Botschafter des Heils in Christo 1865

Elia, der Tisbiter - Teil 5/7

Es gibt wenige unter denen, die in der Geschichte der Kirche Christi einen hervorragenden Platz eingenommen haben, in deren Laufbahn sich nicht bisweilen ein auffallender Wechsel kundgibt. Bald werden sie gesehen auf dem Berg, bald im Tal; zu einer Zeit wärmen sie sich in den lieblichen Strahlen der Sonne, zu einer anderen werden sie gepeitscht vom Sturm. Dies ist aber nicht allein bei hervorragenden Charakteren der Fall; beinahe jeder Christ, sei sein Pfad auch noch so einfach und geräuschlos, erfährt etwas von diesem Wechsel. Es scheint in der Tat, dass niemand den Weg, der dem Mann des Glaubens vorgezeichnet ist, laufen kann, ohne Unebenheiten anzutreffen. Der Pfad durch die Wüste ist rau; und wohl uns, dass es also ist. Jeder verständige Mensch wird lieber auf einem rauen als auf einem schlüpfrigen Pfad einhergehen. Der Herr weiß, wie nötig wir es haben, durch raue und harte Wege geübt zu werden, um auszuharren bis ans Ende, und um fähig zu sein für den Platz, den wir hier einzunehmen haben. Wohl mögen wir selbst bei vielen Versuchungen und Schwierigkeiten nicht im Stande sein, deren Notwendigkeit einzusehen, und unsere ungeduldige Natur mag sich oft geneigt fühlen, darüber zu murren; aber eins wissen wir, „dass für die, welche Gott lieben, alle Dinge zum Guten mitwirken.“ Deshalb lasst uns stille sein, und wir werden fähig sein, von ganzem Herzen zu sagen: „Er führte uns auf einem geraden Wege, dass Er uns bringen möchte zu einer Wohnstadt.“

Die hier erwähnten Gedanken werden hervorgerufen durch die Umstände unseres Propheten in Kapitel 19. Er scheint wenig Vorempfindung von dem schrecklichen Sturm gehabt zu haben, der jetzt über seinem Haupt losbrechen sollte. Er stieg von der Spitze des Berges Karmel hernieder, und lief durch die Kraft des Geistes dem Wagen des Ahab voran bis nach Jesreel; (Kap 18,46) aber dort sollte er auf ein Hemmnis stoßen, und zwar durch eine Person, die bis dahin im Hintergründe geblieben war. Es war die gottlose Isebel. Sie hatte sich im Hintergrund gehalten; aber sicher war sie dort nicht müßig gewesen. Sie hatte ohne Zweifel ihren schwachen Gemahl beeinflusst und seine Macht für ihre gottlosen Zwecke benutzt. Sie hatte den Propheten Baals ihr Haus geöffnet und ihnen einen Tisch bereitet. Diese Dinge hatte sie getan, um die Interessen ihres Herrn zu fördern. Isebel darf aber nicht nur als eine Person betrachtet werden; sie steht vor jedem geistlichen Gemüt Zugleich als die Vertreterin einer Klasse, – ja noch mehr, als die Personifizierung eines Grundsatzes, der von Zeitalter zu Zeitalter feindselig gegen die Wahrheit Gottes gewirkt hat und der in seiner völligen Reife in der Person der „großen Hure“ erscheint, wovon in der Offenbarung die Rede ist. Der Geist Isebels ist ein verfolgender Geist – ein Geist, der seine Sache in Opposition gegen alles durchsetzt – ein handelnder, energischer, beharrlicher Geist, in welchem die satanische Macht sehr oft erscheint. Ganz verschieden ist der Geist Ahabs. In ihm sehen wir einen, der, wenn er nur die Befriedigung seiner fleischlichen und weltlichen Lüste erlangen konnte, sich wenig um die Religion kümmerte. Es machte ihm wenig Not, zwischen den Anforderungen Jehovas und denen des Baals zu entscheiden. Ihm waren alle gleich. Er war ein solcher, bei dem Isebel ganz nach ihrem Sinn schalten und walten konnte. Sie trug Sorge, seine Lüste zu befriedigen, während sie eifrig und mit Bedacht seine Macht in der Opposition gegen die Wahrheit Gottes benutzte. Die Ahabs werden zu jeder Zeit als geeignete Werkzeuge für die Isebels gefunden; daher finden wir in der Offenbarung, wo wir alle jene Grundsätze, die von jeher wirksam waren, und es noch sind oder sein werden, in ihrer völligen Reife sehen, die große Hure sitzend auf dem wilden Tier, d. h. die verdorbene Religion beherrscht die weltliche Macht – der völlig ausgebildete Geist Isebels benutzt den völlig ausgebildeten Geist Ahabs. Dies alles enthält eine feierliche Sprache für das gegenwärtige Geschlecht; und „wer ein Ohr hat, zu hören, der höre!“ Die Menschen werden von Tag zu Tag achtloser in Betreff der Interessen der Wahrheit Gottes auf der Erde. Christus und Belial sind ihnen ganz gleich, wenn nur die Räder der großen Maschine des Nützlichkeitsprinzips in ihrer Bewegung nicht gehemmt werden. Du machst alle dir beliebige Grundsätze festhalten, wenn du nur damit im Hintergrund bleibst, und mit Eifer und Energie der Weltlichkeit huldigst. Das ist der Geist und die Richtung des gegenwärtigen Zeitlaufs; Und es ist nur noch nötig, dass ein Geist Isebels aufsteht, um die Menschen auf dem Pfad, den sie offenbar betreten haben, weiter zu führen – auf einem Pfad, der ganz sicher und für immer enden wird in der Dunkelheit der Finsternis. Feierlicher, höchst feierlicher Gedanke! Und ich sage wiederum: „Wer ein Ohr hat, zu hören, der höre!“

