Einführung in das Studium der Prophetie

Schluss

Welche Auswirkungen soll die Erwartung des Herrn in unserem Leben haben?

Freude. Die Aussicht, bald zu unserem geliebten Herrn und Heiland entrückt zu werden, den Prüfungen der gegenwärtigen Zeit enthoben zu sein und auf ewig in die himmlische Herrlichkeit eingeführt zu werden, ist ein köstlicher Gegenstand der Freude für den Erlösten. «Denn unser Bürgertum ist in den Himmeln, von woher wir auch den Herrn Jesum Christum als Heiland erwarten, der unseren Leib der Niedrigkeit umgestalten wird zur Gleichförmigkeit mit seinem Leibe der Herrlichkeit» (Phil 3,20–21). «Indem wir erwarten die glückselige Hoffnung und Erscheinung der Herrlichkeit unseres grossen Gottes und Heilandes Jesus Christus» (Tit 2,13). «Indem ihr die Barmherzigkeit unseres Herrn Jesus Christus erwartet zum ewigen Leben» (Jud 21). «Jesus Christus; welchen ihr, obgleich ihr ihn nicht gesehen habt, liebet; an welchen glaubend, obgleich ihr ihn jetzt nicht sehet, ihr mit unaussprechlicher und verherrlichter Freude frohlocket, indem ihr das Ende eures Glaubens, die Errettung der Seele, davontraget. … Freuet euch, auf dass ihr auch in der Offenbarung seiner Herrlichkeit mit Frohlocken euch freuet» (1. Pet 1,8–9; 4,13).

Zu der Freude, von den Prüfungen dieser Erde befreit zu sein, die Gegenwart des Herrn zu geniessen und Seine Herrlichkeit zu teilen, kommt für die Erlösten noch eine weitere hinzu, nämlich die, mit allen Geliebten vereint zu werden, die ihnen in die ewigen Hütten vorangegangen sind. «Auf dass ihr euch nicht betrübet wie auch die übrigen, die keine Hoffnung haben. Denn wenn wir glauben, dass Jesus gestorben und auferstanden ist, also wird auch Gott die durch Jesum Entschlafenen mit ihm bringen ... Darnach werden wir, die Lebenden, zugleich mit ihnen entrückt werden in Wolken dem Herrn entgegen in die Luft ... So ermuntert nun einander mit diesen Worten» (1. Thes 4,13 ff).

Die Gewissheit der Wiederkunft Christi erfüllt die Herzen derer, die für Ihn gelitten haben, mit einer ganz besonderen Freude. «Glückselig seid ihr, wenn die Menschen euch hassen werden, und wenn sie euch absondern und schmähen und euren Namen als böse verwerfen werden um des Sohnes des Menschen willen; freuet euch an selbigem Tage und hüpfet, denn siehe, euer Lohn ist gross in dem Himmel» (Lk 6,22–23). «Ihr habt ... den Raub eurer Güter mit Freuden aufgenommen, da ihr wisset, dass ihr für euch selbst eine bessere und bleibende Habe besitzet» (Heb 10,34)

Aber mit der nahen Wiederkunft des Herrn ist für den Gläubigen auch eine grosse Verantwortung verbunden. In der Tat, es handelt sich darum, dass der Herr uns bei Seiner Rückkehr nicht schlafend findet, noch in die Sünde verstrickt oder in die Dinge dieser Welt verwickelt. Aus dieser dreifachen Gefahr erwächst eine dreifache Verantwortung, nämlich

- wachsam zu sein,

- eine fortwährende Heiligung zu verwirklichen, – dem Herrn eifrig und treu zu dienen.

