Kommentar zum 1. Petrusbrief

1. Petrus 5

Immer wieder kommt Petrus auf die Regierungswege zurück, auch in Vers 1, wo er die Älteren, und in Vers 5, wo er die Jüngeren ermahnt. Die richtige Balance ist in dieser Beziehung immer enorm wichtig. Auf beiden Seiten kann es sehr leicht zu Reibungen kommen, und dann verlieren die Ältesten die wichtige Mithilfe der Jüngeren und die Jüngeren verlieren die Weisheit und den Rat der Älteren. Als einer, der selbst ein Ältester war, wendet sich Petrus an die Ältesten. Er war nicht nur erfahren, sondern auch ein Zeuge der Leiden Christi. Er fügt auch die Zukunft hinzu, in der er ein Teilhaber der kommenden Herrlichkeit bei der Offenbarung Christi sein wird. Erfahrung, Beobachtung und Beteiligung sind die drei Dinge, die Petrus betont, wenn er sich ihnen vorstellt. Dass er selbst die Leiden Christi beobachtet (bezeugt) hatte, hatte einen bleibenden, tiefen Eindruck auf seine Seele gemacht, was die Ältesten wohl beachten sollten. Auch hier werden Leiden und Herrlichkeit wieder miteinander verbunden. Die Erwartung, an der kommenden Herrlichkeit des Christus so vollständig beteiligt zu sein, ist ein weiterer mächtiger Einfluss auf die Seele.

„Hütet die Herde Gotte“ (Vers 2), sagt er ihnen, oder genauer: „Behirtet die Herde Gottes.“ Das beinhaltet eine Haltung der ständigen Pflege und Wachsamkeit, um die Herde vor Schaden und Gefahr zu bewahren sowie sie zu nähren. Aber es ist Gottes Herde, nicht ihre, sie sind nur Unter-Hirten. Dennoch sollen sie die Aufsicht übernehmen, um keine Abweichungen zuzulassen, sondern die göttliche Ordnung aufrecht zu erhalten. Sie sollen es nicht tun, weil sie gewissermaßen dazu gezwungen werden, sondern freiwillig, und nichts im Gegenzug erwarten außer der Anerkennung Gottes. Sie sollen die Herde auch nicht so hüten, als würden sie über ihre eigenen Besitztümer herrschen. Wie viel besser als solch eine gebieterische Einstellung ist die einfache Haltung, ein Vorbild der Herde zu sein.

In diesem Zusammenhang wird von Christus als dem Erzhirten gesprochen, denn die Kirche oder Gemeinde Gottes ist seine Herde, und Er wird jeden wahren Hirtendienst belohnen, der aus Liebe zu seinem Namen und in aufrichtiger Sorge um die Schafe getätigt wird. Die Belohnung mit der Krone der Herrlichkeit ist mit seinem Kommen verknüpft: Bei seiner Offenbarung werden auch seine Heiligen mit offenbart werden. Jetzt werden die Jüngeren dazu aufgefordert, sich den Ältesten unterzuordnen. Heutzutage werden solche Anweisungen nicht nur ignoriert, sondern viele handeln auch entgegengesetzt. Aber es ist das Wort Gottes. Natürlich geht es nicht um einen unterwürfigen Gehorsam ohne geistliche Übungen, sondern um eine gesunde, lebendige Wertschätzung der Erfahrung und Ratschläge der Ältesten, ein Anerkennen, dass in Verwaltungsdingen das Urteil der Ältesten völlig respektiert werden sollte.

Dieses Prinzip wird erweitert auf alle Gläubigen, die sich einander unterordnen sollen. Das ist eine äußerst eindringliche und lehrreiche Ermahnung. Es geht um die Haltung eines wahrhaftigen Dienens aneinander, die Bereitschaft, persönliche Präferenzen außer Acht zu lassen um der Einheit und der geistlichen Gesundheit aller willen. Die Ältesten können gerade in dieser gnädigen Haltung ein Vorbild für die Jüngeren sein. „Seid gegeneinander mit Demut fest umhüllt“ (Vers 5) ist ein kostbarer Bestandteil davon. Es steht im Gegensatz zum Hochmut, dem Gott widersteht und der nicht zum Erfolg führen kann. Dem Demütigen gibt Er Gnade, denn Demut sieht die Wahrheit so, wie sie ist.