Wir haben gesagt, dass der Prophet Elias durch Isebel auf ein Hemmnis stieß, welches seinen Geist zu überwinden schien. „Und Ahab erzählte Isebel alles, was Elias getan hatte, und wie er hätte alle die Propheten mit dem Schwert erwürgt“ (Kap 19,1). Beachte wohl: „Ahab erzählte es Isebel“; er hatte weder hinreichendes Interesse an der Sache, um selbst tätigen Anteil zu nehmen, noch besaß er, wenn er Interesse gehabt hätte, hinreichende Energie dazu. Vielleicht schien ihm der starke Regen mit dem Tod der Propheten in Verbindung zu stehen, und darum konnte er ruhig dabeistehen und sie zum Tod abführen sehen. Was galt ihm Baal oder auch Jehova? Nichts. Lass Ahab und alle von jener Schule nur genug „zu essen und zu trinken“ bekommen, und jede Frage der Wahrheit und der Religion kümmert sie wenig. Grobe, verabscheuungswerte Sinnlichkeit! O ihr Kinder dieser Welt, die ihr eure Gedanken ausdrückt in jenen Worten: „Lasst uns essen und trinken; denn morgen sterben wir!“ gedenkt an Ahab – gedenkt an sein schreckliches Ende – an das Ende seines Essens und Trinkens. Was war es? „Die Hunde leckten sein Blut.“ Und seine Seele? Ach! die Ewigkeit wird ihr Los offenbaren.

In Isebel aber sehen wir eine Person, der es weder an Interesse, noch an Energie gebrach. Für sie war es eine Sache von höchster Wichtigkeit, und sie war entschlossen, mit Entschiedenheit zu handeln. „Da sandte Isebel einen Boten zu Elia und ließ ihm sagen: Die Götter tun mir dies und das, wo ich nicht morgen um diese Zeit deiner Seele tue, wie dieser Seelen einer“ (V 2). Hier nun war der Prophet berufen, den Sturm der Verfolgung zu ertragen. Auf dem Berg Karmel hatte er gegen alle die Propheten Baals gestanden; bis dahin war seine Laufbahn eine triumphierende gewesen – das Ergebnis der Gemeinschaft mit Gott; aber jetzt schien, nach seiner Meinung, die Sonne untergehen und sein Horizont dunkel und finster werden zu wollen. „Da er das sah, machte er sich auf, und ging fort um seines Lebens willen, und kam gen Beerscheba in Juda, und ließ seinen Knaben daselbst. Er aber ging hin in die Wüste eine Tagereise, und kam und setzte sich unter einen Wachholder, und bat, dass seine Seele stürbe, und sprach: Es ist genug, so nimm nun, Herr, meine Seele; denn ich bin nicht besser, als meine Väter“ (V 3–4). Der Geist des Elias sinkt ganz und gar; er betrachtet alles durch die finstere Wolke, in welche er eingehüllt war; seine ganze Arbeit scheint, nach seiner Meinung, für nichts und vergeblich gewesen zu sein, und dass er sich jetzt nur hinzulegen habe und zu sterben. Sein Geist, niedergebeugt durch die scheinbar fruchtlose Anstrengung, die Nation zu ihrem Glauben zurückzubringen, verlangte in die Ruhe einzugehen. In diesem allen bemerkt man die Wirkungen der Ungeduld und des Unglaubens. Elias sagte nicht, dass er abzuscheiden begehrte, als er auf dem Berg Karmel stand. Nein; da war alles Triumph; da schien er etwas zu Stand gebracht zu haben – da schien er von Nutzen zu sein; und darum dachte er nicht ans Abscheiden. Doch der Herr wollte seinem Knecht nicht nur zeigen, was er „tun“, sondern auch, was er „leiden“ musste. Das Erstere haben wir ganz gern; aber zu dem Letzteren sind wir nicht so bereit. Und doch ist der Herr ebenso verherrlicht in einem ausharrenden Dulder, wie in einem tätigen Knecht. Die Gnaden, die durch jemand, der befähigt ist, in langwierigen Leiden auszuharren, enthüllt werden, sind ein ebenso duftender Wohlgeruch, wie die Früchte eines tätigen Dienstes. Dies hätte unser Prophet verstehen sollen. Aber ach! das arme Herz war nur beschäftigt mit seinem Trübsinn und seinem Kleinmut. Es gibt wenige unter den Knechten des Herrn, die nicht zu der einen oder anderen Zeit sehnlichst verlangt haben, ihre Waffenrüstung niederzulegen und von den Beschwerden des Kampfes abzulassen, besonders zu einer Zeit, wo all ihre Mühe und ihr ganzes Zeugnis vergeblich zu sein schien, und wo sie selbst sich als solche betrachteten, die „das Land hindern.“ Doch wir müssen warten auf die Zeit Gottes, und bis dahin in geduldigem, nicht sich beklagendem Dienst unseren Weg verfolgen. Es ist ein großer Unterschied zwischen dem Sehnen, aus unseren Versuchungen und Leiden befreit zu werden, und dem Sehnen, daheim zu sein in unseres Vaters Haus. Ohne Zweifel ist der Gedanke an die Ruhe süß – unaussprechlich süß für den, welcher arbeitet. Es ist erquickend, sich an die vielen Wohnungen zu erinnern, die für uns erworben sind durch das Blut unseres Herrn Jesus Christus – erquickend, an die Zeit zu denken, wo unser gnadenreicher Gott abwischen wird alle Tränen von unseren Augen – erquickend, sich an jene grüne Weiden und lebendigen Quellen zu erinnern, zu welchen das Lamm seine Herde in den kommenden Zeitaltern der Herrlichkeit leiten wird, – mit einem Wort, die ganze Aussicht, die dem Auge des Glaubens dargeboten wird, ist höchst erquickend und süß; aber dies berechtigt uns nicht, zu sagen: „So nimm nun, Herr, meine Seele!“ Nur ein ungeduldiger Geist kann eine solche Sprache eingeben. Welch ein anderer Geist atmet in den folgenden Worten des Apostels Paulus: „Beides aber liegt mir hart an, indem ich Lust habe, abzuscheiden und bei Christus zu sein; denn es ist weit besser. Das Bleiben aber in dem Fleisch ist nötiger um euretwillen, und in dieser Zuversicht weiß ich, dass ich bleiben, und zu eurer Förderung und Freude des Glaubens bei und mit euch allen bleiben werde“ (Phil 1,23–25). Diese Worte legen einen wahrhaft christlichen Geist an den Tag. Der Diener der Versammlung sollte das Wohl der Versammlung und nicht seinen eigenen Vorteil suchen. Wenn Paulus auf sich selbst geschaut hätte, so würde er keinen Augenblick auf der Erde geblieben sein; da er aber auf die Kirche oder Versammlung blickte, so wünschte er zu bleiben, und zwar zu bleiben zur Förderung und Freude ihres Glaubens. Dies hätte auch der Wunsch des Elias sein sollen; er hätte begehren sollen, zu bleiben für das Wohl der Nation. Doch hier fehlte er. Er war unter dem Einfluss des Unglaubens in die Wüste geflohen, und zwar um sein Leben zu erretten; und dann wünschte er, dass seine Seele weggenommen würde, einfach, um den Versuchungen zu entgehen, die seine Stellung umgaben.

