Botschafter des Heils in Christo 1862

Was hat das Blut Christi für uns getan?

Keine Feder vermag niederzuschreiben und keine Zunge auszusprechen, was die Blutvergießung Jesu vollbracht hat. Die wunderbaren Früchte dieses einen Opfers sind sowohl zu Gott als auch zu den Menschen hin, unendlich in ihrer Mannigfaltigkeit. Der wesentliche Wert dieses Blutes ist allen Ansprüchen Gottes, jeder Forderung des Gesetzes und dem ganzen Bedürfnis des Menschen aufs völligste begegnet. Es hat eine sichere Grundlage gegeben, oder es bildet vielmehr in sich selbst die Grundlage für die völlige und ewige Darstellung der Herrlichkeit Gottes und für die vollkommene Segnung seines Volkes. Sein Wert wird in den höchsten Höhen des Himmels empfunden und dort in einer Weise geschätzt, wovon wir hier keinen Begriff haben. Doch zu seiner Zeit wird seine Kraft in dem ganzen Weltall offenbart werden. Die Frühlingsfrische eines jeden Blattes, einer jeden Blume und eines jeden Grashalms, – das spielende Lamm und der harmlose Löwe – die Herrschaft des Friedens und die reiche Fülle in der ganzen Schöpfung werden in den Tagen seiner tausendjährigen Herrlichkeit zusammen die Erlösungskraft des Blutes des Kreuzes verkünden. Auf der anderen Seite werden die schrecklichen Folgen für den Sünder, der dieses kostbare Blut verachtet, in den tiefsten Tiefen eines unaussprechlichen Wehes auf ewig fortdauern. Seine Kraft muss überall gefühlt werden.

Dem Gläubigen aber, der auf dieses köstliche Blut sein Vertrauen setzt, hat es die Perlentore des Himmels geöffnet und die finsteren Pforten der Hölle für immer verschlossen. Es hat ausgelöscht die Flammen des brennenden Sees und geöffnet die ewigen Quellen der errettenden Liebe Gottes. Es hat ihn wie einen Brand aus dem Feuer gerissen, von jedem Flecken der Sünde gereinigt und ihn, in Kleidern von unbeflecktem Glänze, in die unmittelbare Gegenwart Gottes gesetzt. Für niemand hat das Blut Christi so viel getan, als für den Sünder, der die Hölle verdient hat. Kein Wesen in den herrlichen Räumen des Himmels ist je fähig, den Wert dieses Blutes so zu erfahren, oder das Herz, von welchem es floss, so zu schätzen, als der erlöste Sünder. Es war kein Engel, sondern einer der Nettesten, der dem weinenden Propheten von dem einen erzählte der allein würdig war, das durch sieben Siegel verschlossene Buch zu öffnen. „Und einer von den Ältesten spricht zu mir: Weine nicht. Siehe, es hat überwunden der Löwe, der aus dem Stamm Juda ist, die Wurzel Davids, das Buch und seine sieben Siegel zu öffnen“ (Off 5,5). In diesem heiligen Worte sind Tiefen enthüllt die nur ein erretteter Sünder kennen lernen kann.

Unter all den köstlichen und gesegneten Früchten der Blutvergießung Jesu für uns, ist besonders eine so überaus köstlich für mein Herz. Es ist vielleicht unrecht, eine solche Auswahl zu machen, weil alle göttlich vollkommen sind und aus derselben Quelle fließen. Doch sagt mir, geliebte Freunde, habt ihr je daran gedacht, wie wunderbar gesegnet es ist, zu Gott zurück gebracht zu werden? ich meine nicht nur in den Himmel, sondern zu Gott, und sogar in Gemeinschaft mit Jesu – eins mit Ihm. Liegt nicht etwas überaus Süßes für unser Herz in dem Bewusstsein, dass wir von unserer Wanderschaft im fernen Land in das Haus des Vaters – in die Heimat des Vaters – an das Herz des Vaters – in die Fülle der Segnung in seiner Gegenwart gebracht worden sind? Ich habe oft daran gedacht, dass der verlorene Sohn so sehr von des Vaters Liebe überschüttet wurde, dass er nichts anderes sehen, noch an etwas anderes denken mochte. Würde sein Auge mehr auf dem Kleid, dem Ring, dem Fest geruht haben, als auf der Liebe seines Vaters würden wir dann nicht ausrufen: „Unwürdiger! Unwürdiger!“ – Ach, was sind Juwelen, wie kostbar sie auch sein mögen – Kleider, wie schön sie auch sein mögen – Kronen, wie glänzend sie auch sein mögen – Feste, wie kostspielig sie auch sein mögen – was sind sie im Vergleich zu der tiefen und unveränderlichen Liebe des Herzens und sogar des Herzens des Vaters! Diese Liebe wird unser Fimmel und die Vollendung der himmlischen Segnung sein. Mit Jesu und gleich Jesu im Haus des Vaters und in seiner Gegenwart werden wir alle unsere Glückseligkeit dort finden. Der Apostel hat den Höhepunkt erreicht, wenn er sagt: „Wir rühmen uns auch Gottes durch unseren Herrn Jesus Christus“ (Röm 5,11). Höher kann er nie kommen und Besseres nie erlangen.

