Der Prophet Sacharja

Kapitel 10

Der Prophet Sacharja

Weitere Segnungen Israels

„Erbittet von dem HERRN Regen zur Zeit des Spätregens; der HERR schafft die Blitze, und er wird euch Regengüsse geben, Kraut auf dem Feld für jeden“ (10,1).

Zum Verständnis des Propheten Sacharja ist es wichtig zu beachten, dass der Prophet in seinen Weissagungen das Kommen des HERRN in Niedrigkeit und sein Kommen in Herrlichkeit oft zusammenfügt, ohne von der Zwischenzeit, der Gnadenperiode, Notiz zu nehmen. So war es im 9. Kapitel und auch hier haben wir wieder dasselbe. Vor allem aber richtet Sacharja die Blicke Israels auf den HERRN. Von Ihm sollen sie Spätregen erbitten. Der Frühregen war notwendig, um die Saat zum Aufgehen zu bringen, und der Spätregen bewirkte die volle Reife der Frucht. Vorerst haben wir natürlich an den wirklichen Regen aus den Wolken zu denken, ohne den es keine Ernte in Israel gegeben hätte. Darüber hinaus ist unter dem Frühregen die Herniederkunft des Heiligen Geistes am Pfingsttage zu sehen. Sacharja übergeht diese Tatsache stillschweigend. Er hat nur den Spätregen, die Wiederherstellung Israels im Blick, über die Versammlung und die Zeit der Gnade, sagt er keine Silbe. Es ist törichtes Bemühen, aus seinen Weissagungen irgend etwas für die gegenwärtige Zeit herauszulesen. Die Versammlung steht völlig außerhalb aller Prophezeingen des Alten Testamentes, die sich auf Israel und auf die Schöpfung beziehen.

Die Blitze reden wohl von den reinigenden Gerichten, die Israel erst für den Empfang des Spätregens fähig machen wird. Hosea ermuntert Israel: „So lasst uns den HERRN erkennen, ja, lasst uns nach seiner Erkenntnis trachten! Sein Hervortreten ist sicher wie die Morgendämmerung; und er wird für uns kommen wie der Regen, wie der Spätregen die Erde benetzt“ (Hos 6,3). Israel war völlig dem Götzendienst verfallen und ehe Gott sich ihm wieder zuwenden konnte, musste es sich von allen Götzen reinigen. „Pflügt euch einen Neubruch, denn es ist Zeit, den HERRN zu suchen, bis er kommt und euch Gerechtigkeit regnen lässt“ (Hos 10,12). Wir erkennen deutlich, dass dem Segen der Gehorsam vorausgeht. So war es unter dem Gesetz, und so ist es auch heute in der Gnadenzeit. Die Gnade ist kein Deckmäntelchen, unter dem man tun und lassen kann, was einem beliebt. Ach, wie viel wird in dieser Beziehung die Gnade malträtiert. Das „Kraut auf dem Felde“ kann erst Speise für einen jeden werden, wenn wir in ringendem Gebet Heiligkeit und Gerechtigkeit von oben erflehen. Dann wird dem Gerechten nie an Speise mangeln, sei es für seinen Leib oder für seine Seele.

„Denn die Teraphim haben Nichtiges geredet, und die Wahrsager haben Lüge geschaut; und sie reden Träume des Truges, trösten mit Dunst. Darum sind sie fortgewandert wie eine Herde, werden bedrückt, weil kein Hirte da ist“ (10,2).

Auch die heutige Zeit nähert sich immer mehr dem Okkultismus, dem Mystizismus und ähnlicher Geheimlehren, die in ihrem Ursprung dämonisch und deshalb ein Gräuel für Gott sind. Wenn man den wahren Gott verlässt, verschreibt man sich dem Götzendienst, welcher Art er auch sein mag. Man wirft sich heute zwar nicht vor einem hölzernen oder steinernen Götzenbild nieder, aber nichtsdestoweniger beugt man sich vor fremden und dämonischen Lehren, was auf das gleiche herauskommt, ein Kultus, der den lebendigen Gott herausfordert. So fragt man nicht Gott, sondern die Teraphim. Das waren kleine Figuren, die auf mystische Weise zum Reden gebracht werden konnten. Ihre Aussprüche aber waren Lügen, was auch nicht anders sein konnte.