In diesem allen können wir eine höchst nützliche Aufgabe lernen. Der Unglaube treibt uns fort vom Platz des Zeugnisses und des Dienstes. Solange Elias durch Glauben wandelte, nahm er den Platz eines Dieners und eines Zeugen ein; sobald er aber seinen Glauben aufgab, verließ er jenen Platz und floh in die Wüste. Der Unglaube macht uns ganz und gar unfähig für den Dienst, und somit nutzlos. Wir können für Gott nur handeln in der Energie des Glaubens. Dies sollten wir besonders beherzigen in der gegenwärtigen Zeit, wo so viele ablassen und sich zurückwenden. Es kann als ein ausgemachter Grundsatz der Wahrheit betrachtet werden, dass, wenn jemand eine bestimmte Stellung des Zeugnisses aufgibt, es der positive Unglaube an die Wahrheit ist, der ihn dazu leitet. Es gibt jetzt z. B. Viele, welche vorgeben, von der Wahrheit der Gegenwart des Heiligen Geistes in der Kirche überzeugt zu sein. Wenn diese Wahrheit nun wirklich erkannt und mit Kraft erfasst ist, so wird sie uns in Sachen des Glaubens von aller menschlichen Autorität befreien, und den Christen aus jenen Systemen führen, wo eine solche Autorität anerkannt und verteidigt wird. Wenn der Heilige Geist in der Kirche oder Versammlung regiert, so hat der Mensch kein Recht, sich darein zu mischen – kein Recht, Zeremonien anzuordnen und einzusetzen; denn dieses zu tun, ist ein höchst anmaßender Eingriff in die göttlichen Rechte. Wenn deshalb jemand von Herzen an jene wichtige Wahrheit glaubt, so wird sicher sein Glaube insoweit Einfluss auf sein Verhalten ausüben, dass er sich berufen fühlen wird, gegen jedes System, in welchem diese Wahrheit praktisch verleugnet wird, durch Trennung davon Zeugnis abzulegen. Es handelt sich nicht um die Frage, an was oder an wen er sich anschließen soll. New; dies ist eine andere und spätere Erwägung. Die erste Sache ist, „sich abzuwenden vom Bösen“, und die zweite, „das Gute zu tun“ (1. Pet 3,11). Nun gibt es auch manche, die einmal vorgaben, diese Wahrheit zu erkennen und dies in ihrem Verhalten bezeugten, die aber nachher ihr Vertrauen darauf verloren und in Folge dessen ihre eingenommene Stellung verlassen haben, und zu jenen Systemen, wovon sie ausgegangen waren, zurückgekehrt sind. Wie bei Elias, so sind auch ihre Hoffnungen nicht alle verwirklicht, die Resultate, welche sie erwarteten, nicht alle erfüllt worden; und wohl manche mögen sich geneigt gefühlt haben, zu sagen: „Es ist genug!“ Ja, mancher Diener Christi, der einmal hohe und übertriebene Erwartungen in Betreff der Kirche oder Versammlung hegte, ist jetzt niedergebeugt von Kummer und getäuschten Hoffnungen, Er hat viele gesehen, welche einmal die Wahrheit von der Gegenwart des Heiligen Geistes in der Kirche und andere derartige Wahrheiten bekannten und tätig bezeugten, die aber, um wenig zu sagen, darin fehlten, sie auch im praktischen Leben zu offenbaren, und die sich oft sogar auf eine höchst demütigende Weise darstellten; und der Feind ist nicht müßig gewesen, von diesem allen seinen Gebrauch zu machen. Er hat es besonders benutzt, um die Herzen jener zu entmutigen, die ohne Zweifel im Zeugnis für Christus auszuhalten wünschten; welche aber, da sie sahen, dass alles, gleich dem ganzen Zeugnis auf der Erde, fehlte, in Mutlosigkeit es aufgaben. Doch mögen die Gläubigen dies beachten. Es war Unglauben, der Elias veranlasste, in die Wüste zu fliehen; und es ist Unglauben, der jemand veranlasst, jene Stellung des Zeugnisses aufzugeben, in welche die Wahrheit von der Gegenwart des Heiligen Geistes ihn geführt hat.

