Betrachtungen über die Briefe des Petrus

2. Petrus 2

„Es waren aber auch falsche Propheten unter dem Volk, wie auch unter euch falsche Lehrer sein werden, die Verderben bringende Sekten nebeneinführen werden und den Gebieter verleugnen, der sie erkauft hat, und sich selbst schnelles Verderben zuziehen“ (V. 1).

So oft Gott auf dieser Erde ein Zeugnis für seinen Namen aufgerichtet hat, machte sich Satan, der große Widersacher, auf, um es zu verderben oder doch zu beeinträchtigen. So war es in der apostolischen Zeit, so ist es heute. Falsche Propheten und falsche Lehrer machten sich auf, um in Bezug auf die Zukunft törichte Dinge zu lehren oder die göttliche Lehre zu verdrehen und zu verderben. Da der Mensch immer geneigt ist, dem Bösen mehr zu glauben als dem Guten, so versammelten sich auch schon sehr bald Leute um diese Verführer und bildeten neben der Gemeinde des Herrn allerhand üble Sekten. Petrus nennt Gott hier „Gebieter“. Das ist von großer Wichtigkeit, denn als der Schöpfer aller Dinge hat Er ein Recht zu gebieten und von seinen Geschöpfen Unterwürfigkeit zu verlangen. Außerdem hat Er sie „erkauft“. Dieser Ausdruck hat zu manchen falschen Folgerungen geführt, denn wir dürfen diesen Ausdruck nicht mit „erlöst“ verwechseln. Es ist hier eben nicht die Rede von der Erlösung der Seele zum ewigen Heil, sondern lediglich davon, dass der Herr Jesus die ganze Erde durch sein Blut erkauft hat, um über alle Dinge zu herrschen und zu gebieten. Die Widersacher aber verleugnen diesen Gebieter. Sie weigern sich zu gehorchen und sprechen Ihm alle Rechte über sie und die Schöpfung ab. In diesem Sinn ist auch das Wort in Johannes 17,2 zu verstehen: „so wie du ihm Gewalt gegeben hast über alles Fleisch“. Gott aber wird das Böse richten, wie sicher und selbstbewusst diese Gottesfeinde auch auftreten mögen. Ein plötzliches Verderben kommt über sie, dem sie nicht und nie werden entfliehen können.

„Und viele werden ihren Ausschweifungen nachfolgen, derentwegen der Weg der Wahrheit verlästert werden wird“ (V. 2).

Manche, die bekannten dem Herrn anzugehören, ließen sich von den Vergnügungen dieser Welt, die immer wieder in Ausschweifungen und Sittenlosigkeit ausarteten, anlocken und wurden so sogar der Welt zum Anstoß. So wurde der „Weg der Wahrheit verlästert“ und die Verkündigung des Evangeliums gehemmt, und mit Seufzen muss der Herr sagen: „Umsonst habe ich mich abgemüht, vergeblich und für nichts meine Kraft verzehrt“ (Jes 49,4). Diese Tatsache bringt der gläubigen Seele manche Übungen, aber es ist gut sich daran zu erinnern, dass wir keine Verheißungen für diese Erde besitzen. Unsere Berufung ist für den Himmel. Gewiss, das Christentum ist eine gewaltige Macht, aber niemals macht sie den Menschen für diese Erde glücklich. Seine Glückseligkeit ist himmlisch und steht außerhalb dieser Schöpfung.

„Und durch Habsucht werden sie euch ausbeuten mit erdichteten Worten; denen das Gericht von alters her nicht zögert, und ihr Verderben schlummert nicht“ (V. 3).

Es ist auffallend, wie Ausschweifung und Zügellosigkeit mit Gier und Habsucht verbunden sind. Statt Lehrer des Wortes zu sein, verkündigen sie eigenes, erdichtetes und erkünsteltes Wissen und beuten somit Harmlose aus und verführen sie. Für diese Verführer waren die Seelen nur Ware, die sie nach Belieben „verhandelten“, um ihr rücksichtsloses Verlangen nach Hab und Gut zu sättigen. Aber ihr Gericht und ihr Verderben steht vor der Tür, es zögert nicht und es schlummert nicht – der Tag kommt, da Gott alles Gottlose vor Gericht zitieren wird.

