Geläutert im Schmelztiegel Gottes

Kapitel 2

Geläutert im Schmelztiegel Gottes

Hiob 2,1–10

Aber die Prüfung Hiobs war noch nicht beendet. Zum zweiten Mal erscheint Satan vor Gott als Verkläger der Brüder. Gott gibt ihm die Erlaubnis, den Leib und damit die Gesundheit Hiobs anzutasten; nur seines Leibes solle er schonen. Wie oft sehnte sich Hiob im Schmelztiegel der Leiden nach dem Tode! Gott jedoch wollte Sein Ziel mit ihm erreichen. Hast du nicht auch schon den Tod herbeigesehnt, lieber Bruder, liebe Schwester, wenn die Leiden und Schwierigkeiten dich zu erdrücken drohten? Oft sagen wir: „Käme doch der Herr Jesus!“ Aber ist es meist nicht nur deshalb, damit wir den Umständen enthoben würden? Gerade in den Umständen sollen wir lernen und brauchbarer für Ihn werden. Er will in denselben verherrlicht werden.

Satan hatte erlebt, dass Hiob in den ersten Prüfungen standhaft im Glauben ausharrte. Gerade das Gegenteil von dem war erreicht worden, was der Feind beabsichtigte. Gott war verherrlicht worden. Anstatt sich beschämt zurückzuziehen, setzt er sein Werk fort. Er wird sich unausgesetzt bemühen, uns zu schaden, bis er endlich in den See geworfen wird, der mit Feuer und Schwefel brennt, welcher bereitet ist dem Teufel und seinen Engeln (Mt 25,41; Off 20,10).

Die schmerzhaften, eiternden Beulen bedeckten bald von seiner Fußsohle bis zu seinem Scheitel den ganzen Leib Hiobs. Was ist doch der Mensch! Ist das der ehemals von Gesundheit strotzende, starke und in seiner Erscheinung herausragende Mann? Wie ein Häuflein Elend sitzt er dort auf dem Aschenhaufen und schabt sich mit einem Scherben. Ein Bild des Jammers und des Entsetzens.

Wie schnell können sich im Leben die Umstände ändern! Heute noch gesund, morgen todkrank. Sind wir dankbar für die Gesundheit? Sie ist ein Geschenk Gottes, keine Selbstverständlichkeit. Gemeint sind jetzt die Gesunden, die diese Betrachtung lesen. Ihr lieben Kranken werdet es längst erkannt haben, welch ein großes Geschenk die Gesundheit ist. Leider denkt man in gesunden Tagen nicht oder zu wenig daran.

Die Frau Hiobs, welche ihren Gatten sicher sehr geliebt hat, war erschüttert, als sie ihn in diesem Zustand sah. Aufs Neue wurde ihr Schmerz aufgewühlt. War er für sie nicht allein übrig geblieben? Er, ihr Halt und ihre Stütze? Und jetzt? Wie konnte Gott so grausam sein? Versetzen wir uns einmal in ihre Lage. Dann können wir ihren Ausruf der Bitterkeit, aber auch der Verzweiflung in etwa verstehen: „Hältst du noch fest an deiner Vollkommenheit? Sage dich los von Gott und stirb!“

Sicher hatte Satan dieser Frau zugesetzt. Wie schade, dass sie sich zu diesen inhaltsschweren Worten hinreißen ließ! War sie nicht die Hilfe ihres Mannes? Wie sehr versagte sie. Aber alles um sie her war dunkel, kein Ausweg war zu sehen. Satan hatte ihr den Blick nach oben getrübt.

Ihre Worte können wir gewiss nicht gutheißen, aber schweigen wir angesichts unseres eigenen Versagens!

Sie war ihrem schwergeprüften Gatten keine Hilfe. Er hätte sie gerade jetzt gebraucht durch tröstlichen Zuspruch und ermunternde Worte, vielleicht auch durch praktische Hilfeleistung. Aber auch diese Versuchung bestand der treue Mann. Sich von seinem Gott lossagen? Niemals! „Du redest wie eine der Törinnen redet. Wir sollten das Gute von Gott annehmen, und das Böse sollten wir nicht auch annehmen?“ Obwohl er das Tun Gottes nicht begreift, nimmt er dennoch das Schwerste aus Seiner Hand.