Jene, welche sich also zurückziehen, beweisen, dass sie es nicht mit Gott und seiner ewigen Wahrheit, sondern mit dem Menschen und seiner Unbeständigkeit zu tun hatten. Wenn die Wahrheit Gottes die Grundlage unserer Handlung ist, so werden wir durch die Unbeständigkeit und Schwachheit des Menschen nicht berührt werden. Der Mensch mag und wird sicher in seinen besten und reinsten Anstrengungen, die Wahrheit Gottes praktisch darzustellen fehlen: aber wird sein Fehlen die Wahrheit Gottes wirkungslos machen? „Das sei ferne! Gott aber sei wahrhaftig, jeder Mensch aber Lügner.“ Wenn jene, welche an der gesegneten Lehre von der Einheit der Kirche festzuhalten bekennen, sich in Parteien zerteilen sollten – wenn jene, welche an der Lehre von der Gegenwart des Geistes in der Kirche, um sie zu regieren und zu leiten, festzuhalten bekennen, nichtsdestoweniger sich praktisch auf die Autorität des Menschen lehnen sollten – wenn jene, welche bekennen, auf die persönliche Erscheinung und Regierung des Menschensohnes zu warten, dennoch mit Begierde nach den Dingen dieser gegenwärtigen Welt haschen sollten,– könnte dies alles jene himmlischen Grundsätze zunichtemachen? Gewiss nicht. Dank sei Gott! die Wahrheit wird Wahrheit bleiben bis ans Ende. Gott wird Gott sein, wenn auch der Mensch sich noch tausendmal unvollkommener beweisen sollte als er ist. Deshalb, anstatt in Mutlosigkeit die Wahrheit Gottes aufzugeben, weil die Menschen ermangeln, einen richtigen Gebrauch von ihr zu machen, sollten wir sie vielmehr festhalten, als die alleinige Stütze der Seele inmitten des allgemeinen Verfalls. Hätte Elias an der Wahrheit festgehalten, die seine Seele erfüllte, als er auf dem Berg Karmel stand, so würde er nie unter dem Wachholder gefunden worden sein, noch würde er je jene Worte ausgesprochen haben: „So nimm nun, Herr, meine Seele; denn ich bin nicht besser als meine Väter.“

Doch der Herr kann seinem armen Knecht in Gnade begegnen, sogar wenn er unter einem Wachholder schlaft. „Er kennt unser Gebilde, ist eingedenk, dass wir Staub sind;“ und darum, anstatt die törichte Bitte seines ermatteten und entmutigten Knechtes zu erfüllen, sucht er ihn vielmehr für weitere Verwendung zu erquicken und zu stärken. Dies ist nicht die Weise des Menschen; aber es ist, gepriesen sei für immer sein Name! die Weise Gottes, dessen Wege und Gedanken nicht die unsrigen sind. Der Mensch handelt oft hart und barsch mit seinem Nebenmenschen; er hat selten Nachsicht mit ihm, sondern verfährt mit ihm in Hast und Strenge. Nicht so Gott. Er handelt stets im zärtlichsten Mitgefühl. Er verstand den Elias; Er erinnerte sich an den Widerstand, den er soeben noch für seinen Namen und seine Wahrheit geleistet hatte, und darum wollte Er ihm dienen in der Zeit seiner Mutlosigkeit. „Und Elias legte sich und schlief unter dem Wachholder. Und siehe da, ein Engel rührte ihn an, und sprach zu ihm: Stehe auf und iss. Und er sah sich um, und siehe, zu seinen Häupten war ein geröstetes Brot und ein Krug mit Wasser. Und da er gegessen und getrunken hatte, legte er sich wieder schlafen. Und der Engel des Herrn kam zum anderen Mal wieder und rührte ihn an, und sprach: Stehe auf und iss; denn du hast einen großen Weg vor dir. Und er stand auf und aß, und trank, und ging durch Kraft derselben Speise vierzig Tage und vierzig Nächte, bis an den Berg Gottes Horeb“ (V 5–8).

Der Herr kennt besser als wir die Anforderungen, die an uns gestellt werden mögen, und in Gnade stärkt er uns nach seiner Wertschätzung jener Anforderungen. Der Prophet wünschte vor Kummer zu schlafen; der Herr aber wünschte ihn für den zukünftigen Dienst zu erquicken und zu stärken. Gleich den Jüngern im Garten Gethsemane, welche, niedergebeugt von tiefem Kummer über das scheinbare Fehlschlagen all ihrer zärtlich gehegten Hoffnungen, sich einem tiefen Schlafe Überließen, während ihr gnadenreicher Herr daran dachte, für die versuchungsreichen Szenen, in welche sie jetzt einzutreten hatten, ihre Lenden zu umgürten und ihren Arm zu stärken. Elias aß und trank, und also gestärkt ging er vorwärts bis an den Berg Horeb. Und hier begegnen wir wieder der traurigen Handlung eines unruhigen Geistes. Elias scheint entschieden zu sein, sich ganz und gar von seinem Platz des Dienstes und des Zeugnisses zurückzuziehen. Wenn er nicht unter dem Wachholder schlafen kann, dann will er sich in einer Höhle verbergen. „Und er kam daselbst in eine Höhle und blieb da über Nacht“ (V 9). Wenn sich einmal jemand erlaubt, die Stellung, in welche der Glaube ihn gesetzt hat, zu verlassen, so ist das Ende seiner Abweichung nicht zu bestimmen. Nur der ausharrende Glaube an das Wort Gottes kann uns auf dem Pfad des Dienstes erhalten, weil der Glaube einen Menschen zufrieden macht, auf das Ende zu warten; wohingegen der Unglaube, der nur auf die umgebenden Umstände blickt, ihn bis zur gänzlichen Verzweiflung sinken lässt. Der Christ muss hienieden nichts anders erwarten, als Versuchung und Ungemach zu finden. Wir mögen oft von Ruhe und Befriedigung träumen; aber es ist nur ein Traum. Elias hoffte ohne Zweifel durch seine Mitwirkung einen großen moralischen Umschwung hervorgebracht zu sehen, und stattdessen ist sein Leben bedroht. Doch hätte er darauf vorbereitet sein sollen. Der Mann, welcher Ahab und all den Propheten Baals furchtlos gegenübergestanden hatte, hätte sicher fähig sein sollen, eine Botschaft von einem Weib zu ertragen. Doch nein; sein Glaube hatte Platz gemacht. Wenn man den Propheten in seiner Stellung am Berg Horeb betrachtet, so könnte man veranlasst werden, zu fragen: Ist das derselbe Mann, den wir kurz vorher auf dem Berg Karmel an dem Altar von zwölf Steinen stehen sahen, und der dort auf eine so gesegnete Weise den Gott Israels im Angesicht seiner Brüder verteidigte? Ach! welch ein ohnmächtiges Geschöpf ist der Mensch, wenn er nicht durch einfachen Glauben an das Zeugnis Gottes aufrechterhalten wird. David konnte zu einer Zeit in der Kraft des Glaubens dem Goliat entgegentreten, und doch nachher sagen: „Ich werde noch eines Tages umkommen durch die Hand Sauls.“ Der Glaube bewegt sich über den Umständen und schaut auf Gott; der Unglaube verliert Gott aus dem Gesicht und blickt nur auf die Umstände. Der Unglaube sagt: „Wir waren vor unseren Augen wie die Heuschrecken, und also waren wir auch vor ihren Augen“ (4. Mo 13,34). Der Glaube sagt: „Wir werden sie wohl überwinden.“

