Botschafter des Heils in Christo 1865

Elia, der Tisbiter - Teil 6/7

Von dem Augenblick an, wo Elias seinen Mantel über die Schultern des Elisa warf, können wir seine prophetische Laufbahn als fast beendigt betrachten. Er richtete, wie bereits bemerkt worden ist, noch eine oder zwei Botschaften aus; aber in Betreff seiner dienstlichen Verbindung mit Israel, kann diese von jener Stunde an, wo Elisa, der Sohn Saphat, von Abel–Mehola, an seine statt zum Propheten gesalbt wurde, als geschlossen betrachtet werden. In Wahrheit gab er selbst das Werk auf. „Er machte sich auf und ging fort, um seines Lebens willen“; so dass es, um menschlich zu reden, hohe Zeit war, an die Salbung eines Nachfolgers zu denken. Doch dürfen wir, wenn wir auf das Leben des Elias zurückblicken, nicht allein bei seinem dienstlichen Charakter stehen bleiben; wir müssen ihn nicht nur betrachten als Prophet, sondern auch als Mensch; nicht nur als Knecht, sondern auch als Kind; nicht nur amtlich, sondern auch persönlich. Als Prophet hing die Fortdauer, sowie der glückliche Ausgang seiner Laufbahn zum großen Teil von seiner Treue ab. Deshalb wenn er sich durch einen Geist, der nicht mit dem Charakter eines wahren Knechtes harmonierte, fortreißen ließ, so musste er seinen Dienst in die Hände eines anderen niederlegen. 1

Es waren jedoch noch bessere Dinge für Elias vorhanden. Er mochte hastig sein – er mochte sich in einer Höhle verbergen, und von dort aus Beschuldigungen gegen Israel erheben – er mochte ungeduldig verlangen, von dem Schauplatz abzutreten, in dem er zu wirken berufen war – er mochte dies alles tun, und in Folge dessen beauftragt werden, seinen Platz zu verlassen, so hatte doch der treue Gott Gedanken der Gnade über ihn, wie sie nimmer in sein Herz kommen konnten. O wie gesegnet ist es, Gott zu erlauben, in seiner Weise mit uns zu handeln! Wir werden sicher verlieren, wenn wir uns in die göttliche Handlungsweise mischen, und doch ist dies stets die Neigung des Menschen. Der Mensch will Gott nicht erlauben. Seine eigene Methode zu wählen, um ihn zu rechtfertigen, sondern will immer in den Plan der göttlichen Erlösung eingreifen; und sogar wenn er sich durch die Wirksamkeit des Heiligen Geistes der Rechtfertigung Gottes unterworfen hat, so will er, ungeachtet der wiederholten Erfahrung von der erhabenen Weisheit Gottes, sich immer wieder in die göttliche Methode der Erziehung und Leitung einmischen, als wenn er bessere Anordnungen für sich treffen könnte als Gott. Vermessene Torheit! Die Früchte davon werden für etliche ewiges Verderben sein, für andere ein gegenwärtiger Verlust an Erkenntnis und Erfahrung des Charakters und der Wege Gottes. Hätte Elias sein Begehren erlangt, wie viel würde er verloren haben! Wie viel besser war es, in einem feurigen Wagen zum Himmel zu fahren, als in einem Anfall von Ungeduld weggenommen zu werden! Elias bat um das Letztere; aber Gott gab ihm das Erstere. „Da aber der Herr wollte Elia im Wetter gen Himmel holen, ging Elia und Elisa von Gilgal“ (V 1). Es würde uns hier zu weit führen, in die Einführung des Elisa in den prophetischen Dienst näher einzugehen. In vorliegendem Kapitel begleitet er den Elias von Gilgal nach Bethel, von Bethel nach Jericho, und von Jericho an den Jordan. Alle diese Orte waren in Israels Geschichte aufgezeichnet. Bethel, oder das Haus Gottes, war der Ort, wo Jakob vor Alters die geheimnisvolle Leiter gesehen hatte, die von der Erde bis zum Himmel reichte – eine passende Darstellung der zukünftigen Pläne Gottes in Betreff der himmlischen und irdischen Familien. Zu demselben Platze wandte sich Jakob auf den