Der Prophet Sacharja

Kapitel 4

Der Prophet Sacharja

Der goldene Leuchter und die zwei Ölbäume

„Und der Engel, der mit mir redete, kam wieder und weckte mich wie einen Mann, der aus seinem Schlaf geweckt wird“ (4,1).

Wir haben schon drei Gesichte betrachtet:

  1. Der Reiter zwischen den Myrten.
  2. Die vier Hörner und die vier Schmiede und
  3. der Mann mit der Messschnur.

Wir kommen jetzt zum vierten Nachtgesicht: dem goldenen Leuchter und den zwei Ölbäumen. Historisch sind es der Hohepriester Josua und Serubbabel, der Fürst und König.

„Wie ein Mann, der aus dem Schlaf geweckt wird“, so wunderbar ist das Erkennen der Person unseres Herrn, Jesus Christus und was mit Ihm in Verbindung steht. Das Königtum und das Priestertum, das sind die Hauptcharaktere, die unseren Herrn im 1000-jährigen Reich zieren und kennzeichnen werden. Seine Herrlichkeiten in dem kommenden Friedensreich sind die eines Priesterkönigs und eines Königspriester.

Doch finden wir in diesem Gesicht nicht nur Christus in seinem Doppelcharakter als Priesterkönig; es wird uns auch der goldene Leuchter gezeigt. „Was siehst du?“, fragt der Engel den Propheten. Unsere schläfrige Natur ist nicht einmal befähigt, die uns umgebenden Dinge mit wachen und offenen Augen zu betrachten. Der Herr musste die Jünger tadeln, weil sie nicht fähig waren, die Zeichen der Zeit zu beachten und ihnen die Aufmerksamkeit zu schenken, mit der Gott wünscht, dass wir sie betrachten möchten. So bedürfen auch wir immer göttlichen Ansporn, müssen aus dem Schlaf aufgerüttelt werden. Wenn wir dann erwachen, ergeht es uns wie David, dem gottbegnadigten Sänger: „Wenn ich erwache, werde ich gesättigt werden, mit deinem Bild“ (Ps 17,15).

Der Geist Gottes widmet dem Leuchter eine sorgfältige Beschreibung.

„Und er sprach zu mir: Was siehst du? Und ich sprach: Ich sehe, und siehe, ein Leuchter ganz aus Gold und sein Ölbehälter an seinem oberen Ende und seine sieben Lampen an ihm, sieben, und sieben Gießröhren zu den Lampen, die an seinem oberen Ende sind;...“ (4,2).

Den Leuchter finden wir bereits in der Stiftshütte in der Wüste. Wir finden seine Beschreibung in 2. Mose 25,31–40. Beide Leuchter waren ganz aus Gold. Gold ist in der Heiligen Schrift das Symbol göttlicher Gerechtigkeit. Das erinnert uns wieder an die Person des Herrn, denn Er war die personifizierte Gerechtigkeit, er war auch das Licht. „Ich bin das Licht der Welt“ (Joh 8,12; 9,5; 12,46). In Ihm aber sind auch die Gläubigen „Licht in dem Herrn“. Wir können nicht Licht in uns selbst sein; es bedarf der Verbindung mit oben. Christus, das wahre Licht, war in steter, ununterbrochener Verbindung mit dem Vater. Er war nicht nur vom Himmel, Er war auch als Pilger auf der Erde „im Himmel“ (Joh 3,13).

Auch der Leuchter, den Sacharja beschreibt, steht mit dem Himmel in Verbindung: „Sein Ölbehälter an seinem oberen Ende und sieben Gießröhren zu den Lampen, die an seinem oberen Ende sind“. Das ist ein wunderbares Bild von unserer Verbindung mit dem Vater im Himmel. Diese Verbindung besitzen wir durch den Heiligen Geistes, der durch das Öl vorgebildet wird.

In der Stiftshütte stand der Leuchter im Heiligtum, das geschlossen war. Draußen bedeckte Finsternis den ganzen Erdkreis. Dunkel war es auch zur Zeit Sacharjas; dunkel ist es heute. Gott aber verheißt dem Sacharja ein vollkommenes Zeugnis. Die sieben Leuchter in Offenbarung 2 und 3 stellen das Zeugnis Gottes auf der Erde dar. Es steht in Verbindung mit Christus, der inmitten der sieben goldenen Leuchter wandelt. So ist auch Christus in den zukünftigen Tagen nicht allein, denn Er wird gesehen in und mit denen, die Gott Ihm gegeben hat. Der mosaische Leuchter hatte sieben Arme, das redet von einer Einheit in vollkommener Entfaltung.