Satan ist der Vater der Lüge und er hat nie etwas anderes bei sich oder seinen Werkzeugen hervorgebracht, als Lügen, (Be)Trug und Dunst, wertlose Wortgaukelei. Ernstlich warnt der Prophet Jeremia das Volk: „Lasst euch von euren Propheten, die in eurer Mitte sind, und von euren Wahrsagern nicht täuschen; und hört nicht auf eure Träume, die ihr euch träumen lasst. Denn sie weissagen euch falsch in meinem Namen; ich habe sie nicht gesandt, spricht der HERR“ (Jer 29,8.9) Klar und unzweideutig hat schon Mose das Gebot gegeben: „Ihr sollt weder Beschwörung noch Zauberei treiben“ (3. Mo 19,26). Israel aber achtete nicht auf das Gebot und betrieb den Götzendienst noch schlimmer als die Heiden. Deshalb kam es auch siebzig Jahre in die Gefangenschaft nach Babel. Dort war es ohne Hirten, ohne König, ohne Tempel, ohne Altar.

Höhepunkt der Wahrsagerei und Zauberei finden wir am Ende der Tage im Antichristen. Er richtet ein Standbild auf zu Ehren des „Tieres“, des Römischen Weltreiches. Dieses Bild des Tieres hat Odem, kann reden und bewirkt, dass alle getötet werden, die sich weigern, ihm göttliche Verehrung zu zollen. Es wird sogar in dem Tempel in Jerusalem stehen. Welch ein Gräuel! Welch eine Verlästerung Gottes!

„Mein Zorn ist gegen die Hirten entbrannt, und die Böcke werde ich heimsuchen; denn der HERR der Heerscharen wird sich seiner Herde, des Hauses Juda, annehmen und sie wie sein Prachtross im Kampf machen“ (10,3).

Angesichts all der traurigen Dinge, die Israel kennzeichneten, konnte Gott nicht schweigen. Die Führer des Volkes waren blinde Blindenleiter und führten irre. Gott bezeichnet sie wegen ihrer Widerspenstigkeit als Böcke und kündigt ihnen das Gericht an. Dennoch ist Gott langsam zum Zorn und groß an Güte! Wenn die Hirten versagen, nimmt Er sich selbst seiner Herde an. Wie könnte Er zusehen, wie sein Volk untergeht? Er wird es emporheben, heilen, tragen, stärken, ja zum „Prachtross“ wird Er es machen. So hilft Gott auch uns immer wieder zum Sieg. Wir sollen „mehr als Überwinder sein“ in Christus Jesus, dem großen Überwinder. Gott wird Juda stärken und Ephraim erretten. Er wird in allem Streit das letzte Wort haben, denn Ihm ist der Sieg, jetzt und in Ewigkeit!

„Von ihm kommt der Eckstein, von ihm der Pflock, von ihm der Kriegsbogen, von ihm werden alle Bedränger insgesamt hervorkommen“ (10,4).

Israel wird gesammelt sein und sich des Friedens im Land erfreuen. Der Eckstein ist Christus Jesus. Er ist die alleinige Grundlage, das einzige Fundament, auf dem alle Herrlichkeit ruht. In Ihm nur ist Segen, Genuss und Freude. Von Ihm ist der Pflock, der an sicherem, unerschütterlichen Ort befestigt und festgelegt ist. Er kann sich nie lösen und die ganze Herrlichkeit, die an Ihm hängt, wird während des 1000-jährigen Reiches geschaut und genossen werden. Von Ihm ist der Kriegsbogen, d. h. Christus ist der, der alles zum Sieg führen wird. Alles wird sich ihm zu Füßen legen. Alle Autoritäten, alle Gewalten und Herrscher werden mit Christus regieren und herrschen. Eckstein, Pflock und Bogen künden des Herrn unumschränkte und unbestrittene Herrschaft.

„Und sie werden wie Helden sein, die den Kot der Straßen im Kampf zertreten; und sie werden kämpfen, denn der HERR ist mit ihnen, und die Reiter auf Pferden werden zuschanden. Und ich werde das Haus Juda stärken und das Haus Joseph retten und werde sie wohnen lassen; denn ich habe mich ihrer erbarmt, und sie werden sein, als ob ich sie nicht verstoßen hätte. Denn ich bin der HERR, ihr Gott, und werde ihnen antworten“ (10,5.6).