Drei Dinge hat das Blut Christi für uns vollbracht, um diesen unendlich gesegneten Zweck, uns zu Gott zurückzuführen, zu erfüllen.

1. Der Weg in der Gegenwart Gottes wurde durch das Blut Christi geöffnet (Er war zwar durch Glauben immer für den Sünder zum Heil geöffnet; aber es handelt sich hier, mehr um Anbetung). Bis zu jener Zeit „war der Weg zum Heiligtum noch nicht offenbart“ (Heb 9,8). Gott wohnte hinter dem Vorhang und sein Volk Israel betete Ihn außerhalb desselben an; aber dieselbe Hand des Gerichts, die das Lamm tötete und sein Blut vergoss, zerriss auch den Vorhang von oben bis unten, und öffnete auf diese Weise den Weg in die unmittelbare und unverhüllte Gegenwart Gottes. Das Blut der Böcke und Kälber konnte dies nie tun. Wir lesen im 3. Buch Mose 16, dass Aaron an dem großen Tage der Blutvergießung das Blut der Stiere auf den Gnadenthron und sieben Mal vor denselben sprengen sollte, wodurch er die Beziehung Gottes zum Volk und den Grund ihres Zutritts für die nächsten zwölf Monate aufrechterhielt. Es gab kein Zerreißen des Vorhangs, auch keine Freiheit, Gott zu nahen, außer durch den Hohepriester, und dies einmal im Jahr, und nie ohne das Blut der Versöhnung.

Das Blut des Lammes jedoch, welches auf Golgatha stoß, hat alles für uns vollbracht. Der Vorhang ist zerrissen, der Gnadenthron aufgerichtet und der Weg dazu sieben Mal besprengt. Die Zahl Sieben bedeutet Vollkommenheit. Jesus hat alles vollkommen erfüllt. Vom Kreuz bis zum Thron haben wir einen mit Blut besprengten Pfad. O wie köstlich ist diese Wahrheit! Jeder Schritt dieses Weges ist mit des Heilands Liebe bezeichnet. Wie sehr sollte dies unseren Glauben stärken und unsere Herzen zu Ihm ziehen! Der Weg zu Gott ist allezeit offen, für Juden und Heiden, ja sogar für den größten der Sünder. Im Glauben an dieses kostbare Blut kann selbst der Schuldige kommen. Kommen – wohin? – In das Allerheiligste. Da findet er das Blut für sich. Gott ist befriedigt. Sein Charakter sowohl als auch seine Rechte sind in dem Werk seines Sohnes verherrlicht. Er ruht mit göttlichem Wohlgefallen auf dem mit Blut besprengten Gnadenthron. Aber wie begegnet Er dem Sünder, wenn er kommt? Mit dem Gericht über seine Sünden? O nein; dies ist am Kreuz vollendet. Nur Liebe ist übriggeblieben, um den zurückkehrenden Sünder zu empfangen. Wie! nichts über seine Sünden? Nein, diese Frage wurde am Kreuz völlig beantwortet. Gott wird sie nie mehr bei dem armen Sünder, der auf Jesus vertraut, erheben; Er vergibt und vergisst. Hat der Vater zu dem verlorenen Sohn etwas über dessen Sünden gesagt? Kein Wort. Der verlorene Sohn bekannte seine Sünden, und dies war Recht von ihm. Gott aber hat nicht nötig, davon zu reden; denn in Betreff der Sünde hat Er in Christus auf dem Kreuz alles beseitigt. Liebe, grenzenlose Liebe strömt hernieder, um dem Sünder zu begegnen und ihn im Haus zu bewillkommnen. Keine Grenze versperrt seinen Weg; dieser ist vollkommen frei. Christus selbst hat ihn geöffnet. Wohlan denn, verlorener Sünder, komm! Kehre zurück zu des Vaters Haus! Deine Rückkehr wird Ihn erfreuen. Sein Arm um deinen Hals wird alle deine Furcht verbannen und deine Seele mit einer neuen und himmlischen Freude erfüllen. Es ist weit besser im Himmel zu wohnen, als auf immer in der Hölle zu sein. Christus hat diesen Weg geöffnet; das Blut der Versöhnung ist da. Fürchte dich nicht, komm nur! Komm und vertraue auf dieses errettende und Frieden gebende Blut! Vertraue auf das Blut Jesu und du bist für immer errettet. Alle, die dieses Blut durch das Vertrauen ihrer Herzen ehren, erlangen den höchsten und besten Platz im Himmel.

