Gedanken über das Buch Jona

Kapitel 2

In Kapitel 1 wird berichtet, daß Jehova einen heftigen Sturm auf das Meer warf, um Jona zur Erkenntnis seiner Schuld zu bringen. Jetzt heißt es: „Und Jehova bestellte einen großen Fisch, um Jona zu verschlingen“ (V. 1). Gott macht dem Propheten nicht den Garaus, Er schickt den Fisch zu Seiner Rettung und gibt ihm die gesegnete Unterweisung, daß er, der Jude, die Gnade ebenso nötig hatte wie die Heiden.

Jona mußte die Erfahrung von Psalm 107, 25-28 machen. Es ist die Güte Gottes, die zur Buße leitet. Er wartete nicht, bis Jona von selbst zur Einkehr kam, Er redete mit ihm auf dem Schiffe und redet jetzt zu ihm im Fische. „Denn wen der Herr liebt, den züchtigt er; er geißelt aber jeden Sohn, den er aufnimmt.“ Wenn wir dies festhalten, lernen wir in der Zucht Gottes bald, nicht auf die Rute zu blicken, sondern auf Den, der sie führt. „Erkenne ihn auf allen deinen Wegen!“

„Und Jona war im Bauche des Fisches drei Tage und drei Nächte“ (V. 1). Hinsichtlich Israels werden wir erinnert an Hosea 6: „Kommt und laßt uns zu Jehova umkehren; denn er hat zerrissen und wird uns heilen, er hat geschlagen und wird uns verbinden. Er wird uns nach zwei Tagen wieder beleben, am dritten Tage uns aufrichten; und so werden wir vor seinem Angesicht leben.“ Die drei Tage reden von Tod und Auferstehung. Das Fleisch ist zu nichts fähig, was Gott gebrauchen kann, darum bleibt ihm nur das Todesurteil. Auch Israel als Träger des Zeugnisses mußte dies erfahren. Es ist als solches völlig verworfen. Der treue Überrest wird durch die Wiedergeburt erneuert werden und so, gleich den Nationen, ein Gegenstand der Gnade sein (Röm. 3, 30). „Deine Toten werden aufleben, meine Leichen wieder erstehen ... Die Erde wird die Schatten auswerfen“ (Jes 26, 19). Das ist die Zukunft Israels nach der Zeit der Züchtigung und Drangsal. Mit dem dritten Tag bricht die Segnung an.

Jona ist auch ein Vorbild von Christus in Seiner Verwerfung und Seinem Tode; der Herr selbst redet davon. „Gleichwie Jona drei Tage und drei Nächte in dem Bauche des großen Fisches war, also wird der Sohn des Menschen drei Tage und drei Nächte in dem Herzen der Erde sein“ (Mt 12, 40). Sein Weg dahin war jedoch ein freiwilliger. Er begab sich auf den Boden des verworfenen Volkes und ließ das Gericht Gottes über sich ergehen, um Sühnung zu tun für die Sünden des Volkes. Weil Er diesen Platz einnahm, kann Gott einst Seinem Volke nach den Wassern der Trübsal alle Seine Ratschlüsse und Verheißungen des Segens in Gnaden wahrmachen.

In dem Gebet Jonas finden wir auch manches, was, wie z. B. in Psalm 42, Ausdruck der Empfindungen des Überrestes unter dem Gericht Gottes ist. Doch ihre volle Bedeutung haben diese Worte in bezug auf den Herrn selbst im Blick auf den Platz, wo Er dessen Sünden auf dem Holze trug.

„Und Jona betete zu Jehova, seinem Gott, aus dem Bauche des Fisches.“ Solange er auf dem Wege der Untreue war, hören wir nicht, daß er betete. Sein Angesicht hatte sich von Jehova abgewandt. Die Folge war ein Zustand der Sorglosigkeit und des Schlafes, und daß die Hand Jehovas sich auf ihn legte.

Das wollen wir uns merken: Auf dem Wege des Ungehorsams hat man keine Gemeinschaft, betet man nicht mehr, verliert jede Empfindung und alle Kraft, hat keine Freude und ist völlig unfähig zum Zeugnis. David beschreibt einen solchen Zustand in Psalm 32, der seine Wendung nahm, als er sagte: „Ich will Jehova meine Übertretungen bekennen.“ Der „Rettungsjubel“, der David nach seinem Bekenntnis umgab, findet auch in dem Gebet Jonas seinen Ausdruck in den Worten: „Bei Jehova ist die Rettung.“ Zu allen Zeiten ist dies der Weg zur Wiederherstellung und Heilung. „Ein zerbrochenes und zerschlagenes Herz wirst du, Gott, nicht verachten.“

Im Bauche des Fisches fand Jona sein Gebetskämmerlein, als die Wehen des Todes ihn umgaben. Sein Angesicht ist jetzt auf Den gerichtet, den er so treulos verlassen hatte, der ihm aber allein helfen konnte. Gesegnete Wirkung der Züchtigung, wenn die Seele ihre Abhängigkeit anerkennt und sich unter die gewaltige Hand Gottes beugt! Jakobus sagt: „Leidet jemand unter euch Trübsal? er bete.“ Jonas Gebet klingt fast wie ein Psalm, es enthält auch manche Worte aus den Psalmen, die dort der Ausdruck anderer in ähnlichen Umständen sind. Wie schön, daß Gottes Wort eine Fundgrube von Aussprüchen ist, die wir zur gegebenen Zeit zu unseren eigenen Worten machen dürfen!

