Botschafter des Heils in Christo 1866

Gedanken über die Leiden Christi

Die Leiden Christi sind ein Gegenstand, der unsere ganze Aufmerksamkeit fordert. Wir erblicken darin sowohl die Herrlichkeit Christi, als auch die Liebe Gottes – sowohl die Größe unserer Sünde, als auch die unsere Erlösung bewirkende Macht Gottes. Dazu ist sein Mitgefühl, seine Teilnahme, betreffs unserer Bedrängnis in einer Welt voll Elend, so tröstend, so beruhigend und Zugleich so erhebend für unsere Seele, dass wir deren Verwirklichung in unseren Herzen nicht hoch genug zu schätzen vermögen.

Bei der Betrachtung dieses Leidens müssen wir indes zunächst auf den Unterschied zwischen den Leiden Christi, welches der Mensch bewirkt, und dem Leiden, welches Gott Ihn: auferlegt hat, unser Augenmerk richten. Das erstere Leiden gewähren wir in seinem Leben vor dem Kreuz; das Letztere nur auf dem Kreuz. Wir wissen, dass der Herr von Seiten des Menschen zu leiden hatte. Er wurde verachtet und verworfen durch den Menschen. Die Welt hasste Ihn, weil Er bezeugte, dass ihre Werke böse seien. Er war das Licht, und „Jeder, der Böses tut, hasst das Licht, und kommt nicht zu dem Licht, damit seine Werke nicht bloßgestellt werden“ (Joh 3,20). Christus litt, mit einem Wort, weil Er gerecht war. Er teilte das Los Abels, der in dieser Beziehung ein Vorbild von der Geschichte Jesu ist. Kam tötete Abel, „weil seine Werke böse und die seines Bruders gerecht waren.“ Man braucht nur die Geschichte Jesu zu lesen; und von ihrem Beginn bis zu ihrem Ende wird man sehen, wie Er gehasst, verschmäht, verspottet, gesteinigt und endlich als ein Missetäter ans Kreuz genagelt worden ist. Und all dieses litt Er um der Gerechtigkeit willen. Die Feindschaft der Juden war es, die Ihn ans Kreuz heftete. Der ganze Hass des menschlichen Herzens wälzte sich in vereinter Kraft auf Ihn und fand seinen Ausdruck in den schrecklichen Worten: „Kreuzige, kreuzige Ihn!“ Man konnte die Offenbarung der Heiligkeit und der Liebe Gottes nicht ertragen; und darum musste Jesus von der Erde vertilgt werden. Die sündige Welt vermochte dem Blick des Gerechten nicht zu begegnen. – Und was fühlte die Seele Jesu unter diesem allen? Wir finden dieses deutlich ausgedrückt in Psalm 42. Seine Seele verlangt nach Gott, sowie der Hirsch lechzt nach Wasserbächen. „Meine Tränen sind mir zur Speise Tag und Nacht, weil sie den ganzen Tag zu mir sagen: Wo ist dein Gott?“ ... „Sagen will ich zu Gott, meinem Fels: Warum hast du mich vergessen? Warum gehe ich trauernd unter der Unterdrückung des Feindes? Mit Zermalmung in meinen Gebeinen höhnen mich meine Bedränger, wenn sie den ganzen Tag zu mir sagen: Wo ist dein Gott?“ – Welch eine rührende Klage! Er war beengt und niedergebeugt unter dem Druck des Feindes. Doch zu gleicher Zeit setzte Er volles Vertrauen auf die Gemeinschaft mit Gott. Nicht wie am Kreuz seufzte Er: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“ – sondern: „Was beugst du dich nieder, meine Seele, und bist unruhig in mir? Harre ans Gott! denn ich werde Ihn noch preisen für die Heilbringung seines Angesichts.“ Darum sagt Er auch: „Mein Vater erhört mich allezeit.“ Wie drückend sein Leiden auch war, so litt Er doch stets in Gemeinschaft mit Gott und wandelte ohne Unterbrechung in dem Licht des freundlichen Antlitzes Gottes.

Dieses leitet uns unvermerkt zu der Anschauung, dass der Herr in seinem Leben vor dem Kreuz in keiner Hinsicht der Träger der Sünden war; denn in diesem Fall würde Er während seines ganzen Lebens unter dem Zorn Gottes und keineswegs in der Gemeinschaft mit dem Vater gewesen sein. Gott kann sein Wohlgefallen nicht an jemandem haben, der die Sünde trägt; Er kann nicht in Gemeinschaft wandeln mit einer Person, die sich unter seinem Zorn befindet. Darüber gibt uns das Kreuz den deutlichen Aufschluss. Sobald Christus an unserer statt die Sünden trägt und der Zorn Gottes über Ihn kommt, ist Er von Gott verlassen. Obwohl Er in sich selbst rein und von den Sündern abgesondert war, so konnte Gott dennoch, sobald Er Ihn an unserer statt mit Sünden beladen sah, weder Gemeinschaft mit Ihm üben, noch sein Flehen erhören.

