Biblische Gemeinde - heute verwirklichen

Die Zusammenkommen als Gemeinde

Biblische Gemeinde - heute verwirklichen

In diesem Teil wenden wir uns den verschiedenen Charakterzügen des Zusammenkommens als Gemeinde zu, die wir im Neuen Testament finden. Vielleicht kann man besser sagen, „Ausprägungen“ von Zusammenkommen, weil diese zu Beginn der christlichen Zeit oftmals nicht so grundsätzlich voneinander getrennt waren, wie wir das heute kennen. Aus 1. Korinther 11,20.21 wissen wir beispielsweise, dass die Korinther ein „Liebesmahl“, wo die Gläubigen zusammen waren, um miteinander Austausch zu pflegen sowie zu essen und zu trinken, mit dem Brotbrechen verbunden haben. Das wird schon aus dem Bericht über die ersten „christlichen“ Erfahrungen in Apostelgeschichte 2,46 deutlich. Apostelgeschichte 20,7 zeugt davon, dass die Gläubigen in Troas anlässlich der Gegenwart des Apostels Paulus das Brotbrechen mit einem Zusammenkommen zur Erbauung bzw. geistlichen Belehrungen durch den Apostel verbunden haben.

Insgesamt lesen wir im Neuen Testament von mindestens vier verschiedenen Ausprägungen des Zusammenkommens im Namen des Herrn. Man versammelte sich in diesem Charakter

  • zum Brotbrechen,
  • zur Erbauung,
  • zum Gebet und
  • zur (Wieder-)Aufnahme in die Gemeinschaft bzw. zum Ausschluss.

Allgemein können wir Folgendes sagen: Immer dann, wenn die Gemeinde sich in dem Bewusstsein trifft, „in seinem Namen“, also im Namen des Herrn, versammelt zu sein, handelt es sich um Zusammenkommen „als Gemeinde“. Dazu gehört sicherlich, dass man sich bewusst ist, dass die örtliche Gemeinde keine unabhängige Gruppe darstellt, sondern die Darstellung der einen, weltweiten Gemeinde ist. Hinzu kommt, dass dieses Zusammensein keinen privaten Charakter trägt, sondern Versammlungscharakter (vgl. 1. Korinther 11,18.20–22). Diese Zusammenkünfte sollen unter der Autorität des Herrn und der Leitung des Geistes Gottes stattfinden.

1. Voraussetzungen für ein Zusammenkommen „als Gemeinde“

„Wenn ihr als [in] Versammlung zusammenkommt“ (1. Korinther 11,18).

Gott hat kein abstraktes Gebilde „Gemeinde“ geschaffen, das in der Realität nicht gesehen werden kann. Er möchte, dass diejenigen, die zu dieser Kirche Gottes gehören, sich kennen, sich lieben, sich helfen. Er wünscht auch, dass sie regelmäßig zusammenkommen. Das ist das, was die Bibel Zusammenkommen „als Gemeinde“ nennen. Nachdem der Herr Jesus zu seinen Jüngern von der Gemeinde am Ort gesprochen hat, sagt Er: „Wo zwei oder drei versammelt sind in meinem Namen, da bin ich in ihrer Mitte“ (Matthäus 18,20).

Nun stellt sich die Frage, ob man immer dann, wenn Christen sich treffen, von solch einer Art von Zusammenkunft sprechen kann. Oder anders gefragt: Wann kann man von einem Zusammenkommen „als Gemeinde“ sprechen, bei dem Jesus Christus persönlich (allerdings nicht leibhaftig) in der Mitte ist?

Voraussetzungen

Ich nenne im Folgenden Voraussetzungen, die wir im Neuen Testament dafür finden:

  1. Die Person des Herrn Jesus Christus steht im Mittelpunkt. Wenn Er wirklich „in der Mitte“ der Versammelten sein soll, muss Er das Zentrum der Gemeindestunde sein. Von Ihm, dem Haupt des Leibes, muss alles ausgehen. Seine Gedanken und Absichten sollen zum Ausdruck kommen. Da Christus sich selbst offenbaren will, haben Eigenwille und Geltungsbedürfnis keinen Platz. Seine Person und sein Erlösungswerk sollen den Anwesenden größer und wichtiger werden (vgl. Matthäus 18,20).
  2. Das heißt auch, dass nichts akzeptiert wird, was im Widerspruch zu den Belehrungen des Neuen Testaments über die Person des Herrn Jesus steht. Es wird daher auch keine Irrlehre über die Person Jesu Christi geduldet (vgl. 2. Johannes 7–11). Alles, was im Widerspruch zum Herrn Jesus steht, wie zum Beispiel auch Unmoral, kann dort nicht geduldet werden.
  3. Sein Name, in dem wir uns versammeln, ist untrennbar mit seinem Erlösungswerk verbunden. Man liest beispielsweise in 1. Johannes 2,2: „Und er ist die Sühnung für unsere Sünden.“ Wenn man sich fragt, wodurch Sühnung bewirkt worden ist, wird deutlich: Es geschah durch das Werk Jesu am Kreuz. Das wird in Römer 3,25 klar: „Christus Jesus, den Gott dargestellt hat als ein Sühnmittel durch den Glauben an sein Blut.“ Es ist das Blut Christ, sein am Kreuz in den Tod gegebenes Leben, durch das Sühnung bewirkt worden ist. Dennoch ist dieses Werk Christi untrennbar mit seiner Person verbunden, mit seinem Namen. Dasselbe gilt für die Versöhnung (vgl. Kolosser 1,20; Römer 5,10). Daher verwundert es nicht, dass gerade mit dem Versagen der Korinther, das Böse aus ihrer Mitte wegzutun, das Erlösungswerk Christi verknüpft wird (1. Kor 5,7.8). Wer also wissentlich falsche Lehren über das Werk Christi am Kreuz duldet, kann nicht „in seinem Namen“ versammelt sein.
  4. Darüber hinaus wird „Christus“ direkt mit der Versammlung verbunden. In 1. Korinther 12,12 heißt es: „Denn so wie der Leib einer ist und viele Glieder hat, alle Glieder des Leibes aber, obgleich viele, ein Leib sind: so auch der Christus.“ Hier benutzt Paulus den menschlichen Körper als Bild und vergleicht ihn mit der Gemeinde Gottes. So, wie der menschliche Körper aus vielen Gliedern besteht und zugleich eine vollkommene Einheit ist, gilt das auch für die Kirche. Christus ist hier somit der Name für die weltweite Gemeinde. Bereits in der Einleitung dieses Briefes zeigt der Apostel, dass das Anrufen der Person Christi ein wesentliches Kennzeichen der Versammlung Gottes ist (1. Kor 1,2). Wer daher wissentlich im Widerspruch zu der biblischen Belehrung über die Versammlung Gottes am Ort und weltweit handelt, kann nicht für sich in Anspruch nehmen, „in seinem Namen“ versammelt zu sein. Nicht von ungefähr wird dieser besondere Charakter des Zusammenkommens deshalb in 1. Korinther 11,18 ein Zusammenkommen „als Versammlung“ genannt.
  5. Um „als Gemeinde zusammenzukommen“ genügt es darüber hinaus nicht, dass alle Erlösten an einem Ort zusammenkommen. Man muss bewusst den Charakter der örtlichen Gemeinde verwirklichen wollen. Das heißt, dass man nicht zu irgendeinem Zweck zusammenkommt, zum Beispiel zum gemeinsamen Abendessen. Wie schon weiter oben gesagt, geht es um den Versammlungscharakter, der deutlich werden sollte. Man muss die göttliche Belehrung über die örtliche Versammlung verwirklichen und die Einheit des Geistes bewahren wollen.
  6. Man unterstellt sich der wirksamen Kraft des Heiligen Geistes, der den Herrn Jesus verherrlicht (vgl. 1. Korinther 12,11). Dann kann man im Namen des Herrn Jesus versammelt sein (Matthäus 18,20). Der Geist Gottes, der in der Gemeinde wohnt (1. Korinther 3,16) ist frei, in den Zusammenkünften die Gnadengaben zu benutzen, die Er will.
  7. Das Neue Testament nennt uns eine Anzahl von Zusammenkommen „als Gemeinde“ bzw. „in seinem Namen“ (siehe die nun folgenden Kapitel). Eine örtliche Versammlung wird sie alle zu verwirklichen suchen.
  8. Auch die Hinweise im Neuen Testament über die bildhaften Kennzeichen der Versammlung wie die Heiligkeit und Verantwortung im Haus Gottes sowie die Einheit und Vielfalt im Leib Christi wird eine Gemeinde, die „in seinem Namen“ zusammenkommt, verwirklichen. Letztlich müssen alle Belehrungen des Neuen Testaments über das Zusammenkommen „als Versammlung“ ohne Einschränkung verwirklicht werden.

Gott wünscht von uns, dass wir diese Punkte mit Entschiedenheit festhalten. Das ist die Voraussetzung, überhaupt „in seinem Namen“ versammelt zu sein. Wir wollen aber darüber hinaus in diesen Zusammenkünften bewusst daran denken, dass der Herr Jesus in der Mitte ist. Er soll der Mittelpunkt unserer Gedanken, Empfindungen, Worte, Danksagungen, Belehrungen und Gebete sein. Wenn wir das dauerhaft aus den Augen verlieren, werden wir früher oder später auch die Grundsätze aufgeben.

2. Das Brotbrechen

„Am ersten Tag der Woche aber, als wir versammelt waren, um Brot zu brechen“ (Apostelgeschichte 20,7).

Bei den Zusammenkünften als Gemeinde denken wir zunächst an das Brotbrechen. Nach Apostelgeschichte 2,42 war dieses am Anfang der christlichen Zeit geradezu prägend für die Versammlung in Jerusalem. Sie waren sogar täglich zusammen, um das Brot zu brechen, also das Abendmahl einzunehmen (V. 46).

