Die christliche Gemeinschaft

Voraussetzungen

Wer nicht von neuem geboren ist, kann jedoch keine Gemeinschaft mit Gott haben, weil dafür keine Grundlage vorhanden ist. Dem natürlichen Menschen fehlt nicht nur die Fähigkeit, sondern auch die Bereitschaft dazu, denn er will nichts von Gott wissen und geht Ihm aus dem Weg. Nach dem Sündenfall war die erste Reaktion der Menschen, sich vor Gott zu verstecken. Im Lauf der Menschheitsgeschichte hat sich dann nur zu deutlich herausgestellt, daß „die Gesinnung des Fleisches Feindschaft ist gegen Gott, denn sie ist dem Gesetz Gottes nicht untertan, denn sie vermag es auch nicht“ (Röm 8,7).

Die Worte: „Wenn wir sagen, daß wir Gemeinschaft mit ihm haben, und wandeln in der Finsternis, so lügen wir und tun nicht die Wahrheit“ (1.Joh 1,6) bestätigen das. Zwar wird dieser Vers oft auf Gläubige bezogen, die der Welt gleichförmig geworden sind, doch von einem wahren Gläubigen lesen wir im Neuen Testament nie, daß er sich in der Finsternis befindet oder auch darin wandelt. Er ist ein für allemal aus der Finsternis ins Licht Gottes geführt worden (1. Pet 2,9), und nur in diesem göttlichen Licht gibt es Gemeinschaft. Nein, hier handelt es sich um Menschen, die noch fern von Gott in geistlicher Finsternis leben. Wenn sie also behaupten, sie hätten Gemeinschaft mit Gott, dann lügen sie.

2.1 Neue Geburt und ewiges Leben

Um zur Gemeinschaft mit dem Vater und dem Sohn befähigt zu werden, braucht der Mensch göttliches Leben, eine Gleichartigkeit der Natur. Dies ist nur durch einen grundsätzlichen Neubeginn möglich. Er muß von neuem, d. h. auf eine völlig neue Weise, geboren werden (Joh 3,3.5). Vielleicht fragt jetzt manches Kind Gottes: Ich, der ich doch täglich Unvollkommenheiten, ja, sogar sündige Gedanken, Worte und Taten bei mir entdecke, ich soll die gleiche Natur wie Gott selbst besitzen? Ja, so ist es! Allen, die in aufrichtiger Buße über ihre Sünden den Herrn Jesus im Glauben als Erlöser angenommen haben, schenkt Gott in Seiner Gnade alles, was sie zu Teilhabern der göttlichen Natur macht (2. Pet 1,4). Sein sittliches Wesen, das in den beiden Worten Licht und Liebe zusammengefaßt ist (1. Joh 1,5; 4,8.16), wird jedem Glaubenden mitgeteilt. „Denn einst wart ihr Finsternis, jetzt aber seid ihr Licht in dem Herrn“ (Eph 5,8). - „Denn die Liebe Gottes ist ausgegossen in unsere Herzen durch den Heiligen Geist“ (Röm 5,5). In der Praxis müssen wir zwar immer wieder ermahnt werden, dieser Liebe und diesem Licht entsprechend zu leben (Eph 5,2.8), aber unserer Stellung nach haben wir bleibenden Anteil daran; ja, diese Ermahnungen sind geradezu der Beweis dafür, daß es so ist.

Gott hat uns jedoch nicht nur neues Leben geschenkt, sondern uns auch in eine neue Beziehung zu sich versetzt. Alle, die von neuem geboren sind, haben jetzt auch das Recht, sich Seine Kinder zu nennen. „So viele ihn aber aufnahmen, denen gab er das Recht, Kinder Gottes zu werden, denen, die an Seinen Namen glauben, die ... aus Gott geboren sind“ (Joh 1,12f.). Wenn sie Kinder sind, dann ist Gott notwendigerweise ihr Vater. Auch diese wunderbare Segnung hat uns der Sohn Gottes gebracht. Schon während Seines Erdenlebens offenbarte Er den Vater (Joh 1,14.18; 14,6-10), aber nach Seiner Auferstehung führte Er die Jünger in das Kindschaftsverhältnis zu Seinem Vater ein, als Er Maria Magdalene beauftragte: „Geh aber hin zu meinen Brüdern und sprich zu ihnen: Ich fahre auf zu meinem Vater und eurem Vater und meinem Gott und eurem Gott“ (Joh 20,17). Sein Vater war jetzt auch ihr Vater. Diese bewußte Gotteskindschaft war den Gläubigen bis dahin unbekannt. Sie waren zwar von neuem geboren, kannten Gott jedoch nicht als ihren persönlichen himmlischen Vater. Darin liegt einer der wesentlichen Unterschiede zwischen den Gläubigen in der Zeit des Alten und der des Neuen Testaments. Nur dadurch, daß Gott, der Vater, Seinen geliebten Sohn in die Ihm feindlich gesinnte Welt sandte, und der Sohn Gottes sich zu verlorenen Sündern herabließ, um für sie zu sterben, können Menschen durch den Glauben zu Kindern Gottes werden, die das ewige Leben besitzen und zur Gemeinschaft mit dem Sohn Gottes und mit dem Vater befähigt sind.

