Petrus: Fischer, Jünger und Apostel

8. Petrus als Zeuge und Apostel

Petrus: Fischer, Jünger und Apostel

Petrus als Apostel

Wir haben Simon Petrus von seiner Berufung am See Genezareth an bis zu dem Tag begleitet, an dem ihm nach seinem tiefen Fall und seiner Wiederherstellung der Auferstandene seine Schafe und Lämmer zum Weiden und zum Hüten anvertraute.

Der Sohn Gottes ist als Mensch auf diese Erde gekommen, weil Er im Acker dieser Welt einen Schatz erblickte, der Ihm so kostbar war, dass Er vor Freude darüber hinging und alles verkaufte, was Er hatte, um ihn zu erwerben (Mt 13,44). Seinetwegen vertauschte Er den Ort göttlicher Herrlichkeit mit dem Platz tiefster Erniedrigung und wurde arm. Durch seinen Gehorsam gegen Gott und sein Werk am Kreuz gehört dieser Acker, diese Welt nun Ihm, dem Sohn des Menschen, und Er wird eines Tages seine Rechte geltend machen. Aber vor allem ist die Schar der Erlösten in der Welt, die Er um den Preis seines eigenen Lebens erkauft hat, nun sein Eigentum. An ihnen, den „Heiligen“ und „Herrlichen“, die auf Erden sind, hat Er all sein Gefallen (Ps 16,3).

Dass der Herr bei seinem Weggang diesen seinen Schatz, seine geliebte „kleine Herde“ für jene erste Zeit, in der sie vornehmlich aus Christen aus den Juden bestand, der Hirtenpflege eines Petrus übergab, dessen Geschichte wir nun kennen, ist also eine große Gnade. Möchte aber auch jeder, der heute mithelfen darf, „die Herde Gottes zu hüten“ (1. Pet 5,2) und ihr in irgendeiner Weise zu dienen, sich dieser Gnade ebenso sehr bewusst sein, wie Petrus es war, der nun in wahrer Demut und großer Hingabe seine Aufgabe erfüllte! Mussten wir nicht feststellen, dass unsere Lebensgeschichte der seinen in vielen Stücken ähnlich ist und dass auch wir in selbem Maß die herstellende und zubereitende Gnade nötig haben?

Anderseits fällt es uns beim Lesen der ersten zwölf Kapitel der Apostelgeschichte auf, welch eine große Veränderung mit Petrus vor sich gegangen ist. Im Rahmen dieser kleinen Betrachtung wird es uns nicht möglich sein, ausführlich auf diese Kapitel einzugehen. Wir müssen uns darauf beschränken, einige Punkte herauszugreifen, die diese Veränderung erklären und beleuchten.

Petrus wird mit Heiligem Geist erfüllt

Nachdem sich der Herr Jesus „nach seinem Leiden in vielen sicheren Kennzeichen lebend dargestellt“ hatte, indem Er vierzig Tage hindurch von den Jüngern gesehen wurde, wobei Er „über die Dinge redete, die das Reich Gottes betreffen“, wurde Er in den Himmel aufgenommen (Apg 1,3).

Als die Jünger Ihn in Bethanien mit segnenden Händen auffahren sahen, warfen sie sich vor Ihm nieder (Lk 24,50-53). Schon seine Auferstehung war für sie ein Anlass zu heiliger Freude; dass Er jetzt aber auch „in seine Herrlichkeit einging“ (Lk 24,26), öffnete ihnen vollends das Verständnis für die Größe seiner Person. Nun sahen sie alles erfüllt, was Er ihnen vorausgesagt hatte.

Endlich konnten sie es fassen, und sie „kehrten nach Jerusalem zurück mit großer Freude“ (Lk 24,52).

