Die Welt der Engel

Engeldienste im Anfang des christlichen Zeugnisses

Die Welt der Engel

Die Apostelgeschichte. ‑ „Anfangend von Jerusalem“. ‑ Warum Wunder und übernatürliche Offenbarungen? ‑ Die Juden begehren ein Zeichen. - Die Engel in der Apostelzeit noch sichtbar. - Engel befreien Apostel. - Ihre Verwendung im Gericht. - Ein Engel geleitet Philippus. - Kornelius sieht einen Engel. - Pauli Erfahrung. - Warum die Engel in unserem Zeitalter nicht mehr sichtbar werden. - Sie sind noch tätig auf Erden. - Eph 3,8 ‑ 11. - In Anbetung gegenwärtig. - 1. Korinther 11,10. - Inwiefern sie jetzt die dienstbaren Geister der Gläubigen sind. - Der praktische Wert dieser Wahrheit.-

Die Apostelgeschichte enthält den inspirierten Bericht über den Anfang der Kirche Gottes auf Erden. Der Tag der Pfingsten ist der Geburtstag der Kirche, denn an jenem Tag kam der Heilige Geist auf die Erde und taufte die versammelten Gläubigen zu einem Leib (1. Kor 12,13). Das geschah in Jerusalem, und im Anfang waren alle Glieder dieses Leibes gläubige Juden. „Anfangend von Jerusalem“, so hatte der Herr befohlen, und so ist es geschehen. Nicht einmal das Sprachrohr des Geistes Gottes, der Apostel Petrus, wusste am Tage der Pfingsten, dass die Nationen diesem Leibe hinzugefügt werden sollten. Die Anfangskapitel der Apostelgeschichte schildern eine Übergangsperiode. Die Gläubigen standen noch auf jüdischem Boden, und manches von dem, was sich damals ereignete, wurde vom Geist Gottes gewirkt, um sie von den Vorurteilen, in denen sie als Juden gefangen lagen, zu befreien. Was sich in jenen apostolischen Tagen in Jerusalem ereignete, kann sich niemals wiederholen. Wie viel Verwirrung und wie viel Irrtum wären in der Vergangenheit und besonders in unseren Tagen vermieden worden, wenn dies richtig verstanden worden wäre. Schriftwidrige Erscheinungen wie die Pfingstbewegung und andere Lehren, die fälschlich behaupten, die apostolischen Gaben, besonders das Zungenreden und die Krankenheilungen seien noch vorhanden, könnten keinen Eingang finden, wenn man dies verstanden hätte. Die übernatürlichen Offenbarungen, von denen die Eingangskapitel der Apostelgeschichte berichten, hatten um der Juden willen ihre besondere Bedeutung. dass die Juden Zeichen forderten (1. Kor 1,22), war ihnen von den frühesten Zeiten an eigentümlich. Erst nachdem Mose nach seiner Rückkehr von Midian vor den Augen des Volkes die Zeichen getan hatte, glaubten sie (2. Mose 4,29‑31). In Seiner herablassenden Güte erfüllte Gott ihr Begehren, indem er mitzeugte „sowohl durch Zeichen als durch Wunder und mancherlei Wunderwerke und Austeilungen des Heiligen Geistes nach Seinem Willen“ (Heb 2,4). Wohl waren um der Juden willen diese Zeichen und Wunder im Anfang des gegenwärtigen Zeitalters notwendig, jetzt aber, nachdem Gottes Offenbarung uns völlig mitgeteilt worden ist, ist das nicht mehr der Fall. Unser Zeitalter wird zum Zeitalter des Glaubens, denn „wir leben durch Glauben und nicht durch Schauen“.