ausdrücklichen Befehl Gottes, nachdem er sich von der Befleckung Sichems gereinigt hatte (1. Mo 35,1). Bethel war deshalb ein Platz von tiefem Interesse für das Herz eines Israeliten; aber ach! er war verunreinigt worden. Jerobeams Kalb hatte völlig die heiligen Grundsätze der Wahrheit verwischt, welche Jakobs Leiter lehrte. Letztere führte aufwärts und vorwärts; aufwärts zu Gottes ewigem Vorsatz der Gnade; vorwärts zur völligen Entfaltung jenes Vorsatzes in Herrlichkeit. Ersteres fesselte das Herz an ein erniedrigendes System der politischen Religion – an ein System, in welchem die Namen der himmlischen Dinge gebraucht wurden, um die Verwirklichung der irdischen Dinge zu sicheren. Jerobeam machte Gebrauch von dem Haus Gottes, um das Reich Israels für sich zu befestigen. Er war wohl zufrieden auf dem Boden der Leiter zu bleiben, aber er hatte keine Lust aufwärts zu schauen. Sein irdisches Herz wünschte nicht, jene erhabenen Höhen, zu denen Jakobs Leiter führte, zu erklimmen; die Erde und ihre Herrlichkeit war alles, was er begehrte, und vorausgesetzt dass er diese erlangte, so war es ihm gleich, ob er zu Bethel vor dem Baals–Kalb, oder zu Jerusalem vor dem Altar Jehovas anbetete. Jerusalem, Bethel oder Dan waren für ihn, wie für jeden anderen politisch religiösen Menschen bloße Namen. Die Religion ist nur ein Werkzeug in den Händen der Kinder dieser Welt – ein Werkzeug, durch welches sie bis in das Innere der Erde dringen, und nicht eine Leiter, auf welcher sie von der Erde zum Himmel aufsteigen. Der Mensch verunreinigt jede Sache, die heilig ist. Lege die reinste herrlichste Wahrheit in seine Hand, und bald wird sie befleckt sein; stelle die köstlichste, wirksamste Verordnung unter seine Hut, und er wird sie bald in eine leblose Form umwandeln und die darin niedergelegten Grundsätze verlieren. So war es mit Bethel, und so war es mit jeder heiligen Sache, womit der Mensch zu tun hatte.

Ebenso war Gilgal, von wo die beiden Propheten ausgingen, ein Platz von Interesse. Dort war es, wo der Herr die Schande Ägyptens von seinem Volk abwälzte; (Jos 5,9) dort feierte Israel sein erstes Passah im Land Kanaan, und wurde durch das alte Korn des Landes erquickt. Gilgal war der Sammelplatz für Josua und seine Kriegsmänner; von dort gingen sie in der Kraft des Herrn aus, um glorreiche Siege über die Unbeschnittenen zu erlangen, und dorthin kehrten sie zurück, um sich der Beute zu erfreuen. Also war Gilgal ein Platz, auf den die Zuneigungen eines Juden gerichtet waren – ein Platz vieler heiligen Erinnerungen. Doch auch dieser hatte seine ganze Wirklichkeit verloren. Die Schande Ägyptens ruhte wieder auf Israel. Die Grundsätze, die einmal mit Gilgal in Verbindung standen, hatten ihre Herrschaft über die Herzen des bekennenden Volkes Gottes verloren. Bochim (der Platz der Weinenden) hatte schon längst den Platz Gilgals in Beziehung zu Israel eingenommen (Ri 2,1–5), und Gilgal war geworden eine leere Form, die freilich alt, aber kraftlos war; denn Israel hatte aufgehört in der Kraft der Wahrheit, die in Gilgal gelehrt wurde, zu wandeln.

Ebenso in Betreff Jerichos. Dort war es, wo die Heere des Herrn unter ihrem mächtigen Anführer ihren ersten Sieg im Land der Verheißung davontrugen und die Macht des Glaubens an den Tag legten. Und endlich war es am Jordan, dass Israel solch eine eindrückliche Offenbarung von der Macht Jehovas, in Verbindung mit der Lade seiner Gegenwart hatte. Der Jordan war der Platz, wo der Tod vorbildlich durch die Macht des Lebens überwunden war, und in dessen Mitte und an dessen Ufern Israel die Trophäen des Sieges über den Feind aufpflanzte.

