Einführender Vortrag zum 1. Petrusbrief

Kapitel 4

Einführender Vortrag zum 1. Petrusbrief

„Da nun Christus für uns im Fleische gelitten hat, so waffnet auch ihr euch mit demselben Sinne.“ [V. 1]. In diesem Kapitel kommen wir zur göttlichen Regierung, indem sie sich mit unserer Natur, welche sich dem Willen Gottes widersetzt, beschäftigt. „Denn wer im Fleische gelitten hat, ruht von der Sünde.“ Wenn du deiner Natur nachgibst, befriedigst du sie. Wenn du hingegen leidest, indem du ihren Wünschen widerstehst, folgt: „Denn wer im Fleische gelitten hat, ruht von der Sünde.“ Das ist praktisch gemeint; Heiligkeit kostet Leiden in dieser Welt. Leiden ist der Weg, auf dem in praktischer Hinsicht Kraft gegen das Fleisch gefunden wird. Daraus folgt: „Um die im Fleische noch übrige Zeit nicht mehr den Lüsten der Menschen, sondern dem Willen Gottes zu leben.“ [V. 2]. Die vergangene Zeit mag genug gewesen sein, um für die elende Befriedigung unseres Ichs gelebt zu haben. Wundern sich die Menschen über unsere Enthaltsamkeit? – Sie befinden sich auf dem Weg zum Gericht. „Denn dazu ist auch den Toten gute Botschaft verkündigt worden, auf daß sie gerichtet werden möchten dem Menschen gemäß nach dem Fleische, aber leben möchten Gott gemäß nach dem Geiste.“ [V. 6]. Auf diese Weise zeigt Petrus, daß sogar, wenn du auf solche blickst, die schon gestorben sind, es keinen Unterschied gibt. Auch jene – jene die früher gelebt haben – sind auf dieselbe Weise erprobt worden. Er hält das Verbindungsband zu den Erlösten alter Zeiten durch diesen allgemeinen Grundsatz fest. Wie auch immer die äußere Form gewesen sein mochte, Gott gibt niemals Seine gerechte Regierung auf, obwohl sich hier auch Gnade zeigt. Folglich gilt: Wenn irgend jemand das Evangelium annahm, wurde er vom Gericht befreit und lebte Gott entsprechend im Geist. Wenn die Menschen es ablehnten, mußten sie auch die Folgen tragen.

„Es ist aber nahe gekommen das Ende aller Dinge. Seid nun besonnen und seid nüchtern zum Gebet. Vor allen Dingen aber habt untereinander eine inbrünstige Liebe, denn die Liebe bedeckt eine Menge von Sünden.“ [V. 7–8]. Nach obiger Einschaltung, welche sich mit den Menschen hier auf der Erde und nicht in der unsichtbaren Welt beschäftigt, kehrt Petrus zu den gegenseitigen Pflichten der Christen untereinander zurück und ermahnt sie zu Wachsamkeit mit Nüchternheit, zu inbrünstiger Liebe und zu Gastfreiheit „gegeneinander ohne Murren.“ Danach nimmt er als Thema die unmittelbare geistliche Kraft auf, welche nicht nur in Liebe ausgeübt werden soll, sondern auch in Gewissenhaftigkeit vor Gott und für Seine Herrlichkeit durch unseren Herrn Jesus. In einer vergleichsweise genauso kennzeichnenden Weise sahen wir auch im Jakobusbrief dessen Verbindung seines sittlichen Zieles mit Belehrung. Beide Schreiber setzten jedoch eine offene Tür für den Dienst unter den Christen in einer christlichen Versammlung voraus. Warum sollte es diese gewaltige Wirksamkeit des Geistes Gottes geben, um die verschiedenen Gaben zum Nutzen hervorzurufen, wenn nicht um die Verantwortlichkeit zu vermitteln, diese auszuüben?

Kein Christ sollte an ein Recht auf Dienst denken oder davon reden; denn obwohl die „Freiheit des Dienstes“ in sich selbst rechtmäßig ist, könnte dieser Ausdruck, wie ich denke, leicht mißverstanden werden. Man könnte ihn schnell so auslegen, als bedeute er das Recht für jedermann zu reden. Das leugne ich ganz und gar. Gott hat das Recht zu benutzen, wie es Ihm nach Seinem unumschränkten Willen und Seiner Weisheit gefällt. Dennoch bleibt in Wahrheit bestehen, daß du dann, wenn du eine Gabe empfangen hast, nicht nur die Freiheit besitzts, sondern sogar verpflichtet bist, sie in Christi Namen zu gebrauchen. Es geht hier nicht einfach um eine Erlaubnis. Ein solcher Grundsatz mag gut zu einem Menschen passen; Gott spricht indessen zu den Menschen von Verantwortlichkeit – „jenachdem ein jeder eine Gnadengabe empfangen hat.“ Es geht nicht um gewisse Menschen, ein oder zwei, sondern um „ein jeder“ – wie groß auch die Anzahl, seien es wenige oder viele.