Es geschah aber zurzeit, als Gott den Juden Seine Gnade zu wiederholten Malen anbot, dass um der Juden willen übernatürliche Dinge stattfanden. Ein lahmer Mann wird auf übernatürliche Weise geheilt. Zeichen und Wunder werden durch die Apostel unter dem Volk gewirkt. Scharenweise kamen sie mit ihren Kranken und mit den von unreinen Geistern Geplagten aus den umliegenden Ortschaften, und alle wurden gesund gemacht. Was der Herr Jesus getan hatte, taten in Seinem Namen auch die Apostel; die ungläubigen Juden sollten wissen, dass der von ihnen Gekreuzigte lebt und ihr verheißener Messias-König ist. Übernatürlich war auch das Gericht, das über Ananias und sein Weib Sapphira um ihrer Lügen willen erging. Diejenigen, welche die Wiederholung der apostolischen Zeichen anstreben, vermeiden es, dieses Gerichtswunder zu betonen.

Auch in jener Zeit wurden Engel sichtbar, die als Gottes Boten handelten. Als die Apostel im Gefängnis lagen, ereignete sich eine wunderbare Befreiung. „Ein Engel des Herrn aber öffnete während der Nacht die Türen des Gefängnisses, und führte sie hinaus und sprach: Gehet und stellet euch hin und redet in dem Tempel zu dem Volke alle Worte dieses Lebens!“ (Apg 5,19.20). Ein Engel war es, der dem Evangelisten Philippus Befehl und Wegleitung gab: „Ein Engel des Herrn aber redete zu Philippus und sprach: Stehe auf und gehe gegen Süden auf den Weg, der von Jerusalem nach Gaza hinabführt; derselbe ist öde“ (Apg 8,26). Philippus gehorchte, ohne einen Augenblick zu zögern.

Auch dem Kornelius, dem gottesfürchtigen „Hauptmann von der Schar, genannt die Italische“, einem ernsten Gottsucher, erschien ein Engel, der zu ihm sprach: „Deine Gebete und deine Almosen sind hinaufgestiegen zum Gedächtnis vor Gott. Und jetzt sende Männer nach Joppe und lass Simon holen, der Petrus zubenamt ist; dieser herbergt bei einem gewissen Simon, einem Gerber, dessen Haus am Meer ist“ (Apg 10,1-8). Gott sandte diesen Engel nicht, um dem Kornelius den Weg der Erlösung zu predigen, - denn dies ist nicht das Amt eines Engels -, sondern um dem Hauptmann von Cäsarea einen Auftrag zu erteilen.

Im zwölften Kapitel der Apostelgeschichte finden wir Petrus im Gefängnis. Herodes gedachte ihn zu töten, wie er auch Jakobus mit dem Schwerte hatte umbringen lassen. Die Gemeinde betete ohne Aufhören für Petrus, und ihren Gebeten wurde durch ein Wunder entsprochen. Petrus wurde besonders bewacht, er schlief zwischen zwei Kriegsknechten, mit zwei Ketten gebunden, und Wächter vor der Tür verwahrten das Gefängnis. „Und siehe, ein Engel des Herrn stand da, und ein Licht leuchtete in dem Kerker; und er schlug Petrus an die Seite, weckte ihn und sprach: Stehe schnell auf! Und die Ketten fielen ihm von den Händen. Und der Engel sprach zu ihm: Gürte dich und binde deine Sandalen unter. Er tat aber also. Und er spricht zu ihm: Wirf dein Oberkleid um und folge mir. Und er ging hinaus und folgte ihm und wusste nicht, dass es Wirklichkeit war, was durch den Engel geschah; er meinte aber ein Gesicht zu sehen. Als sie aber durch die erste und die zweite Wache gegangen waren, kamen sie an das eiserne Tor, das in die Stadt führte, welches sich ihnen von selbst auftat; und sie traten hinaus und gingen eine Straße entlang, und alsbald schied der Engel von ihm“ (Apg 12,6-10). Offenbar hörten und sahen die Kriegsknechte nichts von alledem. Nicht einmal die zu Boden fallenden Ketten weckten sie aus ihrem Schlafe. Selbst Petrus erkannte zuerst nicht, dass es ein Engel war; er meinte ein Gesicht zu sehen.

