Geläutert im Schmelztiegel Gottes

Kapitel 42

Geläutert im Schmelztiegel Gottes

In diesem Kapitel finden wir die totale Kapitulation Hiobs vor dem großen, allmächtigen Gott. Nach allem Ringen, nach aller Auflehnung gibt er sich selbst ganz auf. Mit einem gedemütigten Herzen bereut er seine Torheit. Das gerade war das Bemühen Gottes, ihn hierher zu bringen. Welch ein langer Weg! Wie viel Langmut, Geduld und Liebe hatte Gott während der langen Zeit bewiesen! Nun ist Hiob auf dem Boden des „zerbrochenen Herzens und des zerschlagenen Geistes“ zur Ruhe gekommen. (Vergleiche Ps 51,17; Ps 34,18; Jes 66,2 und Jes 57,15.) Es ist der Mühe wert, sich mit diesen vier Stellen der Heiligen Schrift zu beschäftigen. In der ersten finden wir, dass es Opfer für Gott sind und dass Er ein solches Herz nicht verachten wird. In der zweiten Stelle erkennen wir, dass der Herr solchen Menschen nahe ist und dass Er sie rettet. In der dritten heißt es, dass Er auf diese blicken will, und die vierte Stelle bezeugt, dass der Herr bei diesen wohnen will, um sie zu beleben.

Das durfte der gebeugte Hiob jetzt erfahren. Früher hatte er sich sogar auf Kosten der Heiligkeit Gottes gerechtfertigt. Jetzt aber rechtfertigt er Gott, wobei sich bei Hiob ein zerbrochenes Herz und ein zerschlagener Geist zeigen.

muss der Herr nicht viel Mühe anwenden, um auch uns dahin zu bringen? Viele Jahre muss  Er sich oft mit uns beschäftigen. Wie viel Geduld und Langmut muss Er haben, um Sein Ziel mit uns zu erreichen. In allem ist es jedoch Seine Liebe. Es ist auch für uns sehr schwer, anzuerkennen, wie es in Römer 6,18 heißt, „dass in mir, das ist in meinem Fleische, nichts Gutes wohnt“.

Mit dem Verstand kann man zwar viel wissen und sogar sehr schön darüber reden – wo aber ist die Verwirklichung? Doch dürfen wir auch mit Freuden sagen: „Also ist jetzt keine Verdammnis für die, welche in Christo Jesu sind!“ Davon wusste Hiob allerdings noch nichts, er war aber mit sich zu Ende gekommen. Er erkannte und fühlte jetzt, dass sein Herz durch die Demütigung näher zu Gott gekommen war. Früher kannte er Ihn durch das Gehörte – wir würden sagen: mit dem Verstande – jetzt aber schaute er Ihn. Wir dürfen durch unseren Herrn Jesus Gott kennen, Ihn schauen in dem Geliebten und Ihn sogar als unseren Gott und Vater anbeten!

Hiob verabscheut sich, indem er in Staub und Asche bereut. Das ist echte Buße und Beugung. Alles eigene Rühmen ist nun vorbei. Seine eigene Gerechtigkeit ist wie Nebel vor der Sonne entschwunden. Er verabscheut sowohl seine Reden als auch seine Gedanken und sein Verhalten. Das ganze hässliche Ich ist schonungslos bei ihm gerichtet. Gerade zu solchen neigt Gott sich herab, um sie wieder aufzurichten und ihnen Seinen besonderen Segen zuzuwenden. So erfahren die Seinen die Wahrheit des Wortes: „...die ihr jetzt eine kleine Zeit, wenn es nötig ist, betrübt seid durch mancherlei Versuchungen; auf dass die Bewährung eures Glaubens, viel köstlicher als die des Goldes, das vergeht, aber durch Feuer erprobt wird, erfunden werde zu Lob und Herrlichkeit und Ehre in der Offenbarung Jesu Christi; welchen ihr, obgleich ihr ihn nicht gesehen habt, liebet; an welchen glaubend, obgleich ihr ihn jetzt nicht sehet, ihr mit unaussprechlicher und verherrlichter Freude frohlocket, indem ihr das Ende eures Glaubens, die Errettung der Seelen, davontraget“ (1. Pet 1,6–9).

Immer tiefer hinab, immer höher hinan,
so wandelt man recht die Himmelsbahn.
Immer tiefer hinab, ins Grab der Kraft,
immer höher zu Dem, der neu uns schafft!
Immer tiefer ins arme eig'ne Nichts,
immer höher hinauf zum Quell des Lichts.