„Denn wenn Gott Engel, die gesündigt hatten, nicht verschonte, sondern sie in den tiefsten Abgrund hinabstürzend, Ketten der Finsternis überlieferte, damit sie aufbewahrt werden für das Gericht ... „ (V. 4).

Der Apostel gibt nun im Folgenden eine Reihe Beispiele, dass und wie Gott das Böse gerichtet hat. Er nennt zuerst die Engel. Sie, die Söhne Gottes genannt werden, sind gefallen und Gott strafte sie indem Er sie in den tiefsten Abgrund hinabstürzte. Im Grundtext steht für Abgrund „tartarus“, der nach der Auffassung der Alten der Ort ist, wo die Abgeschiedenen gepeinigt und gequält werden. Dort sind sie mit Ketten aufbewahrt und warten auf den Tag des Gerichts. Wenn nun der Übergangsort schon solch ein Ort der Qual ist, wie wird es dann in dem Ort ewiger Qual, in der Hölle sein? Gott kann und wird die Sünde niemals ungestraft lassen. Er ist es seiner Heiligkeit schuldig den Sünder zu strafen und zu richten. Er tat dies bei den Engeln, die, wie uns Judas in Vers 6 berichtet, „ihren ersten Zustand nicht bewahrt, sondern ihre eigene Behausung verlassen haben“, und Er wird auch bei den Menschen nicht zurückhalten, das Gericht auszusprechen und zu vollziehen.

„... und die alte Welt nicht verschonte, sondern nur Noah, den Prediger der Gerechtigkeit, als achten erhielt, als er die Flut über die Welt der Gottlosen brachte“ (V. 5).

So wie Gott die gefallenen Engel nicht mehr in seinem Licht ertragen konnte und sie hinauswarf, so ertrug Er auch die sündige „alte Welt“ nicht. Die „alte Welt“ sind die Menschen, die vor der Sündflut lebten, aber Gott muss sie eine „Welt der Gottlosen“ nennen. Diese gottlose Welt verspottete den gottesfürchtigen Noah und dessen Familie. Aber Noah ließ während 120 Jahren Spott und Hohn und Verachtung über sich ergehen – er verharrte in Gottesfurcht und verkündigte die Gerechtigkeit Gottes, den Sündern zum Zeugnis. Darum wurde er verschont, die Welt aber kam um im Gericht. Welch ernster Ausspruch für die heutige christuslose Christenheit; aber „wie es in den Tagen Noahs geschah“ (Lk 17,26), so missachtet man die Mahnung Gottes und schlägt seinen Ruf zur Buße in den Wind. Was wird das Ende sein? Ein weiteres Beispiel stellt Gott den Gottlosen in Sodom und Gomorra vor Augen, die Er

„einäscherte und zur Zerstörung verurteilte und sie denen, die gottlos leben würden, als Beispiel hinstellte; und wenn er den gerechten Lot rettete, der von dem ausschweifenden Wandel der Frevler gequält wurde (denn der unter ihnen wohnende Gerechte quälte durch das, was er sah und hörte, Tag für Tag seine gerechte Seele mit ihren gesetzlosen Werken)“ (Verse 6–8).

Lot ist kein Vorbild von Gottesfurcht, Hingabe und Treue. Wohl nennt ihn Gott gerecht, weil er an seinen Namen glaubte, im Gegensatz zur Umgebung, die nichts von Gott wusste und wissen wollte. Aber Lot versäumte die von Gott gewollte Absonderung von der Welt und saß in ihrem Tor. Da aber quälte er seine Seele mit dem, was er sah und hörte, Abraham sonderte sich ab und ersparte sich damit diese Übung. Es ist ein penibler Zustand, wenn man wie Lot gerecht ist, aber dennoch wie er die Welt lieb hat. So waren seine Leiden selbstverschuldet. Gott überließ ihn aber nicht sich selbst, sondern stellte ihn unter Zucht. Er verlor im eingeäscherten Sodom und Gomorra alles was er hatte und rettete nur das nackte Leben. Trotzdem ist seine Rettung eine Ermunterung für alle Gläubigen. Sie gibt uns den Beweis, dass Gott aus allen Versuchungen und Prüfungen zu erretten weiß. Man findet auch heute eine Menge Seelen, die über den traurigen Zustand ihrer Zeitgenossen geübt sind, ohne aber den Weg zu finden, sich ganz von der Welt zu trennen. Die Gemeinschaft mit Gott können wir aber ohne eine völlige Absonderung von allem Gottwidrigen unmöglich genießen.

