Samuel - der Mann Gottes

Was ist ein „Mann Gottes“?

Samuel - der Mann Gottes

Samuel war nicht nur „der Mann Gottes“, sondern sozusagen der Mann Gottes in der Notzeit. Solche Männer sind immer in Zeiten besonderer Schwierigkeiten und Nöte erschienen – sowohl in Israel als auch in der Geschichte der Kirche Gottes. Wäre die göttlich eingesetzte Ordnung aufrechterhalten worden, wäre ein solcher Mann nicht notwendig gewesen. Aus den frühen Tagen der Christenheit wird uns in den Schriften nicht von solchen Männern berichtet, denn zu jener Zeit war alles in bester Ordnung. Es war eine Zeit, in der alle in der Kirche Gottes „mit dem Heiligen Geist erfüllt“ waren und man sagen konnte, dass „große Gnade auf ihnen allen“ war (Apg 4,31–33). Aber als sie ihre erste Liebe verlassen hatten und Unordnung einzusetzen begann, lesen wir von dem „Menschen Gottes“. Die erste Person, die im Neuen Testament so bezeichnet wird, ist Timotheus (1. Tim 6,11). Ohne Zweifel hat es während der folgenden Jahrhunderte viele solcher treuen Menschen gegeben, und ihre Treue wird am Tag des Herrn auch belohnt werden.

Auch heute gibt es „Menschen Gottes“, denen Gott Gaben gegeben hat. Diese Gaben sind immer gegeben worden, seitdem der Herr Jesus in den Himmel hinaufgestiegen ist und seinen Sitz zur Rechten Gottes eingenommen hat, und diese Gaben werden weiterhin gegeben werden, solange der Leib Christi noch auf dieser Erde ist (Eph 4,7–11). Das zeigt uns, wie treu unser Herr für uns sorgt. Ein Christ kann ein Evangelist, ein Hirte oder ein Lehrer sein oder er kann sogar alle drei Gaben in sich vereinigen, ohne jedoch ein „Mensch Gottes“ zu sein. Dass dies möglich ist, wird wohl kaum jemand bezweifeln.

Was ist denn nun ein „Mann Gottes“? Mose ist der erste Diener Gottes, der diesen Ehrentitel trug. Fünfmal wird er im Wort Gottes so genannt (5. Mo 33,1; Jos 14,6; 1. Chr 23,14; 2. Chr 30,16; Esra 3,2). Sein ganzer Lebenslauf zeigt, wie er auf einzigartige Weise dem HERRN ergeben war. Freudig gab er alle Ehren und Bequemlichkeiten am ägyptischen Hof auf, um sich mit dem unterdrückten Volk Gottes einszumachen. Willig ertrug er die Last der vierzig Jahre der „Erbitterung“ (vgl. Heb 3,8–10), und mit bewundernswerter Geduld ertrug er Israels Murren und Undankbarkeit. Darüber hinaus verwandte er sich bei Gott für das Volk und ging in seiner Fürbitte so weit, dass er aus dem Buch Gottes ausgelöscht werden wollte, wenn Gott dadurch die Sünden des Volkes vergeben würde. Sein Eifern für den Namen Gottes in Verbindung mit dem Volk war wirklich bewundernswert. Sein vertrauter Umgang mit Gott zugunsten seines Volkes, so wie er uns in 2. Mose 32 und 33 berichtet wird, ist fast unvergleichlich. Selbstverständlich war Mose nicht vollkommen – nur Einer war jemals vollkommen –, aber seine Selbstlosigkeit und seine Ergebenheit zeichnen ihn als einen der hervorragendsten Charaktere der biblischen Geschichte aus. Durch Mose erhalten wir eine gewisse Vorstellung davon, was in dem Titel „Mann Gottes“ enthalten ist.

Auch Samuel wurde in seinen Tagen als Mann Gottes angesehen (1. Sam 9,6–10), und das mit Recht. Die Umstände in Israel waren sehr schwierig, als Samuel auf der Bildfläche erschien. Nach Moses Tod wurde das Priestertum das Bindeglied zwischen Gott und seinem Volk; der zivile und militärische Führer kam erst an zweiter Stelle. (4. Mo 27,18–21). Aber in der Person Elis brach das Priestertum völlig zusammen. Obgleich Eli selbst ein frommer Mann war, erlaubte er doch bei denen, die ihm am nächsten standen, Ungerechtigkeiten ernstester Art: „Denn ich habe ihm kundgetan, ... dass seine Söhne sich den Fluch zuzogen und er ihnen nicht gewehrt hat“ (1. Sam 3,13). Seine natürlichen Zuneigungen beeinträchtigten seine Treue gegen den HERRN, und das zog das Verderben des ganzen Volkes nach sich.

Der Zustand des Volkes war genauso verkehrt wie der seines Hohenpriesters. Es waren die Tage, als kein König in Israel war; „jeder tat, was recht war in seinen Augen“ (Ri 21,25). Die letzten Kapitel des Buches der Richter enthüllen uns die schlimmen Zustände, die sich im Land entwickelt hatten.

Auch in dem Haus, aus dem Samuel kam, waren die Dinge nicht in Ordnung. Sein Vater war ein Levit und stammte von Korah ab. Als Korah sich gegen Gott empört hatte, waren seine Söhne gnädig von der Vernichtung verschont geblieben (4. Mo 26,11); später waren sie Torhüter und Sänger im Haus des HERRN. Eine solche Gnade hätte ihr Herz mit tiefer Dankbarkeit gegen Gott erfüllen und sie bereit machen sollen, seinem Willen ergeben zu sein. Aber wir finden, dass Samuels Vater Elkana zwei Frauen hatte; der Name der einen war Hanna und der Name der anderen Peninna (1. Sam 1,2). Wusste Elkana es nicht besser? Sein Handeln brachte Elend ins Haus. Wir werden dabei an die Unruhe in Abrahams Umgebung erinnert, als er Hagar zu Sara hinzunahm.

In Elkana, Samuels Vater, haben wir das Bild eines Korahiten, der Unrecht getan hatte, und in Eli das Bild eines schwachen Hohenpriesters, der Böses duldete in einer äußerst gesetzlosen Nation. Aber statt dass ein beleidigter Gott Gericht brachte, erweckte Er den Mann, durch den Er sein treuloses Volk wiederherstellen und segnen wollte. Diesen Platz nahm nun Samuel in den Wegen Gottes mit seinem Volk ein.

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