Hiob ist, wie bereits gesagt, vor seinem Gott zur totalen Kapitulation gekommen. Nichts ist mehr von seiner eigenen Gerechtigkeit übrig geblieben. Er beugt sich in den Staub und bereut aufrichtig seine Schuld und sein Versagen. Er bekennt, dass er Dinge beurteilen wollte, die er nicht verstand und die zu wunderbar für einen Menschen sind. Jetzt bittet er den großen Gott, ihn zu belehren und ihm auf seine Fragen zu antworten: „... ich will dich fragen, und du belehre mich!“ Er verabscheut sich, weil er das Wort gegen Gott nahm und vergaß, mit wem er es zu tun hatte. Welch ein großer Segen ist doch mit einer tiefen und aufrichtigen Beugung verbunden! Wie schwer aber fällt es uns Menschen, wirklich zu kapitulieren! Dies ist schon bei der Bekehrung der Fall, denn wie wenig echte Bekehrungen gibt es, weil keine wahre, tiefe Buße vorhanden und kein rechtes Erkennen darüber da ist, was die Sünde in den Augen Gottes bedeutet.

Ebenso schwer fällt es Gotteskindern, wenn sie gefehlt haben, sich zu beugen. Wie wertvoll ist doch eine gottgemäße Buße, denn nur sie bewirkt auch eine gottgemäße Wiederherstellung. Wie manche Wunde wird oberflächlich geheilt, die dann aber bald wieder aufbricht und schlimmer eitert als zuvor. Gott musste im Blick auf Sein irdisches Volk schon klagen und sagen: „... sie heilen die Wunde der Tochter meines Volkes leichthin und sprechen: Friede, Friede! und da ist doch kein Friede“ (Jer 6,14). Denken wir einmal ernstlich darüber nach! -

Hiob ist nun zur Ruhe gekommen. Nur wenn alle Hindernisse hinweg getan sind, kann man die Gemeinschaft mit Gott genießen. Dann erwärmen die Strahlen Seiner göttlichen Liebe unsere Herzen. Statt mit uns selbst oder anderen oder gar vielerlei Umständen sind wir mit Ihm beschäftigt.

Es kümmert Hiob nun nicht mehr, was seine Freunde vordem zu ihm gesagt haben. Er ruht in Gott und hat volles Genüge in Ihm.

Wer in Gott ruht, kann Ihm alles übergeben und Ihn walten lassen. Der Herr Jesus hat sich stets Dem übergeben, der recht richtet. Lernen wir von Ihm!

Bei der Wiederherstellung Hiobs sehen wir auch, dass Gott alles registriert und nichts vergisst. Was Eliphas und seine Freunde in ungeziemender Weise von Gott geredet hatten, ruft Er ihnen ins Gedächtnis. „Mein Zorn ist entbrannt“, so sprach Gott zu ihm, „... denn nicht geziemend habt ihr von mir geredet.“

Die Freunde hatten sich nicht vor Gott gebeugt und gedemütigt. Hatte denn Hiob geziemend von Gott gesprochen? Hatte er nicht Gott beschuldigt und Ihn sogar seinen Feind genannt? In der Tat, die Fehler Hiobs waren sehr groß. Aber für ihn waren die Prüfungen unsagbar schwer, besonders weil es seinen Freunden im Gegensatz zu ihm gut ging. Für sie war es darum leicht, die erbitterten Worte Hiobs als ungeziemend und böse zu erkennen. Deshalb mochten sie ihm vieles unterstellen und verurteilten ihn von vornherein. Gott aber urteilt nicht nach den Umständen allein. Obwohl Er das Böse tadelte und nichts übersehen konnte, so vergab Er Hiob in dem Augenblick, als er sich beugte und sich verabscheute. Auch erkennt Gott den schwachen Glauben an, der sich in dem Schmelztiegel der Trübsal als echt bewiesen, sowie die guten Worte, die Hiob trotz allem noch geredet hatte. Sprach er nicht von Gott als seinem Erlöser, und hatte er Ihn nicht angenommen?

Ja, Gott vergisst nichts, Er wiegt alles auf der Waage des Heiligtums. Er trägt aber auch den Umständen Rechnung. Ihm sei Dank dafür!

