Einführender Vortrag zum Galaterbrief

Kapitel 2

Einführender Vortrag zum Galaterbrief

Doch wir lesen noch viel mehr. Paulus berichtet, dass er vierzehn Jahre später wieder hinauf nach Jerusalem ging. Er ging zusammen mit Barnabas und nahm auch Titus mit. Es geschah aufgrund einer Offenbarung und nicht einer Vorladung oder um dort einen Rechtsanspruch zu erlangen; und „Titus, der bei mir war“, schreibt der Apostel, war „ein Grieche“. Weit davon entfernt, dem jüdischen Vorurteil irgendeine Berechtigung zuzugestehen, war diese Handlung im Gegenteil ein Schlag gegen dasselbe. So nahm Paulus also, als er mit Barnabas hinaufzog, Titus, einen Nichtjuden, mit, und das geschah sogar zufolge einer Offenbarung. Auf diese Weise sollten vielmehr die nichtjüdische Freiheit durch die zwölf Apostel befestigt und die Judaisierer durch die Kirche (Versammlung) in Jerusalem verurteilt werden. Das war genau das Gegenteil von einer Herleitung der Autorität des Paulus von den Zwölfen oder jener Versammlung. Er ging hinauf infolge einer Offenbarung, um in Jerusalem selbst eine Verurteilung jener zu erlangen, welche der Kirche Gottes als ganze gesehen jüdische Grundsätze aufzwingen wollten. Das gesetzliche Unheil stammte aus Jerusalem. Auch das Heilmittel der Gnade musste von den Aposteln, Ältesten und Brüdern dort angewandt werden. Es war ein Missbrauch jener Hochachtung, die natürlicherweise solchen entgegengebracht wurde, die von Jerusalem kamen. Daher sorgte Gott dafür, dass das Übel durch ein förmliches, öffentliches und autoritatives Urteil des Gremiums dort abgestellt wurde anstatt durch eine klare und einfache Zurückweisung des Irrtums unter den nichtjüdischen Kirchen. Letzteres hätte wie ein Schisma (Spaltung) oder wenigstens wie eine Meinungsverschiedenheit zwischen den Führern in Jerusalem und dem Apostel Paulus ausgesehen. Man hätte daraus schließen können, dass Paulus mit den nichtjüdischen Kirchen hätte handeln können, wie er wollte, und dass die Zwölfe ausschließlich für die Versammlungen in Judäa zuständig wären und er mit diesen nichts zu tun hätte. So war es aber nicht. Der Apostel zog nicht nur mit Barnabas nach Jerusalem hinauf, der aus dieser Stadt stammte, sondern auch mit Titus, der anscheinend früher noch nicht dort gewesen war – Titus, sein geschätzter Mitarbeiter in der Arbeit, aber ein Nichtjude. Tatsächlich sagte Jerusalem, soweit es diese Angelegenheit betraf, sich los von solchen Männern, welche die Beschneidung aufdrängen wollten – „böse Arbeiter“, wie Paulus in einem späteren Brief diese Männer aus der Beschneidung ablehnend nennt. (Phil 3,2). Denn sie verdarben die nichtjüdischen Kirchen durch das Judentum, anstatt ihnen in Christus zu helfen.