Der Sieg Israels ist ein vollständiger Sieg. Obwohl der Feind ein Riesenheer von Rossen mobilisierte und gegen Israel wälzte, konnten sie nicht gegen den Ansturm derer, die ihnen mit dem „Gott mit uns!“ entgegentraten, ankommen. Schmählich wurden sie zu Schanden. Wie herrlich und wunderbar, wie gnädig und gütig entfaltet Gott seinem Volk gegenüber seine Zuneigung. Ja, bei Ihm ist Stärke und darum bei Ihm auch Rettung, mag der Feind noch so zahlreich, stark und mächtig sein.

Auch wir haben immerfort den guten Kampf zu kämpfen. Wohl ist es nicht ein Kampf mit Fleisch und Blut, aber gegen die Gewalten und Fürstentümer, die in der Luft sind. Es sind geistige Mächte, die wir auch nur mit geistigen Waffen bekämpfen können. Der ganze Abgrund macht sich auf und die Mächte, die noch in den himmlischen Örtern Zugang und Aufenthalt haben, obwohl über ihnen das Unheil geschrieben ist, schließen sich ihnen an, um dem HERRN sein Reich und seine Herrschaft streitig zu machen. Christus hat über Tod, Satan und Gericht triumphiert und diese werden nie mehr aufstehen. Ihr Gericht ist das ewige Gericht.

Die Herrlichkeit wird so groß sein, dass es den Anschein trägt, als ob Israel nie verstoßen gewesen wäre. Ja, was Gott wiederherstellt, ist erneuert für die Ewigkeit. Israel wird mit Jubel und Frohlocken erfüllt sein und der Schmach und Gefangenschaft nicht mehr gedenken. Es ist dann bekleidet mit Kleidern des Heils, Festfreude wird ihre Herzen erfüllen. Der Sieg ist ein vollkommener Sieg.

„Und Ephraim wird sein wie ein Held, und ihr Herz wird sich freuen wie vom Wein; und ihre Kinder werden es sehen und sich freuen, ihr Herz wird in dem HERRN frohlocken. Ich will sie herbeizischen und sie sammeln, denn ich habe sie erlöst; und sie werden sich mehren, wie sie sich gemehrt haben“ (10,7-8).

Stärke und Freude wird das Kennzeichen der Neuschöpfung sein. Das Schwache wird stark sein und Traurigkeit wird sich in Freude verwandeln. Nichts Lahmes und nichts Krankes wird in den Häusern Israels zu finden sein. Gesammelt, errettet, erlöst aus innerer und äußerer Knechtschaft wird es mit Jubel und Lobgesang den preisen, der alles zustande gebracht hat. Das zwölfstämmige Volk wird das Land besitzen und sich darin ausbreiten. Wie einst in Ägypten aus wenigen Seelen ein Millionen-Volk wurde, so wird Gott sein Volk in jenen Tagen mehren.

„Und ich will sie unter den Völkern säen, und in den fernen Ländern werden sie sich an mich erinnern; und sie werden mit ihren Kindern leben und zurückkehren“ (10,9).

Es ist etwas Wunderbares und Merkwürdiges mit Israel. Jedes andere Volk, das die Sichtungen, Prüfungen und Verfolgungen wie Israel hätte durchmachen müssen, wäre längst aus der Geschichte ausgelöscht, verloren und vergessen. Nicht so Israel. Obwohl es in aller Herren Länder zerstreut ist, ist es weder in den anderen Völkern aufgegangen, noch ausgestorben. Nein, so, wie es vor unseren Augen ist, lebt Israel und ist zahlreicher denn je. Seine Rückkehr in das Land ist vollzogen, seine Wirtschaft wird mächtiger und seine Stellung unter den Nationen ist beachtlich. Ein Wunder vor unseren Augen und ein Beweis, dass das göttliche Wort Wahrheit ist. Israel lebt und kehrt zurück.