Die Schrift sagt uns darum auch ausdrücklich, dass der Herr unsere Sünden an seinem Leib an dem Holz getragen habe (1. Pet 2,24). Der Zusammenhang, in welchem diese Worte vorkommen, macht uns diese Tatsache noch anschaulicher. Petrus bezeichnet es als ein Vorrecht, um des Gewissens vor Gott willen Beschwerden auszuhalten, indem man ungerecht leide, und stellt uns Ihn als Vorbild hin, – „welcher keine Sünde tat und in dessen Mund kein Betrug erfunden ward, der, gescholten, nicht wieder schalt, leidend, nicht drohte, sondern sich dem befahl, der recht richtet.“ – So war der Herr in seinem Leben. Und nun lässt Petrus die Worte folgen: „Welcher selbst unsere Sünden an seinem eigenen Leib getragen hat an dem Holz.“ Sobald es sich um das Tragen unserer Sünden handelt, fügt er ausdrücklich die Worte bei: „An dem Holz“, um dadurch anzudeuten, dass dieses nicht schon früher der Fall gewesen sei.

Denselben Unterschied finden wir in Jesaja 53: „Er hatte keine Gestalt noch Schöne wir sahen Ihn, aber da war kein Ansehen, dass wir sein begehrt hätten. Er war der Allerverachtetste und Unwerteste, ein Mann der Schmerzen, und mit Krankheit vertraut; dass man auch das Angesicht vor Ihm verbarg, so verachtet, dass wir Ihn für Nichts hielten. Fürwahr, Er trug unsere Krankheiten, und lud auf sich unsere Schmerzen“ (V 2–4). Dies ist die Beschreibung des Lebens und Leidens Jesu vor dem Kreuz; und dass es so ist, finden wir deutlich in Matthäus 8,16–17, wo die durch Jesus verrichteten Wunder als eine Erfüllung jener Worte betrachtet werden: „Er selbst hat unsere Schwachheiten genommen und unsere Krankheiten getragen.“ Dann aber folgt die Beschreibung des Leidens am Kreuz, indem wir lesen: „Wir aber hielten Ihn für einen, der gestraft und von Gott geschlagen und gemartert wäre; aber Er ist um unserer Missetat willen verwundet, und um unserer Sünden willen Zerschlagen. Die Straft liegt auf Ihm, auf dass wir Frieden hätten, und durch seine Wunden sind wir geheilt“ (Jes 53,4–5). – Ebenso sagt Paulus in Römer 4,25, dass Christus unserer Übertretungen wegen dahingegeben sei, wodurch selbstredend nicht sein Kommen auf die Erde, sondern sein Tod am Kreuz angedeutet wird.

Hätte der Herr in seinem Leben vor dem Kreuz die Sünden getragen, so würde Er, wie bereits bemerkt, während seines ganzen Lebens von Gott verlassen und außer seiner Gemeinschaft gewesen sein. Im Evangelium finden wir jedoch gerade das Gegenteil. Schon die Menschwerdung fand statt inmitten der Wonne des Himmels. Die Engel feierten durch ihr Lob dieses wunderbar große Ereignis und der Heilige Geist füllte die menschlichen Gefäße mit dem Öl der Freuden. Die Engel des Herrn und eine Menge himmlischer Heerscharen, bejahrte Männer und Frauen, Priester in dem Tempel und Hirten auf dem Feld – alle verkündigten in ihrer Weise und nach ihrem Maß die vollkommene und allgemeine Freude. – Bei der Taufe des Herrn durch Johannes stieg der Heilige Geist in der Gestalt einer Taube auf Ihn hernieder, während eine Stimme aus dem Himmel rief: „Dieser ist mein geliebter Sohn, an dem ich Wohlgefallen gefunden habe“ (Mt 3,17). Es war dieses jene in Jesajas 42,1 angekündigte Verheißung: „Siehe, da ist mein Knecht, ich erhalte Ihn; und mein Auserwählter, an welchem meine Seele Wohlgefallen hat. Ich habe meinen Geist auf Ihn gelegt.“ Dieselbe Erscheinung haben wir auf dem Berg der Verklärung. Die Wolke überschattete Jesus und Moses und Elias, und durch die Wolke drang die Stimme: „Dieser ist mein geliebter Sohn, an dem ich Wohlgefallen gefunden habe!“ (Mt 17,5) selbst in der Stunde, wo Jesus, erschüttert bei dem Gedanken an sein schreckliches Leiden, die Worte ausstieß: „Jetzt ist meine Seele bestürzt, und was soll ich sagen? Vater, rette mich aus dieser Stunde! Doch darum bin ich in diese Stunde gekommen. Vater, verherrliche deinen Namen!“ – kam, als unmittelbare Antwort auf seine Frage, die Stimme aus dem Himmel: „Ich habe Ihn verherrlicht und will Ihn wiederum verherrlichen“ (Joh 12,27–28).