So bestimmte und bewirkte Gott also, dass der Apostel nach Jerusalem hinaufzog, damit das Übel an jenem Ort und im seinem Ursprungszentrum verurteilt wurde. Und als er dorthin reiste – ging es dabei überhaupt darum, von den Zwölfen irgendetwas zu empfangen? Keineswegs! Er teilte ihnen mit, welches Evangelium er unter den Nichtjuden predigte. Nicht  sie übermittelten  ihm das Evangelium, das sie von Jesus hienieden gelernt hatten, sondern  er stellte  ihnen das Evangelium vor, welches er unter den Nichtjuden zu verkünden pflegte. Das geschah indessen nicht zu seiner Selbstverherrlichung, nicht in einem Ton der Überheblichkeit, obwohl sein Zeugnis zweifellos weit vollständiger und erhabener war als das ihrige, denn er fügt hinzu: „Im besonderen aber den Angesehenen, damit ich nicht etwa vergeblich laufe oder gelaufen wäre“ (V. 2). Er räumt ein, dass tatsächlich einige Menschen solche Gedanken über ihn hegen mochten. Die Häupter in Jerusalem sollten für sich selbst urteilen; und sie urteilten, und zwar zur Verwirrung der Widersacher des Apostels. „Aber auch Titus, der bei mir war, wurde, obwohl er ein Grieche war, nicht gezwungen, sich beschneiden zu lassen“, berichtet Paulus in einem Einschub. Und zu welchem Ergebnis führte alles? Nun, „der nebeneingeführten falschen Brüder wegen, die nebeneingekommen waren, um unsere Freiheit auszukundschaften, welche wir in Christo Jesu haben, auf daß sie uns in Knechtschaft brächten“, gab Paulus auch nicht eine Stunde durch Unterwürfigkeit nach, „auf daß die Wahrheit des Evangeliums bei euch verbliebe“ (V. 4–5). Die Grundlage stand nämlich auf dem Spiel. „Von denen aber, die in Ansehen standen“ (V. 6). Jetzt beschäftigt er sich nicht mit den unheilvollen Beunruhigern der Nichtjuden, welche er ohne Zögern „falsche Brüder“ nennt, sondern mit den Männern im höchsten Amt, die er dort vorfand. „Von denen aber, die in Ansehen standen, -  was irgend sie auch waren, das macht keinen Unterschied für mich.“  Es ist interessant, den Ernst und die Kraft zu sehen, mit welcher der Apostel spricht, nachdem das Problem eindeutig offengelegt war. Er ist scharf, schroff und erzürnt, und nichtsdestoweniger von Gott geleitet. „Von denen aber, die in Ansehen standen, -  was irgend sie auch waren, das macht keinen Unterschied für mich, Gott nimmt keines Menschen Person an -  denn mir haben die Angesehenen nichts hinzugefügt; sondern im Gegenteil, als sie sahen, daß mir das Evangelium der Vorhaut anvertraut war, gleichwie Petrus das der Beschneidung ...“ Der Ausgang des Gesprächs war anders als erwartet, indem sie eine wechselseitige Unabhängigkeit der nichtjüdischen und jüdischen Kirchen (Versammlungen) beschlossen. Sie gaben „mir und Barnabas die Rechte der Gemeinschaft, auf daß wir unter die Nationen, sie aber unter die Beschneidung gingen“ (V. 9). Sie handelten und beschlossen demnach entsprechend der offensichtlichen Absicht Gottes, die Er kundgetan hatte, indem Er ihnen jeweils eine unterschiedliche Art der Apostelschaft zugeteilt hatte.

Auf diese Weise sehen wir, wie die Wahrheit eindeutig bestimmt wird. Der Apostel Paulus befand sich in keinster Weise im Widerspruch zu dem Werk, das Gott den anderen zu tun gegeben hatte. Er anerkannte und würdigte das schwierige, wichtige und bedeutsame Werk an seinem, diesem zugewiesenen Platz, das Petrus, Jakobus und den Übrigen von Gott anvertraut war. Gleichzeitig stand er aber fest – wenn auch natürlich in Demut und liebevoll, aber dennoch fest – für das ein, was der Herr ihm und seinen Mitarbeitern unter den Nichtjuden zugeteilt hatte. Weit davon entfernt, die Freiheit Christi im Geringsten abzuschwächen, legte die Zusammenkunft der Apostel in Gemeinschaft mit der ganzen Kirche in Jerusalem von Herzen ihr Siegel darauf (Apg 15). So wird hier gesagt: Sie gaben „mir und Barnabas die Rechte der Gemeinschaft, auf daß wir unter die Nationen, sie aber unter die Beschneidung gingen; nur daß wir der Armen eingedenk wären, dessen ich mich auch befleißigt habe, also zu tun.“