Johannes schreibt über das „ewige Leben, das bei dem Vater war und uns offenbart worden ist“ (1. Joh 1,2). Was uns hier in einfachen und kurzen Worten mitgeteilt wird, ist so erhaben, daß wir es wohl kaum in seiner ganzen Fülle fassen können. Das ewige Leben ist ja nicht nur ein Leben ohne Ende, sondern das Leben des ewigen Gottes, der Licht und Liebe, aber auch ohne Anfang und ohne Ende ist. Wenn Er sich in Offenbarung 21,6 „der Anfang und das Ende“ nennt, dann bedeutet dies, daß außer Ihm, dem Ewigen, nichts denkbar ist. Er allein ist der „lebendige Gott“. Wie alles, was uns von Seinem Heils- und Segensplan offenbart worden ist, ist auch das ewige Leben in der Person Seines eingeborenen Sohnes zu uns herabgekommen, und wer an Ihn glaubt, hat jetzt ewiges Leben (Joh 3,15.16.36; 17,2). Um jedem Zweifel zu begegnen, bezeugt Gott uns ausdrücklich, daß es so ist: „Und dies ist das Zeugnis: daß Gott uns ewiges Leben gegeben hat, und dieses Leben ist in seinem Sohn. Wer den Sohn hat, hat das Leben; wer den Sohn Gottes nicht hat, hat das Leben nicht“ (1. Joh 5,11.12). Das ewige Leben ist jedoch nicht nur in dem Sohn Gottes, sondern Er ist selbst „der wahrhaftige Gott und das ewige Leben“ (1. Joh 5,20). Mit Ihm sind wir durch den Glauben eins, so daß Christus jetzt auch unser Leben ist (Kol 3,4). Wir dürfen das ewige Leben im Sohn Gottes besitzen, es im Glauben mehr und mehr erkennen und uns daran erfreuen.

Nach den Worten des Herrn in Johannes 17,3 beinhaltet ewiges Leben auch, den allein wahren Gott als unseren Vater und in der Person Jesu Christi, Seinen Sohn, den Er zu uns herabgesandt hat, zu erkennen. Wir dürfen von den Personen der Gottheit in ihrer ewigen, absoluten Souveränität, aber auch in ihrer anbetungswürdigen Liebe Wesentliches verstehen. Das ewige Leben ist also nicht nur eine Person, sondern auch ein wunderbarer Bereich von Beziehungen innerhalb der Gottheit, der dem Glaubenden durch die Erkenntnis des Sohnes und des Vaters erschlossen wird. Hier wird das ewige Leben gleichsam als die Atmosphäre des Vaterhauses beschrieben, die der Sohn des Vaters uns nahegebracht und in die Er uns zu Seiner und unserer Freude eingeführt hat.

2.2 Der Heilige Geist

Um die Gemeinschaft mit Gott als unserem Vater und mit Seinem Sohn zu genießen, ist nicht nur Befähigung erforderlich, sondern auch Kraft. Sie wird uns durch den Heiligen Geist geschenkt, der in jedem Menschen Wohnung nimmt, der das Evangelium des Heils im Glauben angenommen hat. Als Mensch war der Herr Jesus selbst von Gott mit Heiligem Geist und mit Kraft gesalbt und handelte von Anfang Seines öffentlichen Dienstes an in der Kraft des Geistes (Apg 10,38; Lk 4,14). Als Er im Begriff stand, zum Vater zurückzukehren, bereitete Er Seine Jünger darauf vor, daß auch sie den Heiligen Geist empfangen würden. Sie sollten nach Seinem Fortgang nicht wie Waisen einsam und allein zurückbleiben, sondern mit Kraft aus der Höhe angetan werden, wenn der Heilige Geist auf sie kam (Lk 24,49; Apg 1,8). Der Geist schenkt uns die Kraft zu einem Leben mit dem Herrn und zur Gemeinschaft. Deshalb kann Paulus von der „Gemeinschaft des Heiligen Geistes“ sprechen (2. Kor 13,13; Phil 2,1). Mit diesem Ausdruck ist nicht so sehr Gemeinschaft mit dem Heiligen Geist gemeint, sondern vielmehr die durch Ihn bewirkte und von Ihm gekennzeichnete Gemeinschaft mit dem Vater, mit dem Sohn und mit anderen Kindern Gottes.

Der Heilige Geist ist es auch, der uns in die geistlichen Segnungen und Vorrechte einführt, die den Bereich unserer Gemeinschaft ausmachen. „Wenn aber jener, der Geist der Wahrheit, gekommen ist, wird er euch in die ganze Wahrheit leiten; denn er wird nicht von sich selbst aus reden, sondern was er hören wird, wird er reden, und das Kommende wird er euch verkündigen. Er wird mich verherrlichen, denn von dem Meinen wird er empfangen und euch verkündigen. Alles, was der Vater hat, ist mein; darum sagte ich, daß er von dem Meinen empfängt und euch verkündigen wird“ (Joh 16,13-15). Der Heilige Geist ist also der Mittler und die Kraft der Gemeinschaft zwischen den Erlösten und dem Vater und dem Sohn. Er ist die Quelle der Gedanken und Empfindungen des neuen Lebens, und Er ruft in uns Gedanken hervor, die mit denen des Vaters und des Sohnes in Harmonie sind. Das ist Gemeinschaft.

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