Der Leuchter ist ja für die Nacht der Verwerfung bestimmt. In dem Tempel, den Hesekiel beschreibt, der im 1000 -jährigen Reich sein wird, wird kein Leuchter genannt. Christus, die „Sonne der Gerechtigkeit“ wird mit seinem milden, wunderbaren Licht die ganze Erde erleuchten und erfüllen.

Sacharja sieht den Leuchter auch nicht im Tempel, also nicht an einem geschlossenen Ort. Er scheint draußen. Christus wird den ganzen Erdkreis erleuchten. Es wird Licht sein von einem Ende der Erde bis zum anderen Ende. Dunkelheit und Finsternis werden verschwinden, sie gehören nicht in das Bereich, in dem Christus als das Licht der Welt herrschen und regieren wird.

Wenn die Lampen nicht mit Öl gespeist werden, dann erlöschen sie. Kinder Gottes, die nicht mit der Quelle des Lichtes in Verbindung bleiben, ermatten und erlahmen, ihre Lampen erlöschen gleich den Lampen der törichten Jungfrauen in dem Gleichnis des Herrn (Mt 25,1–13). Deshalb sieht Sacharja Gießröhren, die jeder Lampe das nötige Öl zuführen. Damit der Ölbehälter nie leer wird, stehen zu seiner Rechten und zu seiner Linken je ein Ölbaum, die ihr Öl dem Ölbehälter abgeben, damit die Ölquelle nicht versiegt. Der Heilige Geist macht Christus groß, den wir in den zwei Ölbäumen in seinem Doppelcharakter als König und als Priester, d.h. als der Mächtige und als der Gnädige sehen.

Die Röhren, die offenbar auch von Gold sind, reden davon, dass auch die Zuleitung göttlich ist. Alles Werk Gottes ist vollkommen, alles ist wohl geordnet und dies wird im 1000-jährigen Reich voll und ganz zur Entfaltung kommen. Jerusalem wird der Sitz des Königs und des Priesters sein. Von dort und von Ihm aus werden sich durch die Gießröhren, die göttlichen Kanäle, die Segnungen ergießen.

Obwohl Christus allein die Quelle alles Lichts ist, scheint es eben doch nur durch die Zeugen, die Er sich zu diesem Zweck erwählt hat. Heute hat Christus sein Zeugnis in der Versammlung Gottes, in der Kirche, die im Bild der sieben goldenen Leuchtern gesehen wird (Off 2–3). Wenn die Versammlung in das Vaterhaus aufgenommen ist, dann wird Er sich einen Überrest aus Israel erwählen. Deshalb finden wir auch in Offenbarung 11 zwei Ölbäume, zwei Zeugen, zwei Leuchter, die „vor dem Herrn der Erde stehen“. Es liegt auf der Hand, dass das Zeugnis dieser beiden Zeugen darin besteht, dass „die Erde des Herrn ist“. Lange genug hat der Fürst der Finsternis, der Gott dieser Welt über die Erde geherrscht. Christus wird zu seinem Recht kommen zur Wonne und Freude der seinen.

Wohl ist das Zeugnis ein schwaches, denn es sind nur zwei und nicht sieben Zeugen. Dennoch stehen sie unter der Leitung, Fürsorge und Macht Gottes. Er wird sie am Tage der Drangsal stärken, ja die beiden Zeugen werden in der Kraft und Macht eines Elias auftreten.

„…und zwei Olivenbäume neben ihm, einer rechts des Ölbehälters und einer links von ihm.

Und ich hob an und sprach zu dem Engel, der mit mir redete, und sagte: Mein Herr, was sind diese? Und der Engel, der mit mir redete, antwortete und sprach zu mir: Weißt du nicht, was diese sind? Und ich sprach: Nein, mein Herr. Da antwortete er und sprach zu mir und sagte: Dies ist das Wort des HERRN an Serubbabel: Nicht durch Macht und nicht durch Kraft, sondern durch meinen Geist, spricht der HERR der Heerscharen“ (4,3-6).