Hier haben wir also unumstößliche Beweise, dass Jesus während seines Lebens nicht unter dem Zorn Gottes war und mithin unsere Sünden nicht trug. Gott zeugt von Ihm, dass Er sein Wohlgefallen an Ihm hatte. Und dies wäre unmöglich gewesen, wenn die Sünde auf seinen Schultern lastete. Nimmer würde dann der Himmel sich über Ihm eröffnet haben; nimmer hätte Er dann der Gegenstand der Anbetung des Himmels sein können. Als einen solchen aber bezeichnet Er sich, wenn Er zu Nathanael sagt: „Wahrlich, wahrlich ich sage euch: Von nun an werdet ihr den Himmel geöffnet sehen, und die Engel Gottes auf– und niederfahren auf den Sohn des Menschen“ (Joh 1,52).

Auch in Gethsemane finden wir dasselbe Zeugnis. Es war die Nacht vor den Leiden des Kreuzes. Der Herr hatte von seinen Jüngern Abschied genommen; Er hatte sie getröstet und ermutigt. Darauf war Er mit ihnen an den Ölberg gegangen, und dort, sie zurücklassend, blieb Er allein, um sich mit dem zu beschäftigen, was im Begriff war, über Ihn herein zu brechen. Diesen Augenblick benutzte der Teufel, um Ihm das Leiden des Kreuzes in seiner ganzen Schrecklichkeit vorzustellen und Ihn, wenn möglich, davon zurückzuhalten. Der Herr fühlte das Schreckliche dieses Todes um der Sünde willen und dieses Verlassenseins von Gott; Er fühlte das Furchtbare seiner Lage, welcher Er sich, wollte Er uns erlösen, unfehlbar unterwerfen musste. Sein Kampf war schwer; wie große Blutstropfen rann sein Schweiß zur Erde und in dem Elend, worin seine Seele schmachtete, rief Er: „Mein Vater, wenn es möglich ist, so gehe dieser Kelch an mir vorüber.“ Mit anderen Worten.– Wenn es möglich ist, Sünder zu erlösen, ohne diesen schrecklichen Streit streiten und diesen furchtbaren Tod sterben zu müssen, dann lass diesen Kelch an mir vorübergehen. Aber das war nicht möglich; und, wie Er bereits früher gesagt hatte: „Doch darum bin ich in diese Stunde gekommen“, so übergibt Er sich auch hier dem Willen des Vaters, indem Er sagt: „Doch nicht, wie ich will, sondern wie du willst!“ Der Kampf war ausgekämpft und der Teufel aus dem Feld geschlagen; der Herr hatte überwunden, und ein Engel kam, um Ihn zu stärken (Siehe Mt 26; Lk 22). Also auch in dieser fürchterlichen Stunde war Jesus nicht von Gott verlassen. Inmitten des heftigsten Kampfes redet Er Gott als seinen Vater an, welches auf dem Kreuz erst dann geschah, nachdem alles vollbracht war. Gestärkt durch den Engel, geht Er voll Mut der Söldnerschar entgegen und übergibt sich ihnen freiwillig und in vollkommener Ruhe. Nein, auch in Gethsemane trug Er unsere Sünden nicht, auch dort befand Er sich nicht unter dem Zorn Gottes; auch dort nahm Er unseren Platz nicht ein, um gestraft zu werden. Die wichtige Wahrheit, die wir dort finden, ist die, dass Christus, ungeachtet der Versuchung des Teufels, um das Leiden und Sterben als Opfer für die Sünde nicht auf sich zu nehmen, den Kelch des Zorns, durch seine Liebe zu uns getrieben, aus der Hand des Vaters freiwillig angenommen hat, um denselben am Kreuz zu leeren, und zwar unter dem Gefühl der entsetzlichen Schwere dieses Leidens.