Der Herr aber gibt seinen Knecht nicht auf in der Höhle. Er folgt ihm, und sucht ihn immer noch zu jenem Posten zurückzubringen, den er in seiner Ungeduld und seinem Unglauben verlassen hatte. „Und siehe, das Wort des Herrn kam zu ihm, und sprach zu ihm: Was hast du hier zu tun, Elia?“ (V 4) Welch ein Tadel! Warum verbarg sich Elias in einer Höhle? Warum hatte er sich von dem ehrenwerten Posten des Zeugnisses zurückgezogen? Wegen der Botschaft der Isebel, und weil sein Dienst nicht so völlig anerkannt worden war, wie er es erwartet hatte. Er dachte von all seiner Arbeit eine fröhlichere Ernte zu halten, als eine drohende Botschaft und ein augenscheinliches Verlassensein; und darum suchte er die Einsamkeit einer Berghöhle, als einen geeigneten Platz, um seinen Gefühlen nachzuhängen. Es muss zugegeben werden, dass da vieles, sehr vieles war, um den Geist des Propheten zu verwunden. Er war aus seiner stillen Zurückgezogenheit in Zarpat gekommen, um gegenüber zu stehen der ganzen Nation, die durch Isebel und ein Heer gottloser Priester und Propheten regiert wurde; er hatte Letztere durch Gottes Gnade aus dem Weg geräumt! Gott hatte Feuer vom Himmel gesandt als Antwort auf sein Gebet; ganz Israel schien die Wahrheit, die durch ihn verkündigt wurde, anerkannt zu haben. Dies alles muss seine Erwartungen zu einer außerordentlichen Höhe gesteigert haben; doch nach allem ist sein Leben bedroht; er sieht Keinen ihm zur Seite stehen; er ist eingehüllt in eine dicke Wolke; er verlässt den Kampfplatz und verbirgt sich in einer Höhle. Es ist nun viel leichter, einen anderen zu beurteilen, als selbst richtig zu handeln, und wir müssen im Urteil eines so geehrten Dieners, wie Elias, der Tischbiter war, außerordentlich behutsam sein. Wenn es nun aber auch nicht unsere Aufgabe ist, viel zu urteilen, so können wir doch wenigstens aus diesem Teil der Geschichte unseres Propheten viel Belehrung und Warnung ziehen. Wir können hier eine Aufgabe lernen, welcher wir alle so sehr benötigt sind. „Was tust du hier?“ ist eine Frage, die sehr geeignet ist, um sie oft an uns zu richten, wenn wir in Ungeduld oder im Unglauben unseren angewiesenen Platz des Dienstes unter unseren Brüdern verlassen, um unter einem Wachholder zu schlafen oder uns in einer Höhle zu verbergen. Gibt es in diesem Augenblick nicht viele, welche vor einiger Zeit kräftige Verteidiger der Grundsätze waren, die mit der Einheit und der Anbetung des Volkes Gottes verbunden sind, welche jetzt entweder schlafend oder in einer Höhle verborgen gefunden werden? Das will sagen, dass sie nichts mehr zur Förderung jener Wahrheiten tun, die sie einmal verteidigten. Dies ist eine höchst traurige Wahrnehmung. An jene, sollte die Frage: „Was tust du hier?“ mit einer besonderen Kraft herantreten. Ja, was tun jene? oder vielmehr, was tun sie nicht im Hinblick aus den vorhandenen Schaden der Schafe Christi? Solche sind nicht nur nutzlos, sondern sind schädlich; sie schwächen ihre Brüder. Es würde weit besser sein, nie als Verteidiger einer wichtigen Wahrheit aufgetreten zu sein, als sich nachher zurückzuziehen. Eine besondere Aufmerksamkeit in Bezug auf gewisse leitende Grundsätze der göttlichen Wahrheit hervorzurufen, und dann sie zu verlassen, ist höchst strafbar. „Wenn jemand unwissend ist, der sei unwissend.“ Wir können den Unwissenden bemitleiden oder uns bemühen, ihn zu belehren; aber ein Mensch, der die Wahrheit bekannt und danach sie verlassen hat, kann weder als ein Gegenstand des Mitleidens, noch der Belehrung betrachtet werden.

