Das Kommen des Herrn, Israel und die Gemeinde

Das Kommen des Herrn in seinen Gleichnissen

Zur Zeit seines Dienstes war die Zeit noch nicht gekommen, um das Geheimnis seines gesonderten Kommens für seine Heiligen zu enthüllen. In diesem Gleichnis wird zwischen beiden Teilen des Kommens kein Unterschied gemacht. Seine Worte mussten durch den Heiligen Geist, der erst nach seinem Weggang gesandt wurde, ausgelegt werden. Im Licht dieser Wahrheit müssen seine Gleichnisse verstanden werden.

In Matthäus lesen wir von einem „Knecht, den sein Herr über sein Gesinde gesetzt hat, ihnen die Nahrung zu geben zur rechten Zeit“. Es heißt: „Glückselig jener Knecht, den sein Herr, wenn er kommt, damit beschäftigt finden wird! Wahrlich, ich sage euch, er wird ihn über seine ganze Habe setzen. Wenn aber jener böse Knecht in seinem Herzen sagt: Mein Herr bleibt noch aus, und anfängt, seine Mitknechte zu schlagen, und isst und trinkt mit den Betrunkenen, so wird der Herr jenes Knechtes kommen an einem Tag, an dem er es nicht erwartet, und in einer Stunde, die er nicht weiß, und wird ihn entzweischneiden und ihm sein Teil geben mit den Heuchlern: Dort wird das Weinen und das Zähneknirschen sein“ (Mt 24,46–51).

Danach folgt das Gleichnis der törichten und klugen Jungfrauen. Die klugen Jungfrauen „nahmen Öl mit in den Gefäßen, zusammen mit ihren Lampen“ und gingen mit dem Bräutigam zur Hochzeit, während die törichten Jungfrauen, die kein Öl mitgenommen hatten, kamen als die Tür verschlossen war. Sie bitten: „Herr, Herr, tu uns auf!“ und erhalten die Antwort: „Wahrlich, ich sage euch, ich kenne euch nicht“ (Mt 25,1–12). Das führt zu folgender praktischer Ermahnung: „Wacht also, denn ihr wisst weder den Tag noch die Stunde“ (V. 13).

In Lukas werden wir ermahnt: „Eure Lenden seien umgürtet und die Lampen brennend; und ihr, seid Menschen gleich, die auf ihren Herrn warten, wann irgend er aufbrechen mag von der Hochzeit, damit, wenn er kommt und anklopft, sie ihm sogleich öffnen. Glückselig jene Knechte, die der Herr, wenn er kommt, wachend finden wird! Wahrlich, ich sage euch: Er wird sich umgürten und sie sich zu Tisch legen lassen und wird hinzutreten und sie bedienen. Und wenn er in der zweiten und wenn er in der dritten Wache kommt und sie so findet – glückselig sind sie!“ (Lk 12,35–38). Als nächstes finden wir das Gleichnis des Verwalters, das in allen wesentlichen Einzelheiten dem Gleichnis im Matthäusevangelium entspricht. In Markus werden wir ernstlich ermahnt wachsam zu sein, die diesbezüglichen Aussagen fügen jedoch den beiden anderen synoptischen Evangelien nichts hinzu.