In diesen Versen liegt ein großer Trost. Auch wir befinden uns in einer Zeit der kleinen Kraft, in Tagen der kleinen Dinge. Doch was wir nicht zustande bringen können, das tut Gott. Sein Arm ist nie zu kurz um zu helfen und seiner Sache zum Sieg zu verhelfen.

Die beiden „Söhne des Öls“ werden in der Macht eines Mose und eines Elias dem Geist Gottes völlig unterworfen sein und handeln. Sowohl das Königtum als das Priestertum waren mit Öl gesalbt (3. Mo 8,12; 1. Sam 16,13). Im 3. Kapitel waren Königtum und Priestertum noch getrennt, hier sind sie schon verbunden, wenn auch noch nicht vereinigt. Elia war Prophet und Priester (1. Kön 18). Mose war der „König von Jeschurun“ (5. Mo 33,5). Im dritten Kapitel hatten wir in Josua das Priestertum, im vierten Kapitel in Serubbabel das Königtum. Serubbabel wird in seiner tiefsten Erniedrigung gesehen, gleichwie bei Josua in seinen schmutzigen Kleidern nichts von der Herrlichkeit wahrzunehmen war. So war auch Serubbabel ein Fürst ohne Land, ohne Stadt, ohne Thron. Welch ein treffendes Bild von Christus, als Er in Niedrigkeit auf der Erde war! Aber alles liegt bei Gott: „Nicht durch Macht und nicht durch Kraft, sondern durch meinen Geist“ soll es geschehen, sagt der HERR. Wenn Gott für uns ist, wer kann wider uns sein? Er bringt uns doch zum Ziel, auch durch die Nacht! Obwohl Philadelphia eine kleine Kraft hat, wird es dennoch entrückt werden.

„Wer bist du, großer Berg, vor Serubbabel? Zur Ebene sollst du werden! Und er wird den Schlussstein herausbringen unter lautem Zuruf: Gnade, Gnade ihm!“ (4,7).

Es wird keinen Pfad des Glaubens geben, auf dem sich nicht immer wieder Hindernisse berghoch auftürmen. Für Gott gibt es aber keine Schwierigkeiten, die zu groß für ihn wären. Der Glaube schaut über dieselben hinaus auf den, der allem gewachsen ist. Gott sagt: „Wer bist du, großer Berg, vor Serubbabel? Zur Ebene sollst du werden!“ Welch eine Ermunterung für Serubbabel! Und der Versammlung in Smyrna ruft der Apostel zu: „Fürchte nichts von dem, was du leiden wirst... ich werde dir die Krone des Lebens geben“ (Off 2,10). Und im Evangelium sagt der Herr: „Wenn ihr Glauben habt wie ein Senfkorn, so werdet ihr zu diesem Berg sagen: Werde versetzt von hier nach dort!, und er wird versetzt werden; und nichts wird euch unmöglich sein“ (Mt 17,20).

Zur Zeit Sacharjas waren es die heidnischen Weltmächte, die den Wegen Gottes mit Israel entgegenstanden. Zur Zeit des Endes wird es wieder so sein. Auch der Kirche steht die ganze Macht der Finsternis wie ein großer Berg drohend gegenüber. Aber all diese Feindschaft wird Gott nicht hindern, auf das angefangene Werk den Schlussstein zu setzen. Das von Ihm entworfene und von Ihm ausgeführte Gebäude wird vollendet werden. Auf dem Grundstein war die göttliche Bestimmung eingegraben, auf dem Schlussstein steht nur ein Wort: Gnade! Alle gegenwärtigen und alle zukünftigen Segnungen, sei es für Israel oder für die Versammlung, sei es im Himmel oder auf der Erde, werden nur von dem einen Wort abhängen: Gnade, Gnade!

„Und das Wort des HERRN erging an mich, indem er sprach: Die Hände Serubbabels haben dieses Haus gegründet, und seine Hände werden es vollenden; und du wirst erkennen, dass der HERR der Heerscharen mich zu euch gesandt hat“ (4,8.9).