Was sind wir im Vergleich zur mächtigen Hand Gottes? Wir sollten dankbar sein, uns unter diese Hand zu demütigen. Dort ist der rechte Platz für uns. Und daraufhin wird Gott selbst uns erheben. Was für eine wunderbare Gnade!

Wir müssen nicht denken, dieser Platz der Demut würde unsere Probleme vermehren – dafür wird völlig gesorgt. Wir müssen unsere Sorgen nur auf Ihn werfen, anstatt ihre Last selber zu tragen. „Denn Er ist besorgt für euch“ (Vers 7). Das trifft zu, egal ob wir unsere Sorge auf Ihn werfen oder nicht, Er ist so oder so besorgt für uns. Deshalb können wir genauso gut die Vorteile dieser unendlichen Güte nutzen.

Nüchtern sein heißt keinen verdunkelten Blick zu haben, sondern vernünftige Besonnenheit zu haben. Wachsamkeit ist ein aufmerksames Bewusstsein. Diese Dinge sind von enormer Wichtigkeit, denn der Widersacher, der Teufel, geht ständig umher und ist bereit, die Unachtsamen anzugreifen. Er erschreckt sie als brüllender Löwe, sodass sie hilflos gelähmt sind. Wir sollten uns nicht attackieren lassen. Wir sehen hier Satans verschlingendes Wesen, nicht die List der Schlange. Er benutzte Verfolgung, um die Seelen einzuschüchtern, und sie brauchten den Mut des festen Glaubens, um sich davor zu schützen.

Hier ist es notwendig, dem Feind mit standfestem Glauben zu widerstehen. Davids Widerstand gegen Goliath ist ein treffendes Beispiel dafür. Und es ist eine echte Ermunterung zu wissen, dass andere Gläubige täglich den gleichen Anfeindungen in einer feindlichen Welt gegenüberstehen und dass sie Gottes Gnade finden, um zu überwinden.

Gott ist „der Gott aller Gnade“ (Vers 10), der uns „zu seiner ewigen Herrlichkeit“ beruft. Die Leiden sind nur kurz und nicht unwillkommen, denn der Gegenstand dieser Herrlichkeit ist Christus Jesus. Und bis dahin führen die Leiden zu dem kostbaren Ausgang, dass die Gläubigen vollkommen gemacht, gekräftigt und gegründet werden, was ein bleibendes, wertvolles Ergebnis hervorbringt. Er verdient wirklich „die Herrlichkeit und die Macht“ (Vers 11).

Abschließend spricht Petrus von Silvanus, seinem Schreiber, einem Bruder, der den Lesern wohl gut bekannt war, obwohl Petrus selbst ihn anscheinend nicht so gut kannte, sodass er nicht mehr Positives als seine Treue erwähnt. Er selbst nennt seinen Brief kurz, „ermahnend“ und „bezeugend“ – nicht „belehrend“. Aber er hat die wahre Gnade Gottes vorgestellt, Gnade, die dazu in der Lage ist, eine angemessene Antwort hervorzubringen. In dieser Gnade darf der Gläubige stehen.

Vers 13 ist ungewöhnlich: „Es grüßt euch die Miterwählte in Babylon und Markus, mein Sohn.“ Ob es Petrus Frau war oder eine andere wohlbekannte Schwester, wissen wir nicht. Markus war offensichtlich durch Petrus zum Glauben gekommen. Er schreibt jedenfalls wirklich aus Babylon. Er schließt damit, die Gläubigen zur Zuneigung untereinander zu ermutigen und wünscht ihnen Frieden in Jesus Christus.

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