„Jenachdem ein jeder eine Gnadengabe empfangen hat, dienet einander damit als gute Verwalter der mancherlei Gnade Gottes. Wenn jemand redet, so rede er als Aussprüche Gottes.“ Nach diesem Vers sollte demnach niemand reden, es sei denn, er ist vollkommen überzeugt, daß er Gottes Gedanken und Botschaft wiedergibt, welche für gerade jenen Augenblick und die anwesenden Seelen passen. Wo diese Wahrheit angemessen gefühlt wird – würden dort nicht viele vom Reden abgehalten? Es gibt auch keinen Grund für die Furcht, daß Schweigen in einem solchen Fall der Kirche (Versammlung) Gottes einen echten Verlust zufügt. Es sieht nicht so aus, als bestände hier großer Bedarf für viele Worte. Der wichtige Grundsatz lautet, daß das Gesprochene von Gott stammt. Niemand sollte reden, solange er nicht die Gewißheit hat, daß das, was er sagen möchte, nicht nur wahr ist (darum geht es jetzt nicht), sondern vor allem dem tatsächlichen Willen Gottes für diese Angelegenheit entspricht. Der Sprecher sollte Gottes Sprachrohr sein, um Seine besonderen Gedanken dort und zu jener Zeit bekannt zu machen. Das bedeutet, „als Aussprüche Gottes“ zu reden. Es geht nicht einfach darum, den Aussprüchen Gottes entsprechend zu reden. So legen die Menschen im allgemeinen diesen Bibelabschnitt aus und leiten daraus ihre Freiheit ab, das zu sagen, was sie für passend halten, ohne an Gottes Willen zu denken. Sie meinen, sie besäßen Verständnis über die Bibel und könnten darum zum Nutzen reden. Doch es ist etwas ganz anderes, wenn wir verlangen, ausschließlich als Gottes Sprachrohr zu sprechen, obwohl wir zugeben müssen, daß wir in dieser genauso wie in jeder anderen Hinsicht Fehler machen und versagen.

Dieser Grundsatz ist indessen gesund; und beachten wir ihn in unseren Gewissen, indem wir auf die Gnade des Herrn in unserer Schwachheit blicken! „Wenn jemand redet, so rede er als Aussprüche Gottes; wenn jemand dient, so sei es als aus der Kraft, die Gott darreicht.“ Achten wir darauf, daß der Dienst vom Reden unterschieden wird! Welch eine ungeheure Veränderung muß in der Christenheit abgelaufen sein, wenn wir heute erkennen müssen, daß ein Mensch vor allem darum als Diener angesehen wird, weil er redet! Dabei ist der wahre Dienst eines Erlösten an seinem Platz genauso kostbar, wie es Reden nur sein kann. „Wenn jemand redet, so rede er als Aussprüche Gottes; wenn jemand dient, so sei es als aus der Kraft, die Gott darreicht.“ Dienst ist also eindeutig in sich selbst vom Sprechen unterschieden. Es handelt sich um eine andere Form des [Gottes]-Dienstes, zu der ein Gläubiger von Gott berufen ist.

Wir geben zu, daß sogar im Zusammenhang mit einer geistlichen Gabe hinsichtlich des Redens auch die natürliche Befähigung einer Person berücksichtigt wird. Letztere ist hingegen nicht die Gabe selbst, obwohl sie als ein passender Träger für die Gabe dienen mag. Wir müssen stets zwischen den Fähigkeiten eines Menschen und einer geistlichen Gabe, die der Herr mitteilt, unterscheiden; und daneben muß auch noch die rechte Benutzung der Gabe berücksichtigt werden. Ein Gläubiger muß sich in der Gabe, welche Gott gegeben hat, üben und sie hingebungsvoll pflegen. Darin liegt kein Widerspruch zur gesunden Wahrheit oder ihren Grundsätzen, sondern viel mehr ein großer Fehler in solchen, die es nicht glauben. Tatsächlich handelt es sich um eine Herausforderung der Bibel; denn die Schrift ist klar und entschieden in dieser Sache. Christus hat den Gläubigen entsprechend ihren eigenen Fähigkeiten Gaben gegeben. [Vergl. Matthäus 25, 15!]. Hier finden wir die Gabe; und diese wird gegeben entsprechend der Befähigung eines Menschen vor seiner Bekehrung. Letztere ist der äußere Rahmen der Gabe, welche zweifellos zu jener Befähigung paßt. Dennoch besteht die Gabe selbst in der Kraft des Heiligen Geistes in Übereinstimmung mit der Gnade Christi. Keine Befähigung ist Grundlage einer Gabe. Andererseits ersetzt eine Gabe niemals die natürliche Fähigkeit, welche zum Kanal der Gabe wird. Eine Gabe wird gegeben und wirkt in Übereinstimmung mit der natürlichen Befähigung. Aber außerdem benötigen wir gegenwärtige Kraft von Gott an jene, die auf Ihn blicken. Auf diese Weise wird Er in allen Dingen durch Jesus Christus verherrlicht, „welchem die Herrlichkeit ist und die Macht von Ewigkeit zu Ewigkeit.“

Als Nächstes wird auf die Prüfungen, durch welche der Erlöste zu gehen hat, und die Berufung zum Leiden nicht allein um der Gerechtigkeit, sondern auch um Christi willen angespielt. Zuletzt finden wir eine Warnung in Hinsicht auf die Bedeutung des Leidens nach dem Willen Gottes, indem die Gläubigen unterdessen ihre Seelen, während sie Gutes tun, Ihm als einem treuen Schöpfer anbefehlen. Er ist gerecht. Er wacht eifersüchtig über Sein Haus. Aber wenn Er schon so streng mit den Seinigen ist – „wo will der Gottlose und Sünder erscheinen?“ [V. 18].

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