Das war indessen noch nicht alles. Paulus erwähnt eine weitere Angelegenheit von größter Tragweite, womit er diesen Teil seiner Ausführungen schließt: Als Petrus später in nichtjüdische Regionen kam, wurde selbst er von dem heimtückisch wirkenden Geist des Judaismus beeinflusst – sogar er, das Haupt der Zwölfe! Wie wenig Verlass ist auf den Menschen! Und Paulus, weit davon entfernt seine Apostelschaft oder irgendetwas sonst von Petrus empfangen zu haben, war gezwungen, Petrus zu tadeln, und zwar öffentlich. „Als aber Kephas nach Antiochien kam, widerstand ich ihm ins Angesicht, weil er dem Urteil verfallen war. Denn bevor etliche von Jakobus kamen, hatte er mit denen aus den Nationen gegessen; als sie aber kamen, zog er sich zurück und sonderte sich ab, da er sich vor denen aus der Beschneidung fürchtete. Und mit ihm heuchelten auch die übrigen Juden, sodaß selbst Barnabas durch ihre Heuchelei mitfortgerissen wurde. Als ich aber sah, daß sie nicht den geraden Weg nach der Wahrheit des Evangeliums wandelten, sprach ich zu Kephas vor allen: Wenn du, der du ein Jude bist, wie die Nationen lebst und nicht wie die Juden, wie zwingst du denn die Nationen, jüdisch zu leben?“ (V. 11–14). Liebe Geschwister, ich richte eure Aufmerksamkeit besonders darauf, dass Paulus diesem scheinbar so einfachen Akt wie das Aufgeben des gemeinsamen Essens mit den Nichtjuden seitens des Petrus eine solch ernste Bedeutung beimaß, als sei es ein Infragestellen der ganzen Wahrheit des Evangeliums. Seid ihr auf dieses herzerforschende Urteil wegen einer Sache, die so klein und nebensächlich erscheint, vorbereitet? Stimmen eure Seelen der Entschlossenheit des Paulus zu? Oder neigt auch ihr zu dieser bequemen Nachgiebigkeit eines Petrus? Könnt ihr richtig verstehen, wie schwerwiegend diese Handlung war?

Denken wir daran, was es für einen Mann wie Paulus bedeutete, den Geehrtesten unter den Zwölfen zurechtzuweisen! Denn es wird nicht gesagt, dass Petrus sich vom Tisch des Herrn, an dem sich die Nichtjuden trafen, zurückzog, sondern von einer normalen Mahlzeit mit denen aus den Nationen. Für den Apostel Paulus stand die Wahrheit des Evangeliums auf dem Spiel. Müssen wir sagen, dass er richtig stand und Petrus falsch? Das Evangelium führt vor Gott zu dieser doppelten Schlussfolgerung, indem es sich sowohl auf den ersten als auch den letzten Adam gründet: Es setzt den vollständigen Ruin der Juden und Nichtjuden voraus und wendet sich auf diesem Boden an jedes Geschöpf. Da ist kein Unterschied:  Alle haben gesündigt. Zudem verkündigt es den vollkommenen und gleichartig gesegneten Standort für alle, die Christus annehmen. Es gibt keinen Unterschied in der Segnung durch Christus. Die Schuld des Menschen und Gottes Gnade sind in gleicher Weise unterschiedslos. In beiden gibt es wirklich keinen Unterschied (Röm 3 u. 10). Die Handlungsweise des Petrus hielt diesen jedoch aufrecht. Folglich wurde die Wahrheit des Evangeliums preisgegeben; und es gab Hinweise, dass Petrus schwerwiegend versagte, insbesondere, weil er nicht mehr am Gesetz festhielt. Er lebte als ein solcher, der sich seiner Freiheit von demselben bewusst war – einer Freiheit, die das Evangelium jedem schenkt, der an einen auferstandenen Christus glaubt. Warum wünschte er dann, dass die Nichtjuden wie die Juden lebten?