Gott redete ernste Worte zu Eliphas und seinen Freunden, denn bevor Gott Seinen Knecht Hiob heilen und ihn neu segnen kann, muss die Sache mit den Freunden geordnet werden. Gott sagt: „Gehet zu meinem Knechte Hiob und opfert ein Brandopfer für euch.“ Nur aufgrund eines Opfers konnte ihre Schuld, die sie auf sich geladen hatten, beseitigt werden. Die sieben Farren und die sieben Widder reden von dem vollkommenen Opfer unseres Herrn. Auf der Grundlage dieses Opfers steht der Gläubige vor Gott und kann, wenn er gefehlt hat, wiederhergestellt werden. Reden wir nicht manchmal unbedachte Worte? Unterstellen wir unseren Mitgeschwistern nicht oft Ungeziemendes, vielleicht sogar Böses? Wie schade, dass wir, wenn wir andere gekränkt oder beleidigt haben, so wenig darüber empfinden! Gott übersieht und vergisst nichts.

Selbst mit frommen Lippen können wir ungeziemend über Gott und Menschen reden. Hatte Hiob nicht – viel mehr noch als seine Freunde – ungeziemend von Gott gesprochen? Das redet in ernster Weise zu uns. Wir sind Menschen gleich Hiob und sind zu allem fähig. Lasst uns deshalb immer wieder, wenn wir gefehlt haben, uns reinigen (1. Joh 1,9)! Lasst uns daran denken, dass der Herr Jesus selbst für jeden bösen Gedanken von uns am Kreuze leiden und sterben musste! Wollen wir nicht vorsichtiger werden?

 „Und Hiob, mein Knecht, möge für euch bitten; denn ihn will ich annehmen, damit ich nicht an euch tue nach eurer Torheit; denn nicht geziemend habt ihr von mir geredet, wie mein Knecht Hiob.“ So musste der Mann, den sie verurteilt und dem sie Böses unterschoben hatten, am Ende noch als Mittler für sie eintreten.

Welch eine große Gnade ist es, dass auch wir einen Mittler haben! Der Herr Jesus, der sich zur Rechten der Majestät in der Höhe gesetzt hat, verwendet sich als der große und mitleidsvolle Hohepriester für uns bei Gott. Als treuen Sachwalter haben wir Ihn, wenn wir gesündigt haben, bei dem Vater. Wenn wir diesen Mittler nicht hätten, würden wir die Stürme und Klippen des Lebens nicht durchstehen. Unzählige Male hätten wir Schiffbruch gelitten. Ohne Seinen unermüdlichen Dienst würden wir das Ziel nicht erreichen.

„Da wir nun einen großen Hohenpriester haben, der durch die Himmel gegangen ist, Jesum, den Sohn Gottes, so Lasst uns das Bekenntnis festhalten; denn wir haben nicht einen Hohenpriester, der nicht Mitleid zu haben vermag mit unseren Schwachheiten, sondern der in allem versucht worden ist in gleicher Weise wie wir, ausgenommen die Sünde. Lasst uns nun mit Freimütigkeit hinzutreten zu dem Thron der Gnade, auf dass wir Barmherzigkeit empfangen und Gnade finden zur rechtzeitigen Hilfe“ (Heb 4,14–16).

„Meine Kinder, ich schreibe euch dieses, auf dass ihr nicht sündiget; und wenn jemand gesündigt hat – wir haben einen Sachwalter bei dem Vater, Jesum Christum, den Gerechten. Und er ist die Sühnung für unsere Sünden“ (1. Joh 2,1–2).

Du bleibest Priester ewiglich,
vertrittst die Deinen kräftiglich,
die Himmel Du bewohnest.
Gericht und Tod uns nicht mehr schreckt,
Dein Blut uns allzeit schirmt und deckt,
weil Du, Herr, droben thronest.

Und hast Du Deinen Dienst erfüllt,
wird unser Sehnen ganz gestillt,
dann wirst Du wiederkehren.
Führst uns zu Deiner Ruhe ein,
wo wir uns Deines Anblicks freu'n,
mit ew'gem Lob Dich ehren.

„Und der Herr nahm Hiob an.“ Welch herrliche Gnade! Nach tiefster Beugung und Reue vor dem Herrn stand Hiob als Mittler für seine Freunde vor Gott. Sieben Farren und sieben Widder hatten sie als Brandopfer dargebracht, und Hiob trat betend für sie ein.

