Betrachtung über den Propheten Hosea

Einleitung

Die Prophezeiung Hoseas ist die erste von insgesamt zwölf, die das Buch der kleinen Propheten bilden. Hosea, dessen Name „er rettet“ bedeutet, lebte zeitgleich mit den Propheten Jesaja, Micha und Amos1. Seine lange Prophetie umfasst eine Periode von mindestens 50 Jahren und erstreckt sich über die Regierungen Jothams, Ahas' und Hiskias (Könige von Juda) sowie die von Jerobeam (König Israels).

Nie war das persönliche Leben eines Propheten Gegenstand einer so detaillierten Beschreibung wie das von Hosea. Während Hoseas Leben wollte Gott seinem Volk eine Botschaft mitteilen: Die Frau Hoseas sowie seine Kinder sollten ein Zeichen und prophetischer Hinweis sein, sowohl auf Israel und Juda als auch auf die künftig wiedervereinte Nation.

Seine Zeitepoche

Jehu wurde von Elisa (vielmehr durch einen von Elisa gesandten Sohn der Propheten) gesalbt, um das Gericht Gottes über das Haus Ahabs auszuführen (2. Kön 9,1.2.4–10). Dieser erwies sich zunächst als blutrünstig, dann als untreu gegenüber Gott (2. Kön 10,31) und seine Nachkommen setzten die Gewalttat fort. Sein Urenkel Jerobeam II 2 regierte 41 Jahre zu Samaria (2. Kön 14,23). Trotz des äußeren Wohlstandes unter seiner Regierung fuhr Jerobeam fort zu tun, was böse war in den Augen des HERRN. Unter der Regierung dieses Königs nun legt Hosea in seiner Prophezeiung den inneren moralischen Zustand des Volkes Israels offen. Indem das Volk die wahrhaftige innere Frömmigkeit durch äußere Rituale ersetzte, war sein Zustand durch moralische und geistliche Verkommenheit verfinstert worden.

Seine Botschaft

Seine Botschaft wird in den Namen seiner drei Kinder zusammengefasst, welche vorbildlich von der Beziehung zwischen Gott und seinem Volk reden: Jisreel („Gott sät“ oder „Gott zerstreut“), Lo-Ruchama („sie hat kein Erbarmen empfangen“ bzw. „Nicht-Erbarmen“) und Lo-Ammi („Nicht-mein-Volk“).

Noch war Gott seinem Volk zugewandt, dessen Elend sehr bitter war (2. Kön 14,25.26). Hosea verstand das Erbarmen Gottes über sein noch geliebtes, aber untreues Volk. Seine Prophezeiung ist eine Art Klage, in der er seiner eigenen Bedrückung in einer solch brennenden Art und Weise Ausdruck gibt, dass sie an die des Apostels Paulus im Brief an die Galater erinnert. Wenn Hosea das Wohl des Volkes Gottes so sehr am Herzen lag, dann lag auch Paulus nicht weniger an den Versammlungen in Galatien, die in Gefahr standen, durch falsche, judaisierende Lehrer fortgezogen zu werden.

Ohne weiteren Übergang kommt Hosea nach den Gerichtsandrohungen auf die Segensverheißungen zu sprechen, sodass der rote Faden oft schwierig zu verfolgen ist.

Seine Prophezeiung ist eine ernste Anklage gegen das Nordreich wegen seiner Untreue  gegenüber dem göttlichen Bund; gleichzeitig ist es aber ein Buch, in dem auf sehr schöne Weise die Gnade Gottes zum Vorschein kommt (Hos 2,16–18; 6,1–4; 11,1–4.8.9; 14,4–8). Das Ziel Hoseas ist es, seine Landsleute so zu überzeugen, dass sie Buße tun, um sich mit ganzem Herzen zu ihrem Gott voller Geduld und Liebe zurückzuwenden.

Überblick über seine Prophezeiung

In den ersten drei Kapiteln schildert der Prophet zunächst den moralischen Zustand des Volkes (wobei er sich insbesondere auf Israel oder Ephraim, d.h. die zehn Stämme, bezieht, ohne Juda auszuschließen) sowie die Wege Gottes mit seinem Volk. Jedes dieser drei Kapitel schließt mit einer Segensverheißung.

Anschließend hat der HERR „einen Rechtsstreit mit den Bewohnern des Landes“ (Hos 4,1) wegen ihrer vielen Untreue; dieser Rechtsstreit wird in den sieben folgenden Kapiteln entwickelt. In genau diesen Kapiteln rückt die ganze Bedrängnis des Propheten wegen seines Volkes ins Gesichtsfeld.

Schließlich wird, wenn auch gemischt mit Gerichtsandrohungen, die zukünftige Wiederherstellung des Volkes in den letzten vier Kapiteln völlig geoffenbart.

Gliederung des Buches des Propheten Hosea

1.   Die Ratschlüsse Gottes in Bezug auf Israel: Kap. 1–3

  • Die Hochzeit Hoseas, Symbol der Geschichte Israels: Kap. 1 – Kap.2,2
  • Die Verheißung zukünftiger Segnungen: Kap. 2,3–25
  • Christus, wahrer König und seine irdische Braut: Kap. 3

2.   Der Rechtsstreit des HERRN mit Israel: Kap. 4–10

  • Der moralische und religiöse Zustand Ephraims: Kap. 4
  • Gericht des Volkes und Umkehr zum HERRN: Kap. 5,1 – 6,3
  • Appell an Israel und Juda: Kap. 6,4 – 7,16
  • Warnruf, Traurigkeit und Zerstörung: Kap. 8 – 10

3.   Die Gerichte und Hoffnung: Kap. 11–14

  • Erbarmen nach den Gerichten; Kap. 11
  • Drohungen und Verheißungen: Kap. 12
  • Beginn der Befreiung: Kap. 13–14,1
  • Buße und Wiederaufrichtung Israels: Kap. 14,2–14,10

Fußnoten

  • 1 Jesaja prophezeite in den Tagen Ussijas, Jothams, Ahas' und Hiskias, der Könige von Juda (Jes 1,1). Micha prophezeite während der Regierungszeit derselben Könige (Mich 1,1). Amos war ein Zeitgenosse Ussijas, des Königs von Juda und Jerobeams II., des Königs von Israel (Amos 1,1).
  • 2 Dieser wird im Allgemeinen „Jerobeam II.“ genannt, um ihn von Jerobeam, dem ersten König von Israel zu unterscheiden, der nach der Spaltung zwischen Juda und Israel zu Samaria regierte.
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