„Ich rief aus meiner Bedrängnis zu Jehova, und er antwortete mir; ich schrie aus dem Schoß des Scheols, du hörtest meine Stimme“ (V. 3). Welche Ermunterung für jede Seele, die Tage der Züchtigung durchlebt! Man hat keinen Mut mehr zu beten und zu hoffen, man möchte sagen: „Wird der Herr auf ewig verwerfen, und hinfort keine Gunst mehr erweisen? Ist zu Ende seine Güte für immer? ... Hat Gott vergessen gnädig zu sein? Hat er im Zorn verschlossen seine Erbarmungen?“ (Psalm 77). Nein, Seine Liebe bleibt stets dieselbe, ob wir in Sünde gefallen sind oder im Lichte Seines Angesichtes wandeln. Gerade diese Liebe veranlaßt Ihn, Seine Hand auf den Irrenden zu legen. Er wartet nur darauf, daß wir zu Ihm zurückkehren und Ihn anrufen. Er hört und antwortet.

„Denn du hattest mich in die Tiefe, in das Herz der Meere geworfen“ (V. 4). Der gedemütigte und bußfertige Jona sieht nur den Herrn und erkennt Seine Zucht an. Er spricht nicht von den Begleitumständen, dem Sturm und den Seeleuten, er fühlt die Hand des Herrn, der ihn in die Tiefe geworfen hat. So kommt es zu wahrer Wiederherstellung, und das gebeugte Herz kann dann die Erbarmungen Gottes erfahren.

„Alle deine Wogen und deine Wellen fuhren über mich hin“ (V. 4). Das wird auch die Sprache des aus der Drangsalszeit hervorgehenden Überrestes Israels sein. Psalm 88, der mit den Worten beginnt: „Jehova, Gott meiner Rettung! des Tages habe ich geschrieen und des Nachts vor dir“, bringt diese Gefühle in ergreifender Weise zum Ausdruck, und der Herr selbst hat dies in Seinen sühnenden Leiden in ganz besonderer Weise durchkostet. Die Tiefe, das Meer, die Wellen, die Wasser sind Bilder des Gerichtes, für den Propheten natürlich Wirklichkeit. Er spricht darüber in seinem Gebet und blickt doch hoffnungsvoll zu Gottes heiligem Tempel, indem er auf Gnade rechnet.

„Die auf nichtige Götzen achten, verlassen ihre Gnade“ (V. 9). Die heidnischen Seeleute hatten das getan. Sie riefen ihre Götter an, ohne eine Antwort zu bekommen, und Jona hatte Den verlassen, der Güte und Gnade ist. Es war Gottes Güte, die ihn durch Wege der Zucht zur Buße leitete, und Gnade, die auf sein Rufen antwortete. Soll der „Gott aller Gnade“ mit uns sein, so dürfen wir Ihn nicht verlassen. Johannes sagt warnend: „Kinder, hütet euch vor den Götzen!“

Wie groß wird einst Israel die Gnade werden, wenn auf die Frage: „Was sind das für Wunden in deinen Händen?“ die Antwort folgen wird: „Es sind die Wunden, womit ich geschlagen worden bin im Hause derer, die mich lieben“ (Sach 13, 6)! Dann wird diese Gnade das Lob auf die Lippen legen, womit Jona sein Gebet beschließt: „Ich aber werde dir opfern mit der Stimme des Lobes.“ Nur die Gnade kann den Mund zu Lob und Dank öffnen.

„Was ich gelobt habe, werde ich bezahlen“ (V. 10). Es wird uns nicht gesagt, was Jona gelobt hat, doch können wir uns denken, daß es mit seiner Untreue zu tun hatte und sein Vorsatz war, fortan Treue zu beweisen, auch hinsichtlich des Auftrages an Ninive.

„Bei Jehova ist die Rettung.“ Alle, welche die rettende oder wiederherstellende Gnade geschmeckt haben, werden von Herzen ihr Ja hierzu geben, ebenso einst Israel nach durchstandener Drangsal, wenn der Herr die Wasser der Trübsal in den Wein der Freude umwandelt. „An jenem Tage wird man sprechen: Siehe da, unser Gott, auf den wir harrten, daß er uns retten würde; da ist Jehova, auf den wir harrten! Laßt uns frohlocken und uns freuen in seiner Rettung!“ (Jes 25, 9).

„Und Jehova befahl dem Fische, und er spie Jona an das Land aus“ (V. 11). Das Gericht war beendet, ein neuer Jona steht auf dem Lande, um jetzt beauftragt zu werden mit der Botschaft an Ninive. Wir haben uns bereits daran erinnert, daß der Herr in Matthäus 12 Jona zum Gleichnis nimmt und sagt: „Also wird der Sohn des Menschen drei Tage und drei Nächte in dem Herzen der Erde sein.“ Der treue und wahrhaftige Zeuge tritt jetzt in Jona vor unsere Blicke. Israel, völlig unfähig, das Gefäß des Zeugnisses der Gerechtigkeit zu sein, ist beiseite gesetzt worden, und der Auferstandene ist es, der das Zeugnis abzulegen vermag.

„Mehr als Jona ist hier.“ Christus ist „der treue Zeuge“ und „der Erstgeborene der Toten“ (Off. 1, 5). Er ging freiwillig in den Tod; aber wie hätte Er, der die Macht des Lebens hatte, von diesem gehalten werden können? Er hat die Schranken des Todes durchbrochen in der Kraft Seines Lebens, doch Er wird uns auch vorgestellt als Der, „den Gott auferweckt hat aus den Toten“.

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