Also waren diese verschiedenen Plätze – Bethel, Gilgal, Jericho und der Jordan – für das Herz eines wahren Kindes Abrahams von großem Interesse; aber ihre Kraft und Bedeutung war verloren. Bethel hatte – ausgenommen dem Namen nach – aufgehört, das Haus Gottes zu sein; Gilgal wurde nicht mehr geachtet als der Platz, wo die Schande Ägyptens abgewälzt worden war. Die Mauern Jerichos, die durch Glauben zerstört waren, waren wiederaufgebaut, und der Jordan wurde nicht mehr als der Schauplatz der Macht Jehovas betrachtet. Mit einem Wort, dies alles war zu einer bloßen Forma ohne Kraft, geworden, und der Herr konnte sogar schon zu Elias Zeit zum Haus Israel jene eindringlichen Worte sagen: „Darum so spricht der Herr zum Haus Israel: Sucht mich, so werdet ihr leben. Sucht nicht Bethel und geht nicht gen Gilgal, und wandert nicht gen Beerscheba; denn Gilgal wird gefangen weggeführt werden, und Bethel wird zu Nichts werden. Sucht den Herrn, so werdet ihr leben“ (Amos 5,4–6). Hier ist eine wichtige Wahrheit für alle die geneigt sind, an alten Formen festzuhalten. Durch diese ergreifende Stelle werden wir belehrt, dass nur die göttliche Wirklichkeit der persönlichen Gemeinschaft mit Gott Stand halten wird. Die Menschen mögen zur Verteidigung der Formen auf deren großes Altertum hinweisen; aber wo könnten wir ein größeres Altertum finden, als jenes, dessen sich Bethel und Gilgal rühmen konnten? Dennoch hörten sie auf und wurden zu Nichts; und der Gläubige wurde ermahnt, sie alle zu verlassen, und in einfältigem Glauben zu dem lebendigen Gott aufzuschauen.

Durch alle obengenannten Plätze geht nun unser Prophet in der Energie und Würde eines himmlischen Menschen. Sein Bestimmungsort lag außer und über ihnen allen. Er suchte Elisa hinter sich zurück zu lassen, während er auf dem himmlischen Pfad vorwärts eilte; aber jener hing ihm an, und begleitete ihn, so zu sagen, bis an die Pforten des Himmels, und hemmte die störende Zudringlichkeit seiner weniger geistlichen Brüder mit den Worten: „Seid ihr nur stille.“ Elias aber zog vorwärts in der Kraft seiner himmlischen Mission. „Der Herr hat mich gesandt“, sagt er, und, gehorsam dem göttlichen Befehl, geht er durch Gilgal, Bethel, Jericho und den Jordan; und indem er jene alten Formen und geweihten Örter, welche die Zuneigung eines solchen fesseln mochten, der nicht wie Elias war, weit hinter sich zurückließ, eilte er vorwärts kraft einer himmlischen Hoffnung. Die Söhne der Propheten mochten in jenen Dingen bleiben, und vielleicht auch in vielen durch dieselben eine heilige Erinnerung erweckt werden; allein für den, dessen Geist mit dem Gedanken an seine Entrückung zum Himmel erfüllt war, konnten die Dinge der Erde, waren sie auch noch so geheiligt, noch so ehrwürdig, keinen Reiz mehr haben. Der Himmel war sein Ziel, und nicht Bethel oder Gilgal. Er war im Begriff, sich von der Erde und von all ihren zerstörten Szenen zu trennen; er war im Begriff, Ahab und Isebel zurückzulassen, um ihrem schrecklichen Gericht entgegen zu gehen; er war im Begriff, sich über die Region des gebrochenen Bundes, der zerstörten Altäre und der erschienenen Propheten zu erheben; mit einem Wort, sich zu erheben über die Traurigkeit und den Kummer, die Versuchungen und Täuschungen dieser stürmischen Welt, und zwar nicht durch die Wirkung des Todes, sondern durch einen himmlischen Wagen. Der Tod besaß keine Macht über diesen himmlischen Menschen. Ohne Zweifel wurde sein Leib in einem Augenblick verwandelt; denn „Fleisch und Blut können das Reich Gottes nicht ererben; auch erbt die Verwesung nicht die Unverweslichkeit;“ aber der Tod konnte keine Macht über ihn haben. Er stieg gleich einem Eroberer in seinen Triumphwagen und zog hinweg in seine Ruhe. Glücklicher Elias! Sein Kampf war vorüber, sein Lauf vollendet, sein Sieg gesichert. Er war hienieden ein Fremdling gewesen, unähnlich den Kindern dieser Welt, ja, sogar unähnlich vielen Kindern des Reichs. Er war von den Bergen Gileads hervorgekommen als der gegürtete Zeuge, der den Lauf einer bekennenden Welt auf eine empfindliche Weise störte. Hienieden hatte er keine Heimat, keinen Ruheplatz; er eilte als Fremdling und Pilger zu seiner himmlischen Ruhe. Der Pfad des Elias war, von Anfang bis zu Ende, einzig in seiner Art, Gleich Johannes, dem Täufer, war er die „Stimme eines Rufenden in der Wüste“, fern vom Aufenthaltsort der Menschen; und wenn er einmal zum Vorschein kam, so war er, gleich einem himmlischen Meteor, das Zeichen von etwas, das den Bereich des menschlichen Begriffs überstieg. Der Mann mit dem ledernen Gürtel war nur gekannt als der Zeuge gegen das Böse – als der Träger der Wahrheit Gottes. Er hatte keine Gemeinschaft mit dem Menschen, als solchem; aber in all seinen Wegen offenbarte er eine Erhabenheit, die alle Anmaßung zurückwies und Ehrfurcht und Achtung einflößte. Es ruhte so viel von dem Lichtglanz des Heiligtums auf ihm, dass Eitelkeit und Torheit in seiner Gegenwart nicht leben konnten. Er war nicht, wie sein Nachfolger Elisa, ein geselliger Mann; sein Pfad war einsam. Mit einem Wort, er war in jeder Sache eigentümlich; eigentümlich in seinem Eintritt in seine prophetische Laufbahn – eigentümlich in seinem Austritt aus derselben. Er war eine Ausnahme, und zwar eine ganz bemerkbare. Die Tatsache, dass er nicht berufen war, durch die Pforten des Todes zu gehen, ist ganz geeignet, besondere Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen.