Gehorsam dem Gebot des Herrn blieben sie die nächsten zehn Tage in der Stadt und „waren allezeit im Tempel, Gott lobend und preisend“. Auch versammelten sich die Apostel im Obersaal - wohl derselbe, in dem sie mit Jesus das Passah gefeiert hatten - um mit anderen Jüngern und Jüngerinnen „einmütig im Gebet zu verharren“ und auf die „Verheißung des Vaters“, auf die „Kraft aus der Höhe“ zu warten (Lk 24,49.53; Apg 1,13-14).

An einem dieser Tage schritten sie unter Anführung von Petrus zur Wahl eines zwölften Apostels, der Judas' Platz einnehmen sollte, der ein so trauriges Ende genommen hatte. Zu dieser Wahl warfen sie Lose, weil der Geist noch nicht da war, um sie zu leiten (Apg 1,15-26).

Und dann kam der Tag der Pfingsten, an dem das gewaltige Ereignis stattfand, das für jene Jünger und von da an auch für alle an den Herrn Jesus Glaubenden von größter Bedeutung sein sollte: Der „andere Sachwalter“, der Heilige Geist, von dem der Herr gesprochen hatte, kam herab, um in Ewigkeit bei und in den Erlösten zu sein (Joh 14,16).

Obwohl unsichtbar, ist Er ebenso wohl eine Person der Gottheit wie Gott, der Vater, oder Gott, der Sohn, es sind. Er ist nicht nur ein göttlicher Einfluss oder eine von Gott ausgehende Kraft ohne Eigenpersönlichkeit. Besonders aus den Kapiteln 14-16 des Johannes-Evangeliums, aber auch aus vielen anderen Stellen geht hervor, was dieser „andere Sachwalter“, der sowohl in der Versammlung, dem „Tempel Gottes“, als auch in dem Leib jedes Wiedergeborenen wohnt, hier auf Erden wirkt (2. Kor 6,16; 1. Kor 6,19). Wir erwähnen hier nur einige Punkte:

Er belehrte die Apostel über die unermesslichen Ergebnisse des Werkes Jesu Christi. Er erinnerte sie und die anderen inspirierten Schreiber an alles, was der Herr ihnen gesagt hatte, und sie haben dies durch den Heiligen Geist in den Evangelien und in den Briefen aufgezeichnet (Joh 14,26). Der Geist der Wahrheit zeugt von der Person Jesu (Joh 15,26). Er überführt die Welt „von Sünde und von Gerechtigkeit und von Gericht“ (Joh 16,8-11). Er leitet die Gläubigen in die ganze Wahrheit und verkündigte den Aposteln auch das Kommende. Er verherrlicht allezeit die Person Jesu (Joh 16,13.14). Es ist der Geist, der die Gläubigen zu einem Leib tauft (1. Kor 12,13) und der die verschiedenen Gnadengaben in der Versammlung austeilt; durch seine Wirksamkeit gelangen sie zur Ausübung (1. Kor 12,4-11).

Von welch unermesslicher Bedeutung ist der Besitz des Heiligen Geistes auch für das Leben und den Wandel des Gläubigen! Er wohnt in ihm als ein Geist „der Kraft und der Liebe und der Besonnenheit“ (2. Tim 1,7) und ist somit die Kraft seines neuen Lebens. Er darf nun „im Geist“ wandeln und wird dann, statt die Lust des Fleisches in ihm zu vollbringen, die Frucht des Geistes in seinem Leben offenbaren (Gal 5,16.22). Gottes Geist ist es, der den Gläubigen leiten will (Röm 8,14).

Es ist schön zu sehen, wie nun alle diese Wirkungen des Heiligen Geistes im Leben des Apostels Petrus mit Macht zu Tage treten, und wir wollen ihnen jetzt ein wenig nachspüren.

Am Tag der Pfingsten also waren die Jünger wieder alle an einem Ort beisammen. „Und plötzlich kam aus dem Himmel ein Brausen, wie von einem daherfahrenden, gewaltigen Wind, und erfüllte das ganze Haus, wo sie saßen. Und es erschienen ihnen zerteilte Zungen wie von Feuer, und sie setzten sich auf jeden Einzelnen von ihnen. Und sie wurden alle mit Heiligem Geist erfüllt und fingen an, in anderen Sprachen zu reden, wie der Geist ihnen gab auszusprechen“ (Apg 2,1-4).

