Samuel - der Mann Gottes

Das Ende des Richtertums

Samuel - der Mann Gottes

Als das Königtum errichtet wurde, war das Richteramt Samuels zu Ende. Zugleich endete damit ein ganzer Zeitabschnitt. Als Paulus in der Synagoge zu Antiochien in Pisidien seinen Landsleuten die Wege Gottes mit Israel schilderte, sagte er: „Und danach gab er ihnen Richter bis auf Samuel, den Propheten“ (Apg 13,20).

Somit zog Samuel sich nun aus der aktiven Führung des Volkes zurück. Die Verantwortung lag jetzt auf den Schultern des Königs, und Samuel wirkte fortan unauffällig als Kraft hinter dem Thron. Er wollte für das Volk beten – sie baten ihn sogar darum, dies zu tun (1. Sam 12,19) – und es belehren, wenn sich die Gelegenheit dazu bot: „Fern sei es von mir, gegen den HERRN zu sündigen und aufzuhören, für euch zu bitten; sondern ich werde euch den guten und richtigen Weg lehren“ (1. Sam 12,23). Ein solcher stiller Dienst sollte zu keiner Zeit unterschätzt werden. Die Männer, die an hervorragender Stelle im Werk und Zeugnis Gottes stehen, sind nicht die Einzigen, auf die es ankommt. Selbst Kranke, die den Wert der Fürbitte an sich selbst erfahren haben und die nur in der Zurückgezogenheit des Hauses einen Dienst tun können, sind von unschätzbarem Wert für die Versammlung Gottes. Der Tag Christi wird es einmal offenbaren, in welchem Maß der sichtbare, öffentliche Segen auf die Gebete und Fürbitten solcher zurückzuführen ist, deren Gesichter man vielleicht kaum gesehen und deren Stimme man nie gehört hat. Der Tag wird kommen, wo vielleicht dem Schreiber und manchem Leser dieser Zeilen die Anerkennung ihres öffentlichen Dienstes für den Herrn versagt bleiben mag, aber niemals wird der Herr vergessen, das stille Gebet zu würdigen. Epaphras, ein Mitgefangener des Apostels Paulus, ist hierfür ein leuchtendes Beispiel (Kol 4,12.13).

Samuels letzte Rede an das Volk wird in 1. Samuel 12 berichtet. Er führt dem Volk noch einmal die unermüdliche Treue Gottes von ihrer Erlösung aus Ägypten an bis zu dieser Stunde vor Augen. Der HERR hatte sie niemals verlassen, obwohl sie Ihn häufig verlassen hatten. In allen Bedrängnissen, die von Zeit zu Zeit wegen ihrer Sünden über sie gekommen waren, hatte Er bereitwillig auf jeden Notschrei gehört und ihnen Befreier geschenkt. Deshalb konnte Samuel ihnen versichern, dass trotzdem alles gut gehen werde, wenn sie ein für alle Mal ihre Widerspenstigkeit verurteilten und dem Wort und Willen Gottes unterwürfig wären. Das Vergangene konnte nicht widerrufen werden, denn der König ihres fleischlichen Begehrens stand vor ihnen. Aber ihre Sache war es jetzt, in den neuen Verhältnissen demütig zu leben.

Samuel sprach auch von sich selbst, von seiner Lebensweise vor ihnen von seiner Jugend an: „Hier bin ich, zeugt gegen mich vor dem HERRN und vor seinem Gesalbten! Wessen Rind habe ich genommen? Oder wessen Esel habe ich genommen? Oder wen habe ich übervorteilt? Wem habe ich Gewalt angetan? Oder aus wessen Hand habe ich Lösegeld genommen, dass ich dadurch meine Augen verhüllt hätte? So will ich es euch wiedergeben.“ Darauf konnte das Volk nur antworten: „Du hast uns nicht übervorteilt und uns keine Gewalt angetan und hast aus niemandes Hand irgendetwas genommen“ (1. Sam 12,3.4).

Ähnliches konnte Paulus denen bezeugen, die ihn kannten. Denken wir an seine Abschiedsworte an die Ältesten von Ephesus (Apg 20,18–35), an seine Worte an seine geistlichen Kinder in Thessalonich (1. Thes 2,9–12) und an Timotheus in dem letzten seiner inspirierten Briefe (2. Tim 3,10.11). Unsere Aussagen und Ermahnungen haben nicht mehr Wert, als unser praktisches Leben ihnen verleiht. Von den Pharisäern und Schriftgelehrten zur Zeit des Herrn musste dieser große Lehrer sagen: Sie „haben sich auf den Stuhl Moses gesetzt. Alles nun, was irgend sie euch sagen, tut und haltet; aber tut nicht nach ihren Werken, denn sie sagen es und tun es nicht“ (Mt 23,2.3). Wie tiefernst! Die Lehre war gut, aber das Leben der Lehrer entsprach nicht ihrer Lehre. Glückselig jeder – sei es Samuel, Paulus oder irgendein anderer –, der am Ende seines Dienstes mit reinem Gewissen die, welche sein Leben von Anfang bis Ende kennen, darauf hinweisen kann! Gott schenke uns allen einen solchen Lebensabschluss!

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