Wachsamkeit. Der Christ, der den Herrn wirklich erwartet, gleicht einem Soldaten, der sich mit seiner Truppe im Alarmzustand befindet. Wie diese Truppe bereit ist zum Handeln, sobald zu den Waffen gerufen wird, so hält dieser Christ sein Ohr offen, um den Ruf: «Siehe, der Bräutigam!» zu vernehmen, sobald er in der Nacht erschallt. Wachet, seid bereit! So lautet die Parole, die jedem von uns gegeben ist. «Da wir die Zeit erkennen, dass die Stunde schon da ist, dass wir aus dem Schlaf aufwachen sollen – denn jetzt ist unsere Errettung näher, als da wir geglaubt haben: Die Nacht ist weit vorgerückt, und der Tag ist nahe. Lasst uns nun die Werke der Finsternis ablegen und die Waffen des Lichts anziehen» (Röm 13,11–12). «Wachet also, denn ihr wisset nicht, zu welcher Stunde euer Herr kommt ... Deshalb auch ihr, seid bereit; denn in der stunde, in welcher ihr es nicht meinet, kommt der Sohn des Menschen» (Mt 24,42+44). «Sehet zu, wachet und betet; denn ihr wisset nicht, wann die Zeit ist» (Mk 13,33). «Es seien eure Lenden umgürtet und die Lampen brennend; und ihr, seid Menschen gleich, die auf ihren Herrn warten, wann irgend er aufbrechen mag von der Hochzeit, auf dass, wenn er kommt und anklopft, sie ihm alsbald aufmachen. Glückselig jene Knechte, die der Herr, wenn er kommt, wachend finden wird! ... Auch ihr nun, seid bereit; denn in der Stunde, in welcher ihr es nicht meinet, kommt der Sohn des Menschen» (Lk 12,35 ff).

Die Lenden umgürtet haben, bedeutet, jeden Augenblick zum Aufbruch bereit sein, wie die Israeliten in der Passahnacht in Ägypten (2. Mose 12,11). Aber, um zum Abmarsch bereit zu sein, muss man für die Reise alles vorbereitet und sich von allem befreit haben, was einen sofortigen Aufbruch verhindern könnte, ob der Herr nun heute kommt oder später. Sind wir jetzt nicht bereit, so laufen wir Gefahr, es ebenso wenig zu sein, wenn der Herr kommt. Wie beschämend für uns, wenn Er uns schlafend fände! Hüten wir uns daher vor geistlichem Schlaf! «Wir sind nicht von der Nacht, noch von der Finsternis. Also lasst uns nun nicht schlafen wie die übrigen, sondern wachen und nüchtern sein» (1. Thes 5,5–6). Schlafen heisst gleichgültig dahinleben, ohne sich um die Wiederkunft des Herrn zu kümmern, der Neigung des natürlichen Herzens folgen, das da sagt: «Mein Herr verzieht zu kommen» (Lk 12,45). Es heisst aber auch, sich von den Dingen der Erde gefangen nehmen zu lassen. «Hütet euch aber, dass eure Herzen nicht etwa beschwert werden durch Völlerei und Trunkenheit und Lebenssorgen, und jener Tag plötzlich über euch hereinbreche ... Wachet nun, zu aller Zeit betend» (Lk 21,34–36). Diese Warnung des Herrn führt uns zum zweiten Punkt unserer Verantwortung im Hinblick auf Seine Wiederkehr:

Heiligung. Für den Gläubigen besteht sie darin, sich vom Bösen in jeder Form abzusondern und alles, was ihm bei der Erwartung der Wiederkunft Christi hinderlich sein könnte, wegzuwerfen. «Da nun dies alles aufgelöst wird, welche solltet ihr dann sein in heiligem Wandel und Gottseligkeit! indem ihr erwartet und beschleuniget die Ankunft des Tages Gottes … Deshalb, Geliebte, da ihr dies erwartet, so befleissiget euch, ohne Flecken und tadellos von ihm erfunden zu werden in Frieden» (2. Pet 3,11ff.). «Dass der, welcher ein gutes Werk in euch angefangen hat, es vollführen wird bis auf den Tag Jesu Christi ... Und um dieses bete ich, dass eure Liebe noch mehr und mehr überströme in Erkenntnis und aller Einsicht, damit ihr prüfen möget, was das Vorzüglichere sei, auf dass ihr lauter und unanstössig seid auf den Tag Christi» (Phil 1,6 ff.). Vergleiche auch 1. Thes 3,12–13; 1. Kor 1,7–8; 1. Tim 6,13–14; Tit 2,11–13.