2. Das Blut Christi hat den Gläubigen fähig gemacht, durch den geöffneten Weg einzugehen, und mit „vollkommenem Gewissen“ in der Gegenwart Gottes zu stehen (V 8–14; Kap 10,1–2). Gesegnete Wahrheit! Keine Sünde ist auf dem Gewissen geblieben. Es gibt kein Gewissen von Sünden mehr, obwohl wir das Bewusstsein der Sünde in uns haben, während wir hienieden sind. Das Blut Christi reinigt uns von aller und nicht nur von einiger Sünde. Wenn noch eine übriggeblieben wäre, so könnten wir nicht in den Himmel kommen. – Die Sünde ist soweit von dem Anbeter in der Gegenwart Gottes entfernt, als von Christus selbst, der sie trug. Wir werden nie nötig haben, uns im Himmel unserer Kleider zu schämen oder uns hinter Myriaden vor Strahlen zu verbergen. Unsere Bekleidung ist die Gerechtigkeit Gottes. Der höchste Engel wird nie ein solches Kleid haben. Wenn in der Seele eines Engels Neid entstehen könnte, so wäre es nur, weil das Kleid eines Sünders glänzender ist als das seinige. Die in Blut gewaschenen Kleider werden die Weißesten im Himmel sein. Sie werden gerade so sein, wie das Kleid Christi selbst. Gepriesen sei sein Name!

Es gibt hier aber noch etwas Bemerkenswertes über unsere Fähigkeit, in den Himmel einzugehen: wir gehen nämlich auf demselben Wege ein wie Christus selbst. Er ist durch sein eigenes Blut eingegangen (V 12) – in Kraft seines eignen Blutes, und ebenso auch wir. Er wollte nicht auf dem Grund seiner eigenen Gerechtigkeit, sondern auf demselben Wege eingehen wie sein Volk. Heiliger Jesu, welche Gnade! Den „Übeltätern gleich gerechnet“, ging Er durch denselben Weg ein, der auch für sie da ist. Deshalb ist es klar, dass dasselbe Willkommen, denselben Platz in der Nähe des Thrones, wie Christus selbst, alle zu erwarten haben, die im Glauben an dieses Blut kommen. Die Tore waren aufgetan, die Türen weit geöffnet, als der siegreiche Jesus zurückkehrte; und wir haben durch Ihn denselben Anspruch, dasselbe Recht und dasselbe frohe Willkommen zu. erwarten. Wohin also, geliebte Freunde, stellt dieses kostbare Blut den Gläubigen? Nicht nur an die Schwelle des Himmels, sondern ins Allerheiligste – so nahe wie Christus selbst ist. Als ich vor einiger Zeit über die Nähe und die innige Gemeinschaft, zu welcher wir durch Christus gebracht sind, sprach! erwiderte ein christlicher Freund: „O ich verlange nicht so sehr danach; ich bin befriedigt, wenn ich nur ein Türhüter seil! kann.“ – „Aber wäre Christus befriedigt?“ fragte ich. „Sollte ein so liebender Bräutigam zugeben, dass seine teure Braut eine Türhüterin sei.“ – Was denkst du darüber, geliebter Leser? Sollte ein Bräutigam seinen Sitz an der fröhlichen Tafel nehmen und zugeben, dass die Geliebte seines Herzens an der Tür stehe, um jedem Anklopfenden zu öffnen? Das ist eine falsche Demut. Solche Gedanken sind nicht zur Ehre Christi. Es ist wahr, in Bezug auf diese Welt wäre es weit besser ein Türhüter im Haus Gottes zu sein, als den höchsten Platz in den Zelten der Gottlosigkeit zu haben. Aber die Braut des Lammes muss sein, wo Er ist und wie Er ist, und zwar auf ewig.

