Betrachtung über den Propheten Jeremia (Synopsis)

Kapitel 1-9

Betrachtung über den Propheten Jeremia (Synopsis)

Im 1. Kapitel wird der Prophet in sein Amt eingesetzt, zu welchem er schon vor seiner Geburt von Jehova bestimmt worden war, nämlich: Sein Wort zu den Nationen zu bringen. Aber die Befürchtungen Jeremias zeigen sich augenblicklich. Der Herr ermutigt ihn durch die Versicherung Seiner Gegenwart. Er legt ihm Seine Worte in den Mund und bestellt ihn zum Propheten über die Nationen, um auszurotten und zu pflanzen. Zwei Gesichte werden ihm gezeigt, die den Hauptinhalt des ihm gewordenen prophetischen Auftrags enthalten und die ankündigen, daß Jerusalem bald von den Königreichen des Nordens geschlagen werden solle. Unter solchen Umständen wird Jeremia einem widerspenstigen Volke gegenübergestellt, das gegen ihn streiten wird. Nichtsdestoweniger muß er alles verkündigen; und wie der Herr vorher den Propheten ermutigt hatte, so fügt Er jetzt der Ermutigung (um sie zu verstärken) für den Fall des Ungehorsams die Drohung hinzu, daß, falls der Prophet aus Furcht seinen Auftrag nicht ausführen würde, der Herr für ihn eine noch größere Ursache der Furcht werden und ihn vor denen gänzlich verzagt machen würde, vor welchen er sich fürchtete. Erfüllte er aber die ihm zugewiesene Aufgabe, so würde Jehova mit ihm sein. Die Verse Jer 1, 6 - 8. 17. 18 zeigen die große Furchtsamkeit des Geistes des Propheten, die es nötig machte, daß er in dieser Weise von Jehova gestärkt wurde.

Das 2. Kapitel enthält einen herzbewegenden Mahnruf an die Bewohner Jerusalems. Es bedarf keiner Erklärung, ist aber der ernsten Aufmerksamkeit unserer Herzen wert. Es zeugt in der ergreifendsten Weise von der Güte und zärtlichen Liebe des Herrn. Indessen haben wir hier nur den Vergleich zwischen dem, was das Volk ursprünglich gewesen war, als vom Herrn gepflanzt, und den Wegen Seiner Liebe, aber keinerlei Bezugnahme auf das Kommen des Herrn. Weder auf Christum noch auf die Ratschlüsse Gottes ist der Blick hier gerichtet, wie bei Jesaja (obwohl wir dies weiterhin auch finden werden); dagegen wird die Verantwortlichkeit des Volkes auf den rührenden Wegen, die Gottes Gnade es führte, weit vollständiger dargelegt.

Im 3. Kapitel wird von der schließlichen Segnung gesprochen. Es hat den nämlichen Charakter wie das vorhergehende; ja, es ist tatsächlich eine Fortsetzung desselben Mahnrufs. Indes führt es Einzelheiten aus dem Verhalten Israels und Judas an und verkündigt die Wiederherstellung Israels durch die unumschränkte Güte Gottes sowie die Segnung der letzten Tage bei seiner Umkehr zu Gott. (Es ist jedoch beachtenswert, daß, bevor der Herr mit Israel wegen seiner Torheit rechtet, Er ihnen zunächst vorhält. daß Er nicht gesucht worden, daß kein Verlangen nach Ihm vorhanden gewesen sei; weder Volk noch Priester hatten gefragt: „Wo ist Jehova?“) Nachdem das Gericht an Israel vollzogen ist, kann Gott Sein Herz in der Bezeugung der Gnade frei ausströmen lassen. Dies weist notwendigerweise auch Juda seinen Platz an, da die zwei vereinigt werden sollen. Das Ende des Kapitels verbreitet sich in höchst rührender Weise über den Geist, welchen die Gnade in Israel hervorrufen wird, wenn es zurückgeführt ist, sowie über die Art und Weise, in welcher der Herr sie annehmen wird. In den Versen 23 - 25 bekennt der Prophet den Zustand des Volkes zu der Zeit, in der er redet. In diesem Kapitel finden wir auch die feierliche Offenbarung, daß die Wiederherstellung unter Josia, soweit sie das Volk betraf, nur Heuchelei war. Während also das 1. Kapitel von der Einsetzung Jeremias in sein Prophetenamt redet, bilden diese beiden Kapitel 2 und 3 eine Art allgemeiner Einleitung, indem sie die Wege und das Gericht Israels und Judas zeigen sowie ihre Wiederherstellung durch die Gnade.

Kapitel 4 kommt wieder auf den Gegenstand der beiden vorigen Kapitel zurück, wendet denselben auf das Volk in der damaligen Zeit an und sagt diesem, daß, wenn es umkehre, es zu dem Herrn Selbst umkehren müsse - daß weder Formen noch halbe Maßregeln von irgendwelchem Nutzen sein würden. Vom 5. Verse an verkündigt der Prophet das gewisse Gericht Gottes, welches von Norden her kommen und über Jerusalem Zerschmetterung bringen sollte.

Im 5. Kapitel wird gezeigt, daß Sünde und Ungerechtigkeit allgemein sind; reich und arm, alle haben gleicherweise daran teil. - „Sollte ich solches nicht heimsuchen? spricht Jehova.“ - Gleichwohl will Er nicht völlig zugrunde richten. Die Wurzel des Bösen oder wenigstens das, was ihm zur Stütze dient, wird in den Worten aufgedeckt: „Die Propheten weissagen falsch, und die Priester herrschen unter ihrer Leitung.“

Kapitel 6 setzt dieses Zeugnis fort, stellt aber auch die Stellung Jeremias inmitten all dieses Bösen ans Licht. In den Versen 11 - 26 wird das Gericht klar und deutlich angekündigt. Die Handlungsweise der falschen Propheten wird aufs neue gekennzeichnet. In diesen beiden Kapiteln wird das Kommen Nebukadnezars zum Gericht in bestimmter Weise vorausgesagt.

Mit dem 7. Kapitel beginnt eine neue Weissagung, die besonders den Tempel im Auge hat, der, anstatt ein Schutz für sie zu sein (wofür ihn das Volk, dessen Gewissen verhärtet war, ansah), vielmehr zu einem weiteren augenscheinlichen Beweis ihrer Bosheit geworden war. Sie sollten sich an Silo erinnern; denn das Haus Gottes sollte in gleicher Weise niedergerissen werden. Juda sollte weggeworfen werden, wie es mit Ephraim geschehen war, und Gott wollte auf kein Flehen für Sein Volk hören. Er verlangte Gehorsam und nicht Opfer, und wenn Sein Volk in Sein Haus kam, während es zu gleicher Zeit Abgötterei trieb, so verunreinigte es den Tempel nur. Aber Israel hatte weniger Verständnis als die Vögel des Himmels, diese kennen wenigstens ihre bestimmten Zeiten, Israel aber kannte das Recht Jehovas nicht (Kap 8, 7). Vom 18. Verse des 8. bis zum 2. Verse des 9. Kapitels leiht der Prophet der Tiefe seines Kummers Ausdruck. Sodann kündigt er Gericht an - ein Gericht, das auch die Nationen ringsumher heimsuchen soll. Und angesichts dieser Gerichte ermahnt er jedermann, sich nicht des Menschen, sondern der Erkenntnis Jehovas zu rühmen (Kap. 9, 23. 24).

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