Einführung in das Studium der Prophetie

Erster Teil

Die Geschichte Israels, der Nationen und der Kirche bis zur Wiederkunft Christi

Einleitung

Bevor wir uns mit den Einzelheiten der Geschichte Israels, der Nationen und der Kirche befassen, mag es nützlich sein, in einer kurzen Einleitung die grossen Linien unseres Gegenstandes darzulegen.

1. Die Pläne Gottes hinsichtlich der Menschen betreffen drei verschiedene Gruppen: Israel, die Nationen, die Kirche (1. Kor 10,32).

Es ist eine bemerkenswerte Tatsache, dass die Geschichte dieser drei Gruppen in der Wiederkunft des Herrn zusammenläuft. Diese Wiederkunft wird Israel und den Nationen während des Tausendjährigen Reiches die irdische Segnung bringen, während die Hoffnung der Kirche darin besteht, als Seine himmlische Braut zu Ihm entrückt zu werden, um allezeit bei Ihm zu sein.

2. Als Gott den Menschen erschaffen hatte, setzte Er ihn in den Garten, den Er für ihn gepflanzt hatte, und überschüttete ihn mit Segnungen. Durch seinen Fall hat sich der Mensch dieser Gunst gegenüber als unwürdig erwiesen, und Gott musste ihn aus dem Garten Eden vertreiben. Als sich die Nachkommenschaft Adams dann ganz verderbt hatte, wurde sie durch die Sintflut vernichtet.

Die Geschlechter, die aus den Söhnen Noahs hervorkamen, verfielen dem Götzendienst und zogen beim Turmbau zu Babel das Gericht Gottes auf sich herab (1. Mose 11).

3. Von Babel zerstreute Jehova die Menschen über die ganze Erde (1. Mose 11,9); aber Er berief Abraham und sagte zu ihm: «Gehe aus deinem Lande und aus deiner Verwandtschaft und aus deines Vaters Hause, in das Land, das ich dir zeigen werde. Und ich will dich zu einer grossen Nation machen und dich segnen, und ich will deinen Namen gross machen; und du sollst ein Segen sein! ... Und in dir sollen gesegnet werden alle Geschlechter der Erde!» (1. Mose 12,1–3).

So rief Gott, kraft eines Beschlusses Seiner unumschränkten Gnade, Abraham auf, sein Land zu verlassen; Er machte einen Bund mit ihm und verhiess ihm drei Dinge

– ein Land: Palästina;

– einen unzählbaren Samen, der zu einer grossen Nation werden sollte: das Volk Israel;

– durch dieses Volk sollten alle Geschlechter der Erde gesegnet werden: Diese universelle Segnung wird in der Offenbarung Gottes durch Sein Wort und durch das Kommen des Heilandes auf diese Erde begründet sein.

Aber ach! Israel blieb nicht treu, so dass Gott es züchtigen musste. Zuerst kamen die zehn und dann auch die übrigen zwei Stämme in Gefangenschaft, und als Israel gar seinen Messias verwarf, wurde Jerusalem zerstört und die Juden unter die Nationen zerstreut. Aber Gott wird die Beziehungen zu Seinem Volke wieder anknüpfen, wenn die Geschichte der Kirche auf dieser Erde zum Abschluss gekommen ist. Er wird Sein Volk nach Palästina zurückbringen und sie durch die grosse Drangsalszeit hindurchgehen lassen, die einen Teil des Volkes (den Überrest) dahin bringen wird, sich darüber zu demütigen, dass sie ihren Messias verworfen und umgebracht hatten. Diese Geschichte Israels wird bei der Erscheinung des Herrn Jesus in Herrlichkeit ein Ende finden, wenn Er Seine Herrschaft antreten wird, nachdem Er zuvor Seine Feinde vernichtet und die Nationen gerichtet haben wird.

4. Auch die Geschichte der Nationen ist, wie wir schon sagten, mit der Wiederkunft Christi verbunden. Seine Friedensherrschaft in Gerechtigkeit wird den Völkern, die während Jahrhunderten einander gehasst und bekämpft hatten, endlich die Segnung bringen.

Als Israel, nachdem es Jehova aufgegeben hatte, in die Gefangenschaft geführt wurde, übergab Gott bezüglich Seiner Wege mit dieser Erde den Nationen die Führerrolle. Das war der Zeitpunkt, an dem «die Zeiten der Nationen» begannen (607 v. Chr.). Diese Zeitperiode wird sich bis zum Kommen des Herrn in Herrlichkeit erstrecken.

5. Kaum hatte Israel seinen Messias verworfen, begann Gott sowohl aus den Nationen als auch aus den Juden «ein Volk für seinen Namen» herauszunehmen (Apg 15,14). Dieses neue Volk, Kirche oder Versammlung genannt, besteht aus all denen, die seit Pfingsten bis zur Wiederkunft Christi durch den Glauben an den Herrn Jesus mit dem Heiligen Geiste versiegelt und Glieder des Leibes Christi werden.

Diese Versammlung, verbunden mit einem verherrlichten Christus, trägt einen himmlischen Charakter: Die, welche zu ihr gehören, sind aus der Welt herausgerufen, der Gegenstand ihrer Herzen ist im Himmel. Die Hoffnung der Versammlung ist, bald zu ihrem himmlischen Bräutigam entrückt zu werden. Ihre Geschichte auf dieser Erde wird beim Kommen des Herrn beendet sein. – Es sei darauf hingewiesen, dass dieses Kommen nicht zu den prophetischen Ereignissen gehört, aber es bringt die Gnadenzeit zu ihrem Abschluss. Die prophetische Zeitperiode endigt mit dem Tode des Herrn und wird fortgesetzt werden nach der Entrückung der Versammlung.

6. Bevor wir weiter gehen, möchten wir noch daran erinnern, dass Christus im Mittelpunkt des Planes Gottes in Bezug auf Israel, die Nationen und die Kirche steht. Das grosse Ziel der Haushaltungen Gottes ist, in Christo sich selbst zu verherrlichen. Darum sind weder das jüdische Volk noch die Nationen noch die Kirche unmittelbare Gegenstände der Prophetie, auch nicht irgendeine Persönlichkeit, mit der wir uns im Verlaufe unseres Studiums zu beschäftigen haben. Das erhabene Thema der Prophetie ist Christus.

Die verschiedenen Gegenstände, die wir soeben erwähnt haben, stehen im Zusammenhang mit Ihm. Sie bilden die Sphäre Seiner Herrlichkeit und sind für unsere Seelen nur insofern von Interesse, als sie mit Ihm in Beziehung stehen. Christus ist der Mittelpunkt, und in Ihm wird einst alles zusammengebracht werden, das was in den Himmeln und das was auf der Erde ist.

Es ist wichtig, diese Wahrheit stets vor Augen zu halten, wenn wir verstehen wollen, was uns die Schriften hinsichtlich Israels, der Nationen und der Kirche offenbaren. Unter dieser Voraussetzung wird das Studium des prophetischen Wortes unsere Seelen stärken, indem es sie von Christo nährt. Es wird unsere Herzen erfreuen, indem es uns die Herrlichkeiten Seiner Person offenbart. Es befestigt unseren Wandel und führt uns dahin, mit immer grösserer Wirklichkeit unseren geliebten Herrn und Heiland zu erwarten.

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