Der Inhalt des Zusammenkommens

Folgenden „Inhalt“ dieses Zusammenkommens finden wir in den Belehrungen des Neuen Testaments:

  1. „Dies tut zu meinem Gedächtnis“ (1. Korinther 11,24): Wir denken an den Herrn Jesus, der am Kreuz gestorben ist. Deshalb sprechen manche Christen vom „Gedächtnismahl“ des Herrn.
  2. „Sooft ihr dieses Brot esst und den Kelch trinkt, verkündigt ihr den Tod des Herrn, bis Er kommt“ (1. Korinther 11,26): Wir verkündigen den Tod des Herrn, und zwar so lange, bis Er wiederkommt zur Entrückung. Im Himmel wird es das Abendmahl nicht mehr geben.
  3. „Der Kelch der Segnung, den wir segnen, ist er nicht die Gemeinschaft des Blutes des Christus? Das Brot, das wir brechen, ist es nicht die Gemeinschaft des Leibes des Christus?“ (1. Korinther 10,16): Wir haben Gemeinschaft mit dem auferstandenen und verherrlichten Christus auf der Grundlage seines Erlösungswerkes am Kreuz auf Golgatha. Zugleich bekunden wir damit unser Teil an dem gestorbenen Christus.
  4. „Denn ein Brot, ein Leib sind wir, die Vielen, denn wir alle nehmen teil an dem einen Brot“ (1. Korinther 10,17). Wir haben Gemeinschaft miteinander und drücken durch die Teilnahme an dem einen Brot die weltweite Einheit und Gemeinschaft der Glieder des Leibes aus.
  5. „Dieser Kelch ist der neue Bund in meinem Blut“ (1. Korinther 11,25). Es fällt auf, dass in allen vier Berichten über das Mahl des Herrn (in den drei Evangelien und in 1. Korinther) der neue Bund erwähnt wird. Diesen neuen Bund schließt Gott in künftigen Zeiten mit dem Volk Israel (Jeremia 31,31). Warum wird dieser Punkt bei dem Gedächtnismahl erwähnt, bei dem es nicht um Israel geht? Auch wir Christen sollen nicht vergessen, dass der Herr sein irdisches Volk, das Volk Israel, nicht vergessen hat. Dieses Volk, das heute im Unglauben lebt, wird einmal von seinem bösen Weg umkehren. Gott wird sie als „sein Volk“ annehmen. Und sie werden Christus als den Messias Gottes anerkennen. Darüber hinaus dürfen wir als Christen schon heute an den geistlichen Segnungen des neuen Bundes teilhaben.

Das zeigt: Das Brechen des Brotes und das Trinken vom Kelch stehen (äußerlich) im Mittelpunkt dieser Zusammenkunft. Besonders wünschte unser Retter, dass wir (innerlich) regelmäßig an Ihn und an sein Kreuzesleiden denken. Er wollte, dass wir das nicht individuell tun, sondern dass wir als Gläubige gemeinsam anbetend an seinen Tod denken.

Tisch des Herrn

Die Gemeinschaft beim Abendmahl pflegen wir mit allen, die am Tisch des Herrn teilnehmen. Das gilt örtlich und überörtlich. Der Apostel Paulus spricht ausdrücklich vom „Tisch des Herrn“ (1. Korinther 10,21). Dieser Ausdruck steht im Gegensatz zum „Tisch der Dämonen“. Damit ist natürlich kein materieller Tisch gemeint. „Tisch“ steht für Gemeinschaft. Es geht also um eine Gemeinschaft, die mit dem Herrn Jesus verbunden und im Gehorsam Ihm gegenüber verwirklicht werden muss. Deshalb heißt es Tisch des Herrn und nicht Tisch Christi. Gemeinschaft bedeutet, etwas miteinander zu teilen, etwas gemeinsam zu haben. Bei dem Tisch des Herrn gedenken wir gemeinsam des Todes des Herrn und erfreuen uns gemeinsam der Liebe Gottes, des Vaters, und seines Sohnes, Jesus Christus. Wir haben gemeinsam Anteil an den Segnungen, die ein Ergebnis seines Todes sind und drücken diese Gemeinschaft durch das Trinken vom Kelch und das Essen vom Brot aus.

Es ist klar, dass solch eine Gemeinschaft nur dann verwirklicht werden kann, wenn man persönlich und in seinen Beziehungen (oder Verbindungen) moralisch und lehrmäßig rein ist. Gleichgültigkeit im Blick auf Böses oder die bewusste Duldung von Bösem stehen im Widerspruch zu der Person und dem Werk unseres Herrn Jesus Christus. So etwas dürfen wir mit Ihm nicht in Verbindung bringen.

Daher ist es auch so wichtig, dass wir wissen, mit wem wir diese praktische Gemeinschaft am Ort und auch darüber hinaus pflegen. Wenn wir wissentlich mit jemandem Brot brechen, der in Sünde lebt, zum Beispiel als Ehebrecher, Unzüchtiger, Dieb, usw., dann ist die Gemeinde verunreinigt. Damit sind alle diejenigen befleckt, die an dieser Gemeinschaft praktisch teilnehmen. Und wir alle beschmutzen dadurch den Namen des Herrn, an dessen Tisch wir versammelt sind. Das aber kann nicht der Wunsch erlöster Menschen sein, die Gemeinschaft mit dem Herrn Jesus und den Seinen pflegen wollen. Wenn wir Böses tolerieren, können wir nicht mehr als Gemeinde auf biblischer Grundlage zusammenkommen. Denn wie könnte sich der Herr, das Haupt des Leibes der Gemeinde, mit Sünde verbinden!?