Welch hohen Wert das „ein für allemal geschehene Opfer“ Seines geliebten Sohnes für Gott hat, können wir nicht ermessen. Tatsache ist, dass alle Opfer des Alten Testamentes auf das vollkommene Opfer unseres hochgelobten Herrn am Kreuz hindeuteten. Unzählig waren diese Opfer, und das Blut der Tiere floss in Strömen. Gott konnte im Blick darauf zwar Nachsicht üben, aber nicht eine Sünde wurde durch all die Opfer beseitigt. Gott erblickte in diesen Opfern im Voraus schon das vollkommene Opfer des Herrn Jesus. Nur aufgrund dieses Opfers allein konnte Er alles – selbst die größten Sünden – vergeben.

Hiob und seine Freunde wurden wiederhergestellt. „Und der Herr wendete die Gefangenschaft Hiobs, als er für seine Freunde betete.“ Er war durch sein Verhalten sein eigener Gefangener gewesen. Kann es bei uns nicht ebenso sein, wenn die Umstände sehr schwierig werden und der Feind uns den Blick verdunkelt? Mitunter geschieht es dann, wenn wir nur noch mit uns selbst beschäftigt sind und Zweifel an der Liebe Gottes auftauchen. In dieser Weise war Hiob in seine eigenen Gedanken verstrickt und in ihnen gefangen gewesen. Er hatte es eingesehen und verurteilt, und seine Beugung war gottgemäß. Gott hatte ihm persönlich Gnade erwiesen, weshalb Hiob sofort bereit war, auch seinen Freunden Gnade zu erweisen. Er konnte für die beten, die ihn so tief beleidigt und verwundet hatten.

Nun befand sich Hiob wieder in völliger Gemeinschaft mit Gott. Seine Gebete stiegen ungehemmt zu Dem empor, der alles zum Guten wendete. Hiob bekam von allem Materiellen, was er besessen hatte, das Doppelte. Obwohl Gott zunächst das innere Wohlergehen im Auge hatte, sorgte Er doch ebenso für die äußeren Bedürfnisse. – „Da gab er ihr die oberen Quellen und die unteren Quellen“, so lesen wir von Kaleb. Die oberen werden zuerst genannt, die himmlischen Segnungen, dann erst erfahren wir von den unteren Quellen, den irdischen Segnungen (Josua 15,19 und Richter 1,15). – Gott belohnt Seinen Knecht Hiob und vergisst das Gute, das er getan hatte, durchaus nicht.

Trotz der schweren Prüfungen, die über ihn kamen, hatte er an Gott festgehalten. Satan selbst, der ihn zu Fall bringen wollte, war beschämt worden. Allerdings musste Hiob in den Leiden sich selbst kennen lernen. Aber Gott sah sein Herz an. Wenn er auch bittere Worte geredet hatte, so ließ er dennoch in seinem Herzen Gott nicht los. Wie wunderbar, auch Gott hielt seinerseits Hiob fest und ließ ihn nicht los. In den dunkelsten Stunden waren unter ihm die ewigen Arme.

Ihr lieben Freunde! Lasst uns unter allen Umständen festhalten, dass auch unter uns die ewigen Arme sind, die uns stets halten und tragen. Gott sieht unser Herz an und kennt alle seine Regungen. Alles bewertet Er nach Seinen eigenen Maßstäben und wird belohnen, was aus unseren Herzen zur Ehre Seines Namens hervorgekommen ist. Wenn wir Ihn verunehrt haben, so ist für uns das Selbstgericht notwendig (1. Joh 1,9). Oft müssen wir, um uns selbst kennen zu lernen, im Tiegel der Prüfungen geläutert werden. Von der Züchtigung, die uns dann zuteil wird, lesen wir: „... hernach aber gibt sie die friedsame Frucht der Gerechtigkeit denen, die durch sie geübt sind“ (Heb 12,11b). Doppelter Segen durch große Trübsal! Ist das möglich? Ja, denn so sind die Gedanken unseres großen Gottes und Vaters. Darum harre aus! Auf Leid folgt Herrlichkeit!

Wenn du vor ungelösten Fragen stehst,
wenn du durch tiefe Dunkelheiten gehst,
Gott ist's, der Licht aus Dunkel schaffen kann:
Er macht dir Bahn!

Wenn deines Vaters Hand die Tür verschließt,
dass gar kein Ausweg mehr zu sehen ist,
Gott weiß es wohl, drum denke stets daran:
Er macht dir Bahn!

Blieb dir ein heißes Sehnen ungestillt,
ward eine Bitte dir noch nicht erfüllt,
vertrau auf Gott! Er sieht dich gnädig an:
Er macht dir Bahn!

Ja, selig, wer die Zeit erwarten kann,
dass Gottes Macht ihm selbst bereitet Bahn!
Wer ausgeharrt, wie fröhlich rühmt er dann:
Gott hat's getan!