„So weiß der Herr die Gottseligen aus der Versuchung zu retten, die Ungerechten aber aufzubewahren auf den Tag des Gerichts, damit sie bestraft werden“ (V. 9).

Lot wurde gerettet, doch so wie durchs Feuer. So sollte es nicht sein, denn wir sollten vielmehr einen weiten und reichlichen Eingang in das ewige Königreich unseres Herrn und Heilandes Jesus Christus haben (vgl. Kap. 1,11). Wir haben viele Beweise in der Heiligen Schrift, wie Gott weiß die Seinen in den Prüfungen zu retten – Bewahrungen, wie wir sie auch immer wieder in unserem täglichen Pilgerlauf erleben und erfahren dürfen. Doch nicht nur das, Gott lässt uns auch wissen, dass Er nicht ewig der Ungerechtigkeit freien Lauf lässt. Gott ist langmütig und Er will, dass in der jetzigen Gnadenzeit noch viele zum Glauben kommen möchten. Doch seine Langmut hat Grenzen und der Tag wird kommen, wie wir bereits gesehen haben, an dem Er den Gottlosen richten wird, denn Gott ist heilig und gerecht. Die Gnade führte Lot aus dem Gericht heraus, der Ungerechte wird ihm verfallen. Dahin gehören auch alle Irrlehrer, alle ungläubigen Philosophen, die sich als befreiende Menschenbeglücker aufspielen und im Grunde nichts anderes im Auge haben, als Christus und sein göttlich Wort vom Thron zu stoßen und das Christentum zu vernichten.

„... besonders aber die, die in der Begierde der Befleckung dem Fleisch nachwandeln und die Herrschaft verachten, Verwegene, Eigenmächtige; sie erzittern nicht, Herrlichkeiten zu lästern, während Engel, die an Stärke und Macht größer sind, nicht ein lästerndes Urteil gegen sie bei dem Herrn vorbringen“ (Verse 10–11).

Es ist ein furchtbares Bild, das der Heilige Geist durch Petrus von dem Menschen ohne Gott zeichnen muss, die aber der Strafe Gottes begegnen müssen. Es ist eine ernste Warnung für uns alle, dass wir uns von diesem Treiben der Welt nicht anstecken. Vergessen wir nicht, wenn die Welt auch heute christianisiert ist, so ist sie ihrem Wesen nach doch genau die Gleiche, wie sie zu Apostelzeiten war. Die Lust des Fleisches, die Lust der Augen und der Hochmut des Lebens hängen sich nur zu gerne auch an die Gläubigen. Sie charakterisieren, wie uns Judas zeigt, auch die Tage der Endzeit, in die wir bereits eingetreten sind. Er spricht in Vers 9 von Träumern, die das Fleisch beflecken, Herrschaften verachten und Herrlichkeiten lästern. Es ist doch so, dass das Verhalten inmitten der Christenheit immer schamloser wird! Unter dem Deckmantel einer sogenannten Freiheit wird so vieles erlaubt und als berechtigt hingestellt, was die Heilige Schrift die Lust des Fleisches nennt. Das Gleiche gilt für die Lust der Augen. Redner, Künstler, Schriftsteller missachten völlig das heilige Gebot des Herrn und nennen das Kunst, was das Wort Gottes Sünde nennt. So muss man sich nicht wundern, wenn die heutige sogenannte Christenheit ein Sodom und Gomorra geworden ist. Petrus zeigt den Gläubigen, wovon sie sich enthalten sollen und in welchen Zustand die Christenheit bereits gekommen ist. Judas schildert den völligen Abfall am Ende der Tage, ein Abfall, der sich in seiner ganzen Tragik schon heute vor unseren Augen enthüllt. Mangel an Gottesfurcht führt aber früher oder später zur Lästerung. „Die Herrschaft zu verachten“, d.h. jede Autorität zu verleugnen, ist ein markantes Zeichen der Zeit. Die solches tun nennt Gott „Verwegene“ und „Eigenmächtige“. In eigensinniger Selbstherrlichkeit, die aus der Vergötterung des Ichs hervorgeht, erdreisten sie sich sogar, Herrlichkeiten, von Gott geschaffene Autoritäten, zu lästern, etwas, das selbst gefallene Engel nicht zu tun wagen, obwohl sie höhere Geschöpfe als die Menschen sind.

