Kommt, folgt mir nach

„Mit auf das Fest“ (Mk 10,46-52)

„Und sie kommen nach Jericho. Und als er aus Jericho hinausging mit seinen Jüngern und einer zahlreichen Volksmenge, saß der Sohn des Timäus, Bartimäus, der Blinde, bettelnd am Weg“ (Mk 10,46).

Jericho - Palmenstadt - , die Stadt des Fluchs (Jos 6,26). Wer von Jerusalem dorthin wollte, musste einen Weg gehen, der hinab führt (Lk 10,30). Auf dem Weg dorthin fiel der Mensch unter die Räuber. Vor den Toren Jerichos sitzen die Blinden, unter den Palmen ist das Elend: die Welt!

Da sitzt Bartimäus am Weg - im Staub, in der Finsternis, blind, bettelnd, in Lumpen, ein rechter „Sohn der Trauer“ 1. Wie lange wird er da noch am Weg sitzen, von den Almosen leben, die die Welt ihm hinwirft? Bis zum Tod muss er dies traurige Dasein leben, um dann in die Ewigkeit zu gehen. Alles, alles bei ihm ist von seiner Geburt an eine ewige Nacht!

Viele Menschen wanderten täglich durch das Tor an ihm vorüber. Vielleicht auch jener Priester und jener Levit, die einst ebenso an dem armen Überfallenen vorbei gezogen waren, den die Räuber auf seiner Wanderung nach Jericho beraubt und verwundet seinem Schicksal überlassen hatten (Lk 10,31.32). Nur der Samariter war damals, als er auf ihn traf, innerlich bewegt helfend hinzu getreten.

Ja, der barmherzige Samariter, der Herr Jesus, Er fehlte hier. Er würde nicht vorüberziehen. Innerlich bewegt würde Er hier Halt machen und näher treten.

„Und als er hörte, dass es Jesus, der Nazarener, sei, fing er an zu schreien und zu sagen: Sohn Davids, Jesus, erbarme dich meiner!  Und viele fuhren ihn an, dass er schweigen solle; er aber schrie umso mehr: Sohn Davids, erbarme dich meiner!“ (Mk 10,47-48).

Da hört Bartimäus ein Getümmel, viele Stimmen. Eine zahlreiche Volksmenge zieht heran. Der Herr naht. Wo Unglück und Herzeleid, Elend und Jammer ist, da naht Er. Er kommt nach Jericho zu Bartimäus, dem Sohn der Trauer, und hört seinen Ruf: „Erbarme dich meiner! Erbarme dich meiner!“

„Und Jesus blieb stehen“ (Mk 10,49).

Der Herr Jesus kann nicht einfach weitergehen. Sein Vater hat ihn ja gesandt, um den Blinden das Augenlicht wieder zu geben.

Tritte nahen, Hände strecken sich nach Bartimäus aus und freundliche Stimmen rufen ihm zu:

„Sei guten Mutes; steh auf, er ruft dich!“ (Mk 10,49)

Das war der größte Augenblick in seinem Leben. Das Gewand wirft er ab, das blieb an der Landstraße liegen. Er springt auf und

„...kam zu Jesus“ (Mk 10,50).

Damit fängt ein neues Leben an. Sein Leben sollte nicht einer ewigen Nacht gleichen. Er ist dem ewigen Licht begegnet. Die liebevolle Stimme des Herrn dringt an sein lauschendes Ohr:

„Was willst du, dass ich dir tun soll? Der Blinde aber sprach zu ihm: Rabbuni, dass ich wieder sehend werde. Und Jesus sprach zu ihm: Geh hin, dein Glaube hat dich geheilt“ (Mk 10,51).

Das ist die gleiche Stimme, die einst rief: „Es werde Licht!“ (1. Mo 1,3). Das ist der Sohn Gottes, der dort auf der Straße vor Jerichos Toren „mit offenen Liebesarmen sich nieder zu dem Sünder neigt“ (vgl. Heb 1,2).

„Und Jesus sprach zu ihm: Geh hin, dein Glaube hat dich geheilt. Und sogleich wurde er wieder sehend und folgte ihm nach auf dem Weg“ (Mk 10,52).

Weit öffnen sich seine Augen. Das erste, was er sieht - o reiche Gnade - ist ein Meer unergründlicher Liebe. Er sieht direkt in die Augen seines Heilands, des Sohnes Gottes. Diese halten ihn fest. „Gehe hin!“ hatte der Herr gesagt. „Gehe mit!“ ruft jubelnd sein Herz. Was soll er in Jericho? Was soll er auf der Landstraße des Elends? Nein, den, der ihn hier suchte, nie will er ihn wieder verlieren. Dem, der ihm Licht schenkte, will er folgen. Er ist jetzt sein Eigentum. Nirgendwo kann es ihm wohler sein als in seiner Nähe. Er will dem Herrn folgen alle Tage seines Lebens, bis zum letzten Atemzug will er Ihm dienen. Nur ein Wunsch beseelt ihn: dem Herrn nachzufolgen, als ein Sohn der Freude und des Lichts. Er geht auf dem Weg mit dem Herrn nach Jerusalem, mit auf das Fest!

Fußnoten

  • 1 Bartimäus heißt „Sohn der Trauer“
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