Praktische Konsequenzen

Das Brotbrechen kann niemand für sich allein tun. Es ist eine Handlung der Gemeinschaft, die in Übereinstimmung mit der Heiligkeit dessen geschehen sollte, von dem das Brot ein Symbol ist: vom Herrn Jesus und der Versammlung Gottes. Keine Art des Bösen hat dort Platz. Jeder Gläubige, der am Abendmahl teilnimmt, sollte daher den Anforderungen des Herrn entsprechen bzw. ein Leben in Übereinstimmung mit dem Namen des Herrn führen. Wenn Personen, die in Sünde leben oder falsche Lehren vertreten, am Abendmahl teilnehmen können, kann man von dieser Gemeinde nicht sagen, dass sie „in seinem Namen“ zusammenkommt. Auch in Zeiten geistlichen Niedergangs sind wir verpflichtet, die neutestamentlichen Belehrungen zu verwirklichen.

Zum Schluss möchte ich noch kurz darauf verweisen, dass es zum Ablauf des Zusammenkommens zum Brotbrechen fast keine Festlegungen in Gottes Wort gibt. Es ist klar, dass es ein Brot sein muss, von dem wir essen. Das betont der Apostel Paulus. Und auch von dem Kelch wird in der Einzahl gesprochen.

Darüber hinaus aber gibt es Freiheit, Dankes- und Anbetungslieder zu singen, Danksagungen und Anbetungsgebete auszusprechen sowie Bibelverse vorzulesen. Auch der in 1. Korinther 14 genannte Psalm (ein christlicher Lobgesang) hat hier seinen Platz. Wo Gottes Wort keine Anordnungen gibt, dürfen auch wir sie nicht vornehmen.

Die inhaltliche Ausrichtung beim Brotbrechen

Bedeutet dies, dass jeder tun oder lassen kann, was ihm persönlich gut erscheint? Natürlich nicht! Wir haben bereits gesehen, dass ein Charakteristikum der Versammlung Gottes darin besteht, dass der Heilige Geist, eine göttliche Person, in ihr wohnt. Und der Geist Gottes hat nach Johannes 16,14 ein Ziel: Christus zu verherrlichen. Einerseits ist Er die Gabe Gottes, von der Christus zu der Frau am Brunnen in Samaria spricht (Johannes 4,10). Andererseits ist Er zugleich derjenige, der die Anbetung des Vaters in Geist und Wahrheit „anstimmt“ (Johannes 4,23).

Und was ist der Hauptinhalt der Anbetung: Christus selbst! Denn an wem hätte Gott, unser Vater, mehr Wohlgefallen als an dem eigenen Sohn? Mehrfach hat Er während des Lebens ausdrücklich sein Wohlgefallen am Herrn Jesus ausgerufen. Und genau das ist der zentrale Punkt der Anbetung. Wir finden das im Friedensopfer im Alten Testament vorbildlich ausgedrückt. Das Friedensopfer war das Opfer, wo zuerst Gott, dann aber auch der Priester und auch der Opfernde Anteil bekamen. Es ist ein schöner Hinweis auf das, was wir am Tisch des Herrn verwirklichen dürfen:

  1. Wir bringen Gott Anbetung, der damit das Ihm zustehende, überragende Teil erhält.
  2. Der wahre Priester, Christus, erhält seinen Anteil (Hebräer 10,21).
  3. Zugleich haben wir als Opfernde Gemeinschaft mit Ihm und untereinander und erhalten ebenfalls ein Stück dieses Opfers.

Wie nannte Gott dieses Friedensopfer? Es war seine „Speise“ (3. Mose 3,11.16). Später nennt Er einmal die Feueropfer „meine Speise“ (4. Mose 28,2). Mit anderen Worten: Wenn sich Gläubige heute versammeln, um das Brot zu brechen, werden sie mit Christus beschäftigt sein und Gott, dem Vater, die Herrlichkeit des Herrn anbetend vorstellen. Zugleich beten sie den Herrn Jesus an für das, was Er ist und getan hat. Das alles geschieht durch den Heiligen Geist und in seiner Kraft.

Das Zusammenkommen zum Brotbrechen ist sicher durch Ruhe geprägt. Man hat Zeit, über den Einen nachzudenken, der sich Gott hingegeben hat und für uns gestorben ist. Auch den Zeitrahmen gibt das Neue Testament nicht vor. Wir freuen uns darauf, vom Heiligen Geist so geleitet zu werden, dass Christus in allem verherrlicht wird.

In Apostelgeschichte 2,46 lesen wir, dass die Christen in der Anfangszeit täglich miteinander das Brot zum Gedächtnis Jesu brachen. Diese Zeit muss relativ kurz gewesen sein. Schon kurze Zeit später kam man offenbar nur noch am ersten Tag der Woche zum Brotbrechen zusammen (Apostelgeschichte 20,7; vgl. 1. Korinther 16,2). Es ist eine gute Gewohnheit, dabei zu bleiben, da wir im Wort Gottes keinen Hinweis auf eine andere, spätere Ordnung finden.

3. Die Erbauung der Gemeinde

„Was ist es nun, Brüder? Wenn ihr zusammenkommt, so hat jeder von euch einen Psalm, hat eine Lehre, hat eine Offenbarung, hat eine Sprache, hat eine Auslegung; alles geschehe zur Erbauung“ (1. Korinther 14,26).

