Das wahrhaftige Licht
Eine Auslegung zum Johannesevangelium

Kapitel 7

Das wahrhaftige Licht

Einleitung

Kapitel 5 stellt den Sohn Gottes vor, der Leben gibt, wem Er will. In Kapitel 6 geht es dann um den Sohn des Menschen, der auf die Erde herabkam, um sein Leben für die Welt zu geben, damit jeder, der an Ihn glaubt, ewiges Leben habe.

Jetzt, in Kapitel 7, sehen wir den Herrn Jesus, wie Er auf der Erde verworfen wird. Er steht kurz davor, seinen Platz in der Herrlichkeit einzunehmen, um dann vom Himmel aus den Heiligen Geist zu senden. Der Heilige Geist zeugt von Christus, in den Gläubigen hier auf der Erde, bis Er selbst sichtbar erscheinen wird. Die Wahrheiten in Kapitel 6 gründen sich auf seine Menschwerdung und seinen Tod am Kreuz, hier in Kapitel 7 dagegen auf seine Himmelfahrt. Die Himmelfahrt schließt zwangsläufig mit ein, dass ein vollständiger Bruch mit der Welt eingetreten ist. So beginnt das Kapitel dann auch: Der Herr lehnt es ab, in den Ereignissen der Welt irgendeine öffentliche Rolle zu übernehmen.

Jesus geht nicht auf das Laubhüttenfest

Johannes 7,1–13

Verse 1.2: Und danach wandelte Jesus in Galiläa; denn er wollte nicht in Judäa wandeln, weil die Juden ihn zu töten suchten. Es war aber das Fest der Juden nahe, das Laubhüttenfest.

Das Kapitel wird mit der Feststellung eingeleitet, dass das Laubhüttenfest der Juden „nahe war“. Die drei großen Feste in Israel waren das Passahfest, das Fest der Wochen und das Laubhüttenfest. Das Passahfest, ein Hinweis auf das Kreuz, hat schon stattgefunden; ebenso das Fest der Wochen, das davon spricht, dass der Heilige Geist auf die Erde herniedergekommen ist. Das Laubhüttenfest, das nun erwähnt wird, ist das letzte Fest im jüdischen Jahr. An diesem Fest sollten die Kinder Israel sieben Tage lang in Zelten wohnen, zur Erinnerung an die Zeit, in der sie durch die Wüste gezogen waren. Das Fest sprach davon, dass die Verheißungen sich erfüllt hatten und das Volk nun im Land in Sicherheit wohnte (3. Mo 23,33–43); es wurde nach der Ernte und der Traubenlese gefeiert (5. Mo 16,13), die beide in der Schrift ein Bild von Gericht sind (Off 14,14–20). So wird der irdische Segen, den das Laubhüttenfest andeutet, in der Zukunft erst kommen können, nachdem Israel und die Nationen gerichtet worden sind. Damit ist klar, dass die eigentliche Bedeutung des Festes bis jetzt noch nicht erfüllt ist.

Verse 3–5: Da sprachen seine Brüder zu ihm: Zieh von hier weg und geh nach Judäa, damit auch deine Jünger deine Werke sehen, die du tust; denn niemand tut etwas im Verborgenen und sucht dabei selbst öffentlich bekannt zu sein. Wenn du diese Dinge tust, so zeige dich der Welt; denn auch seine Brüder glaubten nicht an ihn.

Die Feier des Laubhüttenfestes ist eine passende Einleitung für die großen Wahrheiten in diesem Kapitel. Wenn man über das Fest nachdenkt, fragt man sich: Warum hat es sich noch nicht erfüllt? Die Antwort ist klar: Der, der als Einziger den Segen geben kann, von dem das Fest vorbildlich spricht, ist von Israel und von der Welt verworfen worden. Im Verlauf des Kapitels wird immer offensichtlicher, dass Christus von jeder Bevölkerungsgruppe abgelehnt wird: Zunächst glauben seine Brüder nicht an Ihn (V. 5); danach beschuldigt das Volk Ihn, einen Dämon zu haben (V. 20); dann geraten die Juden über Ihn in Erstaunen und suchen Hand an Ihn zu legen (V. 15.25.30) und schließlich senden die Führer des Volkes Diener, die Ihn greifen sollen (V. 32).

