Botschafter des Heils in Christo 1865

Der Brunnen zu Bethlehem

„Und David ward begierig und sprach: Wer will mir zu trinken holen von dem Wasser aus dem Brunnen zu Bethlehem unter dem Tor“ (V 15). Dies war das Verlangen des Herzens Davids – ein Verlangen, dem sofort entsprochen wurde von den drei Gliedern jener ergebenen und heldenmütigen Schar, die ihn in der Höhle Adullam umgab. „Da brachen die drei Helden in das Lager der Philister und schöpften von dem Wasser aus dem Brunnen zu Bethlehem unter dem Tor, und trugen es und brachten es dem David.“ Er hatte keinen Befehl erlassen. Keiner war besonders auserwählt und zum Gehen beauftragt. Es war nur der einfache Ausdruck eines Wunsches, und dies war es, wodurch die Gelegenheit dargeboten wurde, ächte Zuneigung und wahre Ergebenheit zu zeigen. Wäre irgendjemandem ein ausdrücklicher Befehl gegeben worden, so würde es nur eine Gelegenheit gewesen sein, blinden Gehorsam zu zeigen. Doch der Ausdruck eines Wunsches offenbarte die innige Anhänglichkeit an die Person Davids – eine Anhänglichkeit, die so lieblich anzuschauen ist.

Lasst uns auch die Handlung Davids in dieser höchst rührenden Szene beachten: „Er aber wollte es nicht trinken, sondern opferte es dem Herrn und sprach: Das lasse der Herr ferne von mir sein, dass ich dies tue! Ist dieses nicht das Blut der Männer, die ihr Leben gewagt haben und dahin gegangen sind? Und er wollte es nicht trinken.“ Es war ein zu köstliches Opfer für irgendjemanden außer Jehova, und darum wollte David nicht zugeben, dass der Wohlgeruch desselben in seinem Aufsteigen zum Thron Gottes geschwächt würde.

Wie wenig mochten diese drei starken Helden daran denken, dass ihre Tat liebender Ergebenheit in dem ewigem Buch Gottes aufgezeichnet werden würde, um von unzähligen Millionen gelesen zu werden! Sie dachten nimmer daran. Ihre Herzen waren auf David gerichtet, und sie achteten ihr Leben nicht für so teuer, dass sie ihn nicht hätten erfreuen oder seinen Geist erfrischen sollen. Würden sie gehandelt haben, um einen Namen oder einen Platz für sich selbst zu erlangen, so würde dieses ihre Tat aller Lieblichkeit beraubt und sie der Geringschätzung und Vergessenheit anheimgestellt haben. Doch nein; sie liebten David. Das war der Quell ihrer Tätigkeit, und sie bewiesen, dass er ihren Herzen teurer war, als ihr eigenes Leben. Sie vergaßen alles in dem einen Gegenstand, der sie ganz und gar in Anspruch nahm, nämlich David zu dienen; und der Wohlgeruch ihres Opfers stieg hinauf zu dem Thron Gottes, während die Mitteilung ihrer Tat einen Platz in dem heiligen Buch gefunden hat, und dort solange fortglänzen wird als dieses Buch besteht.

O, wie sehr sollten wir nach etwas gleich diesem in Bezug auf den wahren David trachten in diesen Tagen seiner Verwerfung! Wir bedürfen eine tiefere und aufopfernde Ergebenheit, als eine Frucht der Liebe Christi. Es handelt sich keineswegs darum, für eine Belohnung, für eine Krone oder für einen Platz zu arbeiten, obgleich wir völlig überzeugt sind, dass wir Lohn empfangen werden. Doch in dem Augenblick, wo das Auge auf den Lohn gerichtet ist, sind wir nicht auf dem wahren Höhepunkt. Ein Dienst, der einfach im Blick auf die Belohnung geleistet wird, kann nur mangelhaft sein; andererseits aber glauben wir völlig, dass jedes Jota oder Titelchen eines wahren Dienstes in den Tagen der Herrlichkeit Christi seine Belohnung finden wird, dass jeder Knecht seinen Namen in den: Buch des Lebens angeschrieben und seinen Platz in dem Reich finden wird gemäß seiner persönlichen Ergebenheit hier unten. Wir sind überzeugt, dass dieses eine große praktische Wahrheit ist und möchten sie deshalb als solche dem christlichen Leser dringend ans Herz legen. Wir begehren sehr, dass die wahre Ergebenheit unter uns völliger erfunden werde, und dies kann nur dadurch bewirkt werden, dass wir unsere Herzen völliger Christus und seinem Werk widmen. O Herr, belebe dein Werk!

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