Satan ist vollständig geschlagen. Von ihm lesen wir in den folgenden Kapiteln nichts mehr. Wenn Hiob auch in den Tiefen seiner Leiden nach dem Warum fragt und sein Herz nicht frei von Bitterkeit bleibt, so ist es doch Gott, welcher Sein Ziel mit ihm erreicht.

Ist das nicht ein Trost für alle geprüften Gotteskinder, sich nicht dem Satan ausgeliefert zu wissen, sondern in den mächtigen Händen ihres Gottes und Vaters zu sein?

Gott kam mit Hiob zu Seinem Ziel. Er möchte auch mit dir und mit mir Sein Ziel erreichen. Lernen wir von Hiob, uns ganz zu ergeben in Seinen heiligen Willen!

Hiob 2,11–13

Hiobs drei Freunde hatten sich seinen Zustand so nicht vorgestellt. Vor ihren Augen saß ein völlig zerbrochener Mann auf dem Aschenhaufen. War das ihr Freund Hiob? Oh, wie kann eine Krankheit den Menschen verändern! Welch ein Häuflein Elend sind wir Menschenkinder! Zuerst erkannten sie ihn nicht. Aber er war es doch, wie furchtbar! Sie erhoben ihre Stimme und weinten. Sie hatten Tränen des Mitgefühls. Sind diese heute nicht selten geworden? Auch Gotteskinder sind leider oft so gefühllos, so kalt. „Sie zerrissen ihre Kleider und streuten Staub auf ihre Häupter himmelwärts.“ Das waren Zeichen ihrer tiefen Trauer und des Mitfühlens mit ihrem schwergeprüften Freunde.

„Nein, diesen schrecklichen Anblick kann ich nicht ertragen, ich muss schnell wieder gehen“, so hätte mancher von uns gedacht. „Ich war ja mal eben da und habe ihm gezeigt, dass ich an ihn denke. Nun hat es wieder Zeit bis zum nächsten Besuch.“

Die Freunde Hiobs aber blieben bei ihm. Sie hatten es nicht eilig und sannen nicht darauf, aus dieser Lage herauszukommen. Die Liebe zu ihrem Freunde ließ sie selbst den furchtbaren Anblick der eiternden und stinkenden Wunden ertragen. Sie setzten sich selbst zu ihm sieben Tage und sieben Nächte lang. Das war echte Freundesliebe. Gibt es solche Freunde heute noch? Wo sind sie? Wer könnte sich mit ihnen vergleichen?

Wir haben diese Männer oftmals falsch beurteilt. Was sie später von ihrem Freunde redeten, und wie sie ihn beurteilten, das ist eine andere Sache. Ihre Worte entsprachen nicht den Gedanken Gottes. Aber wenn es sich um ihr Mitgefühl und ihre Empfindungen handelt, können wir nur von ihnen lernen. Sie empfanden, dass Worte hier nicht am Platze waren. „Sie redeten kein Wort zu ihm, denn sie sahen, dass der Schmerz sehr groß war.“ Lernen wir von diesen Männern und bitten wir den Herrn um Weisheit, wenn wir Kranke besuchen.

 „. ...dass der Schmerz sehr groß war.“ Es brauchen nicht immer körperliche Schmerzen zu sein. Wie viel Leid ist unter den Kindern Gottes! Wie viele leiden seelisch! Großer Schmerz ist vorhanden wegen abgeirrter oder ungeratener Kinder. Tiefer Schmerz beugt uns nieder wegen all der Dinge und Zustände, die durch eigene Untreue und durch Satans List entstanden sind. Gerade die alten, kranken und einsamen Geschwister, die viel Zeit haben nachzudenken, leiden oft besonders unter solchem Schmerz. Dazu kommen vielfach körperliche Schmerzen und Beschwerden. Aber wie gut, dass der Herr alles weiß, dass wir einen großen Hohenpriester haben, „der Mitleid zu haben vermag mit unseren Schwachheiten, sondern der in allem versucht worden ist in gleicher Weise wie wir, ausgenommen die Sünde“ (Heb 4,15).

Wenn Menschen uns nicht verstehen, Er versteht uns. Er vermag zu helfen und aus den Umständen zu erretten. Welch ein Trost, welch eine Freude – trotz des Schmerzes! – Hiob hatte in seinem Elend den Blick nach unten gerichtet. Alles war so dunkel, so aussichtslos, dazu die schier unerträglichen Schmerzen. In dieser Lage war es den Freunden noch nicht möglich gewesen, ein Wort zu reden, „...denn sie sahen, dass der Schmerz sehr groß war.“

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