Das Buch des Propheten Jeremia

Kapitel 52

Historischer Anhang

Die Zerstörung Jerusalems und das Gericht seiner Könige

Dieses Kapitel gibt nahezu Wort für Wort 1 den Text von 2. Könige 24,18–20; 25,1.2.27–30 wieder. Der Geist Gottes hat den Text hier als moralische Schlussfolgerung des Buches von Jeremia gesetzt, wenn er auch durch einen anderen geschrieben sein kann, wie der letzte Vers des vorhergehenden Kapitels vermuten lässt. Der dritte Teil des Buches von Jeremia behandelt das Gericht Gottes über die Nationen (insbesondere Babel), aber immer in Verbindung mit Israel. Dieser Anhang bestätigt das Gericht über Jerusalem und über das Königtum von Juda entsprechend dem Wandel seines Volkes und seines Königs.

Zedekia, der letzte König von Juda

„Einundzwanzig Jahre war Zedekia alt, als er König wurde, und er regierte elf Jahre in Jerusalem; und der Name seiner Mutter war Hamutal, die Tochter Jeremias, von Libna. Und er tat, was böse war in den Augen des HERRN, nach allem, was Jojakim getan hatte. Denn wegen des Zorns des HERRN geschah dies gegen Jerusalem und Juda, bis er sie von seinem Angesicht weggeworfen hatte. Und Zedekia empörte sich gegen den König von Babel.“ (Jer 52,1–3)

Dieses ganze Kapitel zeigt uns die Konsequenzen der Verantwortlichkeit. Zedekia ist voll verantwortlich. Als Erwachsener auf den Thron gesetzt, hätte er einen Nutzen ziehen müssen aus dem Beispiel seines Vaters Josia und aus der Zucht, die bereits durch den Herrn an seinen Brüdern (Joahas und Jojakim) und an seinem Neffen (Jojakin), die vor ihm regiert haben, ausgeübt worden ist. Aber er hat seinen Vater nicht nachgeahmt, dessen Name hier nicht einmal erwähnt wird; stattdessen hat er Jojakim nachgeahmt.

Im Gegenzug wird der Name seiner Mutter, Hamutal, erwähnt, was ihre Verantwortlichkeit unterstreicht: ihre beiden Söhne, Joahas und Zedekia, haben getan, was böse ist in den Augen des Herrn. Zedekia war 10 Jahre alt, als Joahas nach Ägypten mitgenommen wurde (2. Kön 23,31). Hamutal hat es nicht verstanden einen Nutzen aus dieser Warnung zu ziehen, um Buße zu tun und Zedekia in der Furcht des Herrn zu erziehen. Trotzdem lässt der Name ihrer Heimatstadt – Libna – annehmen, dass sie aus einer Familie von Priestern stammte (Jos 21,13).

Mehrere Gefahren werden aufgezeigt:

  • die gute Unterweisung des Vaters oder der Mutter nicht zu beachten oder aufzugeben (Spr 1,8)
  • dem bösen Einfluss eines Nahestehenden nachzugeben (Jer 38,22),
  • Missachtung von Warnungen (Jer 38,15).

Die Verantwortung ist auch gemeinschaftlich. Es ist der Zustand Jerusalems und Judas, der den Zorn des Herrn hervorruft. Er lässt somit zu, dass durch die Auflehnung Zedekias der Untergang des Volkes veranlasst wird. (vgl. den Fall Davids in 2. Sam 24,1).

Die Belagerung Jerusalems und die Gefangennahme Zedekias

„Und es geschah im neunten Jahr seiner Regierung, im zehnten Monat, am Zehnten des Monats, da kam Nebukadrezar, der König von Babel, er und sein ganzes Heer, gegen Jerusalem, und sie belagerten es; und sie bauten eine Verschanzung gegen es ringsumher. Und die Stadt kam in Belagerung bis in das elfte Jahr des Königs Zedekia. Im vierten Monat, am Neunten des Monats, da nahm der Hunger in der Stadt überhand; und es war kein Brot mehr da für das Volk des Landes. Und die Stadt wurde erobert, und alle Kriegsleute flohen und zogen in der Nacht aus der Stadt hinaus auf dem Weg durch das Tor, das zwischen den beiden Mauern beim Garten des Königs lag (die Chaldäer aber waren rings um die Stadt her); und sie zogen den Weg zur Ebene. Aber das Heer der Chaldäer jagte dem König nach, und sie erreichten Zedekia in den Ebenen von Jericho; und sein ganzes Heer zerstreute sich von ihm weg. Und sie ergriffen den König und führten ihn zum König von Babel hinauf, nach Ribla im Land Hamat; und er sprach das Urteil über ihn. Und der König von Babel schlachtete die Söhne Zedekias vor seinen Augen, und er schlachtete auch alle Fürsten von Juda in Ribla. Und er blendete die Augen Zedekias und band ihn mit ehernen Fesseln; und der König von Babel brachte ihn nach Babel und setzte ihn in Gewahrsam bis zum Tag seines Todes.“ (Jer 52,4–11)

