Einführung in das Buch Esther

3. Entstehungszeit, Verfasser und Leserschaft

Einführung in das Buch Esther

Die Ereignisse im Buch Esther spielen sich – wie wir gesehen haben – in der Zeit des Perserkönigs Ahasveros (Xerxes I) ab, der von 485–464 v. Chr. regierte. Die Zeitangaben in Kapitel 1,3; 2,16 und 3,7 grenzen die Zeit näher ein. Dort ist die Rede von dem dritten, dem sechsten und dem zwölften Jahr seiner Regierung, d. h., es geht um eine Zeitspanne von ca. 10 Jahren. Das Buch muss kurz nach diesen Ereignissen geschrieben worden sein. Bibelkritiker nehmen – wie fast immer – eine deutlich spätere Verfassungszeit an. Dafür gibt es jedoch keinen Anhaltspunkt. Im Gegenteil. Neue Forschungen zeigen, dass Sprache und Stil des Buches eher andeuten, dass es in der letzten Hälfte des 5. Jahrhunderts v. Chr. geschrieben wurde. Aus Kapitel 2 kann man entnehmen, dass König Ahasveros wahrscheinlich bereits gestorben war, als das Buch verfasst wurde.

Der Verfasser wird – wie häufig im Alten Testament – nicht mit Namen genannt. Es ist nicht sicher, wer es ist. Traditionell werden Teile des Buches Mordokai zugeschrieben. Das könnte man Kapitel 9,20 entnehmen. Das letzte Kapitel wird er allerdings kaum selbst geschrieben haben. Andere Ausleger vermuten, dass Esra oder Nehemia das Buch geschrieben haben. Das ist gut möglich, denn zur Zeit der im Buch Esther beschriebenen Ereignisse befanden sich beide noch nicht in Jerusalem. Es ist anzunehmen, dass der Verfasser jedenfalls ein persischer Jude war, dem das Schicksal seines Volkes sehr am Herzen lag und der zugleich mit den Sitten am persischen Hof vertraut war. Darüber hinaus schreibt er wie ein Augenzeuge und benutzt die hebräische Sprache, so wie sie in der Zeit nach der 70-jährigen Gefangenschaft benutzt wurde. Der Schreibstil ist einfach, das Hebräisch dem der Bücher Esra und Nehemia ähnlich. Das Buch enthält einige persische Worte.

Es lohnt nicht, der Frage nach dem Verfasser weiter nachzugehen. Entscheidend ist nicht, welches menschliche Instrument Gott gebraucht hat, sondern dass das Buch Teil des inspirierten Wortes Gottes ist (2. Tim 3,16; 2. Pet 1,21). In einem alten Bibelkommentar heißt es: „Wer immer der Verfasser war, niemand, der nicht an Gott glaubte, konnte es geschrieben haben, und kein an Gott Glaubender kann es lesen, ohne zu empfinden, dass sein Glaube dadurch gestärkt wird“.1

Es ist für die richtige Interpretation eines Bibelbuches durchaus hilfreich zu wissen, wer die ursprüngliche Leserschaft war. Das Buch Esther selbst gibt uns keinen direkten Hinweis. Wir können jedoch davon ausgehen, dass die Juden in Jerusalem dieses Buch sehr früh besessen und gelesen haben – selbst wenn es in Persien geschrieben wurde. Für die aus dem Exil zurückgekehrten Juden muss es eine große Motivation gewesen sein zu lesen, dass Gott immer über sein Volk wacht und für es sorgt – selbst dann, wenn es sich zum großen Teil geweigert hatte, in das Land der Väter zurückzukehren. Es muss ihnen geholfen haben, besser zu verstehen, dass die sie umgebenden feindlichen Nationen niemals in der Lage sein würden, das Volk Gottes zu überwinden, weil Gott über sein Volk wacht.

Fußnoten

  • 1 The Pulpit Commentary
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