Bereits in Kapitel 6 haben wir gesehen, dass jedes Mal, wenn der Herr eine neue Wahrheit offenbart, sich Menschen von Ihm abwenden und Ihm nicht länger nachfolgen: Zuerst lehnt das Volk Ihn ab (Kap. 6,36), dann wenden sich die Juden aus seiner nächsten Umgebung von Ihm ab (Kap. 6,41.42), dann gibt es im Kreis der Jünger welche, die nicht länger mit Ihm gehen wollen (Kap. 6,61–66), und schließlich wird selbst einer der Zwölf als Teufel bezeichnet (Kap. 6,70.71). Hier nun erfahren wir, dass auch seine leiblichen Brüder nicht an Ihn glauben. Man könnte meinen, es sei doch eigentlich ein großer Vorteil, mit dem Herrn durch verwandtschaftliche Beziehungen verbunden zu sein, doch leider zeigt dieser Abschnitt, dass seine eigenen Verwandten genauso wenig wie alle anderen an Ihn glauben. Dass sie nicht an Ihn glauben, liegt nicht an Ihm – es bestätigt nur die Wahrheit der Worte, die der Herr selbst gesagt hat: „Der Geist ist es, der lebendig macht; das Fleisch nützt nichts“ (Joh 6,63).

Je größer die Wahrheit ist, die der Herr verkündet, desto größer ist auch die Ablehnung vonseiten der Welt, desto geringer ist die Zahl seiner Nachfolger und desto einsamer wird sein Weg. Dementsprechend heißt es am Ende des Kapitels: „Und sie gingen ein jeder in sein Haus. Jesus aber ging an den Ölberg“ (Kap. 7,53–8,1).

Das ist heute noch genauso: Je tiefer eine Wahrheit geht, umso mehr Geistlichkeit ist nötig, um sie richtig wertzuschätzen; umso weniger werden aber in diesem Licht wandeln und umso einsamer wird der Weg derer sein, die den Wert dieser Wahrheit erfassen. Die Wahrheiten, die der Heilige Geist vorstellt, lassen keinen Raum für das Fleisch, der Weg hinter unserem Herrn her ist ein schmaler Weg.

Die leiblichen Brüder Jesu argumentieren, dass ein Mensch, der außergewöhnliche Kräfte hat, auch das Recht hat, sie zu benutzen – zu seinem eigenen Vorteil und zum Nutzen anderer. Doch hinter ihren menschlichen Überlegungen schimmert der Unglaube ihrer Herzen hervor, denn auch sie glauben nicht an Ihn.

Verse 6–9: Da spricht Jesus zu ihnen: Meine Zeit ist noch nicht da, eure Zeit aber ist stets bereit. Die Welt kann euch nicht hassen; mich aber hasst sie, weil ich von ihr zeuge, dass ihre Werke böse sind. Geht ihr hinauf zu dem Fest; ich gehe nicht hinauf zu diesem Fest; denn meine Zeit ist noch nicht erfüllt. Nachdem er aber dies zu ihnen gesagt hatte, blieb er in Galiläa.

Der Herr wird verworfen und seine Antwort zeigt, dass deshalb die Zeit für Ihn noch nicht gekommen ist, öffentlich vor der Welt aufzutreten oder sich an ihren Angelegenheiten zu beteiligen. Wenn es einmal so weit sein wird, dass Er öffentlich eingreift, dann wird es zunächst Gericht bedeuten. Wäre Er also bereits zu diesem Zeitpunkt öffentlich aufgetreten, wie seine Brüder es sich wünschten, hätte Er das Volk richten müssen.

Für uns gilt: In der Zeit, in der Christus verworfen ist, wollen wir uns davor hüten, mit unseren natürlichen Fähigkeiten oder geistlichen Gaben vor den Menschen oder der religiösen Welt Eindruck zu machen. Die Gläubigen in Korinth sind in diese Falle getappt: Sie haben ihre geistlichen Gaben benutzt, um sich vor der Welt aufzublähen. Paulus muss ihnen sagen: „Schon seid ihr gesättigt, schon seid ihr reich geworden; ihr habt ohne uns geherrscht“ (1. Kor 4,8) – ein ernster Tadel. Wenn für unseren Herrn damals die Zeit noch nicht gekommen war, sich an den Dingen dieser Welt zu beteiligen, dann können wir sicher sein, dass sie auch für seine Jünger heute noch nicht gekommen ist. Wer also dem Herrn gefallen möchte, sucht oder wünscht nicht, der Welt zu gefallen, sei es religiös, gesellschaftlich oder politisch.