Aber der Gläubige, der den Herrn erwartet, ist auch berufen, Ihm mit Eifer und Treue zu dienen. Denn Wachen bedeutet zugleich Ausharren an dem Posten, den der Herr uns anvertraut hat, und den von ihm empfangenen Auftrag ausführen, sowohl in materieller als auch in geistlicher Hinsicht. «Wer ist nun der treue und kluge Knecht, den sein Herr über sein Gesinde gesetzt hat, um ihnen die Speise zu geben zur rechten Zeit? Glückselig jener Knecht, den sein Herr, wenn er kommt, also tuend finden wird! Wahrlich, ich sage euch, er wird ihn über seine ganze Habe setzen» (Mt 24,45–47; lies auch Mt 25,14–30; Lk 12,42–46; 19,11–27). Die Thessalonicher erwarteten nicht nur den Herrn, sondern dienten auch dem lebendigen und wahren Gott. Möchten wir mit leeren Händen vor Ihm erscheinen, weil wir uns geweigert haben, den Dienst, den Er uns anvertrauen wollte, zu erfüllen, so gering er auch sein mag? jetzt, während der Abwesenheit des Herrn, muss man die Pfunde nutzbringend anlegen. Das ausgestreute Samenkorn bringt Frucht, das eine dreissig–, das andere sechzig–, das andere hundertfältig. Möchten wir am Tag der Ernte dem Herrn schwere, mit Körnern reich beladene Garben darbringen, oder nur leere Ähren? Der böse Knecht in Matthäus 25 wird nicht verurteilt, weil er Böses, sondern weil er nichts getan hat.

Also arbeiten, dienen und Frucht bringen sollen wir, aber auch zeugen. Während der Nacht und der Abwesenheit seines Herrn soll der Gläubige ein Licht sein. Die einmal angezündete Lampe soll nicht unter den Scheffel gestellt werden (erstickt durch die Geschäfte des Lebens), sondern auf das Lampengestell, «und sie leuchtet allen, die im Hause sind» (Zeugnis gegenüber unseren Nächsten, Nachbarn und Arbeitskollegen) und: «auf dass die Hereinkommenden den Schein sehen» (Zeugnis hinsichtlich der Unbekannten, der Menschen im allgemeinen – Mt 5,15 und Lk 11,33). Möge unser Licht helle leuchten um uns her und nichts in unserem Wandel unser Zeugnis trüben noch den Namen des Herrn verunehren! Möchten wir, wie die klugen Jungfrauen, dem Bräutigam entgegengehen, um Ihn zu empfangen, indem wir entschieden alles aufgeben, was Ihm missfallen könnte, und die Lampe, die Er uns anvertraut hat, in hellem Glanze scheinen lassen!

Bewirkt die Erwartung des Herrn in uns wirklich Freude, Wachsamkeit, Heiligung, Eifer in Seinem Dienst und Treue im Zeugnis? Wenn diese Dinge bei uns reichlich vorhanden sind, so stellen sie uns nicht träge noch fruchtleer hin bezüglich der Erkenntnis unseres Herrn Jesus Christus. «Darum, Brüder, befleissiget euch um so mehr, eure Berufung und Erwählung fest zumachen; denn wenn ihr diese Dinge tut, so werdet ihr niemals straucheln. Denn also wird euch reichlich dargereicht werden der Eingang in das ewige Reich unseres Herrn und Heilandes Jesu Christi» (2. Pet 1,8–11).

«Dem aber, der euch ohne Straucheln zu bewahren und vor seiner Herrlichkeit tadellos darzustellen vermag mit Frohlocken, dem alleinigen Gott, unserem Heilande, durch Jesum Christum, unseren Herrn, sei Herrlichkeit, Majestät, Macht und Gewalt vor aller Zeit und jetzt und in alle Ewigkeit! Amen» (Jud 24–25).

«Der diese Dinge bezeugt, spricht: ja, ich komme bald Amen; komm, Herr Jesus! Die Gnade des Herrn Jesus Christus sei mit allen Heiligen!» (Off 22,20–21).

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