Doch lasst uns zunächst den Weg beachten, den unser Prophet verfolgte, als er nach dem Schauplatz seiner Entrückung eilte. Er betrat den Pfad des Lagers vor Alters. Israel war vom Jordan nach Jericho gezogen; aber Elias ging von Jericho nach dem Jordan. Der Jordan trennte die Wüste von dem Land; Elias durchkreuzte dasselbe und ließ dann Kanaan hinter sich zurück. Sein Wagen begegnete ihm nicht im Land, sondern in der Wüste, das Land war verunreinigt, und sollte in Kurzem gesäubert werden von denen, welche die Unreinigkeit eingeführt hatten; die Herrlichkeit sollte bald sogar von jenem am meisten bevorzugten Orte weggenommen werden. Ikabod (Nichtehre) konnte auf alles geschrieben werden. Darum verließ der Prophet das Land und zog in die Wüste, worin das geistliche Gemüt klar angedeutet findet, dass für den himmlischen Menschen nichts bleibt, als die Wüste hier und die Ruhe droben. Die Erde sollte nicht länger der Ruheplatz oder das Teil des Mannes Gottes sein; sie war verunreinigt. Der Jordan war geteilt worden, um Israel zu gestatten, aus der Wüste nach Kanaan zu reifen, er sollte jetzt geteilt werden, um einem himmlischen Menschen zu gestatten, von Kanaan in die Wüste zu gehen, wo sein Wagen auf ihn wartete und bereit war, ihn von der Erde zum Himmel zu tragen. Irdische Dinge und irdische Hoffnungen hatten keinen Raum mehr im Herzen des Elias. Er hatte die gänzliche Eitelkeit von allem hier unten kennen gelernt, und es blieb für ihn nichts mehr, als über alles zu schauen. Er hatte sich abgemüht inmitten der zerbrochenen Altäre Israels, jahrelang hatte er gearbeitet und Zeugnis abgelegt gegen ein ungehorsames und widersprechendes Volk; er hatte verlangt, abzuscheiden und zu ruhen, und jetzt war er im Begriff, dies zu tun, und zwar auf eine gotteswürdige Weise. Jehova selbst stand bereit, seine ewigen Arme um und unter seinen Knecht zu legen, um ihn vor der Gewalt des Todes zu schützen. Für ihn sollte der Tod keinen Stachel und das Grab keinen Sieg haben. Elias hatte das Vorrecht, als er auf dem Sand der Wüste stand, gerade aufwärts zu schauen, und, nicht gehindert durch die erniedrigenden Umstände der Schwachheit und des Todes, den Himmel offen zu sehen, um ihn zu empfangen. Ihn traf nicht das Los der gefallenen Menschheit bei seinem Abschied von der Erde. Er wechselte seinen Propheten Mantel mit einem Feuerwagen. Er konnte getrost seinen Mantel auf die Erde fallen lassen, während er emporstieg zum Himmel. Für ihn war die Erde nur ein vergänglicher und verunreinigter Flecken in der Schöpfung Gottes; und er war sehr glücklich, alles zurückzulassen, was irgendwie mit ihr in Verbindung stand. Es ist wahr, er verließ einen, der seinen Wert kannte und seinen Verlust fühlte – einen, der, als er Zeuge seiner wunderbaren Entrückung war, ausrief: „Mein Vater! mein Vater! Wagen Israels und seine Reiter!