Jetzt waren die Jünger mit „Kraft aus der Höhe“ angetan und konnten fortan Zeugen des Herrn sein, „sowohl in Jerusalem als auch in ganz Judäa und Samaria und bis an das Ende der Erde“ (Apg 1,8). Petrus wird es nun beweisen.

Petrus' erste Predigt (Apg 2,5-41)

Als sich das Gerücht von diesem gewaltigen Ereignis verbreitete, kam eine große Menge von Juden und Proselyten zusammen, die zum Pfingstfest gekommen waren, „aus jeder Nation unter dem Himmel“. Die meisten gerieten außer sich und waren in Verlegenheit, andere aber sagten spottend: „Sie sind voll von süßem Wein“.

Da stand Petrus auf, um seine Stimme zu erheben, und wir sind beeindruckt von der Weisheit und Kraft, in der er redete. Wieso weiß er nun diese trefflichen Zitate aus dem Alten Testament anzuführen, die dem versammelten Volk bewiesen, dass sich alles nach dem bestimmten Ratschluss Gottes und den Weissagungen der Propheten erfüllt hat: die Leiden des Christus, sein Tod, seine Auferweckung, seine Erhöhung zur Rechten Gottes und die nun durch Ihn bewirkte Ausgießung des Heiligen Geistes? Hatte Petrus nicht vor einigen Wochen noch große Mühe zu begreifen, dass die Leiden Christi überhaupt nötig waren? Antwort: Der „andere Sachwalter“ wohnte jetzt in ihm und gab ihm Licht über dies alles. Was befähigte ihn, kühn vor dieses Volk der Juden hinzutreten, um ihnen ins Gesicht zu sagen: Ihr habt den von Gott zum Herrn und zum Christus gemachten Jesus gekreuzigt? Antwort: Die „Kraft aus der Höhe“ erfüllte ihn!

Der Erfolg dieser ersten Predigt von Petrus war gewaltig. Dreitausend Seelen taten Buße, durch die Taufe auf den Namen Jesu Christi machten sie sich eins mit seinem Tod als dem alleinigen Mittel, um dem verdienten Gericht zu entfliehen und Vergebung der Sünden zu erlangen. Dreitausend Erlöste wurden an jenem Tag zu den übrigen Gläubigen, die seit dem Herabkommen des Heiligen Geistes die Versammlung bildeten, hinzugetan! Und sie alle verharrten jetzt „in der Lehre der Apostel und in der Gemeinschaft, im Brechen des Brotes und in den Gebeten“ (Apg 2,42).

Somit hatte Petrus die ihm vom Herrn anvertrauten „Schlüssel des Reiches der Himmel“ (Mt 16,19) das erste Mal gebraucht und damit den Juden den Eingang zu diesem Reich aufgeschlossen.

Petrus heilt einen Lahmen und predigt im Tempel (Apg 3)

Dass der Heilige Geist die Seinen in ihrem ganzen Leben und in ihrem Dienst leiten will, durften die Apostel von jetzt an in wunderbarer Weise erfahren. Petrus und Johannes gingen zur Stunde des Gebets zusammen hinauf in den Tempel. Zu diesem Zeitpunkt waren dort viele Menschen. An der „Schönen Pforte“ des Tempels, durch die sie eingehen wollten, lag ein kranker Bettler, der sie um ein Almosen bat.

Sollten sie vorbeigehen? Hatten sie nicht Wichtigeres zu tun, als sich um einen einzelnen und dazu noch elenden Menschen zu kümmern? Nein, das war der erste Ring an der Kette verschiedener Umstände, die zum Heil und Segen von vielen Hunderten von Menschen führen sollten.