In allen soeben erwähnten Gleichnissen finden wir Menschen, die die Ankunft eines anderen erwarten. Derjenige ist Christus. Zu welchem Zeitpunkt aber wird Er erwartet? Das Ende der Welt kann es nicht sein, denn in allen prophetischen Auslegungen finden wir einen Zeitraum von 1000 Jahren, der dem Dienst unseres Herrn folgt bevor das Ende kommt, und es würde wohl keine Aufforderung gegeben werden, ein 1000 Jahre entferntes Ereignis zu erwarten. Eine übliche Mutmaßung ist, dass unser Herr von der Stunde des Todes spricht. An keiner anderen Stelle aber wird der Tod mit diesen Worten beschrieben. Der gute Mensch wird bei dem Herrn sein bzw. in Abrahams Schoß gesehen. Von dem schlechten Menschen wird seine Seele gefordert bzw. er befindet sich im Hades. Jeder geht an seinen Platz oder, wenn er weggenommen wird, wird er „von Engeln getragen“ und nicht beim Kommen Christi entrückt. Davon abgesehen kommt der Herr in diesen Gleichnissen immer „an einem Tag, an dem er es nicht erwartet, und in einer Stunde, die er nicht weiß“. Das ist gewöhnlich beim Tod nicht der Fall, der sich zuvor meist deutlich ankündigt. Im Übrigen lässt der Grundtenor der Gleichnisse auf ein großes öffentliches Ereignis, wie das in den Briefen erwähnte Kommen des Herrn, schließen und nicht auf eine private Angelegenheit wie den Tod einzelner Personen. Es wird also hier vom Kommen des Herrn gesprochen, wobei keine Unterscheidung zwischen den zwei Aspekten seines Kommens gemacht wird. Sie bilden den Teil eines Ganzen und werden auch so dargestellt. Die unterschiedlichen Zeitpunkte zu denen unterschiedliche Ereignisse stattfinden, werden nicht erwähnt. Einige erhalten eine Belohnung, andere werden bestraft und ob dies stattfindet, wenn der Herr für die Seinen kommt oder wenn Er mit ihnen kommt, ist in Bezug auf den Gegenstand des Gleichnisses unerheblich.

Die moralische Intention der Gleichnisse ist identisch zu dem, was wir in den Briefen über das Kommen des Herrn finden. Solange der Verwalter wacht, ist er wachsam und nüchtern; wenn er aber in seinem Herzen sagt: „Mein Herr bleibt noch aus“, fängt er an seine Mitknechte zu schlagen und mit den Betrunkenen zu essen und zu trinken, so dass er schließlich selbst betrunken ist. Wie ähnlich sind Paulus Belehrungen: „Die Nacht ist weit vorgerückt, und der Tag ist nahe ... Lasst uns anständig wandeln wie am Tag; nicht in Schwelgereien und Trinkgelagen, nicht in Unzuchthandlungen und Ausschweifungen ... sondern zieht den Herrn Jesus Christus an, und treibt nicht Vorsorge für das Fleisch zur Befriedigung seiner Begierden“ (Röm 13,12–14). In beiden Fällen ist die Erwartung des Herrn der Ansporn zu Treue, während die Nicht-Erwartung zu einem nachlässigen Leben, ungezügelten Begierden und Weltlichkeit der Herzen führt.

Im Gleichnis der Jungfrauen haben wir den gleichen Aspekt, es wird aber auch der Zustand in Erwartung des Bräutigams gezeigt. Wachsame Jungfrauen sollten wach sein und Öl in ihren Lampen haben. Bei ersterem haben alle versagt, denn die Kirche hatte jahrhundertelang das Kommen des Herrn aus den Augen verloren. Was das Öl in den Lampen betrifft, gibt es jedoch einen Unterschied: einige haben den Geist, d. h., sie sind wahre Gläubige, andere sind falsche Bekenner. Bevor der Ruf ertönt, können diese beiden Gruppen vermischt sein. Sobald er jedoch gehört wird, gibt es eine Trennung. Das zeigt, dass die Erwartung der Rückkehr des Herrn nicht nur die Quelle für ein reines Leben ist, sondern auch der Ursprung heiliger Trennung und Achtung bezüglich der Ehre Christi in der Versammlung. In allen Epochen der Zeit hat es Christen mit Öl in ihren Gefäßen gegeben. Bis zu dem Ruf, dass der Bräutigam kommt, wurden sie in unachtsamem Schlaf gefunden, zusammen mit solchen, die ein bloßes Lippenbekenntnis hatten. Die Erwartung des Kommens des Herrn führte sie jedoch zusammen.

