Ährenlese im Neuen Testament (Offenbarung)

Kapitel 9-13

Ährenlese im Neuen Testament (Offenbarung)

Offenbarung 9,1–21

Gewisse Ausleger haben diesen Kapiteln die phantasievollsten Deutungen gegeben, indem sie sich bemühten, die Prophezeiungen mit zeitgenössischen Ereignissen in Einklang zu bringen. Wir wollen uns jedoch daran erinnern, dass dieser ganze dritte Teil der Vision des Johannes noch zukünftig ist. Er betrifft nur die Zeitspanne von einigen Jahren, die das Kommen des Herrn für seine Versammlung von dem Beginn des Tausendjährigen Reiches trennt.

Die fünfte Posaune – oder das erste «Wehe» – lässt aus dem Abgrund einen entsetzlichen Heuschreckenschwarm frei: direkte Werkzeuge Satans, welche die gottlosen Juden mit einer Qual bestrafen, die schlimmer ist, als der Tod. Bei der sechsten Posaune erscheinen phantastische Rosse, die Feuer, Rauch und Schwefel speien, und so auf ihrem Weg den Tod säen. Ihre Reiter tragen Panzer (Verse 9,17), das Bild verhärteter Gewissen (1. Timotheus 4,2). Gleichzeitig stellen die Stacheln und Schwänze, die Skorpionen (Vers 10) oder Schlangen (Vers 19) gleichen, die lügenhaften und verderblichen Lehren dar, hinterlistige Waffen, deren sich Satan mehr als je bedienen wird (vergleiche Jesaja 9,15).

Der Gebrauch einer Posaune, um diese Gerichte anzukündigen, gibt ihnen den Charakter von Warnungen an die Menschen. Aber die Herzen sind so hart, dass selbst diese noch nie dagewesenen Katastrophen sie nicht zur Busse leiten werden (Verse 20,21).

Offenbarung 10,1–11,3

Von Kapitel 10,1–11,13 haben wir eine Einschaltung zwischen der sechsten und siebten Posaune, wie das 7. Kapitel zwischen dem sechsten und siebten Siegel eingeschoben wurde. Christus erscheint wieder unter dem Aspekt «eines anderen Engels», hier auch begleitet von Zeichen der Gnade. Die Wolke, in die Er sich hüllt, und die Feuersäulen, auf denen Er steht, erinnern an die Fürsorge Gottes gegenüber Israel in der Wüste (2. Mose 13,21.22). Der Regenbogen (vergleiche Kapitel 4,3) spricht von dem Bund Gottes mit der Erde (1. Mose 9,13). Damit wird indirekt an seine Verheissungen erinnert. Aber Christus besitzt auch die Merkmale der Autorität: sein Angesicht gleicht der Sonne, und Er fordert seine Rechte als Eigentümer der Erde zurück. In seiner Hand hat Er ein geöffnetes Büchlein, das eine kurze Periode der Prophetie darstellt, die schon im Alten Testament geoffenbart war. Es handelt sich um die zweite «Halbwoche» der grossen Drangsal (Daniel 9,27), während welcher Gott noch den Tempel anerkennt, den Altar und «die darin anbeten». Es ist bemerkenswert, dass diese dreieinhalb Jahre in Monaten (42) angegeben werden, um von der Bedrängnis zu sprechen (Kapitel 11,2), aber auch in Tagen (1260), um das Zeugnis eines treuen Ueberrests zu messen. Gott hat jeden einzelnen dieser Tage gezählt und weiss, was er an Mut darstellt und wieviel Leiden er umfassen soll (Psalm 56,8).

Offenbarung 11,4–19

Die zwei Zeugen stellen das vollständige Zeugnis des frommen Ueberrests in der letzten Drangsal dar. Sie stellen sich unter dem Charakter des Elia und Mose vor, die beide in finsteren Zeiten der Geschichte Israels die Verantwortung eines gottgemässen Zeugnisses übernahmen. Als Antwort auf das Gebet des Elia blieb der Himmel während 3'/2 Jahren verschlossen, d.h. es regnete nicht (Vers 6; Jakobus 5,17; vergleiche Vers 5 mit 2. Könige 1,10.12). Und Mose seinerseits erhielt Gewalt, die Wasser in Blut zu verwandeln (Leben in Tod: 2. Mose 7,19) und die Erde mit allerlei Plagen zu schlagen. Diese treuen Zeugen werden in Jerusalem durch das «römische Tier» getötet werden, aber der Gedanke, dass vor ihnen an diesem gleichen Ort «ihr Herr gekreuzigt wurde», tröstet sie (Lukas 13,33.34). Und zur Bestürzung ihrer Verfolger wird ihrem Märtyrertod eine allen sichtbare und Aufsehen erregende Auferstehung folgen.