Während seines Lebens auf der Erde war der Herr im Genüsse der vollkommenen Gunst Gottes; Er war in seiner fortdauernden Gemeinschaft und ein Gegenstand der Anbetung des Himmels. In den schwersten Leiden, die Er unter der Hand des Menschen zu erdulden hatte, vertraute seine Seele auf Gott und fand bei dem Vater Stärkung und Erhörung. Und selbst in jener Stunde, wo das Leiden für die Sünde Ihm in seiner ganzen Größe vorgestellt ward und Er dessen Tiefe und Schrecklichkeit fühlte, befand Er sich in Gemeinschaft mit dem Vater, und Gottes Wohlgefallen ruhte auf Ihm. Doch als der Mensch alles getan hatte, was er tun konnte, als er Jesus nicht nur verfolgt, verhöhnt, verspottet und geschlagen, sondern ihn auch ans Fluchholz geheftet hatte, als er in seiner Bosheit bis zur äußersten Grenze gegangen war, da, mit einem Mal, veränderte sich die Szene. Anstatt nun im Genüsse der Gunst Gottes und in seiner Gemeinschaft zu sein, ist Er von Gott verlassen und ruft laut: „Mein Gott! Mein Gott! warum hast du mich verlassen.“ Anstatt ein Gegenstand der Anbetung des Himmels zu sein, verfinstert sich drei Stunden hindurch der Himmel über Ihm. Welch ein Unterschied! Das ist nicht die Hand des Menschen, das ist die Hand Gottes. Wohl war Jesus von den Menschen verlassen. Er hing allein am Fluchholz; die Juden verspotteten Ihn, und seine Jünger waren geflohen. Doch deshalb brauchte Gott Ihn nicht zu verlassen. Gewiss würde Er es auch nicht getan haben, wenn nicht eine völlige Veränderung in seinem Zustand, stattgefunden hätte. Die Feindschaft der Menschen war nicht die Ursache, dass Jesus rufen musste: „Mein Gott! Mein Gott! warum hast du mich verlassen? fern von meiner Rettung, den Worten meines Gestöhns. Mein Gott! Ich rufe des Tages, und du hörst nicht; und des Nachts, – und mir wird kein Schweigen. Du aber bist heilig, der du wohnst unter den Lobgesängen Israels. Auf dich vertrauten unsere Väter; sie vertrauten, und du halfst ihnen aus. Zu dir schrien sie und wurden gerettet; sie vertrauten auf dich und wurden nicht zu Schanden. Aber ich, ich bin ein Wurm und kein Mann; der Menschen Hohn und der Verachtete des Volkes. Alle die mich sehen, spotten meiner; sie reißen die Lippen auf, schütteln den Kopf: ‚Wälze Er es auf Jehova! Der helfe ihm aus; Er rette Ihn, weil Er Wohlgefallen an ihm hat!‘“ (Ps 22,1–8) O gewiss, selbst als Er am Kreuz hing, hätte sich der Himmel öffnen können, um das Wohlgefallen Gottes an seinem Sohn zu offenbaren; selbst von hier aus hätte Er sich zwölf Legionen Engeln zu seiner Rettung erbitten können, ohne dass Ihn irgendein Mensch daran zu verhindern vermochte.

Aber warum geschah dieses nicht? Weil, sobald Er am Kreuz hing. Sein Leiden aus der Hand Gottes kam. Wie im Alten Testament der Hohepriester seine Hand auf das Haupt des Sündenbocks legte, so legte Gott seine Hand auf Jesus. Er legte auf Ihn unsere Sünden; denn „Er ist um unserer Missetat willen verwundet, und um unserer Sünden willen zerschlagen. Die Strafe liegt auf Ihm, auf dass wir Frieden hätten, und durch seine Wunden sind wir geheilt.“ Er wurde für uns zur Sünde gemacht. „Denn Er hat den, der Sünde nicht kannte, für uns zur Sünde gemacht, auf dass wir würden Gottes Gerechtigkeit in Ihm“ (2. Kor 5,21). Gott selbst tat dieses. Er machte Ihn zu einem Sündopfer und legte die Strafe auf Ihn, die wir verdient hatten. Gottes Zorn ruhte auf Ihm; und darum musste Gott Ihn verlassen. Ja, Er war gezwungen dieses zu tun, weil Er keine Gemeinschaft mit der Sünde haben kann, und Christus zur Sünde gemacht war. Darum lesen wir auch: „Der Herr wollte Ihn also zerschlagen mit Krankheit“ (Jes 53,10). Christus nahm auf dem Kreuz unsere Stelle ein; Er war unser Stellvertreter; Er trug unsere Sünden; Er war für uns zur Sünde gemacht; Er, der Gerechte, litt für die Ungerechten; und das will sagen. Er litt nicht, weil Er gerecht war, sondern weil wir Sünder waren und Er unsere Sünden an seinem eigenen Leib an dem Holz trug. Weil in Ihm keine Ursache war, um welcher willen Gott Ihn verlassen hatte, konnte Er sagen: „Warum hast du mich verlassen?“ Doch da Er für uns zur Sünde gemacht worden ist, so können wir Nun sagen: Aus Gnaden litt Er, der Gerechte, für die Ungerechten.

Wie entsetzlich war dieses Leiden für den Herrn! Die menschliche Sprache hat kein Wort, um ausdrücken zu können, was das Trinken des Kelchs des Zornes Gottes für Ihn war; denn wir sind nur im Stande, unserem Gefühl einen Ausdruck zu geben. Gewiss wir können nicht genug die Tiefe des Leidens des Herrn in seinem Erlösungswerk fühlen. Nichts kann damit verglichen werden. Alles Leiden und alle Betrübnis des Herrn in seinem Leben vor dem Kreuz steht in keinem Vergleich zu seinem Leiden aus dem Kreuz. Der göttliche Zorn über die Sünde wurde wirklich in seiner ganzen Kraft gefühlt durch die Seele dessen, der mittels seiner vollkommenen Heiligkeit und seiner Liebe zu Gott wissen konnte, was der göttliche Zorn war, und der vermöge seiner Heiligkeit im Stande war, sich diesem Zorn auszusetzen. So schrecklich das Vorgefühl von diesem Leiden war, so furchtbar war das Leiden selbst. Nicht der Tod, wie entsetzlich derselbe für den Fürsten des Lebens auch sein mochte, war es an und für sich selbst, der die furchtbare Größe des Leidens ausmachte, sondern der Tod als die Folge der Sünde und als das Urteil Gottes über den Sünder. In diesem Leiden befand sich Jesus allein. Die Gläubigen des Alten Bundes riefen zu Gott, und Gott antwortete ihnen; aber da Er rief, fand Er keine Antwort.