Die Apostel ergriffen diese unscheinbare Gelegenheit zum Dienst, „zu guten Werken, die Gott zuvor bereitet hat, damit wir in ihnen wandeln sollen“ (Eph 2,10), und durften erleben, dass sie dadurch zu einem großen „Fang von Menschen“ geleitet wurden. Bis dahin war es der Gehorsam gegenüber der Stimme des Meisters, der sie beim Auswerfen der Netze im See zu wunderbaren Erfahrungen führte, jetzt aber war es der Gehorsam gegenüber der Leitung des „anderen Sachwalters“, der die Apostel in der Verkündigung des Evangeliums zu großen Ergebnissen führte.

Möchten auch wir in den kleinen Dingen unseres täglichen Lebens der Leitung des Geistes unterworfen sein! Auch heute noch können aus unscheinbaren Gelegenheiten durch seine Wirksamkeit große Dinge entstehen.

Petrus heilte den Gelähmten und ging mit Johannes in den Tempel hinein. Der Geheilte begleitete sie, ging und sprang umher und lobte Gott. In seiner überströmenden Freude hielt er sie sogar fest, bis das ganze Volk, das im Tempel war, voll Erstaunen zu ihnen zusammenlief (Apg 3,11), denn der Mann war bisher eine bekannte Elendsgestalt vor der Pforte des Tempels gewesen, an der sie oft vorbeigegangen waren und dem sie dann und wann eine Münze zugeworfen hatten.

Als sich aller Augen auf die Apostel richteten, weil die Leute diese große Heilung ihnen zuschrieben, fühlte sich Petrus gedrängt, dies richtig zu stellen. Einmal hatten die Jünger sich gestritten, wer unter ihnen der Größte sei, nun aber lag es ihm einzig daran, unter den Menschen den Namen Jesu zu rühmen. Auch wieder ein Beweis, dass der Heilige Geist ihn erfüllte, von dem der Herr Jesus gesagt hatte: „Er wird mich verherrlichen“ (Joh 16,14).

Auch hier wieder fällt uns die geistliche Kraft auf, in der Petrus, dieser an sich schwache Mensch, der ihn umgebenden Menge von Juden ins Gewissen und dann aber auch zu Herzen redete, um sie durch den Glauben an den Namen Jesu Christi zur Errettung und zum Heil zu führen. Er sagte ihnen unter anderem: „Gott ... hat seinen Knecht Jesus verherrlicht, den ihr freilich überliefert und angesichts des Pilatus verleugnet habt ... Ihr aber habt den Heiligen und Gerechten verleugnet ... den Urheber des Lebens aber habt ihr getötet“ (Apg 3,13-15).

Wie nötig und gesegnet waren diese deutlichen Worte, die Petrus auch da in Verbindung mit einer erstaunlichen Kenntnis der Prophezeiungen des Alten Testamentes aussprach! „Viele aber von denen, die das Wort gehört hatten, glaubten; und die Zahl der Männer wurde etwa fünftausend“ (Apg 4,4).

Welch eine große Errettung! Sie wurde durch die Wohltat an einem geringen Menschen in die Wege geleitet!

Petrus und Johannes: ungebildet, aber von Gott belehrt (Apg 4)

Wie die Ältesten und Führer Israels Jesus Christus verwarfen und damit auch Gott, den Vater, den Er offenbarte, so widerstanden sie jetzt auch dem Zeugnis und der Wirksamkeit des Heiligen Geistes, der dritten Person der Gottheit. Wenn der Geist nun auf der Erde war und in solch offensichtlicher Weise durch die Apostel und Gläubigen wirkte, so wollten sie dieser Tätigkeit beizeiten einen Riegel vorschieben.

Wie verblendet waren sie doch!

Besonders Petrus, der durch seine beiden machtvollen Predigten und auch durch das Wunder an dem Gelähmten in den Vordergrund getreten war, und Johannes, waren ihnen ein Dorn im Auge.