Nach diesem Aufstand ist der König von Babel gekommen, um Jerusalem zu belagern. Die Belagerung hat 18 Monate gedauert, bis ihre Bewohner schließlich in die Hungersnot getrieben wurden und eine Öffnung in die Mauer geschlagen wurde. Zedekia hat die Zeit der Warnungen vorbei gehen lassen und seine verzweifelte Flucht hat sein Gericht nur noch beschleunigt. Er muss die Ermordung seiner Söhne und der Obersten des Volkes mitansehen, bevor er selbst die Augen geblendet bekommt. Er wird, mit ehernen Fesseln gebunden, gefangen nach Babel geführt. 2

Diese ehernen Fesseln sind das Zeichen der gerechten Regierung Gottes im Gericht. Simson (Ri 16,21) und Manasse (2. Chr 33,11) sind auf dieselbe Weise gebunden worden; wir wissen jedoch nicht, ob Zedekia in seinem Herzen zu Gott umgekehrt ist wie Simson und Manasse.

Die Zerstörung Jerusalems und des Tempels

„Und im fünften Monat, am Zehnten des Monats, das war das neunzehnte Jahr des Königs Nebukadrezar, des Königs von Babel, kam Nebusaradan, der Oberste der Leibwache, der vor dem König von Babel stand, nach Jerusalem; und er verbrannte das Haus des HERRN und das Haus des Königs; und alle Häuser von Jerusalem und jedes große Haus verbrannte er mit Feuer. Und das ganze Heer der Chaldäer, das beim Obersten der Leibwache war, riss alle Mauern von Jerusalem ringsum nieder. Und von den Geringen des Volkes und den Rest des Volkes, die in der Stadt Übriggebliebenen, und die Überläufer, die zum König von Babel übergelaufen waren, und den Rest der Werkleute führte Nebusaradan, der Oberste der Leibwache, weg. Aber von den Geringen des Landes ließ Nebusaradan, der Oberste der Leibwache, zurück als Weingärtner und als Ackerbauern. Und die kupfernen Säulen, die am Haus des HERRN waren, und die Gestelle und das kupferne Meer, die im Haus des HERRN waren, zerschlugen die Chaldäer und führten alles Kupfer davon nach Babel. Und die Töpfe und die Schaufeln und die Messer und die Sprengschalen und die Schalen und alle kupfernen Geräte, womit man den Dienst verrichtete, nahmen sie weg. Auch die Becken und die Räucherpfannen und die Sprengschalen und die Töpfe und die Leuchter und die Schalen und die Spendschalen, was aus Gold war, das Gold, und was aus Silber war, das Silber, nahm der Oberste der Leibwache weg. Die zwei Säulen, das eine Meer und die zwölf kupfernen Rinder, die darunter waren, und die Gestelle, die der König Salomo für das Haus des HERRN gemacht hatte: Das Kupfer aller dieser Geräte war nicht zu wiegen. Und die Säulen: 18 Ellen war die Höhe der einen Säule, und ein Faden von 12 Ellen umfasste sie; und ihre Dicke war vier Finger, sie war hohl. Und ein Kapitell aus Kupfer war darauf, und die Höhe des einen Kapitells war fünf Ellen; und ein Flechtwerk und Granatäpfel waren an dem Kapitell ringsum: alles aus Kupfer; und ebenso war die andere Säule, und Granatäpfel waren daran. Und die Granatäpfel waren 96 nach außen hin; alle Granatäpfel waren 100 am Flechtwerk ringsum.“ (Jer 52,12–23)

Nur einen Monat nach der Festnahme Zedekias, hat die Armee der Chaldäer, angeführt durch Nebukadnezar, Jerusalem vollständig zerstört. Der Tempel, das Haus des HERRN, ist als Erstes verbrannt worden, ein Zeichen der Arroganz des Königs von Babel, der sich gegen den HERRN erhoben hat, indem er beabsichtigte seine Götzen triumphieren zu lassen.

Die Zerstörung ist vollständig. Die Säulen, deren Namen Jakin (Er wird befestigen) und Boas (In ihm ist Stärke) waren, sind zerschlagen und weggeführt worden. Sie stellten die Garantie für die Erfüllung der Verheißungen dar, gegründet auf die Macht des HERRN (2. Chr 3, 17). Die Gefäße des Dienstes wurden zu denen, die Nebukadnezar 17 Jahre zuvor geraubt hatte, in das Haus seines Gottes gestellt (Dan 1,2). Diese Beleidigung des einzig wahren Gottes wurde noch gesteigert, als Belsazar diese Gefäße 3 benutzte, um daraus den Wein zum Lob seiner Götzen zu trinken (Dan 5,2). Sie konnte nicht ungestraft bleiben und hat die Rache des HERRN hervorgerufen (Jer 51,11).