Es ist aber nicht nur Unglaube und getäuschte Hoffnung in Bezug auf gewisse Wahrheiten, welche die Menschen zu einer unseligen Absonderung treiben, sondern auch das augenscheinliche Fehlschlagen des Dienstes hat dieselbe Wirkung. Dies Letztere war es vielleicht, was besonders das Herz des Elias bewegte. Der Triumph auf dem Berg Karmel hatte ohne Zweifel seinen Geist in Beziehung zu den Resultaten seines Dienstes zu sehr erhoben, und er war für die entgegengesetzte Seite nicht vorbereitet. Das untrügliche Heilmittel für beide Übel, für den Unglauben in Bezug auf eine wichtige Wahrheit, und für die getäuschte Erwartung in Bezug auf unseren Dienst ist, das Auge einfach und beharrlich auf Jesus gerichtet zu halten. Wenn wir z. B. Menschen finden, die jene beiden großen und höchst wichtigen Wahrheiten – die Einheit der Kirche und die bleibende Gegenwart des Heiligen Geistes in derselben – bekennen, aber in der Verwirklichung dieser Wahrheiten fehlen, sollen wir uns dann abwenden und sagen: Es gibt keine Einheit und keine bleibende Gegenwart des Heiligen Geistes? Das sei ferne! Das würde heißen, Gottes Wahrheit von der Untreue des Menschen abhängig machen, welches ein geistliches Gemüt nicht einen Augenblick zugeben wird. Nein, lasst uns vielmehr aufwärts schauen zum Himmel und die Kirche sehen als den Leib Christi, und jedes Glied geschrieben in das Buch Gottes von Ewigkeit zu Ewigkeit. Und zu gleicher Zeit, wenn wir Jesus zur Rechten Gottes in den Himmeln sehen, so sehen wir den untrüglichen Grund der Gegenwart des Geistes in der Kirche. Dank sei Gott für die gesegnete Festigkeit von diesem allen! „Die Gnadengaben und die Berufung Gottes sind unbereubar.“ Wenn endlich jemand in Betreff seines Dienstes versucht wird, wenn der Feind bemüht ist, ihn zu veranlassen, diesen Dienst aus Verdruss oder in getäuschter Hoffnung aufzugeben, so möge er vor allem sein Auge einfältiger auf Jesus richten, und daran gedenken, dass, wie niederdrückend alles um uns her auch sein mag, die Zeit immer näher rückt, wo alle, die mit einfältigem Herzen dem Herrn aus Liebe zu Ihm gedient haben, einen vollen Lohn empfangen werden. Wir müssen uns jedoch wohl hüten, dass wir nicht unseren Dienst oder die Früchte desselben zwischen uns und Christus stellen. Dazu ist große Gefahr. Es mag sich jemand in aufrichtiger Ergebenheit seinem Herrn widmen, und kann doch durch die List des Feindes und durch die Schwachheit seines eigenen Herzens über kurz oder lang seinem Werk einen höheren Platz in seinen Gedanken einräumen als Christus selbst. Hätte Elias mehr den Gott Israels vor sich behalten, so würde er nicht in Verzagtheit davongegangen sein.

Den wahren Zustand der Seele des Propheten lernen wir aus seiner Erwiderung auf den göttlichen Vorwurf kennen. „Ich habe geeifert“ sagte er, „um den Herrn, den Gott Zebaoth; denn die Kinder Israel haben deinen Bund verlassen, deine Altäre haben sie umgerissen, und deine Propheten mit dem Schwert erwürgt; und ich bin allein übergeblieben, und sie stehen danach, dass sie mir mein Leben nehmen“ (V 10). Wie verschieden ist diese Sprache von jener, die auf dem Berg Karmel von seinen Lippen kam! Dort rechtfertigte er Gott; hier rechtfertigt er sich selbst. Dort war er bemüht seine Brüder zu bekehren, indem er die Wahrheit Gottes vor sie hinstellte; hier klagt er seine Brüder an Und zählt ihre Sünden auf vor Gott.

„Ich habe geeifert;“ aber „sie haben verlassen usw.“ Dies war die Weise, in welcher der getäuschte Prophet ans seiner Höhle am Berg Horeb sprach. Er scheint sich als den Einzigen zu betrachten, der etwas für Gott getan habe oder tat. „Ich bin allein übergeblieben; und sie stehen danach, dass sie mein Leben nehmen.“ Dies alles war die natürliche Folge seiner Stellung. In dem Augenblick, wo jemand sich von seinem Platz des Zeugnisses und des Dienstes unter seinen Brüdern zurückzieht, muss er anfangen, sich zu erheben um jene anzuklagen. Doch allen, die sich auf diese Weise von ihren Brüdern trennen und sie beschuldigen, gilt die erforschende Frage: „Was hast du hier zu tun?“ „Wer ein Ohr hat, zu hören, der höre!“

