Salomo und der Tempelbau

Der Bauplatz auf der Tenne

Salomo und der Tempelbau

Was mag wohl David, als er auf der Tenne Omans, des Jebusiters, stand, bewogen haben zu sagen: „Dieses hier soll das Haus des Herrn Gottes sein, und dies der Altar zum Brandopfer für Israel“ (1. Chr 22,1)? Er hatte darüber kein direktes Wort von Gott, aber David war ein Mann mit geistlichem Verständnis. Die an diesem Ort erfahrene vergebende Gnade Gottes hatte ihn verstehen lassen, dass es dem Gott Israels wohlgefallen würde, gerade an diesem Ort zu wohnen. Davids schwere Sünde der Volkszählung – vornehmlich um zu wissen, wieviel Kriegsleute er hatte – brachte das Gericht auf ihn herab. Seine aufrichtige Buße und seine Fürsprache für die armen, leidenden „Schafe“ veranlassten Gott, ihm einen Engel zu senden mit dem Auftrag, auf der Tenne Omans einen Altar zu errichten. Als der Rauch des Brandopfers zum Himmel emporstieg, antwortete Gott mit Feuer und gebot dem verderbenden Engel, das Schwert in die Scheide zu stecken (1. Chr 21,26.27). Dieses Dazwischentreten Gottes in Gnade ließ David verstehen, dass Gott dadurch Seine Wahl für den Ort des Heiligtums angedeutet hatte. Deshalb lesen wir auch, als der Tempelbau begonnen wurde: „Und Salomo fing an, das Haus des Herrn zu bauen in Jerusalem, auf dem Berge Morija, wo er seinem Vater David erschienen war, an dem Orte, den David bereitet hatte, auf der Tenne Omans, des Jebusiters“ (2. Chr 3,1).

Gott hat Gefallen daran, bei den Menschen zu wohnen, was aber nur auf dem Boden einer vollbrachten Erlösung möglich ist. In patriarchalischen Zeiten besuchte Er die Seinen und unterhielt Sich mit ihnen, jedoch suchte Er bei ihnen keinen Wohnplatz. Als er aber das Volk Israel auf Grund des Blutes des Lammes in Beziehungen zu Sich gebracht hatte, sagte er: „Sie sollen mir ein Heiligtum machen, dass ich in ihrer Mitte wohne“ (2. Mose 25,8). Nachdem dann Christus das große Erlösungswerk hier auf Erden vollbracht hatte und siegreich in den Himmel hinaufgestiegen war, kam der Heilige Geist hernieder, um für Gott mitten unter Seinen Heiligen eine „Behausung“ zu bauen (Eph 2,22). In Übereinstimmung mit diesem großen göttlichen Grundsatz sollte nun Salomo den Tempel des Herrn auf der Stelle bauen, wo das Opfer dargebracht und angenommen worden war. Es war ungefähr der gleiche Ort, wo einst Abraham seinen Sohn Isaak auf den Altar gelegt hatte (1. Mose 22,2).

Beachten wir auch, dass der Tempel auf der Tenne eines Heiden errichtet werden sollte! Ein anderer Heide, Hiram, der König von Tyrus, arbeitete freudigen Herzens sowohl mit David als auch mit Salomo zusammen an dem großen Werke (1. Kön 5). So lag es in den Gedanken des Gottes Israels, auch die Nationen an den Segnungen Seiner Gegenwart unter Seinem irdischen Volk teilhaben zu lassen. „Denn mein Haus wird ein Bethaus genannt werden für alle Völker“ (Jes 56,7). Ist das nicht ein vorzeitiger Hinweis auf die große, alle umfassende Gnade Gottes in den Tagen des Evangeliums?

Nicht umsonst gab uns der Heilige Geist im Neuen Testament vier Darstellungen über den Herrn Jesus. Jeder Evangelist hat, wie wir sicher alle wissen, einen besonderen ihm von Gott gegebenen Charakter. Als Ergebnis haben wir nun alles, was der Heilige Geist in Seiner Weisheit unserem begrenzten Aufnahmevermögen über dieses wunderbare Thema mitzuteilen für angebracht hielt (Joh 21,25). In der gleichen Weise geben uns die Bücher der Könige und Chronika zwei Beschreibungen über den Tempel. In den Büchern der Könige wird der Tempel als die Wohnstätte Gottes betrachtet, besonders in Bezug auf das Tausendjährige Reich. In den Chronika dagegen ist der Tempel mehr der Sitz der göttlichen Regierung und der Ort des Herzunahens für Gottes Volk. Das erklärt die Fortlassung des ehernen Altars und des Vorhangs in den Büchern der Könige, die beide den Büchern der Chronika vorbehalten sind. Die ringsum in den Wänden eingebauten Kammern sind charakteristische Merkmale im Buche der Könige. Diese Kammern waren für die Diener des Heiligtums bestimmt, denn Gott möchte gern Menschen bei Sich wohnen haben. Die Haltung der großen Cherubim im Allerheiligsten, deren Angesichter dem Hause zugewandt waren, als wollten sie gern nach draußen sehen, wird nur in Chronika erwähnt. Das scheint anzudeuten, dass nach der Errichtung des Reiches durch den größeren Sohn Davids die Gerechtigkeit nicht länger im Gericht, sondern zum Segen der Menschen umherschauen will. Der aufmerksame Leser wird noch andere Unterschiede zwischen den beiden Beschreibungen des Tempels entdecken.

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