Schliesslich ertönt die Posaune für das letzte Wehe. Mit ihm sind zwei Dinge gekommen: die Herrschaft des Herrn (Vers 15b) und auch sein Zorn (Vers 18; Psalm 110,5). In Kapitel 6,17 glaubten die von Schrecken erfüllten Menschen, dass der Zorn des Lammes gekommen sei. Aber er war bis zu dem Moment, wo Christus die Herrschaft der Welt antreten wird, zurückgehalten worden. Dann bricht der Himmel in einen Triumphgesang aus; die Heiligen fallen auf ihre Angesichter und beten an. Der, der gekreuzigt worden war (Vers 8b) herrscht nun für immer (Lukas 1,33).

Offenbarung 12, 1–17

Dieser weitere Teil wird durch den 19. Vers des 11. Kapitels eingeleitet. Die Lade des Bundes erscheint als Zeichen der Gnade vor den Gerichten über Israel. Dieses Volk ist es (das wir in dieser Szene unter dem Symbol der schwangeren Frau, mit der Sonne bekleidet, sehen) in welchem der Messias geboren werden musste und erregt daher den wütenden Hass Satans, des grossen, feuerroten Drachens. In der Bibel sehen wir, dass sich diese Feindschaft zwischen dem Samen der Frau und der «alten Schlange» (Vers 9), die schon beim Sündenfall angekündigt wurde, durch alle Zeiten hindurch fortgesetzt hat (siehe 1. Mose 3,15; 2. Mose 1,22; 2. Könige 11,1; Matthäus 2,16 ff.). Vergeblich hat der Teufel seine Kräfte konzentriert, um zu verhindern, dass sich durch die Geburt und die Erhöhung des Herrn Jesus die Ratschlüsse Gottes erfüllen. Christus und seine himmlischen Heiligen -das Kind, das zu Gott entrückt wurde sind jetzt ausserhalb seiner Reichweite. Zudem wird Satan bald aus dem Himmel auf die Erde geworfen (lies Lukas 10,18 und Römer 16,20), wo sich seine ohnmächtige Wut gegen den Ueberrest Israels entfesseln wird. Dieser Ueberrest wird sich dadurch auszeichnen, dass er die Gebote Gottes hält (Vers 17b). Was war für Christus und was ist heute für uns das Geheimnis der Macht und des Sieges über den Bösen? Es ist das Wort Gottes, das in unseren Herzen wohnt (Psalm 17,4; Matthäus 4,4; 1. Johannes 2,14b).

Offenbarung 12,18–13,18

Auf die Erde geworfen, nützt der Teufel seine «kurze Zeit» aus. Er braucht zwei Werkzeuge, zwei «Tiere», ein Ausdruck, der uns zeigt, dass sie keinerlei Verbindung zu Gott haben. Das erste (Vers 1) entspricht dem wiedererstandenen römischen Reich. Es wird die Charakterzüge der drei vorangegangenen Reiche in sich vereinigen: die Schnelligkeit des Pardels (Griechenland), die Zähigkeit des Bären (Persien) und die Gier des Löwen (Babylon, siehe Daniel 7,4–6). Jesus hatte in der Wüste das Angebot der Reiche der Welt abgelehnt. Satan gibt sie nun dem römischen Kaiser und wird dafür von der ganzen Welt angebetet (Vers 4, Lukas 4,5–8).

Das zweite Tier ist eine Nachahmung des Lammes – aber seine Sprache verrät, wer es ist. Es ist der Antichrist, der die religiöse Macht ausüben, Wunder tun, und das erste Tier unterstützen wird. Die Menschenmengen, die es verführt, werden wie Vieh mit dem Malzeichen des römischen Tieres markiert sein. Sie werden die, «die auf der Erde wohnen», genannt (Verse 8,14; Kapitel 3,10; 6,10; 8,13; 11,10), weil sie dort alle ihre Interessen, ihr ganzes Sinnen und Trachten haben. Wie zahlreich ist diese Klasse Menschen schon heute! Der 6. Vers erwähnt im Gegensatz dazu jene, «die im Himmel wohnen» (Philipper 3,19.20). Lasst uns als Christen unzweideutig zeigen, wo «unser Wohnort» ist (Hebräer 11,14)!

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