Unser Prophet wird nun aus seinem isolierten Platze hervorgerufen. „Gehe heraus“, sagt Jehova, „und tritt auf den Berg vor den Herrn. Und siehe, der Herr ging vorüber, und ein großer starker Wind, der die Berge zerriss, und die Felsen zerbrach, vor dem Herrn her; der Herr aber war nicht in dem Wind. Nach dem Wind aber kam ein Erdbeben; aber der Herr war nicht im Erdbeben. Und nach dem Erdbeben kam ein Feuer; aber der Herr war nicht im Feuer. Und nach dem Feuer kam eine stille zarte Stimme“ (V 11–12). Der Herr wollte durch diese feierlichen und verschiedenen Darstellungen von sich und seinen Handlungen seinen Knecht höchst eindrücklich unterweisen, dass Er nicht auf einen Boten beschränkt war, um seine Wege kund zu machen. Der Wind war ein Bote, und zwar ein mächtiger; aber er entsprach seinem Zweck nicht; und dasselbe könnte vom Erdbeben und vom Feuer gesagt werden. Sie dienten durch ihre Furchtbarkeit nur dazu, dem letzten, augenscheinlich schwächsten Boten – „der stillen, zarten Stimme“ – den Weg zu bahnen. Auf diese Weise wurde der Prophet unterwiesen, dass er zufrieden sein müsse, ein Bote zu sein, und zwar einer von vielen. Er mochte gedacht haben, dass das ganze Werk, als er mit der schrecklichen Gewalt des mächtigen Windes kam, durch ihn vollbracht werden sollte, dass jedes Hindernis durch ihn aus dem Weg geräumt und die Nation zu dem Platz ihres glücklichen Gehorsams gegen Gott zurückgeführt werden würde. Ach, wie wenig versteht sogar das erhabenste Werkzeug seine Nichtigkeit! Die Ergebensten, die Begabtesten, die Erhabensten sind nur Steine in dem großen Gebäude – nur Schrauben in der großen Maschine; und wer da meint, dass er das Werkzeug sei, der irrt sich sehr. Paulus mochte pflanzen und Apollos begießen; aber Gott gab das Wachstum. Und Elias hatte zu lernen, dass Gott nicht auf ihn beschränkt war. Er hatte noch andere Pfeile in seinem Köcher, die er zu seiner Zeit abschießen konnte. Der Wind, das Erdbeben und das Feuer mussten alle ihr Werk verrichten und dann konnte die stille, zarte Stimme deutlich und auf eine wirksame Weise gehört werden. Gottes alleinige Absicht ist. Sich vernehmbar zu machen, wenn Er auch in „einer stillen, zarten Stimme“ spricht. Elias blieb in der Höhle bis diese Stimme sein Ohr erreichte, und dann „verhüllte er sein Antlitz mit seinem Mantel, und ging heraus, und trat in die Tür der Höhle“ (V 13). Nur „vor dem Herrn“ kommen wir zu unserer richtigen Stellung. Wir mögen hohe Gedanken von uns und unserem Dienst haben, bis wir in die Gegenwart Gottes gebracht sind; dann lernen wir unser Antlitz in einen Mantel zu hüllen; mit anderen Worten, wir lernen in Wirklichkeit uns selbst zu verbergen. Als Moses sich in der göttlichen Gegenwart fand, „zitterte er und wagte nicht, hinzuschauen.“ Als sich Hiob dort fand, „verwarf er sich und tat Buße in Staub und Asche;“ und also ist es bei jedem gewesen, der sich im Licht der Gegenwart Gottes gesehen hat. Er überzeugte sich von seinem gänzlichen Nichts, und lernte verstehen, dass Gott ohne ihn wirken konnte. Der Herr ist immer bereit, den geringsten Dienst für Ihn anzuerkennen; aber sobald jemand von seinem Dienst eingenommen wird, zeigt ihm der Herr, dass Er seiner nicht mehr bedarf. Also war es mit Elias. Er hatte sich vom Feld der Arbeit und des Kampfes zurückgezogen und ernstlich begehrt, weggenommen zu werden; er hielt sich für den alleinigen Zeugen, für einen verlassenen und getäuschten Knecht, und Jehova stellt ihn vor sich hin; und hier ist es, wo er seinen Dienst niederlegt und die Namen seiner Nachfolger auf dem Feld der Arbeit vernimmt. „Und der Herr sprach zu ihm: Gehe wiederum deines Weges durch die Wüste gen Damaskus; und komm und salbe Hasael zum König über Syrien; und Jehu, den Sohn Nimfi, salbe zum König über Israel, und Elisa, den Sohn Saphat, von Abel–Mehola, salbe zum Propheten an deine statt. Und es soll geschehen, dass, wer dem Schwert Hasaels entrinnt, den soll Jehu töten, und wer dem Schwert Jehus entrinnt, den soll Elisa töten. Und ich werde lassen überbleiben sieben tausend in Israel, alle Knie, die sich nicht gebeugt haben vor Baal, und allen Mund, der ihn nicht geküsst hat“ (V 15–18). Diese Bestimmung muss auf den Geist des Propheten viel Licht geworfen haben. Sieben tausend! – und er dachte allein übriggelassen zu sein. Jehova wird um Werkzeug nie in Verlegenheit sein. Wenn der Wind nicht will, so hat Er das Erdbeben, und wenn das Erdbeben nicht will, so hat Er das Feuer; und wenn das Feuer nicht will, so hat Er „die stille, zarte Stimme.“ Und also ward Elias belehrt, dass Israel durch einen anderen Dienst, außer dem seinigen, bedient werden sollte. Hasael, Jehu und Elisa sollten auf den Schauplatz treten; und wie die stille, zarte Stimme sich wirksam erwiesen hatte, ihn aus seiner Berghöhle hervorzuziehen, so sollte auch der gnadenvolle Dienst des Elisa sich wirksam erweisen, die Tausenden Treuen, die er ganz und gar übersehen hatte, aus ihren verborgenen Winkeln hervorzuziehen. Elias hatte nicht alles zu tun; er war nur ein Bote. „Das Auge kann nicht zu der Hand sagen: Ich habe dich nicht nötig; – oder wiederum das Haupt zu den Füßen: Ich habe euch nicht nötig“ (1. Kor 12,21). –