So lesen wir: „Während sie aber zu dem Volk redeten, traten die Priester und der Hauptmann des Tempels und die Sadduzäer auf sie zu, weil es sie verdross, dass sie das Volk lehrten und in Jesus die Auferstehung aus den Toten verkündigten. Und sie legten die Hände an sie und setzten sie in Gewahrsam bis zum folgenden Tag, denn es war schon Abend“ (Apg 4,1-3). Am folgenden Tag versammelte sich das ganze Synedrium in Jerusalem, die Obersten und die Ältesten und Schriftgelehrten und die vom hohenpriesterlichen Geschlecht. Auch Kajaphas war dabei, der das Todesurteil über Jesus ausgesprochen hatte.

Dann wurden Petrus und Johannes vor sie geführt. Welch ein Gegensatz! Auf den Sitzen dort die gebildete, wohlhabende und einflussreiche Elite des Volkes, und hier die zwei geringen ehemaligen Fischer, die man mit Verachtung musterte!

Aber die beiden fürchteten sich nicht. Sie waren sich voll bewusst: „Mehr sind die, die bei uns, als die, die bei ihnen sind“ (2. Kön 6,16). - „Mit uns ist … Gott, um uns zu helfen und unsere Kämpfe zu führen!“ (2. Chr 32,8). Ja, Er konnte sich ungehindert zu ihnen bekennen. Keine ungerichtete Sünde stand zwischen Ihm und ihnen, und ihr Herz, ihre Zuneigungen waren ganz auf Ihn gerichtet.

Als das Verhör begann und die Obersten fragten: „In welcher Kraft oder in welchem Namen habt ihr dies getan?“, konnte ihnen Petrus daher, mit Heiligem Geist erfüllt, antworten (Apg 4,7.8). Dieser Zustand kennzeichnete ihn nun und viele andere mit ihm, in jenen ersten Tagen sogar die ganze Versammlung. - Ist dies auch bei uns der Fall? Wenn nicht, so müssen wir uns prüfen, was in uns den Geist hemmt.

Völlig unbeeindruckt von dieser gewichtigen Sitzung des Synedriums bezeugte ihnen Petrus mit großer Freimütigkeit, dass die Heilung an dem Gelähmten im Namen Jesu Christi geschehen sei, den sie gekreuzigt hätten, der nun aber auferstanden und zum Eckstein geworden sei. In keinem anderen Namen unter dem ganzen Himmel sei das Heil Gottes den Menschen gegeben als nur in Ihm. - In der Kraft des Geistes Gottes war es Petrus eine Freude, vor den Ohren der Führer Israels diesen herrlichen Namen zu bezeugen.

Die Reaktion des Synedriums, das aus Männern bestand, die in der menschlichen Gelehrsamkeit sorgfältig unterwiesen waren, ist typisch für alle, die damals wie heute ihr Haus auf die menschliche Weisheit statt auf Gottes Wort bauen (Mt 7,24-27): „Als sie aber die Freimütigkeit des Petrus und Johannes sahen und merkten, dass es ungelehrte und ungebildete Leute waren, verwunderten sie sich“ (Apg 4,13). Petrus' Worte zeugten wohl von einer für sie unerklärlichen Kraft - von der Kraft des Wortes Gottes, dargereicht durch den Geist. Aber sie wollten sein Zeugnis nicht annehmen: erstens, weil sie Gott widerstanden, und zweitens, weil der Verkündiger nicht zu den wissenschaftlich geschulten, sondern zu den ungelehrten und ungebildeten Leuten gehörte.

So gibt es auch heute noch Tausende und Abertausende, die das Wort Gottes, wie es sich in der Bibel persönlich an Herz und Gewissen eines jeden Menschen richtet, nicht annehmen oder nur, wenn es ihnen durch den Kanal menschlicher Weisheit zufließt, der seine Wahrheit entstellt und ihm seine Kraft raubt!