Wie entsetzlich ist die Sünde, und in welch einem entsetzlichen Zustand befindet sich der Sünder! Der heilige, vollkommene Jesus, in dem keine Sünde war, und der während seines ganzen Lebens unter göttlichem Wohlgefallen wandelte und, wiewohl verfolgt. Sich des steten Genusses der Gemeinschaft Gottes erfreute, wird, sobald er unsere Sünden auf sich nimmt, und für uns zur Sünde gemacht ist, von Gott verlassen und hängt drei Stunden hindurch in der Finsternis der Hölle. Da sehen wir das Urteil Gottes über den Sünder. O lasst uns mit Ernst über die Frage nachdenken: Wozu war dies alles nötig? Von der Beantwortung dieser Frage hängt das Verständnis der Erlösung und die Ruhe unserer Seele ab. Wir waren Sünder, verloren, tot in Sünden und Vergehungen, Kinder des Zorns. Wir hatten die ewige Verdammnis, den ewigen Tod verdient. Und Gott ist gerecht. Er kann die Sünde nicht unbeachtet lassen. Er musste uns strafen und töten; Er mühte sein Urteil über uns in Ausführung bringen. Dies forderte seine Gerechtigkeit. Und da wir uns nicht selbst der Strafe unterwerfen konnten, ohne in das ewige Verderben zu kommen, gab Gott seinen Sohn dar. „Er hat seines eigenen Sohnes nicht geschont, sondern Ihn für uns alle hingegeben;“ und Er hat diesen Sohn auf dem Kreuz an unserer statt so behandelt, wie er uns hätte behandeln müssen. Unbegreifliche Liebe! Was wir hätten tragen müssen, legte Gott auf Jesus; was wir verdient, fiel auf Ihn, um uns frei zu machen. Die Gerechtigkeit Gottes hat Christus getötet, auf dass die Gnade über uns herrschen konnte. Wie rein und vollkommen das Leben Jesu auch war, und wie sehr wir dasselbe zu unserer Erlösung bedurften, so war es doch nicht im Stande, uns frei zu machen. „Denn ohne Blutvergießung ist keine Vergebung“; und: „Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und stirbt, so bleibt es allein.“ Um uns erlösen zu können, musste Jesus sich der Strafe und dem Urteil unterwerfen und den Zorn tragen. Und Gott selbst musste dieses alles an Ihm vollziehen, weil Er in seiner Gerechtigkeit die Strafe des Sünders forderte.

Und was ist die Folge dieses Leidens für uns? Die Strafe, die auf Ihm lag, brachte uns den Frieden und aus seinen Wunden strömte für uns die Heilung. Christus wurde an unserer statt gestraft und gerichtet; Er starb an unserer statt; und indem Gott Ihn am dritten Tage auferweckte, erklärte Er dadurch, im Werk des Kreuzes seine völlige Befriedigung gefunden zu haben. Nun sind wir frei von der Strafe, frei vom Gericht und frei vom Tod, und zwar nicht weil Gott die Sünden nicht besonders beachtet und die Strafe geschenkt hat, sondern weil wir in Christus gestraft und gerichtet sind. Wir sind nicht gleich einem Missetäter begnadigt worden, sondern wir haben in Christus unsere Strafe gebüßt und darum sind mir frei. „Die Gnade herrscht durch die Gerechtigkeit zu ewigem Leben durch Jesus Christus, unseren Herrn“ (Röm 5,21). Wir sind nun eine Pflanze mit Christus geworden; wir haben das Leben; wir sind gerechtfertigt, geheiligt, verherrlicht. Wir finden dieses in treffender Weise in Psalm 22. Sobald der Herr erhört ist von den Hörnern der Einhörner, verkündet Er seinen Brüdern den Namen seines Vaters. Als er nach seiner Auferstehung der weinenden Maria Magdalena erschien, sagte Er: „Rühre mich nicht an; denn ich bin noch nicht aufgefahren zu meinem Vater. Gehe aber hin zu meinen Brüdern und sprich zu ihnen: „Ich fahre auf zu meinem Vater und zu eurem Vater, und zu meinem Gott und zu eurem Gott“ (Joh 20,17). Danach finden wir in diesem Psalm, wie Israel sich freut in dem Heil, welches Christus gebracht, und endlich, wie die Enden der Erde einstimmen in das Lob, welches Ihm dargebracht wird. Überall herrscht Freude! Das Leiden ist vorbei, das Werk vollbracht, und von dem Gericht ist keine Rede mehr. Nichts bleibt übrig als den Lobgesang der Befreiung anzustimmen.

