Das Passah des HERRN

"Und sie sollen das Fleisch essen"

Nachdem das Blut entsprechend der Anordnung des HERRN an die Türpfosten und die Oberschwelle gestrichen worden war, musste das Fleisch des Opfertieres gebraten und gegessen werden. Auch hierbei gab es für jede Einzelheit ein göttliches Gebot, nicht das Geringste blieb der Entscheidung des Volkes überlassen. „Und sie sollen in selbiger Nacht das Fleisch essen, gebraten am Feuer, und ungesäuertes Brot; mit bitteren Kräutern sollen sie es essen. Ihr sollt nichts roh davon essen und keineswegs im Wasser gesotten, sondern am Feuer gebraten: seinen Kopf samt seinen Schenkeln und samt seinem Eingeweide“ (Verse 8+9). Essen hat in der Heiligen Schrift die zweifache Bedeutung von Aneignung und Einsmachung. In Joh 6,51-57 betont der Herr, dass es unumgänglich ist, Sein Fleisch zu essen und Sein Blut zu trinken, um ewiges Leben zu haben und zu genießen. Joh 6 mit dem Mahl des Herrn in Verbindung zu bringen ist Torheit, denn zu der Zeit, als der Herr diese Worte sprach, war Sein Mahl noch gar nicht eingesetzt. Die Bedeutung dieser Stelle ist, dass Er nicht nur geschlachtet werden musste um den Bedürfnissen sündiger Menschen zu begegnen, sondern dass der Mensch Ihn in diesem Charakter sich selbst im Glauben aneignen muss. Daher auch die Worte des neuen Liedes im Himmel: „Du bist geschlachtet worden und hast für Gott erkauft, durch dein Blut…“ (Off 5,9). Die da voll Anbetung den Thron umgeben, erkennen an, dass all ihre Segnungen ihre Grundlage in dem Tod des Heilands haben. Das Essen des Volkes Israels von dem Lamm damals in Ägypten ist also ein Bild von unserem heutigen Aneignen des einmal geschlachteten Christus.

Aber da war noch mehr. Es war ausdrücklich untersagt, das Fleisch zu kochen oder es roh zu essen. Es musste am Feuer gebraten sein. Feuer ist in der Heiligen Schrift ein Bild der Heiligkeit Gottes im Gericht. Es genügt nicht für mich, zu wissen, dass Christus gestorben ist; es ist notwendig für mich, zu glauben, dass Er den Sühnungstod gestorben ist, nachdem Er zuvor das ganze Gericht Gottes, das meine Sünden erforderten, getragen hat. „Er selbst hat unsere Sünden an seinem Leib auf dem Holz getragen“ (1. Pet 2,24). Wenn ich mich so von dem am Feuer gebratenen Lamm nähre, dann gehe ich in gewissem Maß ein in das schreckliche Gericht, dass Christus als den Träger meiner Sünden getroffen hat, ein, und es wird mir bewusst, dass ich ohne Seine aufopfernde Liebe für ewig unter dem Zorn Gottes hätte bleiben müssen (Joh 3,36). Saulus von Tarsus hatte dort in Damaskus sicherlich ein tiefes Empfinden davon auf seiner Seele, als er drei Tage und drei Nächte weder essen noch trinken konnte (Apg 9,9).

Die bitteren Kräuter, die zu dem gebratenen Lamm gegessen werden mussten, reden von dem gleichen Grundsatz. Das Bewusst machen der Tatsache, dass Sünde - meine Sünde - in den Augen Gottes von solch außerordentlicher Schwere ist, dass sie durch nichts anderes als nur durch den Tod Christi gesühnt werden und ich nur dadurch vor dem ewigen Verderben gerettet werden konnte, ist in der Tat bitter - gerade mitten in diesen unvergleichlich beschämenden und betrübenden Umständen; obwohl andererseits das Wissen um die Erlösung schließlich und für alle Ewigkeit überschwängliche Freude bewirkt.

Alles, was von dem Passahlamm übrig blieb, sollte am Morgen verbrannt werden. Das Opfer sollte in aller Feierlichkeit in einer einzigen Nacht vollendet werden. „Und ihr sollt nichts davon übriglassen bis an den Morgen; und was davon bis an den Morgen übrig bleibt, sollt ihr mit Feuer verbrennen“ (Vers 10). Das Licht der Morgensonne sollte also keine Spur von dem geschlachteten Lamm mehr sehen. In gleicher Weise ist auch das Sühnungswerk Christi keine fortschreitende Sache, sondern vollendet. Es ist kein Prozess, welcher einmal abgeschlossen werden wird; es ist bestimmt und für alle Ewigkeit vollendet. Das kostbare Opfer vom Kreuz von Golgatha wird ewig für Gott und die Erlösten ein wohlriechendes und geheiligtes Denkmal sein; aber das Opfer selbst ist in der Vergangenheit geschehen und vollendet worden. Die Wirksamkeit dieses Opfers ist so göttlich groß, dass darüber hinaus nichts weiter gefordert oder angenommen wird. Für das leidende Lamm Gottes ist die dunkle Nacht des Gerichts vorüber, und Er lebt nun in der Herrlichkeit in dem ewigen Glanz der Gunst und Liebe Gottes.

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