Betrachtung über das Evangelium nach Johannes

Kapitel 16

Betrachtung über das Evangelium nach Johannes

Die Aussicht auf die Leiden, die Seine Gläubigen seitens der Welt zu erdulden haben mochten, veranlasst den Herrn, die Dienste des verheißenen Sachwalters in ihnen und für sie in noch gesegneterer Weise zu erklären. Er sagt ihnen, dass der Sachwalter für sie und gegen die Welt auftreten würde, indem Er die Welt überführt von Sünde, von Gerechtigkeit und von Gericht, aber zur gleichen Zeit in ihnen wohnt als Zeuge der Liebe ihres Vaters und der Herrlichkeit ihres Herrn. Diesen Trost schenkt Er ihnen für den Tag des Hasses der Welt.

Hierbei möchte ich noch bemerken, dass der Geist jetzt von dem Vater ausgeht. Gott hatte Jesus von Nazareth durch mächtige Taten bestätigt (Apg 2,22), aber der Vater sendet den Heiligen Geist und erweist dementsprechend Seine Gegenwart. Werfen wir einen Blick auf den Charakter Seiner Gegenwart in der Kirche unmittelbar nach Seinem Herniederkommen (Apg 2). Welches Öl der Freude, welch ein Geist der Freiheit und Weite des Herzens ist Er dort in den Heiligen! Jesus hatte Ihn im Himmel empfangen, wo Er selbst im Angesicht Gottes mit Freude erfüllt wurde. Von einem solchen Platz aus sendet Er Ihn auf die Erde, wo Er sich dementsprechend offenbart, indem Er etwas von der Freude des Angesichts Gottes, in die ihr Herr eingegangen war, weitergibt. Sie nahmen das Wort mit Freude auf, nahmen Speise mit Frohlocken und lobten Gott. Diese Freude konnte andere Quellen austrocknen. Sie trennten sich so von allem, was menschliche Freude und natürliche Wünsche ihnen geben konnten. Der Heilige Geist in ihnen war Freude und Freiheit. Es war der Geist „von dem Vater”, der Widerschein jenes Lichtes, das auf Jesus im Allerheiligsten fiel und auf die Heiligen herniederstrahlte. Es war das Öl, das vom Bart auf den Saum der Kleider herabfloss (Ps 133).

In der Tat, wir können uns nur eine schwache Vorstellung von dem Wert einer solchen Segnung machen, welche der Heilige Geist jetzt Seelen brachte, die durch das Gesetz dem Geist der Knechtschaft und der Furcht unterworfen waren. Alle Gedanken an das Gericht konnten abgewiesen werden, die Furcht vor dem Tod wich dem Bewusstsein gegenwärtigen Lebens im Sohn Gottes. Das war in Wahrheit ein Salben mit „Freudenöl”. Die Jünger wurden durch diese Unterredung auf Freude und Freiheit vorbereitet. Der Zuchtmeister war im Begriff, sein Amt aufzugeben, seine Zuchtrute und sein Buch der „Elemente” beiseite zu legen, und der Sohn führt nun die Kinder weg von einem solchen Lehrer und Herrscher heim zu ihrem Vater, damit sie durch den Heiligen Geist die Freiheit und Freude der Sohnschaft kennen lernen (Gal 3; 4).

Das war eine wichtige Stunde für die Kirche. Der Heilige Geist, der Zeuge von dem Vater und dem Sohn und somit der Geist der Sohnschaft, sollte ihnen bald geschenkt werden. Sie wurden nun aus der Schule des Gesetzes herausgeführt, um auf Ihn zu warten, und sollten mit den Gedanken des Vaters und des Sohnes und den Interessen der Kirche in ihrer ganzen Lieblichkeit erfüllt werden. Und das tut Er auch heute noch. Er redet zu uns, wie der Herr es hier verheißt, von der Wonne, die der Vater in dem Sohn hat, von Seinem Vorsatz, Ihn zu verherrlichen, und von unserer Stellung in jener Freude und Herrlichkeit. Er nimmt von diesen und ähnlichen Dingen und offenbart sie uns.