Folglich wendet sich der Apostel jetzt dem großen Thema dieses Briefes zu und der Erörterung jener bedeutenden Grundsätze, welche das Christentum kennzeichnen. Diese stehen in vollster Übereinstimmung mit den Tatsachen, die schon vor uns gestellt wurden. „Wir, von Natur Juden und nicht Sünder aus den Nationen, aber wissend, daß der Mensch nicht aus Gesetzeswerken gerechtfertigt wird, sondern nur durch den Glauben an Jesum Christum, auch wir haben an Christum Jesum geglaubt, auf daß wir aus Glauben an Christum gerechtfertigt würden, und nicht aus Gesetzeswerken, weil aus Gesetzeswerken kein Fleisch gerechtfertigt werden wird“ (V. 15–16). Doch dann geht er weiter. Er sagt: „Wenn wir aber, indem wir in Christo gerechtfertigt zu werden suchen, auch selbst als Sünder erfunden worden sind – ist denn Christus ein Diener der Sünde?“ (V. 17). Das wäre die Folge von Petrus' Verhalten gewesen. Hätte Petrus richtig gehandelt, dann hätte das Evangelium ihn offensichtlich zum Falschen angeleitet. Das Evangelium veranlasste Petrus mit Juden und Nichtjuden in gleicher Weise zu verkehren. Das Evangelium gab ihm die Erlaubnis, in seinem Verhalten und seinen Worten „die Zwischenwand der Umzäunung“  umzuwerfen (vgl. Eph 2,14). Falls Petrus jetzt [nach Ankunft der Brüder aus Jerusalem; Übs.] richtig handelte, wäre sein vorheriges Verhalten falsch gewesen – und somit auch das Evangelium. Ja – ernst zu sagen! – sogar Christus wäre dann ein Diener der Sünde. Darin lag notwendigerweise die schwerwiegende Bedeutung von Petrus' Handlung. Eine solche Schlussfolgerung würde diesen natürlich entsetzt haben. Das zeigt uns den außerordentlichen Ernst eines anscheinend so geringfügigen Schrittes wie das Aufgeben eines weiteren Umgangs mit den Nichtjuden im gewöhnlichen Leben. Das unterscheidende Auge des Apostels Paulus urteilte sofort entsprechend Christus und jenem Evangelium, das er von Ihm gelernt hatte. Er wertete die Dinge gewöhnlich nicht so sehr hinsichtlich ihrer Bedeutung für die Juden oder Nichtjuden, sondern nach ihren Folgen für die Herrlichkeit Christi. Tatsächlich ist es immer das Beste für die Segnungen, die Vorrechte und die Herrlichkeit, welche Gott in seiner Gnade für jeden Glaubenden bereithält, Christus mit allem in Verbindung zu bringen. Paulus vertrat die wahren Vorrechte der Juden genauso entschieden wie die der Nichtjuden. Dennoch betonte er dieses ergreifende Argument, das Petrus' Verhalten in sich schloss: Er machte Christus selbst zum Diener der Sünde. „Denn wenn ich das, was ich abgebrochen habe, wiederum aufbaue, so stelle ich mich selbst als Übertreter dar“ (V. 18).

Danach erklärt der Apostel sofort als Ergänzung hierzu den wahren Sachverhalt. „Ich bin durchs Gesetz dem Gesetz gestorben“ (V 19). Wie wir wissen, stand er als ein Jude unter dem Gesetz; und was war die Wirkung, als er unter der Anleitung Gottes das Gesetz auf sein Gewissen anwandte? Nun, er musste sich als ein Toter fühlen. Wie in Römer 7 erörtert wird, kam das Gesetz; und er starb. (Röm 7,9–10). „Ich bin durchs Gesetz dem Gesetz gestorben, auf daß ich Gott lebe.“ Ein solches Ergebnis kann das Gesetz in sich selbst niemals bewirken. Alles, was das Gesetz tun kann, selbst wenn es in der Kraft des Geistes Gottes wirkt, ist, eine Seele zu dem Bewusstsein zwingen, dass sie vor Gott tot ist. Das Gesetz bedeutet niemals Leben für den Toten, sondern tötet vielmehr sittlich denjenigen, der lebendig zu sein scheint. „Ich bin durchs Gesetz dem Gesetz gestorben.“  Auf diese Weise benutzt also die Gnade das Gesetz, um mir in meinem Gewissen vor Gott meinen Tod klar zu machen. So bin ich tot durch das Gesetz. Der Geist kann es anwenden, damit ein Mensch fühlt, dass mit ihm alles vorbei ist. Aber Er geht in Gnaden weiter. Durch dasselbe Gesetz wird der Mensch als  für das Gesetz tot vorgestellt und nicht nur als verdammt. Durch das Gesetz starb er dem Gesetz, um jetzt Gott zu leben. Hier kommt der Apostel zu einer positiven Segnung; denn der Heilige Geist kann nicht im Negativen ruhen. Es handelt sich indessen um ein Leben, nachdem ein Mensch dem Gesetz gestorben ist. Er befindet sich folglich in einem ganz anderen Bereich.