Doch für die, die von der Welt sind, ist die Zeit „stets bereit“. Wenn wir also die Welt und ihre Dinge lieben, wird die Welt auch uns lieben; und wenn wir wie die Welt und wie von der Welt reden, wird sie uns bereitwillig zuhören. Halten wir uns aber von ihr getrennt und zeugen gegen das Böse, wird sie uns hassen. Das zeigt sich auf deutliche und vollkommene Weise bei unserem Herrn. Und noch immer hasst die Welt Christus: Je mehr also ein Gläubiger Christus darstellt, desto mehr wird er den Hass der Welt hervorrufen (Kap. 15,18.19).

Verse 10–13: Als aber seine Brüder hinaufgegangen waren zu dem Fest, da ging auch er hinauf, nicht öffentlich, sondern wie im Verborgenen. Die Juden nun suchten ihn auf dem Fest und sprachen: Wo ist er? Und viel Gemurmel war über ihn unter den Volksmengen; die einen sagten: Er ist gut; andere sagten: Nein, sondern er verführt die Volksmenge. Niemand jedoch sprach öffentlich von ihm aus Furcht vor den Juden.

Nachdem der Herr bezeugt hat, dass Er von der Welt getrennt ist, geht Er hinauf zu dem Fest, doch „nicht öffentlich, sondern wie im Verborgenen“. Er geht nach Jerusalem, doch nicht, um eine öffentliche Stellung einzunehmen, sondern um Einzelne aus der Welt zu sich zu ziehen. Seine Haltung, dass Er zwar in der Welt, aber nicht von der Welt ist, führt zu „viel Gemurmel ... unter den Volksmengen“. Einige sagen: „Er ist gut“, andere dagegen stehen Ihm feindlich gegenüber und sagen: „Er verführt die Volksmenge.“

Die Lehre Jesu wird abgelehnt

Johannes 7,14–20

Verse 14–16: Als es aber schon um die Mitte des Festes war, ging Jesus hinauf in den Tempel und lehrte. Da verwunderten sich die Juden und sagten: Wie besitzt dieser Gelehrsamkeit, da er doch nicht gelernt hat? Da antwortete ihnen Jesus und sprach: Meine Lehre ist nicht mein, sondern dessen, der mich gesandt hat.

Der Herr lehnt es ab, seine Macht zu gebrauchen, um sich bei der Welt Anerkennung zu verdienen, Er greift auch nicht in die Dinge der Welt ein, denn seine Zeit ist noch nicht gekommen. Doch Er fährt fort zu predigen: „Jesus ging hinauf in den Tempel und lehrte.“ Die folgenden Verse geben uns wichtige Hinweise über die Lehre Jesu und allgemein über das Lehren.

Die Juden wundern sich, dass Jesus die Schriften so gut kennt – wo Er doch gar nicht in ihren Schulen gelernt hat. Der Herr gibt ihnen deshalb einen Maßstab an die Hand, mit dem sie jede gesunde Lehre erkennen können: Welchen Ursprung hat die Lehre, einen menschlichen oder einen göttlichen Ursprung? Die Lehre des Herrn kommt vom Vater, der Ihn gesandt hat. Nie hat der Herr die Stellung eines Gesandten verlassen. Er ist also nicht zu dem Fest gegangen, um seine Gelehrsamkeit zu zeigen und dafür bewundert zu werden, nein, Er will nur von dem zeugen, der Ihn gesandt hat.

Verse 17.18: Wenn jemand seinen Willen tun will, so wird er von der Lehre wissen, ob sie aus Gott ist oder ob ich von mir selbst aus rede. Wer von sich selbst aus redet, sucht seine eigene Ehre; wer aber die Ehre dessen sucht, der ihn gesandt hat, dieser ist wahrhaftig, und Ungerechtigkeit ist nicht in ihm.

Gesunde Lehre prüft die Zuhörer: Die Lehre des Herrn hat einen himmlischen Ursprung und wird nur von denen verstanden, die einen guten Herzenszustand haben. Jemand, der bereit ist, den Willen Gottes zu tun, wird erkennen, was von Gott ist. Wenn wir also etwas erkennen wollen, müssen wir auch bereit sein, es zu tun. Nichts macht uns so blind für die Wahrheit wie unser Eigenwille. Wir werden die Wahrheit leicht erkennen und den Weg deutlich vor uns sehen, wenn wir keinen anderen Wunsch haben, als Gottes Willen auch zu tun.