„Diese aber, wie unvernünftige, natürliche Tiere, geschaffen zum Fang und Verderben, lästern über das, was sie nicht wissen, werden auch in ihrem eigenen Verderben umkommen“ (V. 12).

Es ist ein betrübliches Bild, dass Gott Menschen, die nach seinem Bild geschaffen sind, mit Tieren vergleichen muss, Geschöpfe, die nichts von Gott wissen, und darum eine leichte Beute des Verderbers geworden sind. Von diesem missbraucht und verführt lästern sie über Gottes Tun und verfluchen seine Wege, nicht erkennend, dass sie diese ja selbst gewählt haben und darum in denselben umkommen. Auch Judas schreibt: „Diese aber lästern, was sie nicht kennen; was irgend sie aber von Natur wie die unvernünftigen Tiere verstehen, darin verderben sie sich“ (Jud 10). Wie damals, so ist es heute, und wir müssen uns nicht wundern, wenn Judas diesen Unsinnigen ein „Wehe ihnen“ zurufen muss!

„Indem sie den Lohn der Ungerechtigkeit empfangen; die die Schwelgerei bei Tage für Vergnügen halten – Flecken und Schandflecke, die in ihren eigenen Betrügereien schwelgen und Festessen mit euch halten“ (V. 13).

Welch ein Niedergang, welch ein Verfall! Die Welt setzt sich zu den Christen und die Christen tolerieren die Welt. Der „Lohn der Ungerechtigkeit“, die Habsucht, Schwelgereien, Vergnügungssucht und Festessen sind an die Stelle der Gottseligkeit getreten – Christus und Gottes Wort sind beiseite gesetzt und missachtet. Böse, unter dem Deckmantel der Frömmigkeit, haben sich in die Versammlung geschlichen und diese hat sich von denselben nicht distanziert. Das Wort nennt diese „Flecken und Schandflecken“. Wie sehr musste dies alles das christliche Zeugnis beeinträchtigen und schwächen.

„Die Augen voll Ehebruch haben und von der Sünde nicht ablassen, wobei sie unbefestigte Seelen anlocken; die ein Herz haben, in Habsucht geübt, Kinder des Fluches“ (V. 14).

Sollte man es für möglich halten, dass solche Dinge in der Christenheit Raum finden? Es ist furchtbar, dass Menschen, die Christus erkauft hat, sich solchen Freveltaten hingeben. Sie versprechen anderen die Freiheit und führen sie ins Verderben aus dem es kein Zurück mehr gibt. Unbefestigte Seelen, also junge Christen, sind dieser Verführung besonders ausgesetzt. Man verspricht ihnen den Himmel und führt sie in die Hölle, und die Triebfeder von allem ist Habsucht. Ihre schmeichlerischen, heuchlerischen Worte berühren weder Herz noch Gewissen und mit ihrer philosophischen Schönrederei lullen sie die Arglosen in Schlaf.

„Die, da sie den geraden Weg verlassen haben, abgeirrt sind, indem sie dem Weg Bileams nachfolgten, des Sohnes Bosors, der den Lohn der Ungerechtigkeit liebte, aber eine Zurechtweisung seiner eigenen Verkehrtheit empfing: Ein sprachloses Lasttier, das mit Menschenstimme redete, wehrte der Torheit des Propheten“ (Verse 15–16).