„Und ich werde sie zurückführen aus dem Land Ägypten und sie sammeln aus Assyrien und sie ins Land Gilead und auf den Libanon bringen; und es wird nicht Raum genug für sie gefunden werden“ (10,10).

Gott selbst wird nicht ruhen, bis Er sein Volk wieder in das Land, das Er seinen Vätern als Erbteil geschenkt hat, zurückgeführt hat. Sie mögen in Ägypten, in Syrien, im Osten oder im Westen, im Süden oder im Norden, in Europa oder in Amerika zerstreut sein und die 10 Stämme zudem vor unseren Augen völlig verborgen und nicht bekannt sein. Aber Gott kennt sie, Gott findet sie, Gott bringt sie zurück, Gott pflanzt sie wieder in ihr Land. Keiner wird vergessen und keiner wird verloren sein. Die Menschen haben sich große Mühe gegeben, die „verlorenen“ Stämme zu suchen und zu finden. Sie glaubten schließlich, sie in den Chinesen, den Hottentotten und Engländern gefunden zu haben. Ein törichtes, fruchtloses Unterfangen. Gott hält seine Hand über sie und Er wird sie finden und Er wird sie bringen. Es ist nicht notwendig, dass der Mensch Gott in seinen Wegen, die verborgen und unergründlich sind, zu Hilfe kommt. Ja, es grenzt schon an Vermessenheit, wenn man den Schleier über den Dingen lüften möchte, die Gott noch verborgen hält.

„Und er wird durchs Meer der Angst ziehen und die Wellen im Meer schlagen, und alle Tiefen des Stromes werden versiegen; und der Stolz Assyriens wird niedergeworfen werden, und weichen wird das Zepter Ägyptens“ (10,11).

Wohl kein Volk der Erde ist durch solches Martyrium gegangen, wie die Juden. Aber kein Mensch hat das gelitten und ausgestanden, was der Sohn Gottes, als Er herniederkam und Mensch wurde, gelitten und ausgestanden hat. Und wer Ihn durch solche Marter, ja zum Tod am Fluchholz führte, war sein eigenes Volk Israel. Was die Juden an Ihm getan haben, wird auf sie zurückfallen. Schon heute ist es ein irrendes, unstetes Volk und wenn es auch zur Zeit so aussieht, als dass es seine Drangsale hinter sich hätte und einer Ära des Glückes und Wohlstandes entgegengeht, so ist das doch eine Täuschung. In der Tat gibt es sehr reiche Israeliten. Aber was sie gesammelt haben, das werden sie dem Antichristen zu Füßen legen müssen. Außer Christus hat überhaupt kein Reichtum Bestand. Dennoch wird sich zeigen, dass Israel der Augapfel des HERRN ist. Darum wird Er das Gericht an den Nationen ausführen, die sein Volk gehasst und verfolgt haben. Israel aber wird Er aus dem „Meer der Angst“ herausheben und in Sicherheit bringen. Alles, was sich im Meer erhebt, d. h. alle Nationen, die sich wider Gott erheben, werden geschlagen werden; die Quelle alles Bösen, Satan mitsamt dem Abgrund, wird verschlossen werden (vgl. Off 20,1–3).

„Und ich werde sie stark machen in dem HERRN, und in seinem Namen werden sie wandeln, spricht der HERR“ (10,12).

Es wird eine gesegnete Zeit sein, wenn die Menschen in Gemeinschaft mit dem Friedefürsten wandeln werden. Da wird sein Name groß sein und den ganzen Erdkreis erfüllen. Das Schwache wird stark sein in seinem Namen, denn Gott, der Herr, hat also gesprochen und was Er gesagt hat, das wird sich restlos erfüllen.

Jeder Gläubige macht die Erfahrung, dass, wenn er schwach ist, der Herr ihn stark macht. Paulus sagte: „Wenn ich schwach bin, dann bin ich stark“ (2. Kor 12,10). Und: „Das Schwache Gottes ist stärker als die Menschen“ (1. Kor 1,25). Sich stark fühlen, führt zur Selbsterhebung, aber Schwachsein lässt uns Zuflucht nehmen zum Herrn und zu seiner Stärke. Selbst die Märtyrer, von denen uns der Hebräerbrief berichtet, haben in der Schwachheit Kraft gewonnen (Heb 11,34).

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