut des Kreuzes ist Gott nicht nur vollkommen befriedigt, sondern auch für immer verherrlicht worden. Dies muss jedem Frieden geben, der einfach glaubt.

Ach, wie schwach sind unsere Gedanken bezüglich des Evangeliums trotz seiner moralischen Größe, worin es in der Heiligen Schrift vor uns erscheint! Es wird oft in einer Weise vorgestellt, dass man meinen sollte, die Vergebung der Sünden sei die Frucht der Ausübung der Gnade auf Kosten der Gerechtigkeit, oder die Gerechtigkeit willige ein, bei Seite gesetzt zu werden, damit die Gnade vergebe und errette. Wie verschieden ist dies von den bewundernswürdigen Gedanken der Erlösung, die aus dem Herzen Gottes hervorgegangen sind! Sie haben ihren Ursprung in den Ratschlüssen Gottes vor Grundlegung der Welt, sie sind vollzogen durch „das Blut des ewigen Bundes“, sind durch den Heiligen Geist in den Schriften der Wahrheit offenbart und werden durch den Glauben aufgenommen in den Herzen derer, welche durch die Gnade versiegeln, dass „Gott wahrhaftig ist.“ Da sind Gnade und Wahrheit, Gerechtigkeit und Frieden völlig vereinigt, so dass der Sünder ebenso bestimmt durch Gerechtigkeit und Wahrheit, als durch Gnade und Frieden errettet ist. Erstere sind ebenso sehr für ihn als letztere. Gerechtigkeit und Gericht sind die Pfeiler des mit Blut besprengten Throns der Gnade, dem der errettete Sünder in Anbetung naht.

Woher aber kann ich wissen, fragst du vielleicht, dass der Gott des Gerichts Christus auf dem Kreuz begegnet ist und die große Frage der Sünde für immer in Ordnung gebracht hat? Muss ich es nicht in mir fühlen, oder muss nicht irgendetwas in mir vorgehen, oder habe ich nicht etwas zu tun, bevor ich es wissen kann? Nichts von alle dem; „der Gott des Friedens hat den großen Hirten aus den Toten wiedergebracht.“ Hierdurch weih ich, dass die Frage der Sünde für immer in Ordnung gebracht ist. Wäre sie nicht in Ordnung gebracht, so würden wir nie etwas von „dem Gott des Friedens“ vernommen, nie etwas von dem geöffneten Grab „des großen Hirten“ gehört und nie etwas von der unwandelbaren Wirksamkeit „des Blutes des ewigen Bundes“ gewusst haben. „Der Gott des Friedens“ würde nie auf dem Schauplatz erschienen sein, wenn nicht alle Forderungen „des Gottes des Gerichts“ völlig befriedigt waren – befriedigt durch das Blut des ewigen Bundes. Nichts anders konnte nützen. Alle guten Werke, die je von Menschen unter dem Himmel geschehen, alle Ehrbarkeit, alle fleischliche Frömmigkeit, alle gesetzliche Gerechtigkeit, alle gespendeten Wohltaten – ja dieses alles und zehntausendmal mehr würde nimmer die Forderungen des Gottes des Gerichts in Bezug auf meine Sünden befriedigt haben. Aber der Tod Christi hat sie völlig für mich befriedigt. Das Opfer seiner selbst steht vor dem Auge einer unendlichen Heiligkeit in all seinen einzelnen Vollkommenheiten, in all seiner göttlichen Vollgültigkeit. Es braucht nichts hinzugefügt zu werden; es entspricht jedem Bedürfnis. Was bedarf ich noch mehr als Grund meines Friedens? Nichts mehr: Gott ist völlig befriedigt und ebenso ich; die Sache ist für immer in Ordnung gebracht; sie kann durch niemand und durch nichts je erschüttert werden.

Bist du befriedigt, geliebter Leser? Ist Christus genug, für dich? Hat Er genug getan, um den Anforderungen deines Gewissens zu begegnen? Hast du nötig, zu seiner vollgültigen Versöhnung noch etwas hinzuzufügen? Wenn nicht, worauf wartest du denn? Du sagst vielleicht: Ich fühle es nicht. Freilich, wir werden nicht durchs Gefühl, sondern durch Glauben errettet. „Der Gerechte wird – nicht durchs Gefühl, sondern – durch Glauben leben.“ Erkennst du nicht, dass du, indem du sagst: ich fühle es nicht, schon auf einem gesetzlichen Grund – auf dem Grund der Werke bist? Du magst das äußerliche Wirken zwar aufgegeben haben, allein du blickst auf das innerliche. Das Eine aber ist so wertlos, wie das Andere. Gib beides als einen Grund der Errettung völlig auf und nimm Christus an. Dies ist es, was du bedarfst, um wirklich glücklich zu sein. Wenn du jemand sagen hörtest: Ich bin jetzt glücklich, ich habe Frieden mit Gott, weil ich tausend Taler an die Armen gegeben habe, würdest du das nicht für Selbstbetrug halten? Ohne Zweifel; und doch sagst du: Wenn ich es fühlen könnte, würde ich glücklich sein. Worin liegt der Unterschied zwischen „tun“ und „fühlen?“ Ist nicht, als Grundlage für den Frieden eines Sünders, das Eine ebenso unsicher wie das Andere? Würde es nicht besser sein, an Stelle von beiden Christus zu setzen? Ist in Ihm nicht genug ohne unsere Gefühle und ohne unsere Werke? Wenn deine Gefühle oder deine Werke notwendig gewesen wären, warum hat denn „der Gott des Friedens unseren Herrn Jesus aus den Toten wiedergebracht?“ Ist es nicht augenscheinlich, dass du etwas anderes als Grund des Friedens suchst, als das, was dir im Evangelium dargestellt wird? – Ich wünsche von Herzen, dass du jetzt und für immer in Christus ruhen mögest, dass Er für dich genug sei, wie Er für Gott genug ist. Deine Gefühle und Werke der rechten Art werden gewiss hervorkommen; doch nicht als ein Grund des Friedens, sondern als die vor Gott angenehmen Früchte einer erlangten Errettung, als der Ausfluss eines Lebens, das durch den Glauben Christus besitzt.

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