Gesunde Lehre prüft aber auch den, der sie verkündet: Stellt der Redner sich selbst in den Vordergrund oder stellt er den vor, der ihn gesandt hat? Jemand mag die Wahrheit verkünden, doch wenn er dabei seine eigene Ehre sucht, ist er nicht aufrichtig. Wer beim Lehren nur die Ehre Gottes vor Augen hat, „ist wahrhaftig, und Ungerechtigkeit ist nicht in ihm“.

Somit haben wir in diesen Versen einen Prüfstein für das, was gelehrt wird (V. 16), für den, der hört (V. 17) und für den, der redet (V. 18). Bei unserem Herrn war die Lehre vollkommen, und auch als Lehrer war Er vollkommen. Das Versagen konnte also nur bei den Zuhörern liegen.

Verse 19.20: Hat nicht Mose euch das Gesetz gegeben? Und keiner von euch tut das Gesetz. Warum sucht ihr mich zu töten? Die Volksmenge antwortete: Du hast einen Dämon; wer sucht dich zu töten?

Die folgenden Verse zeigen uns nun den schrecklichen Zustand des Volkes, der sie außerstand setzt, die Wahrheit anzunehmen. Die Juden sind stolz auf das Gesetz, das jedoch keiner von ihnen halten kann. Nichts zeigt mehr ihre Missachtung des Gesetzes als die Tatsache, dass sie den zu töten suchen, von dem Mose geschrieben hat. Sie beweisen damit, dass sie den Willen Gottes gar nicht tun wollen und die Lehre des Herrn ablehnen. Die Volksmenge, die nach Jerusalem gekommen ist, weiß offensichtlich nicht, dass die Führer Jesus zu töten suchen. Doch auch sie lehnt Ihn ab, der öffentlich nicht hervortreten will und der allein die Ehre Gottes sucht: Sie werfen Ihm vor, einen Dämon zu haben.

Doch so ist die Welt: Lehnt man es ab, sich an den Dingen der Welt zu beteiligen, und sucht man nicht seine eigene Ehre, sondern allein die Ehre des Herrn, so ist dies in den Augen der Welt nicht nur unnatürlich und unmenschlich, sondern sogar teuflisch.

Die Werke Jesu werden abgelehnt

Johannes 7,21–27

Verse 21–24: Jesus antwortete und sprach zu ihnen: Ein Werk habe ich getan, und ihr alle verwundert euch. Deswegen gab Mose euch die Beschneidung (nicht dass sie von Mose ist, sondern von den Vätern), und am Sabbat beschneidet ihr einen Menschen. Wenn ein Mensch die Beschneidung am Sabbat empfängt, damit das Gesetz Moses nicht gebrochen wird, zürnt ihr mir, weil ich einen Menschen ganz gesund gemacht habe am Sabbat? Richtet nicht nach dem Schein, sondern richtet ein gerechtes Gericht!

Trotz der heftigen und bösen Anschuldigungen bleibt unser Herr ganz ruhig. Doch Er muss die Menschen wegen ihrer Torheit und Heuchelei verurteilen. Sie verurteilen Ihn, weil Er am Sabbat ein gutes Werk getan hat, als Er einen Menschen gesund gemacht hat – doch damit sprechen sie sich selbst schuldig: Die Beschneidung wird bei ihnen am Sabbat durchgeführt. Dann weist der Herr auf einen weiteren Fehler in ihrem Urteil hin: Sie haben nach dem gerichtet, was sie sehen, ohne nach dem Willen Gottes zu fragen. Doch man kann nur gerecht urteilen, wenn man dabei nach dem Willen Gottes fragt.

Verse 25–27: Einige von den Bewohnern Jerusalems sagten nun: Ist das nicht der, den sie zu töten suchen? Und siehe, er redet öffentlich, und sie sagen ihm nichts. Haben denn etwa die Obersten in Wahrheit erkannt, dass dieser der Christus ist? Diesen aber kennen wir, woher er ist; wenn aber der Christus kommt, so weiß niemand, woher er ist.

