Der verheißene König und sein Reich
Kommentar zum Matthäus-Evangelium

Einleitung

Der verheißene König und sein Reich

Das Wort „Evangelium“ bedeutet „gute Botschaft“. In der Tat ist die Botschaft von dem  vollkommenen Heiland, der als Ausdruck der Liebe Gottes zu den Menschen gekommen ist, eine gute Botschaft.

Unsere Leser wissen, dass es vier Evangelien gibt, die alle das Leben des Herrn Jesus auf der Erde schildern. Man könnte fragen: Warum hat Gott uns vier inspirierte Schriften gegeben, die das Leben seines geliebten Sohnes in dieser Welt beschreiben? Hätte nicht ein einziger Bericht ausgereicht? Die Antwort ist einfach: Der Herr sollte uns in seinen verschiedenen Charakteren dargestellt werden. Ein einziger Bericht konnte dem Geist Gottes nicht genügen, um den in seinen verschiedenen Herrlichkeiten zu beschreiben, von dem auch die Propheten schon geredet haben. Er war gleichzeitig der den Juden verheißene Messias, der Sohn Davids, Emmanuel (Gott mit uns), der Knecht und Prophet, der Sohn des Menschen, und, obwohl Er der Same der Frau war, so war Er doch zugleich auch der Sohn Gottes, ja Gott selbst. Um eine so herrliche Person zu offenbaren waren vier Berichte nötig, die Ihn in den vier Charakteren vorstellen, von denen schon die Propheten geredet haben.

  • Matthäus stellt den Herrn als Messias vor uns, wie Er den Juden verheißen war. Er wird im ersten Vers „Jesus Christus, Sohn Davids, Sohn Abrahams“ genannt.
  • Markus erzählt das Leben des Herrn entsprechend Seinem Charakter als Prophet und  Knecht, von dem unter anderem Jesaja geredet hatte (Jes 42,1; 49,3-6; 52,13; 53,11). Der Psalm 40  zeigt Ihn als den, der in der Versammlung Israels die Gerechtigkeit verkündet (Ps 40,9.10). Mose kündete einen Propheten an, den der HERR dem Volk erwecken würde (5. Mo 18,15). Messias und Knecht, das sind schon zwei Wesenszüge des Herrn, die bereits im Alten Testament einen großen Platz einnehmen.
  • Lukas stellt Ihn uns in einer dritten herrlichen Eigenschaft vor: als den Sohn des Menschen, als den Menschen nach dem Ratschluss Gottes. Der erste Mensch, Adam, hatte durch seine Sünde das Recht auf alles verloren - ausgenommen auf das Gericht. Der zweite Mensch, der Same der Frau - was Adam nicht war, weil er nicht von einer Frau geboren war - erbt auf Grund der Erlösung alles, was der erste Mensch verloren hat. Der HERR musste sterben, um dadurch alles zu erkaufen. Ihm, dem vollkommenen Menschen, gebührt die Herrlichkeit und die Herrschaft über die ganze Schöpfung (Ps 8,3-9; Dan 7,13.14).
  • Dann sollte unser Herr aber noch in seinem herrlichsten Charakter, als Sohn Gottes beschrieben werden, ohne den die drei anderen nicht ihre vollkommene Verwirklichung gefunden hätten. Denn der Messias, der Knecht, der Sohn des Menschen, musste zugleich der Sohn Gottes sein, Gott offenbart im Fleisch, der Schöpfer des Himmels und der Erde, der das Licht und das Leben der Menschen ist (Joh 1,4). Der Apostel Johannes stellt uns den Herrn als Sohn Gottes auf der Erde vor.

Diese wenigen Worte mögen dem Leser helfen, die wichtigen Gründe zu erkennen, die Gott veranlassten, vier Berichte schreiben zu lassen, um seinen viel geliebten Sohn den Menschen vorzustellen. Es sollte jeder verstehen, wie widersinnig es ist, aus diesen vier Berichten einen einzigen zu machen, wie einige es versucht haben und dabei behaupten, dass die Evangelien dadurch verständlicher würden. Aber damit beseitigen sie nur die charakteristischen Unterschiede der verschiedenen Berichte. Zugleich streichen sie Stellen, die angeblich Widersprüche enthalten sollen. Die so etwas tun, haben nicht verstanden, dass die Evangelien inspirierte Beschreibungen verschiedener Herrlichkeiten des Herrn Jesus sind.

Die Schreiber der Evangelien wurden durch den Geist Gottes geleitet und stützten sich nicht auf ihr Gedächtnis. Die Tatsachenberichte, die Wunder und die Gleichnisse sind in den einzelnen Evangelien so zusammengestellt, dass die Charakterzüge des Herrn deutlich hervortreten. Die vorhandenen Unterschiede haben also ihren guten Grund. Nicht alles, was der Herr in Vollkommenheit getan oder gesagt hat, war zur Darstellung der Wahrheit über seine Person notwendig. Was zu dem einen Bericht dazugehörte, das konnte beim anderen Bericht wegfallen.

Hierzu ein Beispiel:

  • Matthäus berichtet die Geburt des Messias, des Königs der Juden. Die Magier, als Männer eines königlichen Hofes, kommen, um einem König zu huldigen; Sie bringen Ihm Geschenke: Gold, Weihrauch und Myrrhe. Das alles passt zu dem Charakter eines Königs.
  • Markus aber spricht überhaupt nicht von seiner Geburt, da er den Herrn als Knecht beschreibt. Die Geburt und Abstammung eines Knechtes braucht man nicht zu kennen. Man erwartet von einem solchen nur die Erfüllung seines Dienstes.
  • Lukas dagegen beschreibt viele Einzelheiten der Geburt des Sohnes des Menschen, des Samens der Frau, der in tiefster Erniedrigung in diese Welt eintritt. Einfache Hirten beten Ihn bei der Krippe an. Die Engel, die seine Geburt feierlich verkündigen, rufen aus: „Herrlichkeit Gott in der Höhe und Friede auf Erden, an den Menschen ein Wohlgefallen“ (Lk 2,14). Das alles, wie noch manche andere Einzelheit, steht in vollkommenem Einklang mit dem Charakter des Sohnes des Menschen.
  • Wäre es im Evangelium nach Johannes angebracht, von seiner Abstammung oder seiner Geburt zu reden, da der Gegenstand dieses Evangeliums der Sohn Gottes ist? Durchaus nicht! „Im Anfang war das Wort und das Wort war Gott“ (Joh 1,1). Wenn es sich um seine Gegenwart inmitten der Menschen handelt, drückt sich Johannes so aus: „Und das Wort wurde Fleisch und wohnte unter uns, und wir haben seine Herrlichkeit angeschaut, eine Herrlichkeit als eines Eingeborenen vom Vater“ (Joh 1,14). Keine Einzelheit dieser Berichte kann also durch Einzelheiten aus einem anderen Evangelium ersetzt werden, sonst würde alles unklar. Durch alle vier Evangelien hindurch ist es so, wenn es auch nicht immer leicht zu erkennen ist.
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