Eine zweite Ausprägung von Zusammenkommen „als Gemeinde“ dient der Erbauung der Gemeinde. Ein langes Kapitel (1. Korinther 14) wird dieser Zusammenkunft gewidmet.

Das große Ziel dieses Zusammenkommens besteht darin, die örtliche Gemeinde zu erbauen. Das heißt, die örtliche Versammlung wird geistlich gestärkt. Gott möchte in diesem Zusammenkommen das Glaubensleben des Einzelnen und der Glaubensgeschwister gemeinsam (wieder neu) auf den Herrn Jesus Christus hinlenken und in der Wahrheit festigen. Dadurch werden wir motiviert, mit Herzensentschluss dieser einzigartigen Person nachzufolgen.

Mittel zur Erbauung

Dazu gibt es viele verschiedene Wege oder Mittel (vgl. 1. Korinther 14,26):

  1. Ein Psalm: Damit sind nicht die Psalmen aus dem alttestamentlichen Psalter gemeint. Diese Psalmen bilden zwar eine Schatzkammer für jeden Gläubigen, sie machen aber nicht die Segnungen zum Thema, die sich auf unseren gestorbenen, auferstandenen und verherrlichten Herrn sowie das Kommen des Heiligen Geistes auf die Erde gründen. Sie stehen teilweise sogar in direktem Gegensatz zur christlichen Stellung der Gläubigen, zu unseren christlichen Erfahrungen und zur Gewissheit, ewiges Leben zu besitzen (1. Johannes 5,13). Die Erbauung bezieht sich jedoch gerade auf den christlichen Glauben. Alles das, was typisch christlich ist, war in der alttestamentlichen Zeit nicht bekannt. Dazu gehört unter anderem das vollbrachte Erlösungswerk am Kreuz, die Verherrlichung Christi, das Herniederkommen des Heiligen Geistes, Heilsgewissheit, Rechtfertigung aus Glauben sowie die Bildung der Gemeinde Gottes. Dementsprechend weist „Psalm“ hier auf ein geistliches, christliches Loblied für Gott hin, nicht auf eine Predigt über einen Psalm. Es ist ein Anbetungs-Gedicht, das zur Ehre Gottes von einem Bruder gesungen oder gesprochen bzw. den Gläubigen gemeinsam gesungen wird (vgl. Epheser 5,19)1. Das heißt übrigens nicht, dass wir nicht Teile der Psalmen – ob vertont oder nicht – als christliche Erfahrung kennen und in geistlichen Liedern verarbeiten können. Nur bezieht sich der Apostel an dieser Stelle nicht darauf.
  2. Eine Lehre: Ein Gläubiger stellt einen bestimmten Teil der göttlichen Wahrheit vor, einen Bibelabschnitt oder einzelne Verse aus dem Wort Gottes. Er erklärt diese Verse und wendet sie auf das Leben der Zuhörer an.
  3. Eine Offenbarung: In der Anfangszeit des Christentums war das Wort Gottes noch nicht vollendet (vgl. Kolosser 1,25). Daher hat Gott in der ersten Zeit gläubigen Männern während dieser Zusammenkünfte eine Offenbarung damals noch unbekannter Teile der Wahrheit geschenkt. Sie beziehen sich auf die persönliche und gemeinsame Stellung des Christen, wie sie im Alten Testament unbekannt war. Diese Offenbarungen sollten sofort weitergegeben werden. Offenbarungen gibt es heute nicht mehr, da Gottes Wort vollendet ist.
  4. Eine Sprache: Wir haben schon vorher gesehen, dass es diese Begabung heute nicht mehr gibt. Es ist heute nicht mehr nötig, eine nicht gelernte Fremdsprache zu reden und dabei geistliche Aussagen zu treffen.
  5. Eine Auslegung: Diese Gabe bestand damals in der Übersetzung und Auslegung der in einer (Fremd-)Sprache ausgedrückten geistlichen Äußerungen.
  6. Eine Weissagung (Prophezeiung): Im Korintherbrief wird die Weissagung eng mit der Offenbarung verbunden, also dem Bekanntmachen damals noch nicht bekannter Teile der neutestamentlichen Wahrheit (vgl. 1. Korinther 14,6.29.30). Darüber hinaus finden wir, dass Weissagung in der Bibel das Vorhersagen zukünftiger Ereignisse ist (siehe das Buch der Offenbarung oder die alttestamentlichen Prophetenbücher). Zur Weissagung gehört auch die Enthüllung von Geschehnissen, die stattfanden, bevor der Mensch auf der Erde lebte. Wir können sie daher nicht aus Erfahrung wissen (zum Beispiel die Erschaffung der Welt, 1. Mose 1 und Jesaja 45,18 oder das Enthüllen des Falls Satans, Hesekiel 28,11–19).

Diese Arten von Weissagung gibt es nicht mehr, da Gottes Wort vollendet worden ist. Jede Weissagung hat jedoch noch eine weitere Zielrichtung. Prophezeiung ist nämlich das Reden aus der persönlichen Gemeinschaft mit Gott heraus in die aktuellen Umstände der Zuhörer. Dadurch wird das Gewissen der Zuhörer angesprochen, auch wenn der Redner selbst deren konkrete Umstände nicht kennt (vgl. 1. Korinther 14,24.25).