Es mochte für einen ernsten Christen unter diesen vorhandenen Umständen recht schwierig gewesen sein – damals so wie heute – den „geraden Weg“ zu gehen, aber es gab keine andere Möglichkeit sich von dem Verderben rein zu halten. Paulus schreibt an Timotheus von solchen, die „was den Glauben betrifft, Schiffbruch erlitten“ (1. Tim 1,19) und „ein gutes Gewissen ... von sich gestoßen“ haben, und ermuntert ihn, den „Glauben zu bewahren“ und „den guten Kampf zu kämpfen“. Nur so können wir auf dem geraden Weg verharren und der gefährlichen Aktivität fremder Geister entgehen. Das Abweichen von dem Glaubenspfad führt auf den Weg Bileams, einen Weg der Geldliebe; Geldliebe aber führt zur Heuchelei. Bileam gab sich den Schein, das Geld zu verachten und doch brannte sein Herz danach. Sein Esel war frommer als er, er wehrte der Torheit des Propheten. Es ist demütigend feststellen zu müssen, dass ein unvernünftiges Tier vernünftiger war als der Mensch. Wir können den geldliebenden Knecht Gottes mit dem ganzen Judentum, der ganzen Christenheit vergleichen. Sie sind denselben Weg gegangen.Das Streben und Trachten der Namen-Christenheit ist doch nach Hab und Gut, nach Geld und Besitz; es ist kein Unterschied.

„Diese sind Quellen ohne Wasser, und Nebel, vom Sturm getrieben, denen das Dunkel der Finsternis aufbewahrt ist in Ewigkeit“ (V. 17).

Brunnen ohne Wasser bezeugen, dass die Verbindung mit der Quelle unterbrochen ist. Christen, die von dem Wasser getrunken haben, das der Herr allein geben kann, werden wiederum Quellen des Wassers des Lebens sein. Sie sind berufen, das Dürsten unsterblicher Seelen zu stillen. Volle Wolken geben Regen, christuserfüllte Seelen verbreiten Segen; sie sind überströmende und nicht leere Brunnen. Mit Beschämung müssen wir aber feststellen, dass viele, viele Brunnen kein Wasser geben. Wie manche Christen entsprechen ganz und gar nicht ihrer Bestimmung und Berufung. Es sind Nebel, haben den Schein des Wassergebens, aber versagen und verfallen dem Dunkel der Finsternis, d.h. dem Gericht, das unabänderlich und ewig ist. Mögen falsche Propheten ein ewiges Gericht leugnen, es steht im Wort Gottes verankert, der Wurm der Unseligen stirbt nicht und ihr Feuer erlischt nicht. Schreckliche, aber wahre Tatsache!

„Denn indem sie stolze, nichtige Reden führen, locken sie mit fleischlichen Begierden durch Ausschweifungen die an, die eben entflohen sind denen, die im Irrtum wandeln; ihnen Freiheit versprechend, während sie selbst Sklaven des Verderbens sind; denn von wem jemand überwältigt ist, diesem ist er auch als Sklave unterworfen“ (Verse 18–19).

Schwülstige Überheblichkeit ist auch der Charakter unserer Zeit, ja, sie klebt auch uns an den Fersen. Da der Hochmut dem Menschen schmeichelt, finden stolze Worte immer mehr Anklang als Worte der Demut und Bescheidenheit. Petrus ermahnt uns im ersten Brief „mit Demut fest umhüllt“ zu sein (1. Pet 5,5). Sind wir mit diesem göttlichen Panzer umgeben und geschützt, werden „fleischliche Begierden“ und „Ausschweifungen“ keinen Raum in unserem Leben finden. Satan ist listig, kaum ist die Seele seinen Banden entronnen, versucht er auf alle mögliche Weise das Herz wieder gefangen zu nehmen. Seine Waffe ist der Irrtum, denn als der Vater der Lüge flieht er die Wahrheit. Im Versprechen ist er groß, weiß auch besonders jungen Seelen, die im Glauben stehen, eine Freiheit vorzumalen und vorzugaukeln, die keine ist, wohl aber zum Gegenteil führt – zur Sklaverei. Es geht dem Feind nicht darum, aufzubauen und zu befestigen, nein, er will alles verderben und niederreißen, was Christus in der Macht des Heiligen Geistes aufgebaut hat.

„Denn wenn sie, entflohen den Befleckungen der Welt durch die Erkenntnis der Herrn und Heilandes Jesus Christus, aber wieder in diese verwickelt, überwältigt werden, so ist ihr Letzteres schlimmer als das Erste“ (V. 20).