Der Herr redet klar und unmissverständlich – und die Menschen in Jerusalem sind deswegen überrascht, denn sie wissen, dass ihre Führer Ihn zu töten suchen. Kann es wohl sein, dass ihre Obersten mittlerweile auch glauben, dass Er „der Christus ist“? Doch zu welchem Schluss ihre Obersten auch kommen werden, die Juden sagen offen, was sie über den Herrn denken: „Diesen aber kennen wir.“ Sie wissen von Ihm nur, dass Er ein Galiläer aus der verachteten Stadt Nazareth ist – „wenn aber der Christus kommt, so weiß [nach ihren Überlieferungen] niemand, woher er ist.“

Die Person Jesu wird abgelehnt

Johannes 7,28–36

Verse 28.29: Jesus nun rief im Tempel, lehrte und sprach: Ihr kennt mich und wisst auch, woher ich bin; und ich bin nicht von mir selbst aus gekommen, sondern der mich gesandt hat, ist wahrhaftig, den ihr nicht kennt. Ich kenne ihn, weil ich von ihm bin und er mich gesandt hat.

Der Herr geht nicht auf den Irrtum in ihren Überlieferungen ein und erinnert sie auch nicht daran, dass Er von einer Jungfrau in Bethlehem geboren worden ist – genau wie die Schriften es vorhergesagt haben. Diese Erklärungen, so überzeugend sie auch wären, würden ihre Vorurteile nicht abbauen und ihren Unglauben nicht wegnehmen. Er hat ihnen durch genügend Zeichen bewiesen, dass Er eine göttliche Person ist, die von dem gesandt worden ist, der allein „wahrhaftig“ ist. Doch bedeutungsvoll fügt der Herr hinzu: „den ihr nicht kennt“. Hier liegt das Geheimnis für ihre ganze Feindschaft gegen Christus begründet: Sie kennen Gott nicht. Weil sie ihren eigenen Willen tun und ihre eigene Ehre suchen, ist es dunkel um sie geworden, so dass sie unwissend sind über Gott. Das ist seit dem Sündenfall so, aber auch ein Gläubiger, der sich selbst groß macht und seinen eigenen Willen tut, verfehlt unweigerlich die Gedanken Gottes. Doch der Herr, der nicht seine eigene Ehre sucht, sondern nur die Ehre dessen, der Ihn gesandt hat, kann uneingeschränkt bezeugen: „Ich kenne ihn, weil ich von ihm bin und er mich gesandt hat.“

Verse 30.31: Da suchten sie ihn zu greifen; und niemand legte die Hand an ihn, weil seine Stunde noch nicht gekommen war. Viele aber von der Volksmenge glaubten an ihn und sprachen: Wenn der Christus kommt, wird er wohl mehr Zeichen tun als die, welche dieser getan hat?

Auf die Worte des Herrn gibt es zweierlei Reaktionen: Einige Zuhörer zeigen deutlich ihren ganzen Hass und suchen Ihn zu greifen – andere dagegen stellen sich die Frage: „Wenn der Christus kommt, wird er wohl mehr Zeichen tun als die, welche dieser getan hat?“

Vers 32: Die Pharisäer hörten die Volksmenge dies über ihn murmeln; und die Hohenpriester und die Pharisäer sandten Diener, damit sie ihn griffen.

Die Pharisäer hören, was die Volksmenge über Christus sagt, und sind überzeugt, dass es nun notwendig ist, öffentlich gegen Ihn vorzugehen. So senden sie Diener, die Ihn greifen sollen.

Verse 33.34: Da sprach Jesus: Noch eine kleine Zeit bin ich bei euch, und ich gehe hin zu dem, der mich gesandt hat. Ihr werdet mich suchen und nicht finden, und wo ich bin, dahin könnt ihr nicht kommen.

Doch das, was sie tun, um Christus loszuwerden, ist unnötig. Der Herr sagt: „Noch eine kleine Zeit bin ich bei euch, und ich gehe hin zu dem, der mich gesandt hat.“ Die Konsequenz daraus wird für das Volk schrecklich sein, denn der Herr sagt im Blick auf seinen neuen Platz bei dem Vater: „Wo ich bin, dahin könnt ihr nicht kommen.“ Diejenigen, die Christus nicht haben wollen, als Er zu ihnen auf die Erde kommt, die werden auch nicht mit Ihm im Himmel bei seinem Vater sein.