Petrus musste hier eine ganz ähnliche Erfahrung machen wie einst der Herr selbst. Die Juden verwunderten sich damals und sagten: „Wie besitzt dieser Gelehrsamkeit, da er doch nicht gelernt hat?“ Aber Jesus antwortete ihnen: „Meine Lehre ist nicht mein, sondern dessen, der mich gesandt hat. Wenn jemand seinen [Gottes] Willen tun will, so wird er von der Lehre wissen, ob sie aus Gott ist oder ob ich von mir selbst aus rede“ (Joh 7,15-17). Wer sich wirklich Gott unterwerfen will, wird sich auch dem Wort des Herrn Jesus und seiner Apostel unterwerfen, so wie es uns in der Heiligen Schrift gegeben ist, selbst wenn der von Gott belehrte Verkündiger, der mit Jesus Umgang hat, keine Hochschulbildung besitzt (Apg 4,13).

Das Synedrium war in Verlegenheit. Sie hätten das Wunder an dem Gelähmten, das zur Ausbreitung des Evangeliums von Jesus Christus in hohem Maß beigetragen hatte, gerne geleugnet, aber sie konnten es nicht, denn es war allen, die in Jerusalem wohnten, offenbar geworden. Im Zusammenhang damit konnten sie den Aposteln nichts antun, ohne sich selbst in ein schlechtes Licht zu bringen. Es blieb ihnen nur übrig, den beiden treuen Zeugen des Herrn ernstlich zu drohen, „sich durchaus nicht in dem Namen Jesu zu äußern noch zu lehren“ (Apg 4,18).

Welch ein Ansinnen! Eben hatte Petrus feierlich ausgerufen, in keinem anderen sei das Heil und kein anderer Name sei unter den Menschen gegeben, in dem sie errettet werden müssen - und nun wollten diese Menschen ihn zwingen, von dem alleinigen, göttlichen Heil durchaus nicht mehr zu reden! Arme Werkzeuge Satans, der will, dass die Menschen alle verloren gehen!

Petrus musste widerstehen. Hatte der Herr seinen Jüngern und den Erlösten allen nicht den großen Auftrag gegeben, dass „in seinem Namen Buße und Vergebung der Sünden gepredigt werden sollten allen Nationen, angefangen von Jerusalem“ (Lk 24,47)? Daher antwortete er mit heiliger Entschiedenheit: „Ob es vor Gott recht ist, auf euch mehr zu hören als auf Gott, urteilt ihr; denn uns ist es unmöglich, von dem, was wir gesehen und gehört haben, nicht zu reden“ (Apg 4,19.20).

Wie waren doch diese Knechte und jene ersten Christen mit „Kraft aus der Höhe“ erfüllt! Als Petrus und Johannes zu den Ihren kamen und ihnen alles erzählten, erhob die ganze Versammlung einmütig ihre Stimme zu Gott. Um von dieser Feindschaft befreit und vor Verfolgung bewahrt zu werden? Nein, die Ausbreitung des Evangeliums lag ihnen am Herzen, und sie flehten, dass die Knechte Gottes sein Wort im Namen Jesu weiterhin mit aller Freimütigkeit reden möchten!

Als Antwort auf dieses Gebet „erbebte die Stätte, wo sie versammelt waren; und sie wurden alle mit dem Heiligen Geist erfüllt und redeten das Wort Gottes mit Freimütigkeit … Und mit großer Kraft legten die Apostel das Zeugnis von der Auferstehung des Herrn Jesus ab; und große Gnade war auf ihnen allen“ (Apg 4,31.33).

Petrus und die Apostel erleiden Schmach (Apg 5,12-42)

Der Kampf zwischen Licht und Finsternis ging in Jerusalem weiter. Durch die Hände der Apostel, die im Tempel das Wort verkündigten, geschahen viele Zeichen und Wunder, und viele Gläubige wurden dem Herrn zugetan, Scharen von Männern und auch Frauen. Selbst die Menge der umliegenden Städte mit ihren Kranken kam nach Jerusalem zusammen und geriet unter den Einfluss des Evangeliums.