Bevor wir die Betrachtung des Buches Hiob beenden, wollen wir uns noch ein wenig mit dem Segen, den Gott Hiob zuwandte, beschäftigen. Wie reich wurde er von Gott gesegnet! Denken wir nur an die „oberen Quellen“ und die „unteren Quellen“. Wie gnädig ist Gott, dass Er nach Tagen tiefster Leiden und Trübsale Seinen treuen Knecht so reich macht! Wohl war das Wasser bis an die Lippen gekommen, aber Gott hatte ihn nicht ertrinken lassen.

Moses betete in Psalm 90,15: „Erfreue uns nach den Tagen, da du uns gebeugt hast, nach den Jahren, da wir Übles gesehen.“ Petrus spricht in Apostelgeschichte 3,19 von,,Zeiten der Erquickung“. Ganz gewiss handelt es sich in beiden Stellen um das irdische Volk Gottes (Israel), aber hat Er nicht in deinem und auch in meinem Leben nach Trübsal und Leiden wieder Freude und Zeiten der Erquickung gegeben: Er ist gnädig und barmherzig und hat mit Seinen Kindern nur das Beste im Auge. Auch für dich, der du im Tiegel der Leiden dich befindest, wird Er Zeiten  der Erquickung und vermehrte Freude in Ihm schenken. Aber zu Seiner Zeit! – Hiobs Brüder und seine Schwestern sowie seine früheren Bekannten besuchten ihn. Jetzt aßen sie mit ihm, bezeugten ihm ihr Beileid und trösteten ihn. Wo aber waren sie gewesen, als Hiob in der Asche saß? Wir möchten nicht richten, wissen jedoch, dass es leichter ist, an einer guten Mahlzeit teilzunehmen, fromme und hohe Worte zu reden, als einen Kranken zu besuchen, besonders dann, wenn es die Art der Krankheit erfordert, sich selbst zu überwinden. Auch ist es leichter, ein Geschenk zu bringen, als in den Tagen der Trübsal persönlich an den schweren Leiden teilzunehmen und – wenn nötig – Liebesdienste zu tun.

Wir gedenken noch einmal an Eliphas, Bildad und Zophar, Hiobs Freunde. Lies dazu bitte Kapitel 2,11–13. Wer von uns würde so handeln? Bei allem Verkehrten, das sie zwar geredet hatten, hat Gott ebenso wenig wie Hiob diese Teilnahme vergessen.

Dennoch hat es uns Gott nicht umsonst mitgeteilt. Wir lesen nämlich nicht, dass Hiob ihnen einen Vorwurf gemacht hätte. Selbst wenn solche Gedanken in seinem Herzen aufgekommen wären, hätte die ihm zuteil gewordene Gnade Gottes diese Vorwürfe im Keim erstickt. Wenn wir Gottes große Liebe und Gnade betrachten, sollten wir dann nicht im Blick auf ungute Gedanken an 1. Kor 13,5 denken? „Die Liebe lässt sich nicht erbittern, sie rechnet Böses nicht zu ... sie erträgt alles, sie glaubt alles,  ... sie erduldet alles.“

„Und der Herr segnete das Ende Hiobs mehr als seinen Anfang.“ Einst hatte er plötzlich an zehn Särgen gestanden. Wie sehr mag dieser Schmerz an seinem Herzen genagt haben! Erwachsene Kinder, die er in Gottesfurcht erzogen, waren ihm genommen worden. Doch in welch einer Gnade handelt Gott! Er gibt ihm noch einmal zehn Kinder. Aller Reichtum wäre nicht imstande gewesen, diese Lücken auszufüllen. Gott allein heilt Wunden in Seiner Gnade, damit auch Hiob Freude und Stütze in seinem Alter haben möchte. „Er sah seine Kinder und seine Kindeskinder, vier Geschlechter.“ Ein überschwänglicher, irdischer Segen! Ein Leben in Gottes Gunst!

„Alle Züchtigung aber scheint für die Gegenwart nicht ein Gegenstand der Freude, sondern der Traurigkeit zu sein; hernach aber gibt sie die friedsame Frucht der Gerechtigkeit denen, die durch sie geübt sind“ (Heb 12,11).

„Siehe, wir preisen die glückselig, welche ausgeharrt haben. Von dem Ausharren Hiobs habt ihr gehört, und das Ende des Herrn habt ihr gesehen, dass der Herr voll innigen Mitgefühls und barmherzig ist“ (Jakobus 5,11).

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