Gedanken über den Brief an die Epheser

Kapitel 3

Verse 1-13

Paulus beginnt nun mit den Ermahnungen und bezeichnet sich selbst in zu Herzen gehender Weise als 'Gefangener Christi Jesu für euch, die Nationen'. Er zog keinen anderen Grund für seine Gefangenschaft in Erwägung, sondern er nahm sie so an, dass sie direkt vom Herrn geführt worden war. Ein für alle Zeiten kostbarer Grundsatz für unsere Seelen! Aber sein Leiden geschah um der Nationen willen. Die meisten seiner Leiden waren aber das Ergebnis des Hasses der Juden; ihnen war die durch Paulus verkündigte unumschränkte Gnade äußerst zuwider, da dadurch die fleischlichen und natürlichen Ansprüche und Unterschiede dem Staub gleichgemacht worden waren.

Obwohl der Apostel nun mit den Ermahnungen beginnt, schweift er erst einmal in einem langen Einschub, der die Verse 2 bis 21 umfasst, ab. Dies ist nichts Ungewöhnliches in seinen Briefen. In diesem Einschub legt er seine Erkenntnis von dem Geheimnis des Christus dar, und er betet für die Heiligen. Zweifellos hatten sie von der Verwaltung der Gnade Gottes gehört, die ihm anvertraut worden war, damit er sie unter den Nationen verkündigen sollte. Er hatte dieses Geheimnis durch eine Offenbarung des Herrn empfangen. Es war „in anderen Geschlechtern den Söhnen der Menschen nicht kundgetan worden, wie es jetzt offenbart worden ist seinen heiligen Aposteln und Propheten im Geiste“. Paulus hatte viele Gesichte und Offenbarungen von dem Herrn gehabt; z.B. wurde ihm das Mahl des Herrn direkt durch den Herrn offenbart, ebenso die Art der Entrückung der Heiligen. Hier nun spricht er von dem Geheimnis 'Christus und die Versammlung'. Dies war in anderen Haushaltungen nicht enthüllt gewesen, sondern war verborgen in Gott. Man würde die Schriften der alttestamentlichen Propheten vergeblich nach einem entsprechenden Hinweis durchsuchen. Und doch war dieser Ratschluss vor Grundlegung der Welt gefasst worden - aber Gott hatte einen Zeitpunkt für seine Enthüllung bestimmt. Der Abfall und die Verderbtheit mussten ihren Höhepunkt erreicht haben; Christus musste den Menschen dargestellt und verworfen sein; die Erlösung musste vollbracht sein; der Sohn musste als Mensch zur Rechten Gottes erhöht sein; und der Geist musste herab gesandt sein, bevor Gott die ewigen Ratschlüsse Seines Herzens zur Verherrlichung Christi entfalten konnte. Jetzt ist alles offenbart; es kann nun verkündet werden, dass die Nationen „Miterben seien und Miteinverleibte und Mitteilhaber seiner Verheißung in Christo Jesu durch das Evangelium“.

Wenn nun der Zeitpunkt für die Offenbarung dieses Geheimnisses von Gott bestimmt worden war, dann auch das Instrument dazu. Der Apostel hatte ein tiefes Empfinden von der Gnade dieser Wahl, er wurde der Diener nach der Gabe der Gnade Gottes. „Mir, dem Allergeringsten von allen Heiligen, ist diese Gnade gegeben worden“. An einer anderen Stelle beschreibt er sich so: „…der ich nicht würdig bin, ein Apostel genannt zu werden“ (1. Kor 15,9). Berufen durch den erhöhten Herrn, als er damit beschäftigt war, Seine Heiligen bis zu ihrem Tode zu verfolgen, wurde er Sein auserwähltes Werkzeug, um Seinen Namen vor Könige und Nationen und die Kinder Israel zu tragen, um unter den Nationen den unausforschlichen Reichtum des Christus zu verkündigen und alle zu erleuchten, welches die Verwaltung des Geheimnisses betreffend Christus und die Versammlung sei. Als Ergebnis davon lernen die himmlischen Wesen nun in der Versammlung - vereinigt mit Christus, dem erhöhten Herrn - die gar mannigfaltige Weisheit Gottes kennen. Sie hatten Seine mächtigen Taten in der Schöpfung gesehen und vor Freude gejauchzt (Hiob 38,4-7); nun sind sie bevorrechtigt,, etwas dem Wesen nach weit Höheres und Wunderbareres zu sehen: die reiche Frucht der Erlösung und die ewigen Ratschlüsse Gottes; die Versammlung, die in dieser Zeit durch den Geist auf der Erde gebildet wird, um einmal teilzuhaben an der himmlischen Herrlichkeit Christi.

In Kap 2,18 hatte der Apostel gesagt: „Denn durch ihn haben wir beide den Zugang durch einen Geist zu dem Vater“. Hier sagt er: „…in welchem wir die Freimütigkeit haben und den Zugang in Zuversicht durch den Glauben an ihn“. Deshalb wünschte er, dass die Heiligen durch seine Leiden nicht entmutigt würden, denn diese waren ihre Ehre. Was für ein treu ergebener Arbeiter! Er hatte ein tiefes Empfinden von den Zuneigungen des Hauptes für Seinen Leib, die Versammlung; und es war nun seine höchste Freude, Ihm dadurch zu dienen, dass er der Versammlung diente und für sie litt.