Man nennt diese Art von Weissagung den „Dienst der Weissagung“, der nach 1. Korinther 14,3 die anwesenden Geschwister erbaut, ermahnt und tröstet. Dieser Dienst fußt, genau wie die Lehre, auf dem Wort Gottes. Durch diesen Dienst wird der Zuhörer in das Licht des Wortes Gottes gestellt. Er erkennt, wo er sein Leben ändern oder was er für konkrete Entscheidungen treffen soll (vgl. V. 25; 1. Petrus 4,11).

Praktische Konsequenzen

Bis auf wenige Einschränkungen gibt es auch in diesem Zusammenkommen eine große Freiheit: Das Sprachenreden durfte nur unter gewissen Bedingungen stattfinden; die Frauen müssen in der Gemeinde, also in den Zusammenkünften, schweigen (1. Korinther 14,34–36); es soll nicht durcheinandergeredet werden, sondern nacheinander.

Ansonsten wird die Freiheit nicht eingeschränkt, auch wenn der Apostel Paulus das in Korinth offenbar vorhandene Gedränge um Beiträge nicht lobt (V. 26). Wir finden in diesem Kapitel beispielsweise nicht, dass Personen oder Themen für den Dienst am Wort vorab bestimmt werden sollen. Dasselbe gilt für Lieder und Gebete, ihre Anzahl oder eine Reihenfolge. Der Geist Gottes schreibt auch nicht vor, womit eine solche Versammlung beginnen oder schließen muss. Christliche Freiheit ist dem Apostel Paulus unter der Leitung des Heiligen Geistes wichtig.

Das aber bedeutet nicht, dass wir tun und lassen könnten, was wir wollen. Der Geist Gottes möchte benutzen, wen Er will. Dieser Satz stammt zwar nicht aus unserem Kapitel, sondern aus 1. Korinther 12,11, wo er sich auf das grundsätzliche Schenken von Gnadengaben bezieht. Das gilt auch für die Ausübung dieser Gaben in den Zusammenkünften. Zudem darf man nicht übersehen, dass jeder Dienst unter der Autorität des Herrn ausgeführt werden soll (1. Korinther 12,5). Dass in Kapitel 14 der Heilige Geist und sein Wirken nicht direkt erwähnt werden, wird bei näherem Hinsehen klar: Paulus weist in diesem Abschnitt besonders darauf hin, dass die gläubigen Männer in Verantwortung vor Gott handeln und dabei ihren Verstand gebrauchen sollen. Der Apostel betont also mehr die menschliche Seite, deren göttliche Entsprechung die Leitung des Geistes ist.

Insgesamt kann man sagen, dass Christen, die sich nach Gottes Wort versammeln wollen, auch solche regelmäßigen Gelegenheiten kennen sollten, wo der Heilige Geist ohne vorherige menschliche Festlegung frei wirken kann. Gerade das ist der Charakter der christlichen Zeit und sollte sich daher auch in den Zusammenkünften wiederspiegeln. Ein Zusammenkommen, wo beispielsweise feststeht, wer (womöglich auch worüber) sprechen wird, hat nicht den geistlichen Charakter, von dem der Apostel in 1. Korinther 14 spricht. Dieser aber ist kennzeichnend für Zusammenkommen „in seinem Namen“.

Das heißt nicht, dass solche Zusammenkünfte verwerflich wären. Im Gegenteil: Sie können sehr nützlich sein und sind eine Möglichkeit, die von Gott gegebenen Gaben zum Segen der Gläubigen auszuüben. Nur sind solche Versammlungen keine Zusammenkommen nach Matthäus 18,20.

4. Das gemeinschaftliche Gebet

„Wenn zwei von euch auf der Erde übereinkommen werden über irgendeine Sache, welche sie auch erbitten mögen, so wird sie ihnen zuteil werden von meinem Vater, der in den Himmeln ist. Denn wo zwei oder drei versammelt sind in meinem Namen, da bin ich in ihrer Mitte“ (Matthäus 18,19.20).

Im Neuen Testament lesen wir zudem davon, dass die Versammlung im Namen des Herrn Jesus zum Gebet zusammenkam. Die örtliche Versammlung trifft sich, um zu Gott, dem Vater, und zum Herrn Jesus Christus zu beten. Inhalt der Gebete umfassen Fragen, Gefahren und Probleme, die am Ort von Bedeutung sind. Darüber hinaus tritt die örtliche Gemeinde fürbittend für leidende Gläubige vor Gott ein (Apostelgeschichte 12). Weiter betet sie für Gläubige, die im Werk des Herrn tätig sind (Kolosser 4,3). Es geht der örtlichen Versammlung auch darum, von Gott die Gnade zu erbitten, dass sein ganzer Ratschluss von den einzelnen Gläubigen und auch von der Gemeinde genossen und ausgelebt wird (Epheser 1,16–19; 3,14 ff.). Die Gemeinde hat den Wunsch, dass das Evangelium in Kraft verkündigt wird.