Wir haben also den großen Unterschied zwischen dem Leiden Christi um der Gerechtigkeit willen und seinem Leiden um der Sünde willen gesehen. Jedoch müssen wir hier noch auf etwas unsere Aufmerksamkeit richten. Christus litt für die Sünde, damit wir es nimmer tun sollten. In diesem Leiden befand er sich allein. Wir sind zwar genesen durch seine Wunden, haben aber keinen Teil genommen an denselben. Niemand kann an diesen Leiden des Herrn einen Anteil haben. Niemand kann Ihm darin nachfolgen. Wir vermögen nicht für die Sünde zu leiden, und wir bedürfen es auch nicht; denn Christus leerte den Kelch des Zorns bis auf den letzten Tropfen. – Aber an dem Leiden Christi um der Gerechtigkeit willen können wir einen Anteil haben. Sobald wir an Ihn glauben, sind wir der Gerechtigkeit Gottes teilhaftig geworden, und werden nun, gleich Ihm, als Gerechte, von der Welt gehasst und verfolgt. „Es ist uns gegeben, nicht allein an Ihn zu glauben, sondern auch um seinetwillen zu leiden. Wenn wir mit ihm leiden, werden wir auch mit Ihm verherrlicht werden.“ Paulus trug an seinem Fleisch, was noch rückständig war an den Trübsalen Christi (Kol 1,24). Und dies ist eine Gnade von Gott. Der Herr selbst sagt: „Glückselig die um Gerechtigkeit willen Verfolgten; denn ihrer ist das Reich der Himmel! Glückselig seid ihr, wenn sie euch schmähen und verfolgen werden, und wenn sie jedes böse Wort lügnerisch wider euch reden um meinetwillen“ (Mt 5,10–11). Und Petrus sagt: „Wenn ihr Gutes tut und leidet, und es aushaltet, dieses ist wohlgefällig vor Gott“ (1. Pet 2,20). „Wenn ihr im Namen Christi geschmäht werdet, glückselig seid ihr! denn der Geist der Herrlichkeit und der Geist Gottes ruht auf euch“ (1. Pet 4,14).

Indes finden wir außer dem Leiden Christi um der Gerechtigkeit willen noch ein anderes Leiden während seines Lebens auf Erden. Wir werden hierbei einige Augenblicke verweilen.

Bereits sein Kommen auf die Erde war, wie freiwillig Er in dieser Hinsicht auch handelte, an und für sich ein Leiden. Obwohl in Gestalt Gottes, hat Er es nicht für einen Raub gehalten, Gott gleich zu sein. Er brauchte nicht, da Er selbst Gott war, wie Adam die Hand zum Raub der Gottheit auszustrecken, sondern machte sich selbst zu Nichts. Als Herrscher über alles im Himmel und auf Erden verließ Er den Himmel, leistete Verzicht auf seine Herrschaft, entzog sich seiner Herrlichkeit und nahm Knechtsgestalt an (Phil 2,5–8). Der Herr ward Knecht; Er, dem alle Gehorsam schuldeten, kam, um selbst Gehorsam zu lernen. Er wurde der geringste, der der ärmste, der unansehnlichste aller Menschen. Als Säugling fand er seinen Platz in einer Krippe, als Jüngling war Er Zimmermann in dem verachteten Nazareth, als Mann fand er keinen Platz, wohin Er sein Haupt legen konnte. Welch eine Erniedrigung! Er war allen Mühsalen des menschlichen Lebens unterworfen; Er war ermüdet; Er litt Hunger und Durst; Er war allerlei Gefahren ausgesetzt; Er fühlte das Leiden der Schöpfung. Dieses alles war, wie wir sehen, schon an und für sich ein Leiden für den Herrn.