Da wurden die Obersten mit Eifersucht erfüllt. Sie legten die Hände an die Apostel und setzten sie in öffentlichen Gewahrsam. Doch als sie am nächsten Tag das Synedrium einberiefen und die Gefangenen vorführen wollten, standen diese schon wieder im Tempel und lehrten das Volk: Ein Engel hatte sie befreit und ihnen geboten, fortzufahren, dem Volk „alle Worte dieses Lebens“ zu verkündigen (Apg 5,20).

Durch dieses Eingreifen Gottes noch nicht ernüchtert, holten die Widersacher sie herbei und stellten sie vor das Synedrium. Der Hohepriester erhob Anklage gegen sie und sagte: „Wir haben euch streng geboten, in diesem Namen nicht zu lehren, und siehe, ihr habt Jerusalem mit eurer Lehre erfüllt und wollt das Blut dieses Menschen auf uns bringen“ (Apg 5,28).

Mit ungebrochener Kraft und Freimütigkeit antworteten Petrus und die Apostel: „Man muss Gott mehr gehorchen als Menschen“ (Apg 5,29). Mit Eindringlichkeit zeugten sie von der Auferweckung Jesu, den die Juden ermordet hatten, und von seiner Erhöhung zum Führer und Heiland, nicht um Israel zu richten, sondern um ihm noch immer Buße und Vergebung zu geben. Nicht allein die Apostel waren Zeugen von diesen wichtigen Tatsachen, sondern auch der Heilige Geist, den Gott denen gab, die Ihm durch gläubige Annahme des Evangeliums gehorcht hatten. Den Menschen in Kapitel 2,37 drang der Aufruf zur Buße durchs Herz; diese verhärteten Herzen hingegen wurden jetzt durch Pfeile des Hasses und der Eifersucht durchbohrt. Sie ratschlagten, die Apostel umzubringen!

Aber die Verfolgung durfte noch nicht ausbrechen. Ihr Zeugnis in Jerusalem war noch nicht abgeschlossen. Der angesehene Gesetzeslehrer Gamaliel erhob Einspruch und riet dem Synedrium, von diesen Menschen abzustehen und sie gewähren zu lassen, „damit ihr nicht gar als solche befunden werdet, die gegen Gott kämpfen“ (Apg 5,34-39).

Die Siebzig gaben ihm zwar Gehör, doch verlangte ihre Wut nach Abkühlung. Sie riefen die Apostel herbei und verurteilten sie zu einer Anzahl Schlägen, und diese ungerechte Strafe wurde vor ihren Augen ausgeführt. Waren es die üblichen vierzig Streiche weniger einen, wozu die Apostel der Reihe nach unter Schimpf und Schande ihren bloßen Rücken herhalten mussten, um dann unter großen Schmerzen entlassen zu werden? Wir müssen es annehmen.

Aber sie verließen das Synedrium keineswegs entmutigt und niedergeschlagen. Im Gegenteil, sie waren „voll Freude, dass sie gewürdigt worden waren, für den Namen Schmach zu leiden“ (Apg 5,41). Und trotz der erneuten Drohung, ja nicht mehr in dem Namen Jesu zu reden, hörten sie nicht auf, jeden Tag im Tempel und in den Häusern zu lehren und Jesus als den Christus zu verkündigen.

Welch ein glückseliges Geheimnis ist doch das Erfülltsein vom Heiligen Geist! Je völliger Petrus und die übrigen in ihrem Herzen und Leben Ihm Raum ließen, desto mehr vertiefte Er in ihnen das Bewusstsein ihrer Gemeinschaft mit ihrem verherrlichten Herrn. Ihre Schmach und Geißelung waren für den „Tröster“ nur Anlass, ihnen „durch den Christus überreichlichen Trost“ zu geben (2. Kor 1,5). - Lasst daher auch uns nie der Schmach ausweichen, die in dieser Welt mit dem Namen Christi verbunden ist!