Sacharja kommt nun auf die damaligen Umstände zurück. Gott gibt ihm die bestimmte Zusicherung, dass er das Haus, dessen Grundstein er gelegt hatte, auch vollenden würde. Wohl war der Tempel nicht das, was der salomonische Tempel gewesen war. Das Volk, das den früheren Tempel gesehen hatte, weinte. Aber es war Gottes Haus, wer könnte es verachten? So schrieb auch der Apostel Paulus an sein „Kind“ Timotheus: „So schäme dich nun nicht des Zeugnisses unseres Herrn“ (2. Tim 1,8). Wenn wir heute das gegenwärtige Zeugnis mit dem Zeugnis in den Tagen der Apostel vergleichen, kann nur Beschämung unser Herz erfüllen. Trotzdem, es ist nicht unser Zeugnis, es ist sein Zeugnis, das Zeugnis, das Er heute auf der Erde hat. Mögen auch nur zwei oder drei in dem Namen des Herrn versammelt sein: der Herr sieht mit Wohlgefallen auf seine kleine Schar.

Im 1000-jährigen Reich wird der Tempel nicht nur der Mittelpunkt für Israel, sondern für alle Völker sein. Christus wird anerkannt sein und inmitten der Völker das Reich der Gerechtigkeit und des Friedens aufrichten.

„Denn wer verachtet den Tag kleiner Dinge? Und mit Freuden werden jene Sieben das Senkblei in der Hand Serubbabels sehen: Die Augen des HERRN, sie durchlaufen die ganze Erde“ (4,10).

Erst das Kreuz und dann die Krone. Erst Verachtung, Schwachheit und Schmach, dann Erhöhung und Herrlichkeit. Das Senkblei in der Hand Serubbabels sagt uns, dass Gott nichts von dem, was Er verheißen hat, schuldig geblieben ist. Alles ist vollendet, jede Verheißung erfüllt, das Volk ist gesegnet und der Priester-König wohnt in seiner Mitte. Was wird es sein, Ihn dann so zu sehen: Israel auf der Erde, seine Brautgemeinde in den Himmeln! Sein Reich ist ein ewiges Reich und wird nie ein Ende haben.

„Und ich hob an und sprach zu ihm: Was sind diese zwei Olivenbäume rechts des Leuchters und links? Und ich hob zum zweiten Mal an und sprach zu ihm: Was sind die beiden Zweige der Olivenbäume, die neben den zwei goldenen Röhren sind, die das Gold von sich ausgießen? Und er sprach zu mir und sagte: Weißt du nicht, was diese sind? Und ich sprach: Nein, mein Herr. Da sprach er: Dies sind die beiden Söhne des Öls, die bei dem Herrn der ganzen Erde stehen“ (4,11-14).

Im zehnten Vers lasen wir, dass die Augen des HERRN die ganze Erde durchlaufen. Wir könnten die Frage stellen: Wozu? Er beschützt sein Volk und segnet es. Milde, freundlich und gütig schaut Er auch heute herab auf die Seinen. In väterlicher Sorge ist Er um sie bemüht, dass ihnen gar nichts fehlt.

Die Röhren, die Gold von sich aus ergießen stehen in Verbindung mit den Zweigen der Olivenbäume. Die Zweige entlocken dem Olivenbaum das Öl. Wegen seiner Kostbarkeit wird es „Gold“ genannt. Wir erdgebundene Menschen machen uns keine Vorstellung davon, was es sein wird, wenn die göttliche Gerechtigkeit sich ungehemmt über diese Erde ergießen wird, zuerst über Israel und dann über alle Nationen. Die Erde wird voll sein von der Gerechtigkeit und Herrlichkeit des Herrn. Priestertum und Königtum werden in einer Person vereinigt sein. Welche Segensströme werden ihr entfließen, welche Glückseligkeit wird die ganze Erde erfüllen!

Möchten wir heute schon Gefäße sein, gefüllt mit dem heiligen Öl, damit es sich über uns ergieße und auf alle, mit denen wir in Verbindung kommen. „Siehe, wie gut und wie lieblich ist es, wenn Brüder einträchtig beieinander wohnen! Wie das kostbare Öl auf dem Haupt, das herabfließt auf den Bart, auf den Bart Aarons, das herabfließt auf den Saum seiner Kleider; wie der Tau des Hermon, der herabfällt auf die Berge Zions; denn dort hat der HERR den Segen verordnet, Leben bis in Ewigkeit“ (Ps 133).

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