Doch, das ist nicht alles. Er verließ nicht nur die himmlische Herrlichkeit, um auf einer verfluchten Erde zu leben, sondern mühte auch wandeln unter einem sündigen, widerspenstigen und ungläubigen Geschlecht. Wie drückend muss dieses Leiden für die reine Seele Jesu gewesen sein! Nur eine schwache, sehr schwache Vorstellung können wir uns davon machen. Wird unsere Seele nicht betrübt, wenn wir den Namen des Herrn lästern hören, oder wenn wir auf die Ungerechtigkeiten und Gottlosigkeiten der Menschen unsere Blicke richten? Aber was wird das für den Herrn gewesen sein, dessen sittliches Gefühl, dessen Liebe zu Gott, dessen Heiligkeit vollkommen war? Wir lesen von Lot, dass er „durch das, was er sah und hörte, Tag für Tag seine gerechte Seele quälte“ mit den gesetzlosen Werken der Menschen; und doch wandelte Lot durchaus nicht in Gemeinschaft mit Gott. Aber welch ein Schmerz muss es für den Herrn gewesen sein, da Er genötigt war, mit seinem reinen Auge tagtäglich die Ungerechtigkeit der Menschen anzusehen! Sicher war auch sein Gefühl vollkommen; und darum Zeigte Er größere Ruhe, als der gerechte Mann in Sodom. Nichtsdestoweniger aber war Er betrübt, fortdauernd betrübt über die Sünde. Man tat seiner Seele Gewalt an durch die Empörung gegen Gott. Und der Unglaube fühlte Nichts davon. Wir lesen, dass er tief in seinem Geist seufzte, als die Pharisäer ein Zeichen verlangten (Mk 8,12). Er weinte am Grab des Lazarus, Er seufzte tief im Geist und erschütterte sich selbst gegenüber der Macht des Todes, die auf dem Menschen lastete, ohne dass dieser sich davon befreien konnte (Joh 11). Und welch eine rührende Klage dringt über seine Lippen im Blick auf sein geliebtes Jerusalem, weil es sich nicht wollte sammeln lassen unter seine Flügel (Mt 23,37). Aber nicht nur seine Feinde, sondern auch seine Jünger betrübten Ihn durch ihren Unglauben. „O ungläubiges und verkehrtes Geschlecht! Bis wann soll ich bei euch sein? Bis wann soll ich euch ertragen?“ (Mt 17,17) dieses alles nun war das Leiden sowohl seiner vollkommenen Liebe, als auch seiner Heiligkeit. Er liebte den Menschen, und deshalb betrübte Ihn dessen Unglaube, deshalb schmerzte Ihn dessen Sünde.

Außerdem trug der Herr die Schmerzen der Menschen; Er nahm ihre Krankheiten auf sich (vgl. Jes 53 mit Mt 8,16–17). Der Herr hatte natürlich selbst keine Krankheiten und Schwachheiten aber kraft seines vollkommenen Mitgefühls trug Er unsere Schmerzen und nahm auf sich unsere Krankheiten. Es gab keinen Schmerz, keine Leiden, keine Traurigkeit – alles trug Er auf seinem Herzen. Er fühlte das Leiden in seiner Seele, wenn Er den Leidenden Genesung brachte. Er trug die Sünden an dem Holz; doch das war Gehorsam und kein Mitgefühl. Gott machte Ihn für uns zur Sünde: alles übrige Leiden war das Mitgefühl der Liebe.

Auch gab es für den Herrn noch eine Quelle von Traurigkeit. Jede zärtliche Saite seines Herzens wurde empfindlich berührt. Seine gefühlvolle, wiewohl göttlich geduldige Seele musste Beleidigungen, Beschimpfungen, frechen Spott und groben Tadel ertragen. Wo! hörte Jehova alle diese Lästerungen und konnte Ihn trösten; jedoch musste Er durch alles hindurchgehen. Jedes einzelne, menschliche Gefühl in Christus wurde angetastet. Einer seiner Jünger überlieferte Ihn mit einem Kuss; ein anderer verleugnete Ihn und alle entflohen. Die vertrautesten der Seinen schliefen, während sie in der fürchterlichen Stunde im Garten Gethsemane mit Ihm wachen sollten.

Das also war das Leiden Jesu vor dem Kreuz. Welch ein Leiden! Ach, wie mühevoll war sein Pfad! Konnte es auch anders sein in einer Welt, wo sich alles gegen seine reine und heilige Natur erhob? Er hat den Widerspruch von Sündern wider sich erduldet. Er musste die Schmähungen derer ertragen, die Gott schmähten. Gibt es irgendein Leiden, welches Er nicht erduldet hätte? Man verdrehte seine Worte, man legte sie falsch aus, man beschuldigte Ihn, unsinnig zu sein und einen Teufel zu haben. Er wurde überliefert, verleugnet, verlassen, verhöhnt, geschlagen, bespien, mit Dornen gekrönt, verworfen, verurteilt, und zwischen zwei Mördern ans Kreuz genagelt. Dieses alles wurde Ihm von der Hand des Menschen geboten, verbunden mit der unaussprechlichen Angst, welche Satan über seine Seele brachte. Doch – wir wiederholen es hier noch einmal – da der Mensch und der Teufel alle ihre Macht und Feindschaft erschöpft hatten, blieb für den Herrn noch ein Leiden übrig, gegen welches jedes andere gering war; und das war das Verbergen des Angesichts Gottes – es waren jene drei Stunden der Finsternis auf dem Kreuz, wo Er durch die Hand Gottes an unserer statt gestraft und gerichtet wurde.