Als nächstes verkündet Paulus das wahre Geheimnis von allem diesen: „Ich bin mit Christo gekreuzigt“ (V. 20). Ich habe in Christus nicht nur einen Heiland gefunden, sondern bin auch mit Ihm gekreuzigt. Meine wahre menschliche Natur ist zu einem Ende gekommen. Alles, was ich als lebendiger Mensch in dieser Welt besaß, ist vergangen – natürlich nicht der Wirklichkeit nach, sondern vielmehr, und das ist noch viel bedeutsamer, als Angelegenheit des Glaubens. Die Geschichte des Fleisches – seine traurige und demütigende Geschichte – ist bald vorüber; aber die Geschichte, welche der Glaube eröffnet, endet nie. „Ich bin mit Christo gekreuzigt.“  Das beendet alles für mich als lebenden Menschen auf der Erde. Nichtsdestoweniger – staunenswert zu sagen, denn es kann sich nicht um ein natürliches Leben handeln – lebe ich. Und welche Art Leben könnte dieses sein? „Nicht mehr lebe ich, sondern Christus lebt in mir.“  Wie kostbar, nichts mehr mit dem sündigen Ich zu tun zu haben und ein Leben zu beginnen, welches so vollkommen ist, wie dasjenige Christi! „Was ich aber jetzt lebe im Fleische, lebe ich durch Glauben, durch den an den Sohn Gottes, der mich geliebt und sich selbst für mich hingegeben hat.“

Ich habe mit dem Gesetz nichts mehr zu tun, auch wenn ich einst unter dem Gesetz stand wie ein Jude. Denn das Gesetz wurde in seiner tötenden Kraft angewandt; und während ich sozusagen in meinem Gewissen erschlagen wurde, fand ich an gerade diesem Platz Christus selbst durch die Gnade Gottes – Christus, der für mich starb. Das ist jedoch nicht alles; denn es ist der Christus, in dem ich starb. Ich bin mit Christus gekreuzigt. Folglich bleibt für mich nur noch übrig, dieses neue Leben zu leben, welches für mich bedeutet: Christus in mir. Dieses neue Leben wird von derselben Person lebendig erhalten, die seine Quelle ist. „Was ich aber jetzt lebe im Fleische, lebe ich durch Glauben, durch den an den Sohn Gottes, der mich geliebt ...“  Es geht nicht um meine Liebe zu Ihm, obwohl diese Liebe natürlich in einem wahren Gläubigen wohnen muss und wohnt. Letzteres würde allerdings die Seele auf sich selbst zurückwerfen und entspricht nicht der Rechnungsweise der Gnade. Die Wahrheit, welche die Seele tröstet, stärkt und aufrecht erhält, besteht darin, dass Er „mich geliebt und sich selbst für mich hingegeben hat.“

Auf diese Weise, wie Paulus sehr nachdrücklich sagt, „mache (ich) die Gnade Gottes nicht ungültig“ (V. 21). Aber jene taten es – jeder der irgendwo anders Hilfe suchte außer bei Christus und seinem Kreuz. Jeder, der sich von einem solchen Evangelium wie diesem wegwandte, machte weitgehend die Gnade Gottes ungültig. „Wenn Gerechtigkeit durch Gesetz kommt [er sagt nicht einfach „aus dem Gesetz“, sondern „durch Gesetz“], dann ist Christus umsonst gestorben.“ Aber keineswegs! Sie kommt ausschließlich aus Gnade durch Jesus Christus, und zwar einem gekreuzigten Jesus. Sie hat mit Werken des Gesetzes überhaupt nichts zu tun.

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