“ (V 12) Doch was lag daran? Elias war jetzt über der Region der bloß menschlichen Gefühle und Zuneigungen. Elisa mochte sagen: „Lass mich meinen Vater und meine Mutter küssen;“ doch unser Prophet bewegte sich über diesem allen. Die menschlichen Dinge waren nichts mehr für ihn; er hatte die Erde hinter sich, den Himmel vor sich und menschliche Dinge unter sich. Welch eine Stellung! Und doch ist es nur die Stellung, die jeder himmlische Mensch einnehmen sollte. Die Natur und die Erde haben keine Anforderungen mehr an den Menschen, der an Jesus glaubt. Das Kreuz hat alle die Ketten zerbrochen, die ihn einmal an die Erde banden. Wie der Jordan den Elias von Kanaan trennte und ihn in die Wüste brachte, um dem Wagen Jehovas zu begegnen, so hat das Kreuz den Gläubigen auf einen neuen Grund versetzt – es hat ihn völlig in die Umstände der Wüste geführt – es hat ihn Zugleich auf die andere Seite des Todes gestellt, und zwar mit keinem anderen Gegenstand vor sich, als seine Entrückung, um dem Herrn in der Luft entgegen zu eilen. Das ist das wirkliche, unbestreitbare Teil eines jeden Heiligen, sei er auch noch so schwach, noch so unwissend. Die glückliche Erfahrung davon ist freilich eine ganz andere Sache. Um das zu erreichen, bedürfen wir viel mit Gott allem und viel in der Ausübung eines Geistes des Selbstgerichts zu sein. Fleisch und Blut können nimmer dahin gebracht werden, die Entrückung eines himmlischen Menschen zu verstehen. Wir finden sogar, dass die Söhne der Propheten sie nicht verstanden; denn sie sagen zu Elisa: „Siehe es sind unter deinen Knechten fünfzig Männer, starke Leute, die lass gehen und deinen Herrn suchen; ob ihn vielleicht der Geist des Herrn aufgehoben und auf einen der Berge und in eins der Täler geworfen hat“ (V 16). das war ihr höchster Gedanke über des Propheten Aufnahme: „Ob ihn vielleicht der Geist des Herrn aufgehoben und auf einen der Berge oder in eins der Täler geworfen hat.“ Sie vermochten seine, Entrückung zum Himmel in einem feurigen Wagen nicht zu fassen. Sie verweilten noch inmitten der Dinge der Erde, und hatten ihre geistlichen Gefühle nicht genug geübt, um eine so herrliche Wahrheit zu fassen und zu würdigen. Elisa gab ihrer Zudringlichkeit nach; aber sie lernten die Torheit ihrer Gedanken durch die fruchtlose Bemühung ihrer Botschafter kennen. Fünfzig starke Männer konnten den entrückten Propheten nirgendwo finden. Er war hingegangen; und es erforderte eine andere Kraft als die der Natur, um dieselbe Straße zu ziehen. „Der natürliche Mensch nimmt nicht an, was des Geistes Gottes ist; denn es ist ihm eine Torheit, und er kann es nicht erkennen; denn es wird geistlich beurteilt“ (1. Kor 2,14). jene, die im Geist wandeln, werben am besten das Vorrecht des Propheten, von den Anforderungen der Sterblichkeit befreit und auf eine so glorreiche Weise in seine himmlische Ruhe eingeführt zu sein, verstehen.