Verse 14-21

Er fährt nun damit fort, für die Heiligen, die ihm sehr am Herzen lagen, zu beten: „Dieserhalb beuge ich meine Knie vor dem Vater unseres Herrn Jesus Christus“. Wir hatten schon bemerkt, dass sich sein Gebet in Kap 1,17 an den 'Gott unseres Herrn Jesus Christus' richtet. Hier denkt er an ihr Wohlergehen; er wünschte, dass es ihnen gut gehen möchte und dass sie auf der Höhe der offenbarten Gedanken Gottes wandeln möchten.

„…von welchem jede Familie in den Himmeln und auf der Erde benannt wird“. Es wird einige vollkommen unterschiedliche Kreise droben im Himmel und hier unten auf der Erde geben, die sich an ihrem jeweiligen Maß der Nähe und der Segnungen erfreuen werden. Im Himmel wird der Platz der Versammlung deutlich unterschieden von dem der Geister der vollendeten Gerechten (Heb 12,22+23), und auch die Engel besitzen ein für sie bestimmtes Teil; während auf der Erde Juden und Nationen ihren jeweiligen Platz des Segens vor Gott haben werden.

Nachdem der Apostel dies im Vorübergehen berührt hat, betet er nun für die Heiligen, dass der Vater ihnen gebe, „nach dem Reichtum seiner Herrlichkeit mit Kraft gestärkt zu werden durch seinen Geist an dem inneren Menschen“. Wie werden wir doch dadurch nachdrücklich daran erinnert, dass der Mensch unfähig ist, die Dinge Gottes zu erkennen! Er bedarf nicht nur einer neuen Natur und der Unterweisung durch den Geist, sondern er muss auch mit der Kraft Gottes gestärkt werden, um die göttlichen Gedanken in ihren Einzelheiten aufnehmen zu können. Dies hatte auch Daniel in seinen Tagen empfunden und erfahren (Dan 10).

Doch das ist noch nicht alles, wofür Paulus betet. Er fährt fort: „…dass der Christus durch den Glauben in euren Herzen wohne“. Dieser Gedanke unterscheidet sich völlig von dem der Innewohnung des Heiligen Geistes. Das letztere ist aufgrund der Erlösung immer wahr, welcher Art der geistliche Zustand auch sein mag; hier haben wir jedoch das bewusste Genießen der Tatsache, dass Christus in uns wohnt - Er selbst und Seine Liebe sind die Stütze unserer Seele. Kennen wir etwas davon? Nur so werden wir gewurzelt und gegründet in Liebe; und nur so werden wir auch in der Lage sein, in Ruhe und auch mit Bewunderung die grenzenlose Ausdehnung der Herrlichkeit zu betrachten, die sich nach den Ratschlüssen Gottes unseren Blicken eröffnet.

Aber wir verstehen die Breite und Länge und Tiefe und Höhe des Geheimnisses 'mit allen Heiligen'. Und es gibt dabei noch mehr: das reichhaltige Genießen der Liebe Christi und das Verständnis über die verschiedenen Ratschlüsse Gottes vermehrt unsere Zuneigungen untereinander; unsere Herzen haben ein gemeinsames Teil mit allen, die auch Gegenstände dieser wunderbaren Gnade sind, mit allen, die auch ein Teil mit Christus in der Herrlichkeit haben. In Kap 1,15 spricht der Apostel anerkennend von ihrer Liebe 'zu allen Heiligen'; in Kap 6,18 ermahnt er uns, in allem Anhalten und Flehen 'für alle Heiligen' zu beten. Das ist die Weise Gottes, obwohl sich die Liebe nicht unbedingt allen gegenüber in der gleichen Weise erzeigen muss. „Hieran wissen wir, dass wir die Kinder Gottes lieben, wenn wir Gott lieben und seine Gebote halten“ (1. Joh 5,2).

In Vers 19 erreichen wir unsere Grenze, weiter können wir nicht gehen. Der Apostel wünscht, dass unsere Herzen die Liebe Christi, die die Erkenntnis übersteigt, erkennen, damit wir erfüllt sein mögen zu der ganzen Fülle Gottes. Es ist nicht so, dass das Gefäß alles aufnehmen und erfassen kann, aber es ruht in der Quelle und ist daher bis zum äußersten Fassungsvermögen gefüllt. Gibt es nicht ständig Höhen, die zu erreichen sind, und Tiefen, die noch auszuloten sind? Zu diesem allem sind wir befähigt „durch die Kraft, die in uns wirkt“; hierdurch steht dieses Gebet in deutlichem Gegensatz zu dem Gebet in Kap 1. Dort hatte der Apostel von der Kraft, die für uns gewirkt und sich in der Auferweckung und Erhöhung Christi erzeigt hat, gesprochen. Hier ist es die Kraft, die in uns wirkt durch den Heiligen Geist. Demzufolge haben wir hier Praxis. Passenderweise schließt der Apostel mit einem Lobpreis - sein überwältigtes Herz konnte nicht anders. Die einzigartige Stellung der Versammlung bleibt in alle Ewigkeit bestehen. In der Versammlung in Christo Jesu soll auf alle Geschlechter des Zeitalters der Zeitalter hin Gott verherrlicht werden!

Nächstes Kapitel »« Vorheriges Kapitel