Denken wir an 1. Mose 24, ein uns wohlbekanntes und erfreuendes Kapitel. Es stellt uns die Wahl der Braut für den Sohn seitens des Vaters vor. Der Platz, den der Diener darin einnimmt, ist im Vorbild die Stellung des Heiligen Geistes in der Kirche, wie Er in göttlicher Gnade für die Freude des Sohnes und der Kirche tätig ist und die Vorsätze der Liebe des Vaters ausführt. In dieser Szene erzählt der Knecht Abrahams Rebekka von der Art und Weise, wie Gott seinen Herrn gesegnet hat, welche Segnungen und welche Liebe Isaak, das Kind des Alters, genoss, und dass Abraham ihn zum Erben seines ganzen Besitzes gemacht hat. Er spricht zu ihr von den Plänen, die Abraham in Bezug auf eine Frau für seinen vielgeliebten Sohn gefasst hat, und macht ihr ihre eigene Auserwählung durch Gott klar, um jene heilige und geehrte Stellung einzunehmen. Schließlich überreicht er ihr die Unterpfänder ihrer Auserwählung und der Liebe Isaaks.

Welch ein treffliches und bezeichnendes Vorbild ist diese ganze Szene! Möchten unsere Herzen durch den Heiligen Geist mehr von dieser Kraft kennen lernen, so wie Rebekka sie unter der Anleitung des Knechtes Abrahams erfuhr! Weil er ihr Herz mit den Gedanken an Abraham und Isaak und an ihren eigenen Anteil an allem erfüllte, war sie bereit, ganz allein mit diesem Fremdling durch die Wüste zu ziehen. Ihr Verständnis war durch diese Gedanken gebildet worden, sie war zubereitet, zu ihrem Vaterland, ihrer Verwandtschaft und ihres Vaters Haus zu sagen: „Ich will gehen.” So vermögen auch bei uns die Gedanken an die Liebe unseres himmlischen Vaters und die Freude unseres Isaaks, die er an uns hat, eine heilige Absonderung von dieser befleckten Welt, in der wir wohnen, zu bewirken. Die Gemeinschaft mit dem Vater und dem Sohn durch den Sachwalter ist das heilige Mittel, um die Kirche von der Welt zu scheiden. Die Furcht vor dem kommenden Gericht mag vielleicht eine gewisse tatsächliche Trennung von der Welt, und pharisäischer Hochmut vielleicht eine religiöse Trennung von ihr hervorrufen, aber nur das ständige Bewusstsein der Liebe des Vaters und der kommenden Herrlichkeit des Sohnes kann eine göttliche Trennung von dem Lauf und Geist der Welt bewirken.

Die Liebe des Vaters, von der der Sachwalter zeugt, ist eine unmittelbare Liebe, es ist die Liebe Gottes, die die Welt in der Hingabe Seines Sohnes besucht hat (Joh 3,16). Aber in dem Augenblick, da diese Liebe geglaubt und die Botschaft der Versöhnung aufgenommen wird, sind die Gläubigen durch den Reichtum der Gnade befähigt, die Liebe des Vaters zu erkennen, die eine unmittelbare ist, wie der Herr hier sagt (Joh 16,26.27). Der Heilige Geist offenbart uns auf dem Weg zur himmlischen Heimat sowohl die Liebe des Vaters als auch die Herrlichkeit des Sohnes. Er begleitet uns auf der Reise und berichtet uns von diesem allem. Ich bezweifle nicht, um noch einmal auf 1. Mose 24 zu kommen, dass der Knecht, als er Rebekka durch die Wüste geleitete, ihr noch manches von seinem Herrn erzählt hat, was er ihr in Mesopotamien noch nicht berichtet hatte, denn er war der Vertraute seines Herrn und kannte ihn von Anfang an. Er kannte sein Verlangen nach einem Sohn und Gottes Verheißungen und Treue. Er wusste von Abrahams Sieg über die Könige, von seiner Befreiung Lots und seiner Begegnung mit Melchisedek. Er wusste von dem Bündnis, dem Unterpfand des Erbes. Er kannte die Vertreibung Ismaels aus dem Haus und Isaaks Einzug in dasselbe ohne einen Nebenbuhler, die geheimnisvolle Reise nach dem Berg Morija und Isaaks Rückkehr gleichsam aus dem Tod. Alles das wusste er und erzählte er zweifellos Rebekka, als sie zusammen reisten. Mit diesen Erinnerungen und Aussichten erfreute er sie, obwohl sie jetzt ihrem Land und ihrem Vaterhaus für immer den Rücken gekehrt hatte. Geliebte, wären wir uns doch dieses Sachwalters auf dem Weg mehr bewusst, der ihn uns verkürzen hilft durch Seine mannigfaltigen Erzählungen von der Liebe des Vaters und der Herrlichkeit des Sohnes! Möchte es mehr und mehr bei uns, Deinem armen Volk, so sein, geliebter Herr!

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