Das war also das Ende der Laufbahn unseres Propheten. Ein herrliches Ende! Wer möchte nicht sagen: „O dass mein Ende gleich dem seinigen wäre!“ Gepriesen sei die Liebe, die es verordnet hat, dass ein Mensch also geehrt wird! Gepriesen sei die Gnade, die den Sohn Gottes, den Fürsten des Lebens, leitete, von seiner Herrlichkeit in den Himmeln hernieder zu kommen, und sich einem schmachvollen Tod auf dem Kreuz zu unterwerfen, wodurch sogar im Voraus der Prophet Elias von der Strafe der Sünde befreit war, und ihm gestattet wurde, in die Regionen des Lichts und der Unsterblichkeit einzutreten, ohne den Geruch des Todes an sich zu tragen. O wie sehr sollten wir diese Liebe anbeten! Ja, während wir den Fußstapfen des merkwürdigen Mannes, bei dessen Geschichte Wir verweilt haben, nachgehen – während wir ihm folgen von Gilead nach Krit, von Krit nach Zarpat, von Zarpat nach Karmel, von Karmel nach Horeb und von Horeb nach dem Himmel, fühlen wir uns gedrungen, auszurufen: O, unvergleichliche Liebe Gottes! Wer hätte daran gedacht, dass ein sterblicher Mensch solch einen Weg hätte machen können! Wer, außer Gott, hätte so etwas ausführen können! Der Pfad Elia, des Tisbiters, verherrlicht die Gnade Gottes auf eine ausgezeichnete Weise, und macht die Klugheit des Feindes zu Schanden. Die Entrückung eines Heiligen zum Himmel ist eine der reichsten Früchte und herrlichsten Resultate der Erlösung. Eine Seele von der Hölle zu erretten ist an und für sich eine herrliche Tat, ein glänzender Triumph – den Leib eines entschlafenen Heiligen aufzuerwecken ist noch eine merkwürdigere Entfaltung der göttlichen Gnade und Macht; aber einen lebenden Menschen in der Frische und Energie seines irdischen Daseins zu nehmen und von der Erde zum Himmel zu führen ist eine noch lieblichere und reichlichere Entfaltung der Macht Gottes und zeigt den Wert der Erlösung in seiner ganzen Schönheit. Also war es mit Elias. Es war nicht nur die Errettung seiner Seele, noch die Auferweckung seines Leibes, sondern es war die Entrückung seiner Person – „Leib, Seele und Geist.“ Er wurde plötzlich aus aller Unruhe und Verwirrung um ihn her hinweggenommen. Der Strom des Bösen mochte noch weiter voraufließen – die Menschen und ihre Grundsätze fortfahren zu wirken und sich zu zeigen – das Maß der Ungerechtigkeiten Israels noch voller werden – und der Stolz Assyriens, die Rute von Jehovas Zorn, auf den Schauplatz treten und sie züchtigen; aber was war dies alles für den entrückten Propheten? Gar nichts. Der Himmel war geöffnet über ihm, als er, ein harmloser Wanderer, in der Wüste stand. Er war jetzt fertig mit dem Land Kanaan, mit dessen Verunreinigung und Entehrung, und hatte seinen Platz droben zu nehmen.

Da wir nun unseren Propheten haben zum Himmel gehen sehen, so könnten wir natürlich unsere Betrachtungen über sein Leben und seine Zeit schließen. Doch gibt es noch eine besondere Szene, worin er im Neuen Testament erscheint; und wollten wir dabei nicht ein wenig verweilen, so würde unsere Darstellung von ihm unvollständig sein. Ich denke an den Berg der Verherrlichung, wo Moses und Elias in Herrlichkeit erschienen und mit dem Herrn Jesus Christus von dessen Hingang sprachen, den Er zu Jerusalem erfüllen sollte. Der Herr Jesus hatte den Petrus, Jakobus und Johannes mit sich genommen und führte sie hinauf auf einen hohen Berg besonders, um vor ihren Augen ein Beispiel seiner zukünftigen Herrlichkeit darzustellen, damit auf diese Weise ihr Geist gewappnet sein möchte gegen die versuchungsvollen Szenen, die Er und sie noch durchzumachen hatten. Welch eine Gesellschaft! Der Sohn Gottes, in weißem, glänzenden Kleid – Moses, ein Vorbild derer, die in Jesu entschlafen – Elias, ein Vorbild der entrückten Heiligen, und Petrus, Jakobus und Johannes, die als Säulen der neutestamentlichen Kirche angesehen wurden! Nun ist es augenscheinlich, dass unser Herr den Zweck hatte, seine Apostel auf seine Leiden vorzubereiten, indem Er ihnen eine Probe der Herrlichkeit zeigte, die folgen sollte. Er sah das Kreuz mit allen seinen begleitenden Schrecken in einer nahen Entfernung vor sich; kurz vor seiner Verherrlichung sagte er zu ihnen: „Der Sohn des Menschen muss vieles leiden und verworfen werden von