Nach dem Wort des HERRN, das Zedekia nicht hören wollte (Jer 21,9; 38,17), haben die Überläufer, die sich ergeben hatten, ihre Leben gerettet und sind nach Babel weggeführt worden.

Die Wegführung der Juden nach Babel

„Und der Oberste der Leibwache nahm Seraja, den Hauptpriester, und Zephanja, den zweiten Priester, und die drei Hüter der Schwelle; und aus der Stadt nahm er einen Hofbeamten, der über die Kriegsleute bestellt war, und sieben Männer von denen, die das Angesicht des Königs sahen, die in der Stadt vorgefunden wurden, und den Schreiber des Heerobersten, der das Volk des Landes zum Heer aushob, und sechzig Mann vom Volk des Landes, die in der Stadt vorgefunden wurden. Und Nebusaradan, der Oberste der Leibwache, nahm sie und brachte sie zum König von Babel nach Ribla. Und der König von Babel erschlug sie und tötete sie in Ribla im Land Hamat. Und so wurde Juda aus seinem Land weggeführt. Dies ist das Volk, das Nebukadrezar weggeführt hat: Im siebten Jahr 3023 Juden; im achtzehnten Jahr Nebukadrezars 832 Seelen aus Jerusalem; im dreiundzwanzigsten Jahr Nebukadrezars führte Nebusaradan, der Oberste der Leibwache, von den Juden 745 Seelen weg; alle Seelen waren 4600.“ (Jer 52,24–30)

Drei Etappen der Wegführung der Juden nach Babel werden uns hier berichtet. Hinzukommt noch diejenige, die unter Jojakim im dritten Jahr seiner Regierung ganz zu Beginn der Herrschaft Nebukadnezars stattgefunden hatte (Dan 1,1).

Die Erhöhung Jojakins

„Und es geschah im siebenunddreißigsten Jahr der Wegführung Jojakins, des Königs von Juda, im zwölften Monat, am Fünfundzwanzigsten des Monats, da erhob Ewil-Merodak, der König von Babel, im ersten Jahr seiner Regierung das Haupt Jojakins, des Königs von Juda, und führte ihn aus dem Gefängnis heraus. Und er redete gütig mit ihm und setzte seinen Sitz über den Sitz der Könige, die bei ihm in Babel waren; und er veränderte die Kleider seines Gefängnisses. Und er aß beständig vor ihm alle Tage seines Lebens; und sein Unterhalt: Ein ständiger Unterhalt wurde ihm vom König von Babel gegeben, so viel er täglich benötigte, bis zum Tag seines Todes, alle Tage seines Lebens.“ (Jer 52,31–34)

Von Zedekia wird aufgrund seines Gefängnisaufenthalts bis zu seinem Tod nicht mehr gesprochen, wogegen Jojakin nach einer Gefangenschaft von 37 Jahren durch Ewil-Merodak, dem Sohn und Nachfolger Nebukadnezars, befreit worden ist. Obwohl er wie andere Könige gefangen blieb, ist er unter ihnen geehrt und bis zu seinem Tod in Babel versorgt worden.

Diese Erwähnung der Güte, die Jojakin am Ende des Buches Jeremia zukommt, ist ein bewegendes Zeugnis des Mitgefühls Gottes denen gegenüber, die er züchtigen muss. Jojakim dagegen konnte nicht gedeihen, weil ein Wort gegen ihn verkündet worden war (Jer 22,30). Doch beweist dieses Beispiel, dass Gott das Herz der Menschen und selbst der Könige lenkt (Spr 21,1) und ausweglose Umstände zu verändern vermag. „Die Barmherzigkeit rühmt sich gegen das Gericht“ (Jak 2,13).

Fußnoten

  • 1 Die einzelnen Unterschiede sind keine Widersprüche: Am siebten Tag ist Nebusaradan nach Jerusalem gekommen und am zehnten Tag dort eingedrungen.
  • 2 In der Bibel erinnert uns das Erz an die Gerechtigkeit Gottes in Bezug auf das Böse, dem sie als Richter begegnet, während Gold der Gerechtigkeit als Eigenschaft Gottes im absoluten Sinn entspricht. Die Opfer wurden auf dem kupfernen Altar dargebracht; die Priester mussten Hände und Füße im ehernen Becken waschen; die eherne Schlange war ein Bild von Christus – für uns zur Sünde gemacht und auf das Kreuz erhöht, um das Gericht Gottes stellvertretend für uns zu tragen.
  • 3 Die Bedeutsamkeit dieser Gefäße misst sich auch an der folgenden Tatsache: der Beginn der 70-jährigen Gefangenschaft wird ab der ersten Überführung eines Teiles dieser Gefäße in Daniel 1 gezählt und ihr Ende wird durch deren Rückgabe an Serubbabel durch Kores markiert (Esra 1,1.7).
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