Dies war, wie ich glaube, die wichtige Aufgabe, welche unser Prophet durch die eindrückliche Szene am Berg Horeb zu lernen hatte. Er war dort hinaufgegangen, voll von Gedanken über sich selbst; er stand am Berg Horeb, erfüllt mit dem Bewusstsein, dass er der Zeuge, der alleinige Zeuge war; und er kam hernieder mit der demütigenden, aber heilsamen Überzeugung, dass er nur einer von sieben tausend war. In der Tat eine sehr verschiedene Anficht der Sache. Niemand kann unterweisen wie Gott. Wenn Er wünscht, uns eine Aufgabe zu lehren, so kann Er es auf eine wirksame Weise; gepriesen sei sein Name. Er hatte den Elias von seiner eigenen Nichtigkeit so unterwiesen, dass er zufrieden war, zurückzugehen, aus seiner Höhle Hervorzukommen und vom Berg hinabzusteigen, alle seine Beschwerden und Entschuldigungen fahren zu lassen, und demütig, schweigend, gehorsam und willig seinen Propheten Mantel über die Schultern eines anderen zu werfen. Dies alles ist höchst lehrreich. Das Schweigen des Elias, nachdem er von den sieben tausend hörte, ist höchst bemerkenswert. Er hatte eine Aufgabe gelernt, die er am Berg Karmel nicht lernen konnte – eine Aufgabe, die weder Zarpat noch der Bach Krit ihn gelehrt hatte. An jenen Orten hatte er vieles über Gott und seine Wahrheiten gelernt; aber am Berg Horeb kam er erst zur Einsicht über seine eigene Nichtigkeit, und in Folge dieser Einsicht kommt er vom Berg hernieder und übergibt seinen Dienst einem anderen. Wir sehen in diesem teuren Knecht die völligste Selbstverleugnung von dem Augenblick an, wo er verstand, dass er nur einer von vielen war. Er richtete eine Botschaft an Ahab im Weinberg des Nabot aus, eine Botschaft an Ahasja im Krankenzimmer; dann nahm er Abschied von der Erde, und überließ anderen Händen die Vollendung des von ihm begonnenen Werkes. Gleich dem Johannes, dem Täufer, der, wie wir wissen, im Geist und in der Kraft des Elias kam, war er zufrieden, einen anderen einzuführen und sich dann zurückzuziehen. O, dass wir alle mehr kennen möchten diesen demütigen, sich selbstverleugnenden Geist – den Geist, der einen Menschen leitet, das Werk zu tun, ohne an dasselbe zu denken, oder, wenn es sein sollte, das Werk durch andere getan zu sehen, und sich darin zu erfreuen. Der Täufer hatte dieses sowohl zu lernen, wie der Tischbiter; er hatte zu lernen zufrieden zu sein, seine glänzende Laufbahn in dem Dunkel eines Gefängnisses zu beendigen, während andere das Werk taten. Auch ihm kam es fremd vor, dass es also mit ihm sein sollte und er sandte deshalb Boten zu Christus, um zu fragen: „Bist du der Kommende, oder sollen wir einen anderen erwarten?“ Als wenn er hätte sagen wollen: Kann es möglich sein, dass der, welchem ich Zeugnis gegeben habe, wirklich der Christus ist, da Er mich umkommen lässt, mich vernachlässigt im Kerker des Herodes? Also war es, und Johannes hatte zu lernen, zufrieden zu sein. Er hatte im Anfang seines Dienstes gesagt: „Er muss wachsen; ich aber geringer werden;“ doch hatte er vielleicht nicht auf eine solche Art des Geringerwerdens gerechnet. Dies war aber der göttliche Plan in Betreff dieses geehrten Dieners. Wie verschieden sind die Gedanken Gottes von denen der Menschen! Johannes, nachdem er einen höchst wichtigen Dienst, ja, den Dienst der Einführung des Sohnes Gottes erfüllt hatte, war bestimmt, enthauptet zu werden nach dem Willen eines gottlosen Weibes und damit nicht ein ungöttlicher Tyrann seinen Eid zu brechen brauchte.

Gerade so war es mit Elias, dem Tischbiter. Seine Laufbahn war ohne Zweifel eine glänzende; er war vor den Augen Israels vorübergegangen in der ganzen Würde und Majestät eines himmlischen Menschen – eines himmlischen Boten, von dessen Lippen göttliche Wahrheit gekommen war, und welchen Gott überschwänglich in seinem Werk geehrt hatte; doch in dem Augenblick als er anfing, von sich selbst etwas zu denken – in dem Augenblicks als er anfing zu sagen: „Ich habe geeifert“, und: „Ich bin allein übergeblieben“, da zeigte ihm der Herr seinen Irrtum, und beauftragte ihn, seinen Nachfolger zu salben.

Möchten wir aus diesem allem lernen, in unserem Dienst, worin er auch bestehen möge, demütig und selbstverleugnend zu sein. Möchten wir es nie wagen uns anzusehen, als wären wir etwas, oder unseren Dienst, als hätten wir etwas Großes vollbracht! Und wenn auch unser Dienst wenig Erfolg haben mag, und wir uns selbst verschmähen und verwerfen, – möchten wir nur fähig sein, vorwärts auf das Ende hinzuschauen, wenn alles offenbar werden wird. Dies war es, was unser gesegneter Meister tat. Er richtete sein Auge unverrückt „auf die vor Ihm liegende Freude“, und nahm keine Rücksicht auf die Gedanken der Menschen, als Er seinen Lauf vollbrachte. Auch verklagte und beschuldigte er jene nicht, die Ihn verwarfen, verachteten und kreuzigten. Nein; seine sterbenden Worte waren: „Vater, vergib ihnen!“ Gnadenreicher Herr! erfülle uns mehr mitdeinem sanftmütigen, liebenden, gnadenreichen und vergebenden Geist! O möchten wir dir gleich sein und in deinen Fußstapfen wandeln inmitten dieser traurigen Welt!

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