den Ältesten, Hohepriestern und Schriftgelehrten und getötet, und am dritten Tage wieder auferweckt werden“, doch bevor Er in dies alles eintrat, wollte Er ihnen etwas von seiner Herrlichkeit zeigen. Das Kreuz ist in Wirklichkeit die Grundlage von allem. Die zukünftige Herrlichkeit Christi und seiner Heiligen – die Freude des wieder hergestellten Israels im Land Kanaan, und die Befreiung der Schöpfung von der Knechtschaft des Verderbnisses, kurz alles hängt ab von dem Kreuz des Herrn Jesus Christus. Seine Trübsale und Leiden sicheren die Herrlichkeit der Kirche, die Wiederherstellung Israels und die Segnung der ganzen Schöpfung. Kein Wunder deshalb, dass das Kreuz den Gegenstand der Besprechung zwischen Christus und seinen erhabenen Besuchern bildete. „Sie besprachen seinen Ausgang, den Er in Jerusalem erfüllen sollte“ (Lk 9,31). alles hing davon ab. Die Vergangenheit, die Gegenwart und die Zukunft – alles ruhte auf dem Kreuz als einer unsterblichen Grundlage. Moses konnte in dem Kreuz das sehen und erkennen, was das Gesetz mit all seinen vorbildlichen Gebräuchen und Zeremonien bei Seite setzte; Elias konnte darin das sehen und erkennen, was alle die prophetischen Zeugnisse in Kraft setzte. Das Gesetz und die Propheten zeigten hin auf das Kreuz als das Fundament der Herrlichkeit, die über demselben hinauslag. Von welch hoher Wichtigkeit war deshalb der Gegenstand der Unterhaltung auf dem Berg der Verherrlichung inmitten der vortrefflichen Herrlichkeit! Das Kreuz war von Wichtigkeit für die Erde – von Wichtigkeit für den Himmel und von Wichtigkeit für die ganze Schöpfung Gottes. Es bildet den Mittelpunkt von allen göttlichen Vorsätzen und Ratschlüssen – es bringt alle die göttlichen Eigenschaften in völlige Harmonie – es sichert auf ewigen Grundsätzen die Herrlichkeit Gottes und den Frieden des Sünders – an demselben kann mit unauslöschlichen Buchstaben jene Inschrift gesehen werden: „Herrlichkeit Gott in der Höhe, und Friede auf der Erde, an den Menschen Wohlgefallen.“ Kein Wunder deshalb, sage ich noch einmal, dass Moses und Elias in Herrlichkeit erscheinen und von solch einem wichtigen Gegenstand reden konnten. Sie kehrten wieder zurück zu ihrer Ruhe, während ihr gesegneter Herr wieder hinabsteigen musste auf den Kampfplatz, um dem Kreuz in all seiner schrecklichen Wirklichkeit zu begegnen; aber sie wussten völlig gewiss, dass Er und sie sich dennoch begegnen würden inmitten einer Herrlichkeit, die nimmer durch eine Wolke überschattet werden wird – in einer Herrlichkeit, worin Er, das Lamm, für immer die Quelle und der Mittelpunkt sein wird – in einer Herrlichkeit, die mit immerwährendem Glanz leuchten wird, wenn alle menschlichen und irdischen Herrlichkeiten durch die Schatten einer ewigen Nacht bedeckt sein werden.

Wie aber verhielten sich die Jünger während dieser ganzen wunderbaren Unterhaltung? Womit waren sie beschäftigt? Sie waren eingeschlafen. Sie schliefen, während Moses und Elias sich mit dem Sohn Gottes über sein Kreuz und seine Leiden unterhielten. Merkwürdige Unempfindlichkeit! Die Natur kann in Gegenwart der „vortrefflichen Herrlichkeit“ schlafen. 2 Als sie aber aufgewacht waren, sahen sie seine Herrlichkeit, und die zwei Männer, die bei ihm standen. Und es geschah als sie von Ihm schieden, sprach Petrus zu Jesu: „Meister! Es ist gut, dass wir hier sind; und lass uns drei Hütten machen, Dir eine, und dem Moses eine und dem Elias eine, – nicht wissend was er sage“ (Lk 9,32–33). Ohne Zweifel war es gut, dort zu sein; weit besser als von ihrer Höhe und Herrlichkeit hinab zu gehen, um all den Widersprüchen und Verkehrtheiten der Menschen zu begegnen. Als Petrus die Herrlichkeit sah und Moses und Elias, da dachte er gleich, nach seinen jüdischen Gedanken, dass der Feier des Laubhüttenfestes nichts mehr im Weg stehe. Er hatte geschlafen, während sie von dem Ausgang sprachen; er hatte sich der Natur überlassen, während die Leiden seines Herrn den Gegenstand der Besprechung gebildet hatten; und als er erwachte, da wollte er mit Freuden sein Zelt aufschlagen inmitten jener Szene des Friedens und der Herrlichkeit unter den geöffneten Himmeln. Aber ach! er wusste nicht, was er sagte. Es war nur ein vorübergehender Augenblick. Die