„Entflohen den Befleckungen der Welt“ ist der Charakterzug eines jeden neu Bekehrten. Er ist zur Erkenntnis des Heils in Christus Jesus gekommen und hat dadurch den Zorn Satans auf sich geladen. Dieser versucht nun alles, um die Seele wieder unter seine Fügung zu bringen und leider oft mit Erfolg. Die Seele sinkt immer tiefer als dies vor der Errettung der Fall gewesen ist. Nur zu oft haben wir dies feststellen müssen. Wird der Freiheit des Geistes kein Raum gelassen, versinkt der Gläubige in die Freiheit des Fleisches. Diese wirkt umso verheerender, je frömmer das Gewand ist, das sie sich angezogen hat. Satan gefällt es, in Bibelstellen gehüllt einher zu stolzieren. Also in den heuchlerischen Trug der Ungerechtigkeit verwickelt, wird es mit der Seele schlimmer, als wenn sie den Pfad des Glaubens und der Gerechtigkeit nie erkannt hätte.

„Denn es wäre besser für sie, den Weg der Gerechtigkeit nicht erkannt zu haben, als, nachdem sie ihn erkannt haben, sich abzuwenden von dem ihnen überlieferten heiligen Gebot. Es ist ihnen aber nach dem wahren Sprichwort ergangen: Der Hund kehrte um zu seinem eigenen Gespei, und die gewaschene Sau zum Wälzen im Kot“ (Verse 21–22).

Sich von dem Boden der Wahrheit wegzuwenden und vom Pfad des Glaubens abzukehren bringt furchtbare Folgen mit sich. Der Geist Gottes kann diese Menschen nur noch mit den niedrigsten Tieren vergleichen, dem Hund, der zurückkehrt zu seinem Gespei. Sie wenden sich also mit Gier wieder dem zu, was sie im Glauben verlassen hatten.  Was für ein Schmerz für den Herrn! Wie die Sau wälzen sich diese Abtrünnigen wieder in dem unflätigsten Kot, dem Dreck dieser Welt. Diese sittliche Verwüstung nimmt in unserer Zeit immer groteskere Formen an. Mit größter Frechheit wird die Heiligkeit Gottes herausgefordert. Welch teuflisches Werk in denen, die einst den Namen des Herrn bekannten! Es ist viel schlimmer, in das Böse verwickelt zu werden, nachdem man die Erkenntnis Jesu empfangen hatte. Für einen solchen ist keinerlei Hoffnung mehr. Es geht ihm, wie der Herr Jesus die Schriftgelehrten und die Pharisäer belehrte: Wenn der unreine Geist aus dem Menschen ausgefahren ist, der Betreffende aber nicht wachsam ist, kommt Satan mit sieben anderen Geistern, böser als er selbst, „und das Letzte jenes Menschen wird schlimmer als das Erste“. (Mt 12,43–45.) So war es im Judentum, so ist es in der Christenheit; darum fügt der Herr die ernsten Worte hinzu: „Ebenso wird es auch diesem bösen Geschlecht ergehen“ (Mt 12,45). Möchten diese bitterernsten und beschämenden Ausführungen bewirken, dass wir uns keiner Täuschung hingeben über den Charakter der Zeit in der wir leben! Schenke uns der Herr, dass wir, anstatt uns einer sträflichen Gleichgültigkeit in Bezug auf den sittlichen Niedergang und Verfall unserer Tage hinzugeben, in Heiligkeit, abgesondert von dem Verderben, das in der Welt ist, dem Herrn entgegengehen, ihm, der uns vor allem Straucheln zu bewahren vermag.

Soll's uns hart ergehn,
Lass uns feste stehn,
Und auch in den schwersten Tagen
Niemals über Lasten klagen!
Denn durch Trübsal hier
Geht der Weg zu Dir.

Ordne unsern Gang,
Jesu, lebenslang.
Führst Du uns durch raue Wege,
Du gibst auch die nöt'ge Pflege:
Deine Herrlichkeit
Endet alles Leid!

Nächstes Kapitel »« Vorheriges Kapitel