Man hat die Gebetsversammlung das Atmen der Gemeinde genannt. Das ist insofern von Bedeutung, als gerade diese Zusammenkünfte leider zu den am wenigsten besuchten gehören. Hier zeigt sich, wie gut der geistliche Zustand eines örtlichen Zusammenkommens ist. Daher wollen wir uns neu motivieren, gerade diese Versammlung aufzusuchen.

Charakter der Gebete in der Gemeinde

Die Gebete dieses Zusammenkommens tragen folgenden Charakter:

  1. Wir finden im Neuen Testament nicht viele Beispiele für solche Gebetszusammenkünfte. Bei denjenigen, die genannt werden, werden gemeinschaftliche Bitten ausgesprochen (Apostelgeschichte 4,24–31; 12,5). Das heißt, dass Gebete im Allgemeinen in der „Wir-Form“ ausgesprochen werden. Auch wenn wir der Form nicht zu viel Gewicht beimessen wollen, sollte jedem Betenden klar sein, dass es in einer gemeinsamen Gebetszeit nicht um seine ganz persönlichen Bitten geht. Es geht nicht um das eigene Leben, sondern um die Gemeinde und einzelne Glieder der Gemeinde Gottes. Man betet nicht für sich, sondern spricht für die Gemeinde. Das aber heißt nicht, dass nicht persönliche Herzensangelegenheiten zu Anliegen der ganzen örtlichen Gemeinde werden können.
  2. Einmütigkeit im Gebet ist sehr wichtig. Das wird aus dem oben zitierten Vers in Matthäus 18 deutlich. Die Geschwister sind „übereingekommen“. Daher wird kein Beter bewusst Gebetsanliegen vortragen, die andere Anwesende provozieren. Wenn man weiß, dass es zu einem Punkt unterschiedliche Auffassungen gibt, wird man sie nicht ins öffentliche Gebet bringen. Wenn man es tut, muss das Gebet so formuliert werden, dass auch alle von Herzen „Amen“ (Ja! So sei es!) sagen können.
  3. Gebete sind keine Informationsmittel in der Versammlung. Man will die anderen nicht mit einem Gebet über einen Gebetsgegenstand informieren. Ziel ist vielmehr, gemeinsam in Einmütigkeit und voller Vertrauen zu Gott zu beten. Daher kann es nützlich sein, am Anfang der Zusammenkunft Gebetsthemen bekanntzugeben.

Auch zur Gebetsstunde finden wir keine weiteren Festlegungen über Ablauf, Inhalte oder Länge der Gebete. Gott appelliert an die geistliche Einsicht der Gläubigen. Manche lesen vor den Gebeten einige Bibelverse, andere nachher. Das ist nicht entscheidend. Wichtig ist, dass die örtliche Gemeinde das gemeinsame Gebet nicht vernachlässigt. Es ist äußerst bedenklich, wenn es in einer Versammlung überhaupt keine Gebetsstunde gibt. Sie ist nach Matthäus 18 und auch nach Apostelgeschichte 2,42; 4,23–31 und 12,5 elementarer Bestandteil der örtlichen Gemeinde. Das sollte auch heute noch so sein. Es geht nicht darum, dass diese Versammlung getrennt von anderen Zusammenkünften als separate Stunde stattfinden muss. Aber in der Schrift lesen wir deutlich davon, dass die örtliche Versammlung zum Gebet zusammenkam.

5. Aufnahme in die Gemeinschaft oder Ausschluss

„Wahrlich, ich sage euch: Was irgend ihr auf der Erde binden werdet, wird im Himmel gebunden sein, und was irgend ihr auf der Erde lösen werdet, wird im Himmel gelöst sein“ (Matthäus 18,18).

Wir haben Matthäus 18,19 auf die allgemeinen Gebetszeiten der örtlichen Gemeinde bezogen. Der Zusammenhang aber zeigt, dass dieser Vers die Haltung zeigt, mit der Gläubige in die Gemeinschaft der örtlichen Gemeinde (wieder) aufgenommen werden bzw. aus ihr ausgeschlossen werden. Vers 18 zeigt nämlich die wichtige Aufgabe der örtlichen Versammlung, Gläubige in die Gemeinschaft aufzunehmen bzw. von ihr auszuschließen.

Der Herr Jesus greift hier eine Redensart auf, die in Israel bekannt war. Binden und Lösen bedeutet, dass Menschen an Sünden gebunden bzw. von Sünden gelöst werden.2 Genau das geschieht auch in der Gemeinde. Dort gibt es immer wieder Personen, die in ihrer Sünde verharren (Matthäus 18,15–17). Wenn sie in Sünde leben und nicht von der Sünde lassen wollen, muss die örtliche Versammlung solche Personen aus ihrer Gemeinschaft ausschließen. Andererseits kennen wir das Vorrecht, Menschen, die sich bekehren und gerne die Gemeinschaft der Gläubigen suchen, aufzunehmen.