Verse 35.36: Die Juden sprachen nun zueinander: Wohin will dieser gehen, dass wir ihn nicht finden können? Will er etwa in die Zerstreuung der Griechen gehen und die Griechen lehren? Was ist das für ein Wort, das er sprach: Ihr werdet mich suchen und nicht finden, und: Wo ich bin, dahin könnt ihr nicht kommen?

Die Juden lehnen Christus ab, der vom Himmel gekommen ist, und glauben dementsprechend auch nicht, dass Er in den Himmel zurückkehren wird. Daraus schlussfolgern sie, dass Er wohl zu den Zerstreuten unter den Nationen gehen wird, um diese zu unterweisen. Doch das erscheint ihnen unwahrscheinlich und so geben sie zu, dass sie seine Worte nicht verstehen.

Das Kommen des Heiligen Geistes

Johannes 7,37–39

Verse 37–39: An dem letzten, dem großen Tag des Festes aber stand Jesus da und rief und sprach: Wenn jemand dürstet, so komme er zu mir und trinke! Wer an mich glaubt, wie die Schrift gesagt hat, aus dessen Leib werden Ströme lebendigen Wassers fließen. Dies aber sagte er von dem Geist, den die an ihn Glaubenden empfangen sollten; denn noch war der Geist nicht da, weil Jesus noch nicht verherrlicht worden war.

Der Herr beendet das Gespräch mit denen, die Ihn ablehnen. Sie haben deutlich bewiesen, dass sie Gott nicht kennen. Obwohl sie seinen göttlichen Anspruch verwerfen, nutzt Er doch die Gelegenheit, seinen Zuhörern eine neue Art von Segen vorzustellen, die durch seine Himmelfahrt kommen wird.

Der letzte Tag des Festes spricht von neuen und himmlischen Dingen; es ist der achte Tag, wie wir aus dem dritten Buch Mose wissen. Die sieben Tage des Festes reden symbolisch von einem vollständigen irdischen Segen unter der Herrschaft Christi. Der achte Tag dagegen scheint einen Segen anzudeuten, der außerhalb der Erde und außerhalb der Zeit liegt. Dieser neue und himmlische Segen wird kommen, wenn Christus verherrlicht und der Heilige Geist auf die Erde gekommen ist. Er wird nicht allein auf die Juden beschränkt sein, denn „wenn jemand dürstet“ bedeutet: Jeder, der dürstet, kann zu Christus kommen. Wer (jetzt) zu Ihm kommt, wird also nicht unmittelbar den Segen des Tausendjährigen Reiches auf der Erde erleben, sondern wird durch die Gabe des Heiligen Geistes einen noch größeren Segen erfahren, himmlische Segnungen. Außerdem wird er zu einer Quelle des Segens für andere werden. Der Herr begegnet nicht nur der persönlichen Not eines Menschen, Er bewirkt sogar, dass „aus dessen Leib Ströme lebendigen Wassers fließen werden“, damit andere in dieser Welt erfrischt werden.

Das ist der zentrale Punkt in diesem Kapitel: Jesu wird als Mensch im Himmel verherrlicht – der Heilige Geist wird den Gläubigen auf der Erde gegeben. Das schließt aber ein, dass der Messias verworfen ist, dass sein weltweites Reich und die Erfüllung der irdischen Verheißungen auf einen zukünftigen Tag aufgeschoben wird und dass in der Zwischenzeit das Christentum eingeführt wird.

Hier steht der Segen für den einzelnen Gläubigen im Mittelpunkt. Die Worte des Herrn illustrieren eindrucksvoll, was einem einzelnen Gläubigen in der Kraft des Geistes möglich ist. Nur insoweit wir uns dem Geist unterordnen, werden wir den Segen auch wirklich erfahren. Wer also mit dem Geist erfüllt ist, kann ein Gefäß des Segens für eine bedürftige Welt sein, wie „Bäche auf das Trockene“ (Jes 44,3).

Spekulationen über Christus

Johannes 7,40–53

Verse 40–44: Einige nun von der Volksmenge sagten, als sie diese Worte hörten: Dieser ist wahrhaftig der Prophet. Andere sagten: Dieser ist der Christus. Andere sagten: Der Christus kommt doch nicht aus Galiläa? Hat nicht die Schrift gesagt: Aus dem Geschlecht Davids und aus Bethlehem, dem Dorf, wo David war, kommt der Christus? Es entstand nun seinetwegen eine Spaltung in der Volksmenge. Einige aber von ihnen wollten ihn greifen, aber keiner legte die Hände an ihn.