So hatten sich denn die Worte Jesu an ihnen erfüllt: „Sie werden euch an Synedrien und an Synagogen überliefern; ihr werdet geschlagen ... werden um meinetwillen, ihnen zum Zeugnis; ... Und wenn sie euch hinführen, um euch zu überliefern, so sorgt euch vorher nicht, was ihr reden sollt ... Denn nicht ihr seid die Redenden, sondern der Heilige Geist“ (Mk 13,9.11).

Petrus nimmt Stellung gegen das Böse in der Versammlung (Apg 5,1-11)

„Die Menge derer aber, die gläubig geworden waren, war ein Herz und eine Seele; und auch nicht einer sagte, dass etwas von seiner Habe sein Eigen wäre, sondern sie hatten alles gemeinsam ... Denn es war auch keiner unter ihnen bedürftig, denn so viele Besitzer von Feldern oder Häusern waren, verkauften sie und brachten den Erlös des Verkauften und legten ihn zu den Füßen der Apostel nieder; es wurde aber jedem ausgeteilt, so wie einer irgend Bedarf hatte“ (Apg 4,32-35).

Das war der schöne Zustand, der jene Versammlung am Anfang kennzeichnete. Abgesondert von der Welt und jeglichem Bösen konnte der Heilige Geist ungehindert in ihnen wirken und seine liebliche Frucht in ihnen hervorbringen: „Liebe, Freude, Friede ...“ (Gal 5,22); Liebe zum Herrn und untereinander, in der völligen Hingabe an Ihn. Das Fleisch mit seiner Selbstsucht war wohl in ihnen, aber da sie im Geist wandelten, kam es nicht zur Auswirkung.

War es bei allen so? Ananias und Sapphira, ein Ehepaar unter ihnen, sahen, wie die Brüder ihre Felder und Häuser verkauften, um den Erlös zu den Füßen der Apostel niederzulegen. Sie wollten nicht hintenanstehen und vor den anderen als solche gelten, die weniger Hingabe zeigten. Aber ihr Herz war noch nicht vom irdischen Besitz gelöst. Sie verkauften wohl ihren Acker, legten jedoch einen Teil des Verkaufserlöses beiseite. Das war an sich keine Sünde, sondern höchstens ein Beweis, dass sie ihr Herz noch nicht - wie die anderen - völlig dem Herrn ausgeliefert hatten. Aber dann kamen sie überein, zu lügen und die Summe, die sie den Aposteln überbrachten, als den ganzen Kaufpreis zu bezeichnen.

Können wir solches Tun begreifen? Gaben wir uns vor den Gläubigen noch nie den Anschein, hingebender und gottseliger zu sein, als wir es in Wirklichkeit waren? Der Herr möge uns vor einer solchen ungeistlichen Haltung, vor solcher Heuchelei bewahren! Nur wenn wir vor Ihm, vor uns selbst und vor den Mitgeschwistern aufrichtig sind, kann uns geholfen werden, in geistlicher Beziehung Fortschritte zu machen.

Was sagte nun Petrus dazu, der unter den Aposteln die Führung hatte? Ließ er sich täuschen?

Wer vom Heiligen Geist erfüllt ist, sieht klar und beurteilt alles so, wie Gott es beurteilt. Petrus durchschaute den frommen Schein und erkannte, dass in dieser Form die Sünde in die Versammlung eindringen und so die freie Wirksamkeit des Geistes hindern wollte. Weil er selbst vor Gott lebte, hasste er das Böse in jeder Form und redete in tiefem Ernst zu Ananias' Gewissen. Er war dabei in voller Übereinstimmung mit Gott; ohne dass er es aussprechen musste, fiel Ananias tot zu Boden, und auch Sapphira ereilte dieselbe zeitliche Züchtigung!

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