Warum kann nun die örtliche Kirche Menschen aufnehmen (oder ausschließen)? Die Antwort ist: Weil Gott ihr die Kompetenz dazu gibt. Sie tut es nicht eigenmächtig, sondern in Abhängigkeit von Gott, dem Vater. Nach Vers 19 ist sie eine betende Versammlung. Und letztlich ist sie deswegen zu solchen weitreichenden Maßnahmen befugt, weil sie zum Namen des Herrn Jesus versammelt ist (V. 20; 1. Korinther 5,4). Ihre Handlung des Aufnehmens und Ausschließens ist nicht nur an ihrem Ort, sondern „auf der Erde“, d. h. weltweit, ja sogar „im Himmel“ anerkannt.

Das verdeutlicht: Das Aufnehmen oder Ausschließen aus der Gemeinschaft ist keine Information, die den Gläubigen weitergegeben wird. Sie ist die Handlung der örtlichen Gemeinde. Sie kann aber nur handeln, wenn sie „als Versammlung“ zusammen ist, „in seinem Namen“. Daher ist es wichtig, sich immer wieder bewusst zu machen: Wenn wir aufnehmen oder ausschließen, sind wir „als Gemeinde“ versammelt. Es handelt sich um eine Zusammenkunft in seinem Namen. Der Hinweis des Apostels in 1. Korinther 5,4 („wenn ihr und mein Geist mit der Kraft unseres Herrn Jesus versammelt seid“) bezieht sich genau darauf und bestätigt, dass die örtliche Kirche nur dann „handeln“ kann, als (wieder) aufnehmen und ausschließen aus der Gemeinschaft, wenn sie „als Gemeinde“ versammelt ist. Das bedeutet nicht, wie wir gesehen haben, dass dazu ein separates Zusammenkommen angesetzt werden muss. Die heute vielfach vorgenommene scharfe Abgrenzung der verschiedenen Zusammenkommen gab es zu Beginn der christlichen Zeit so nicht.

6. Zusammenfassung

„Als sie aber angekommen waren und die Versammlung zusammengebracht hatten, erzählten sie alles, was Gott mit ihnen getan und dass er den Nationen eine Tür des Glaubens aufgetan habe“ (Apostelgeschichte 14,27).

Am Anfang der christlichen Zeit waren die Gläubigen täglich zusammen (Apostelgeschichte 2,46). Das Zusammensein als Kirche Gottes besaß einen hohen Stellenwert. Die Gläubigen waren sich bewusst, was für ein großartiges Geschenk Gott ihnen gemacht hatte, sie als Gläubige nicht zu Einzelkämpfern zu machen, sondern in seine Kirche zu stellen, verbunden mit den anderen Gläubigen. Daher haben die ersten Christen es genossen, im Namen des Herrn zusammenzukommen.

Diese Lebensausrichtung finden wir auch noch nach den ersten Tagen. Im oben zitierten Vers lesen wir, dass Paulus und Barnabas die Gemeinde zusammenbrachten. Sie waren von ihrer ersten Missionsreise zurückgekehrt und erzählten nun den Geschwistern in Antiochien, wie der Herr in wunderbarer Weise gewirkt hatte. Das aber erzählten sie der ganzen Gemeinde.

Dafür wurde die Gemeinde „zusammengebracht“. Es hat den Anschein, dass sie dafür „als Versammlung“ zusammenkamen. Wir wollen das zum Anlass nehmen, die Frage von Zusammenkommen im Namen des Herrn Jesus nicht zu dogmatisch abzugrenzen. Um zwei Beispiele zu nennen:

  1. An manchen Orten kennt man so genannte „Demütigungsversammlungen“. In solchen Zusammenkünften demütigen sich die Gläubigen angesichts des schlechten moralischen Zustands vor Gott. Anlass geben Sachverhalte bzw. konkrete Sünden, die inmitten der örtlichen Gemeinde aufgetreten sind.
  2. Es gibt Gebetszusammenkünfte, die unter ein ganz spezielles Thema gestellt wird, wie wir das in Apostelgeschichte 12,5 finden. Der Apostel Petrus war im Gefängnis, und die Gemeinde in Jerusalem wurde anscheinend außer der Reihe zusammengerufen, um für ihn zu beten.
  3. Es ist schön, wenn sich eine örtliche Gemeinde in dieser Hinsicht „flexibel“ erweist. Wir sollen die Wahrheit des Wortes Gottes unbeweglich festhalten. Aber Gott lässt manchmal Situationen zu, wo sich erweist, ob der praktische Glaube einer örtlichen Versammlung wirklich lebendig ist.

Fußnoten

  • 1 In 1. Korinther 14,26-33 geht es um Beiträge, die jeweils von einer Person vorgebracht werden (Lehre, Offenbarung, Sprache usw.). Daher bezieht sich auch das Einbringen eines Psalms offensichtlich auf das, was ein Bruder singt oder sagt.
  • 2 Dass das Binden bedeutet, Sünde an jemanden zu binden, so dass er für alle als Böser erkannt wird, kann man aus Hosea 10,10 ableiten. Dort sagt der Prophet unter der Leitung Gottes: „Nach meiner Lust werde ich sie züchtigen, und Völker werden gegen sie versammelt werden, wenn ich sie an ihre beiden Sünden binden werde.“ Lösen bedeutet dann, die Sünde von jemand zu lösen, ihn also von einem sündigen Lebenswandel freizusprechen. So jemand kann wieder die praktische Gemeinschaft der örtlichen Gemeinde genießen.
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