Im Gleichnis der Knechte, die darauf warten, dass ihr Herr von der Hochzeit wiederkommt, finden wir die gleiche Ermahnung zur Wachsamkeit. Es wird jedoch noch eine andere, sehr wichtige Sache ergänzt in Bezug auf den unbestimmten und möglicherweise fernen Zeitpunkt: „Und wenn er in der zweiten und wenn er in der dritten Wache kommt und sie so findet – glückselig sind sie“. Ist das nicht eine unzweifelhafte Andeutung, dass, während die Wachsamkeit gleichbleibt, sein Kommen sich verzögern kann? Wie Johannes gegenüber angedeutet und wie in den Worten zu den Thessalonichern Wachsamkeit von Anfang an gefordert wird, warnt uns dieses Gleichnis davor, unachtsam oder nachlässig zu werden, aufgrund der Tatsache, dass dieses Ereignis noch nicht stattgefunden hat. Im Jakobusbrief werden die Leidenden aufgefordert, nach dem Kommen des Herrn Ausschau zu halten (Jak 5,7.8). Es wird ihnen gesagt, dass diese Erwartung Geduld erfordert. Das finden wir auch hier, der Segen der Treue ist dann aber umso größer. Nachlässigkeit in der Erwartung unseres Herrn wird in aller Ernsthaftigkeit verurteilt und der Lohn für Treue und Wachsamkeit wird ausdrücklich betont. In der dritten Wache wie in der ersten, im 19. Jahrhundert wie in den Tagen der Apostel.

Das Thema der Gleichnisse ist identisch zu dem, was wir in den Briefen über das Kommen des Herrn finden. Das gleiche sehen wir bei der Belohnung. Im Fall des treuen Verwalters, wird dieser über alle Dinge gesetzt, die sein Herr hat. Das ist ein Vorschatten auf das gemeinsame Erbteil, „wenn wir ausharren, so werden wir auch mitherrschen“. Im Gleichnis der Jungfrauen ist der Segen ein anderer: die klugen Jungfrauen gehen mit dem Bräutigam zur Hochzeit, während die Knechte, die auf ihren Herrn warteten, der von einer Hochzeit zurückkehrte, sich zu Tisch legen und von ihrem Herrn bedient werden. Das Bild der beiden Gleichnisse unterscheidet sich, daher ist die Belohnung auch der jeweiligen Situation angepasst. Das Prinzip ist aber das gleiche und ist in Übereinstimmung mit der „glückseligen Hoffnung“ der Briefe: für immer bei dem Herrn in seiner Gegenwart zu sein, an seiner Freude teilzuhaben als Gegenstände seiner fürsorgenden Liebe und unermesslicher Freude. Wie wunderbar festzustellen, dass in den Belehrungen unseres Herrn bis ins kleinste Detail alles übereinstimmt! Wo das Herz auf die Rückkehr des Herrn wartet, da ist der Lohn die Gemeinschaft mit Ihm und das gesegnete Teil im Haus des Vaters. Das Ausharren vertraut der Herr den Treuen an. Die passende Antwort auf die sorgfältige Wahrung der Interessen des Herrn, ist, zu Herrschern im Königreich gemacht zu werden.

Bei der Strafe sehen wir das gleiche. Der untreue Verwalter wird entlassen. Beim Kommen des Herrn für die Seinen wird er zurückgelassen werden, nicht länger als Verwalter, sondern als jemand unter Gericht, das vollzogen wird, wenn Christus mit den Seinen und den Engeln seiner Macht kommt, „wenn er Vergeltung gibt denen, die Gott nicht kennen, und denen, die dem Evangelium unseres Herrn Jesus Christus nicht gehorchen“ (2. Thes 1,8). Bei den Jungfrauen wird nur gesagt, dass sie ausgeschlossen werden, das heißt, sie werden nicht mit entrückt werden, um bei Christus zu sein, wenn Er für die Seinen kommt. Weder bei den Belohnungen noch bei den Bestrafungen finden wir eine Aussage über einen Zeitunterschied zwischen den beiden Teilen des Kommens des Herrn. Es werden nur die Ergebnisse genannt, und zwar in exakter Übereinstimmung mit der Lehre der Briefe, ohne einen Hinweis auf die Zeit, in der diese Ereignisse stattfinden.

Es gibt ein gemeinsames Merkmal, das wir in all diesen Gleichnissen finden. Dieselben Diener, die auf ihren Herrn warten, werden ihm auch öffnen, derselbe Verwalter, der die Habe seines Herrn anvertraut bekommt, wird entweder belohnt oder bestraft werden. Es wird nichts berichtet von nachkommenden Knechten, Verwaltern oder Jungfrauen. Das hat mit Sicherheit einen Grund. Unser Herr möchte, dass unsere Zuneigung so auf Ihn selbst gerichtet ist, dass seine Wiederkehr die größte Hoffnung unserer Herzen ist. Deshalb stellt Er uns sowohl hier als auch in den Briefen diese Hoffnung so vor, dass sie sich zwar verzögert erfüllen mag, sie für uns aber gegenwärtig sein sollte. Wir sollten einmal einen Blick in unser Herz werfen und uns fragen, warum diese Hoffnung so gedämpft und unwirklich für uns ist. Ist es nicht deshalb, weil unsere Liebe zu unserem abwesenden Herrn erkaltet ist und somit dem Herzen Raum gibt mit weltlichen Dingen und Zuneigungen erfüllt zu sein?