Leider erreichen die wunderbaren Aussagen Jesu nicht die Gewissen der Zuhörer. Immerhin hinterlassen sie Eindruck und führen zu Spekulationen unter dem Volk. Einige meinen: „Dieser ist wahrhaftig der Prophet“, andere sagen: „Dieser ist der Christus“, wieder andere fragen: „Der Christus kommt doch nicht aus Galiläa?“ Doch menschliche Spekulationen über göttliche Dinge führen immer zur Fehlanzeige: Hier trennen die Menschen Wahrheiten, die Gott miteinander verbunden hat. Sie glauben, dass der angekündigte Prophet und der Christus unterschiedliche Personen sind. Mehr noch – sie lassen sich vom Schein trügen: Weil der Herr aus Galiläa kommt, können sie nicht glauben, dass Er aus dem Geschlecht Davids kommt und in Bethlehem geboren ist.

Menschen, die in ihrem Gewissen angesprochen sind, spüren den inneren Mangel und kommen zu Christus und folgen damit der wunderbaren Einladung: „Wenn jemand dürstet, so komme er zu mir und trinke.“ Spekulationen über Christus dagegen führen – damals wie heute -zu einer Spaltung „seinetwegen“, auch unter wahren Gläubigen.

Doch man spekuliert hier nicht nur, sondern feindet Christus auch an und will Ihn festnehmen. Aber weil seine Zeit noch nicht gekommen ist, „legte keiner die Hände an ihn“. Anfang des Kapitels ist seine Zeit noch nicht gekommen, öffentlich aufzutreten, hier ist sie noch nicht gekommen, sich in die Hände der Menschen zu geben und gekreuzigt zu werden.

Verse 45–53: Die Diener kamen nun zu den Hohenpriestern und Pharisäern, und diese sprachen zu ihnen: Warum habt ihr ihn nicht gebracht? Die Diener antworteten: Niemals hat ein Mensch so geredet wie dieser Mensch. Da antworteten ihnen die Pharisäer:

Seid ihr denn auch verführt? Hat wohl jemand von den Obersten an ihn geglaubt oder von den Pharisäern? Diese Volksmenge aber, die das Gesetz nicht kennt, sie ist verflucht! Da spricht Nikodemus zu ihnen, der einer von ihnen war: Richtet denn unser Gesetz den Menschen, ehe es zuvor von ihm selbst gehört und erkannt hat, was er tut? Sie antworteten und sprachen zu ihm: Bist du etwa auch aus Galiläa? Forsche und sieh, dass aus Galiläa kein Prophet aufsteht. Und sie gingen ein jeder in sein Haus.

In den letzten Versen des Kapitels sehen wir, dass sowohl die Diener als auch Nikodemus in ihren Gewissen angesprochen sind. Bei den Dienern mag es nur das natürliche Gewissen gewesen sein, das von den Worten des Herrn beeindruckt ist, weil seine Worte so ganz anders sind als die Worte ihrer Lehrer. Doch als sie davon berichten, hat man nur eine verächtliche Antwort für sie übrig. Nikodemus, der sich zu diesem Zeitpunkt noch nicht öffentlich auf die Seite Christi stellt, wagt es dennoch, ein Wort im Namen von Recht und Ordnung zu sagen. Das Gesetz verbot nämlich, einen Menschen zu verurteilen, wenn keine Beweise für sein Tun oder Reden vorlagen. Nikodemus erinnert die Hohenpriester und Pharisäer daran – doch man verhöhnt ihn, dass er wohl auch einer seiner Nachfolger aus Galiläa sei. Hier wird deutlich, dass sie gar nicht beabsichtigen, den Herrn zu hören oder zu befragen. Er kommt aus Galiläa und das reicht aus, um die Behauptung, Er sei der Prophet, für nichtig zu erklären: „Forsche und sieh, dass aus Galiläa kein Prophet aufsteht.“ Die vorsichtigen Einwände richten nichts aus gegen die immer größer werdende Feindschaft. Andererseits können die Menschen dem Herrn gar nichts tun, weil seine Zeit noch nicht gekommen ist. Jeder geht „in sein Haus“ und der Herr zieht weiter seinen einsamen Weg: „Jesus aber ging an den Ölberg“ (Kap. 8,1).

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