Jesaja 53 - Ein Dialog

Verachtet, verlassen, einsam

Weiter heißt es in Vers 3: „Er war verachtet und verlassen von den Menschen“, zu deren Rettung Er gekommen war. Nach der Anmerkung heißt „Menschen“ eigentlich Männer. Das bedeutet: Gerade von den hochgestellten Männern in Israel war Er verachtet. Die hochgestellten Pharisäer sagen in Johannes 9,24: „Wir wissen, dass dieser Mensch ein Sünder ist.“ In Lukas 7,36 war der Herr Jesus im Haus eines hochgestellten Mannes und legte sich zu Tisch. Aber dieser Mann lässt die einfachsten Regeln der Gastfreundschaft außer Acht. Da kam eine Sünderin in dieses Haus. Sie bringt ein Alabasterfläschen und benetzt die Füße des Herrn mit ihren Tränen und salbt sie und trocknet sie ab. Später musste Er zu dem Pharisäer sagen: Du hast meine Füße nicht gereinigt, sie aber hat sie mit ihren Tränen benetzt.

Es gibt noch sehr viele Stellen, wo gerade die hochgestellten Leute in Israel ihre Verachtung gegenüber dem Herrn Jesus zum Ausdruck bringen, so z.B. Psalm 69,13: „Die im Tor sitzen, reden über mich, und ich bin das Saitenspiel der Zecher.“ Die Menschen, die im Tor saßen, das waren die Beamten in Israel, die Recht sprachen. In den Toren der Stadt saß die Gerichtsbarkeit. Was redeten sie wohl über Ihn? Sicher nichts Gutes. Das Volk urteilt in Matthäus 11,19: „Siehe, ein Fresser und Weinsäufer“. Außerdem war er das Saitenspiel der Zecher.

Aber Er war nicht nur verachtet von den Menschen, sondern Er war auch von ihnen verlassen. Das drückt der Geist Gottes u.a. in folgenden Stellen aus:

  • Psalm 102,7: „Ich gleiche dem Pelikan der Wüste, bin wie die Eule der Einöden.“ Der Pelikan ist ein Wasservogel. In der Wüste ist er also einsam. Auch die Eule der Einöden weist auf Einsamkeit hin.
  • Psalm 102,8: „… bin wie ein einsamer Vogel auf dem Dach.“
  • Psalm 142,5: „verloren ist mir jede Zuflucht, niemand fragt nach meiner Seele.“
  • Klagelieder 1,21: „Ich habe niemand, der mich tröstet.“

Er war verlassen von den Menschen. Können wir das etwas nachempfinden? Wenn wir niemand haben, niemand, der ein Wort für uns hat. So verlassen, so einsam war unser Herr. Vielleicht gab es nur eine Frau, die ihn wirklich verstand, Maria von Bethanien. Sie hatte ein Empfinden für die Bedürfnisse des Herrn Jesus, für seine inneren Überlegungen.

Der Schmerzensmann

„Ein Mann der Schmerzen und mit Leiden vertraut.“ Von der Krippe bis zum Kreuz ein Mann der Schmerzen. Er litt nicht nur körperlich, sondern vor allem seelisch. In einem Gedicht mit der Überschrift „Der Mann der Schmerzen“ beschreibt Bruder Darby in 48 Strophen den Leidensweg des Herrn Jesus 1. Wenn man das liest, ist man zutiefst betroffen, besonders wenn man daran denkt: „Das hat Er für mich getan. Für mich gingst Du nach Golgatha! Du hast mich so geliebt!“ Stimmt das unsere Herzen nicht zu Dank und Anbetung? Oder haben wir uns schon so sehr daran gewöhnt, dass wir unberührt bleiben? Niemals hat je ein Mensch so in seiner Seele über die Folgen der Sünde gelitten wie der Herr Jesus. „Wie einer vor dem man das Angesicht verbirgt.“ Das war im Orient der Ausdruck einer ganz besonderen Verachtung. Ein solcher Ausdruck war für die Übrigen unerträglich. Wenn der Herr Jesus trauerte, tief im Geist über die Sünde erschüttert war, dann haben sich andere eines solchen Ausdrucks geschämt. Im Buch Esther lesen wir, dass niemand vor dem König traurig sein durfte. Einer solchen Person entledigte man sich. Sie war es nicht mehr wert, angeschaut zu werden. Selbst seine eigenen Brüder nahmen nach Markus 6,3 Anstoß an Ihm.

Dann wird noch einmal gesagt: „Er war verachtet und wir haben ihn für nichts geachtet“. Übrigens haben die Menschen Ihn nicht nur im Herzen verachtet, sie haben auch durch Worte und Taten ihrer Verachtung Ausdruck verliehen, indem sie Ihn anspien und schlugen und geißelten und verspotteten. Dann heißt es noch „und wir haben ihn für nichts geachtet“. Wenn wir in Vers 3 am Anfang vorwiegend die Haltung der Führer des Volkes sehen, der hochgestellten Männer, sehen wir jetzt, dass nicht nur sie, sondern alle Ihn für nichts geachtet haben. „Wir“ sagt der Überrest. Da schließt er alle ein. Wir lesen das in Kapitel 49,7 sehr deutlich: „So spricht der HERR, der Erlöser Israels, sein Heiliger, zu dem von jedermann Verachteten“. Das war unser Herr. Wie stehen wir zu diesem Heiland? An unserer Antwort darauf werden wir einmal gemessen werden. Stehen wir immer noch nicht zu Ihm, wie das damalige Volk, wie die Menschen im Allgemeinen, oder ist Er auch für uns derjenige, der auch die Wonne unserer Herzen ist, an dem auch wir unsere ganze Freude gefunden haben?

Fußnoten

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