Sowohl in diesem als auch in den vorhergehenden Kapiteln haben wir das Zeugnis des Heiligen Geistes gehört, wie in beinahe jedem Buch des Neuen Testaments. Die wenigen Ausnahmen, in denen kein Bezug auf diesen Gegenstand gemacht wird, sind die beiden kleineren Briefe des Johannes und der Brief an Philemon – alles kurze persönliche Briefe über Angelegenheiten von unmittelbarem Interesse, die in keiner Weise lehrmäßige Fragen oder Aussagen enthalten. Über dieses Thema finden wir auch nichts in den längeren und bedeutenden Briefen Paulus' an die Galater und Epheser. Es ist sinnvoll, einmal zu untersuchen, warum in den beiden letztgenannten Briefen dieser Gegenstand ausgelassen wurde. Im Schreiben an die Galater ist der Apostel ausschließlich damit beschäftigt, die Tatsache der vollkommenen Genügsamkeit des Werkes Christi denen gegenüber zu verteidigen, die jüdische Gesetze einführen wollten. Es ist ein eher herausfordernder Brief, der sich nur auf dieses Thema beschränkt. Aufgrund des schlechten Zustands der Versammlungen in Galatien wäre es unpassend gewesen, höhere Wahrheiten vorzustellen. Im Brief an die Epheser ist der Grund ein anderer. Der Gläubige wird hier betrachtet als in Übereinstimmung mit Gottes Absichten, auf einer gemeinsamen Ebene mit Christus, mit Ihm lebendig gemacht, mit Ihm auferstanden, in Ihm aufgenommen und mit Ihm sitzend in himmlischen Örtern. Mit anderen Worten: er wird als jemand gesehen, der bereits das Ziel erreicht hat, zu dem ihn das Kommen des Herrn schließlich bringen wird. Deshalb wird es uns nicht als lehrmäßige Wahrheit vorgestellt und wenn wir zu dem praktischen Teil des Briefs kommen, finden wir hier wie auch an anderen Stellen, dass dieses sich aus den lehrmäßigen Aussagen ergibt, das heißt, das Verhalten muss der Beziehung, in die der Gläubige gesetzt ist, entsprechen. Die Beziehung ist die Einheit mit Christus, Glied seines Leibes, Teil der „Fülle dessen, der alles in allem erfüllt“. Es würde eindeutig das vorgestellte wunderbare Bild zerstören, wenn das Kommen des Herrn hier erwähnt würde, um etwas zu vervollständigen, das gemäß Gottes Absichten, wie hier offengelegt, bereits vollständig ist.