Wie ging der errettete Räuber am Kreuz in den Himmel ein? Mit Christus in all seiner Vollkommenheit. „Heute sollst du mit mir im Paradies sein!“ Er sollte nicht an der Schwelle sein, sondern mit Christus, wo dies auch sein mochte. O diese gesegneten Worte: „Mit mir!“ Sie bezeichnen alles, was unseren Himmel betrifft. „Mit mir“ – „mit Christus“ – „mit dem Lamm“, wohin es auch geht. Wenn Er auf dem Thron ist, so werde ich es auch sein; wenn Er auf den Myrrhenbergen ist, (Hld 4,7) so werde ich auch da sein; wenn Er im dunklen Grab ist, so bin ich auch dort; wenn Er beim Festmahl ist, so werde ich es auch sein. O welch ein Himmel wird unser sein! Immer mit Christus und immer wie Er. Der Himmel wäre ohne Christus für uns eine traurige Öde und für Ihn wäre er eine traurige Öde ohne uns. Wir können in Ewigkeit nicht von Ihm getrennt werden. Die Glieder müssen da sein, wo das Haupt, und der Bräutigam da, wo die Braut ist. Das Bewusstsein seiner Liebe erfüllt unsere Herzen mit Sehnsucht, bei Ihm zu sein.

Wären alle meine geliebten Leser bereit, mit Jesu zu gehen, wenn Er in dieser Nacht käme? O macht jetzt Bekanntschaft mit dem Lamm! Seine Liebe ist süß, sein Blut kostbar, seine Heimat lieblich. Mit ausgebreiteten Armen wartet Er, um jede Seele, die Ihm vertrauen will, zu umarmen und in seinem Herzen willkommen zu heißen. Es scheint mir eine so leichte Sache zu sein, Ihm völlig zu vertrauen. Ich wünsche, dass ihr alle Ihn lieben möchtet, ja Ihn lieben möchtet um seinetwillen. Glückselig jene, die den gesegneten Herrn lieben!

3. Das Blut Christi hat für uns „eine ewige Erlösung erfunden“ (V 12). O, geliebte Freunde, welch ein Wort ist das für eine unsterbliche Seele, und es ist sogar in dem Buch Gottes geschrieben zu finden! Da steht es; lest es selbst. „Ewige Erlösung!“ Es ist genug; Jesus hat sie erfunden. Alle Segnungen, von denen wir gesprochen haben, sollen ewig sein. Das Blut Christi hat uns nicht nur den Weg zum Himmel geöffnet, nicht nur uns befähigt, dort zu sein und uns ein Anrecht auf alle Segnungen gegeben, sondern es hat auf alles, was es uns bereitet und auf alles, worin es uns gebracht hat, das göttliche Wort „ewig“ eingeprägt. Nicht nur ist alles vollkommen, sondern ewig. O gerade dieses ist unseren unsterblichen Seelen angemessen. „Ewige Erlösung!“ das ist genug; es überströmt das Herz. Meine Seele ist, ewig Gottes Herrlichkeit ist ewig die Freuden des Himmels sind ewig die Liebe Jesu ist ewig; ja, die süße Liebe Jesu soll ewig währen; sie wird in meine Seele strahlen und in die Eurige, wenn ihr glaubt, durch die unzähligen Jahre der Ewigkeit hindurch. Kein Wunder, dass die Erlösten im Himmel so viel von dem Blut Christi singen. Es scheint, als wenn es die Hauptnote in ihrem Lied wäre. „Dem, der uns geliebt und uns von unseren Sünden in seinem Blut gewaschen hat“ (Off 1,5). Es ist eine Note, die keine Engelstimme je erreichen kann. Sie steht zu weit über der Linie der Engelchöre. O wie laut und anhaltend und frohlockend wird unsere Note des Lobes sein, die wir dem singen, der den Kelch des Zorns für uns trank und alle unsere Sünden abwusch, der uns von unserem niedrigen Zustand erhob, um uns an den höchsten Platz in den Himmel zu setzen, der uns erwählt hat, die Begleiter auf seinen Wegen und die Miterben seiner ewigen Herrlichkeit zu sein!

Und jetzt, meine geliebten Leser, ist noch wohl jemand unter euch, der des Erlösers Liebe zurückweisen, der dieses kostbare Blut, sowie die kommende Herrlichkeit geringschätzen und ein so großes Heil vernachlässigen kann? Das sei ferne! Seine Liebe ist bereit, euch zu empfangen sein Blut, Euch zu reinigen sein Heil, Euch zu segnen alles ist von Seiten Gottes bereit. Seid ihr bereit, jetzt bereit, den Erlöser zu umarmen bereit, Ihm eure Herzen zu schenken? Erfordert es Zeit, zu erwägen, ob Jesus mit aller seiner Liebe und Herrlichkeit, oder die Welt, Sünde und Hölle zu erwählen sei? Ihr müsst wählen, und ihr habt zwischen dem Weg zur Hölle und dem Weg zum Himmel zu wählen. Wie könnt ihr da zögern? O kommt zu Jesu, vertraut Ihm, liebt Ihn, und wählt den neuen und lebendigen Weg, der zur Herrlichkeit, Ehre, Unsterblichkeit und ewigem Leben führt!

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