himmlischen Fremdlinge waren bald verschwunden; der Herr Jesus wurde in die Hände der Menschen überliefert. Er hatte vom Berg der Verherrlichung zum Berg des Leidens zu gehen; Petrus musste vom Satan gesichtet und unter dem Gefühl seines schmachvollen Falles tief gedemütigt und zunichtegemacht werden – er musste durch einen anderen sich gürten und hinführen lassen, wo er nicht hin wollte – eine finstere Nacht der Trübsale und Leiden standen in Aussicht für die Kirche – die Kriegsheere des wilden Roms mussten noch die heilige Stadt in den Staub treten und ihre Bollwerke zerstören – die Donner des Krieges und der politischen Revolution hatten noch mit furchtbarer Gewalt zu rollen über die ganze zivilisierte Welt; – alle diese Dinge und noch viele andere mussten geschehen, bevor der von dem Herzen des armen Petrus sehnlichst erwünschte Gedanke auf der Erde verwirklicht werden konnte. Der Prophet Elias muss wiederum die Erde besuchen, „ehe da kommt der große und schreckliche Tag des Herrn“ (Mal 4,5). „Elias muss zuvorkommen und alle Dinge wiederherstellen.“ Wie lange, o Herr? Möge dies die beständige Frage unseres Herzens sein, bis wir hingelangen zu jener Ruhe und Herrlichkeit, die vor uns liegt. „Die Zeit ist kurz“, und die Ewigkeit mit all ihren göttlichen und herrlichen Wirklichkeiten nahe. Möchten wir stets im Licht derselben wandeln! Möchten wir immer fähig sein, durch das Auge des Glaubens, die glänzenden Strahlen des tausendjährigen Morgens zu sehen – des Morgens ohne Wolken, der die entfernten Hügel beleuchten wird. Alles weist darauf hin; jede Begebenheit, die sich ereignet – jede Stimme, die das Ohr erreicht, erzählt von dem baldigen Kommen des Reiches. Der See und die Wasserwogen mögen brausen – Nationen erschüttert werden – Thronen umstürzen; alle diese Dinge haben eine Stimme für das beschnittene Ohr; und die Stimme ruft: „Blicke auf.“ Jene, die den Heiligen Geist empfangen haben, haben das Pfand des zukünftigen Erbes; und das Pfand ist ein Teil der zu empfangenden Sache. Sie sind auf dem Berg gewesen, und obgleich die Wolke sie auch überschatten mag, obgleich sie auch vom Berg her niederkommen müssen, um den Versuchungen und Leiden hier unten zu begegnen, so haben sie doch einen Vorgeschmack von der Freude und Segnung, die für immer ihr Teil sein wird; und sie können, während sie von Tag zu Tag vorwärts Pilgern, ohne Heuchelei Gott Preisen, dass ihre Hoffnung nicht begrenzt wird durch den dunklen Horizont dieser Welt, sondern dass sie eine Heimat über diesem allen haben (Schluss folgt).

Fußnoten

  • 1 Es könnte hier eingewandt werben, Elias sei für eine besondere Zeit in Israels Geschichte und für einen besonderen Zweck erweckt worden und es sei, als jener Zweck erreicht war, eine andere Art Werkzeug nötig geworden. Dies ist ganz wahr; doch ist es gar nicht schwer, die Hast und Ungeduld des Elias zu bemerken, womit er seinen Posten zu verlassen wünschte, weil die Dinge nicht den Ausgang genommen, den er erwartet hatte. Gottes Ratschlüsse und des Menschen Handlungen sind sehr verschieden. Der Dienst des Elias hatte ohne Zweifel seinen besonderen Platz in der Geschichte der Nation erfüllt, und eine andere Art Werkzeug mochte nötig sein; doch ließ dies seinen Geist und seine Handlungsweise in der Sache ganz unberührt.
  • 2 Es ist bemerkenswert, dass wir dieselben Jünger schlafend finden während der Seelenangst unseres Herrn im Garten Gethsemane. Sie schliefen angesichts der Herrlichkeit und auch angesichts des Kreuzes. Die Natur kann ebenso wenig in jene wie in dieses eintreten. Und dennoch macht der Herr ihnen keinen Vorwurf, ausgenommen dass er zu dem hervorragendsten und sich selbst vertrauenden Jünger sagt: „Konntest du denn nicht eine Stunde mit mir wachen?“ Er wusste, mit wem er es zu tun hatte; er wusste, „dass der Geist willig, aber das Fleisch schwach ist.“ Der gnadenreiche Herr war immer bereit, sein armes Volk zu entschuldigen und sagte: „Ihr seid es, die mit mir ausgeharrt haben in meinen Versuchungen.“ Dies sagte er zu jenen, die geschlafen hatten auf dem Berg, geschlafen im Garten, und die fähig waren, Ihn in der Stunde der tiefsten Not zu verleugnen und zu verlassen.
Nächstes Kapitel »« Vorheriges Kapitel