Was lehrt uns also das Zeugnis des Heiligen Geistes, was somit in weiten Teilen im Neuen Testament zu finden ist? Es lehrt uns, dass unser Herr versprochen hat, für seine Jünger wiederzukommen und stellt dies als eine so reale und gegenwärtige Hoffnung vor, dass bei der Frage, was aus einem von ihnen werden soll, seine einzige Antwort war, dass er nach seinem Kommen ausschauen sollte. Er lehrt uns, dass der Tod als Lohn der Sünde für Gläubige nicht mehr existiert und dass der Apostel an zwei Stellen, wo er von der Umgestaltung der Heiligen und deren Entrückung zu dem Herrn spricht, die erste Person verwendet und damit die Möglichkeit andeutet, dass die dann auf der Erde Lebenden zu diesen gehören könnten. Er lehrt uns auch, dass das Kommen des Herrn immer als „nahe gekommen“, „bald“ oder durch ähnliche Ausdrücke beschrieben wird, die es als bald stattfindendes Ereignis, möglicherweise sogar in der Lebenszeit derjenigen, an die die Worte gerichtet waren, definieren. Den Gläubigen wird nicht gesagt, den Tod zu erwarten, sondern sie werden beständig aufgefordert, das Kommen des Herrn zu erwarten, und zwar in einer Art und Weise, die vollkommen irreführend wäre, wenn dieses Ereignis ihnen nicht stets als kurz bevorstehend vorgestellt würde. Er lehrt uns weiterhin, dass eine Verzögerung kein Grund für den Gläubigen ist, nachlässig zu werden und dass eine konstante Erwartungshaltung zu Treue im Dienst und einem achtsamen Leben führt. Er lehrt uns auch, dass ein anderes Ereignis, das ebenfalls einen großen Platz in der Heiligen Schrift einnimmt und das als Erscheinung oder Offenbarung Christi beschrieben wird – ein Ereignis, das der Vernichtung des Erdballs lange vorausgeht – nicht eher stattfinden wird, bis die Heiligen zu dem Herrn in den Himmel aufgenommen wurden und dass, wenn dieses Ereignis stattfinden wird, die umgestalteten Heiligen mit Ihm offenbar werden als Teilhaber seiner Herrlichkeit und Mitherrschende seines Reiches. Und schließlich lehrt er uns, dass diese Hoffnung, anstatt sie als wirklichkeitsfremde Theorie anzusehen, beständig vor den Herzen der einfachen Jünger war. Die inspirierten Schreiber des Neuen Testaments erwähnen diese Hoffnung in beinahe all ihren Briefen als eine den Adressaten bekannte Sache, die auf diese einen solchen Einfluss ausüben sollte, dass sie auf der Grundlage dieser Hoffnung ermahnt, ermuntert und getröstet werden, aber auch aufgerufen werden zu Reinheit im Leben, Absonderung von der Welt und auf den Himmel gerichtete Interessen und Zuneigungen.

Wir sollten Gläubige fragen, ob ihre Hoffnungen und Erwartungen auf dieser Grundlage basieren. Ist dies nicht der Fall, sollten wir mit aufrichtigem Ernst fragen, worauf sie sich stützen. Ist diese „glückselige Hoffnung“, die bereits den frühen Gläubigen vorgestellt wurde und die immer noch wie ein Leuchtfeuer den Blick des Christen auf sich ziehen will, in Übereinstimmung mit der Erwartung, der immer mehr geglaubt wird, dass sich durch das Evangelium des Christus die Welt stetig verbessern und schließlich umkehren wird? Wie kann man Gläubigen sagen, dass sie beständig ein Ereignis erwarten sollen, das nicht eher passieren kann, bis die Welt umgekehrt ist? Wenn sie die Entrückung aller Gläubigen jederzeit erwarten sollten, hätten sie nicht die zuvor stattfindende Umkehr der Welt erwarten können. Und wenn sie zuerst die Umkehr der Welt erwarten sollten, hätten sie nicht in einer Haltung der Wachsamkeit gefunden werden können, wie sie Diener haben, die das Kommen ihres Herrn erwarten. Wir werden noch sehen, wie wenig die Bibel die allgemein anerkannte Theorie der Umkehr der Welt zum Christentum durch die Verkündigung des Evangeliums stützt. An dieser Stelle möchte ich nur die Unvereinbarkeit mit der unmittelbaren Erwartung der Rückkehr des Herrn betonen, die uns das Wort Gottes lehrt und die Erwartung der frühen Gläubigen war.

Ich möchte nochmals mit allem Ernst und aller Liebe fragen, welchen Ursprung haben unsere Hoffnungen? Wenn wir diese aus Gottes Wort ziehen, mag sich ihre Erfüllung verzögern, niemals aber vereitelt werden. Gründen wir diese auf etwas anderes – sei es auf den Verstand, Wünsche, Erfahrungen, Traditionen – auf irgendetwas, außer auf das wahre Wort des lebendigen Gottes – sind sie nichts anderes als Täuschungen und Irrglaube, die für uns nichts anderes als nur Enttäuschung bereithalten. Gottes Wege sind nicht unsere Wege, und wenn wir diese mit dem eigenen Verstand ergründen wollen, anstatt uns auf das unfehlbare Wort Gottes zu verlassen, sind wir nur „blinde Leiter der Blinden“, wir betrügen uns selbst mit eingebildeten Hoffnungen und führen so unbewusst andere in die Irre, möglicherweise zu deren Verderben.

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