Dieses Werk des Kreuzes hat uns von unseren Sünden erlöst, mit Gott versöhnt, von der Strafe und dem Tod befreit, und hat den Weg zum Besitz des ewigen Lebens für uns gebahnt. In der Auferstehung Christi sind wir mit Ihm vereinigt, das Weizenkorn, welches in die Erde fiel und starb, hat in der Auferstehung Frucht getragen. „Wie Er ist, sind auch wir in dieser Welt“ (1. Joh 4,17). Wir sind nicht, wie Er war, als Er auf der Erde wandelte, sondern wie Er jetzt ist, auferstanden aus den Toten und verherrlicht zur Rechten Gottes. Vor dem Kreuz war keine Vereinigung mit Christus für uns möglich. Aber nachdem Er nun alles vollbracht hat, sind wir eine Pflanze mit Ihm geworden in der Auferstehung. Das Leben Christi ist notwendig für unsere Erlösung; denn um den Menschen erlösen zu können, musste Er Mensch sein und dem Menschen in allem gleich werden, ausgenommen die Sünde. Er musste in alle Umstände des menschlichen Lebens eintreten, um in denselben seine Heiligkeit und Vollkommenheit zu offenbaren. Als Mensch musste Er Gott vollkommen verherrlichen, um nicht allein ein Sündopfer, sondern auch für Gott ein duftender Wohlgeruch sein zu können. Das Opfer, welches den Menschen mit Gott versöhnte, musste ein reines, fleckenloses und in den Augen Gottes angenehmes Opfer sein. Und darum bildet das Leben und der Tod Christi ein Ganzes, und ist unzertrennlich mit einander verbunden. Dennoch kann das Leben, wie rein es auch war, uns nicht erlösen; dazu war der Tod erforderlich.

Nachdem wir nun eine Pflanze mit Christus und der Gerechtigkeit Gottes teilhaftig geworden sind, erlangt das Leben Christi noch eine andere und herrliche Bedeutung für uns. „Wir sind das Werk Gottes, geschaffen in Christus Jesus zu guten Werken.“ Die guten Werke, worin wir zu wandeln haben, hat Gott in Christus vorbereitet. In seinem Leben können wir sehen, was Gott wohlgefällig ist. Christus hat uns ein Beispiel hinterlassen, auf dass wir seinen Fußstapfen nachfolgen sollen. Wir brauchen also nicht mehr unkundig zu sein in Betreff des Willens Gottes. Wie herrlich für den, dessen Lust es ist, Gott zu verherrlichen! Aber Zugleich finden wir in Christus die Kraft, um in diesen guten Werken wandeln zu können. Wir sind in der Auferstehung mit Christus vereinigt, und zwar mit demselben Christus, welcher hier auf Erden Gott verherrlicht hat; und in Ihm besitzen wir in Folge dieser Vereinigung dieselbe Kraft, die Ihn fähig machte, bei allem Streit, bei jeder Versuchung und bei jeder Mühsal den Willen des Vaters zu tun. Wie notwendig ist es deshalb für uns, das Leben Christi zu kennen und mit demselben in Gemeinschaft zu treten! Und wie trostreich ist dieses Leben für uns! Welch eine Quelle unendlichen Trostes ist für uns das Leiden Christi vor dem Kreuz! Der Apostel sagt uns: „Denn wir haben nicht einen Hohepriester, der nicht Mitleid haben kann mit unseren Schwachheiten, sondern der in allem, gleich wie wir, versucht worden ist, ausgenommen die Sünde. Lasst uns denn mit Freimütigkeit hinzutreten zu dem Thron der Gnade, auf dass wir Barmherzigkeit empfangen und Gnade finden zur rechtzeitigen Hilfe“ (Heb 4,15–16). Ja, wir haben im Himmel zur Rechten Gottes den Sohn des Menschen, der in allen unseren mühevollen Umständen mit uns fühlen kann, weil Er selbst darin war, und bereit ist, die Kraft zu geben, deren wir hienieden so sehr bedürfen. In allen Dingen kann Er uns trösten. Ja, Er fühlt mit uns, wenn wir den Mühsalen des irdischen Lebens unterworfen sind. Er versteht uns, wenn wir seufzen über das Leiden der Schöpfung, wenn wir verlangen nach den Wohnungen des Vaters, und wenn wir betrübt sind über die Ungerechtigkeit und den Unglauben der Welt. Er hat Mitleiden mit uns, wenn wir krank und schwach sind. Er kann es verstehen, wenn wir leiden durch den Spott und Hohn der Welt oder durch die Gleichgültigkeit der Gläubigen. Mit einem Wort, Er kann alles verstehen und alles fühlen. O wie unaussprechlich reich ist die Gnade Gottes! Wir sind durch das Leiden und Sterben Christi von der verdienten Straft und dem Gericht befreit; und durch seine Auferstehung sind wir des Lebens und der Gerechtigkeit Gottes teilhaftig geworden und können also bei all unserer Schwachheit und bei allen Gebrechen in unserem Wandel mit Freimütigkeit vor Gott erscheinen. Das Leben Christi ist das Vorbild für unseren Wandel. Er versichert uns seines zärtlichen Mitgefühls, welches Er in allem, was uns trifft, an den Tag legt, und reicht uns reichlich Kraft dar zum Ausharren. O möge der Herr es uns durch seine Gnade geben, die Kraft und den Trost dieser Wahrheiten immer mehr zu genießen, um fähig zu sein. Ihn in allem zu verherrlichen!

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