Im gleichen Kapitel wird ein Engel gebraucht, um das Gericht an dem verderbten Herodes auszuüben. „An einem festgesetzten Tage aber hielt Herodes, nachdem er königliche Kleider angelegt und sich auf den Thron gesetzt hatte, eine öffentliche Rede an sie. Das Volk aber rief ihm zu: Eines Gottes Stimme und nicht eines Menschen! Alsbald aber schlug ihn ein Engel des Herrn, darum, dass er nicht Gott die Ehre gab; und von Würmern gefressen, verschied er“ (Apg 12,21‑23).

Zum letzten Male in der Apostelgeschichte wird ein Engel in Verbindung mit der Romreise des Apostels Paulus erwähnt. Als der Schiffsmannschaft der Untergang vor Augen stand, wandte sich der Gefangene des Herrn mit folgenden Worten an sie: „Und jetzt ermahne ich euch, guten Mutes zu sein, denn kein Leben von euch wird verloren gehen, nur das Schiff. Denn ein Engel des Gottes, dessen ich bin und dem ich diene, stand in dieser Nacht bei mir und sprach: Fürchte dich nicht, Paulus! du musst vor den Kaiser gestellt werden; und siehe, Gott hat dir alle geschenkt, die mit dir fahren“ (Apg 27,22-24).

Im letzten Kapitel dieses Buches sehen wir den großen Apostel in einem römischen Gefängnis. Doch kein Engel erschien, um dessen Tore zu öffnen. Und als er später zum Tode verurteilt wird, fällt kein Engel dem Henker in den Arm. Während dieses ganzen Zeitalters sind Tausende, Zehntausende, ja Hunderttausende von Christen in erbärmliche Gefängnisse geworfen, grausam gemartert und auf unbarmherzige Weise dem Tode überliefert worden. Kein Engel kam, um sie zu befreien. Die Himmel schweigen. Die Engel werden nicht mehr sichtbar. Wir besitzen jetzt die Offenbarung Gottes vollständig, und Gott erwartet von dem Menschen, dieselbe im Glauben anzunehmen.

Aber wenn die Engel auch nicht mehr wie damals sichtbar als Gottes Diener erscheinen, wenn diese herrlichen Gestalten aus den Himmelsräumen auch nicht mehr gesehen werden, so dürfen wir keineswegs daraus schließen, dass dieselben aufgehört haben, auf die Erde zu kommen und sich der Menschen Angelegenheiten anzunehmen. Immer noch sind sie himmlische Besucher auf der Erde, und Er, der alle Macht im Himmel und auf Erden besitzt, der hoch über den Engeln thront, verwendet sie als Seine Diener. Das geht aus der Schrift deutlich hervor. Eine völlige Offenbarung in Bezug auf die Dienstleistungen der Engel in diesem gegenwärtigen Zeitalter ist uns nicht geschenkt worden, und so werden wir warten müssen, bis uns einst in der Herrlichkeit alles aufgedeckt wird und wir die großen und mannigfachen Dienste erkennen werden, welche sie auf Geheiß des Herrn Seinem Volke geleistet haben. Es existieren zwar viele Überlieferungen und Legenden aus frühesten Zeiten, in denen behauptet wird, dass heilige Männer und Frauen Engel gesehen haben, indem sie von solchen besucht wurden; geradeso wie auch heute von gewissen Sekten Engelerscheinungen in Gesichten und Träumen berichtet werden; aber niemand vermag für die Echtheit solcher Behauptungen einzustehen.

Wenn wir nun zu dem jetzigen Dienst der Engel und ihrem Verkehr mit der Erde kommen, so möchten wir zunächst eine Stelle aus dem Epheserbrief anführen. Im dritten Kapitel dieses Briefes sagt Paulus über seinen ihm von Gott angeordneten Dienst: „Mir, dem allergeringsten von allen Heiligen, ist diese Gnade gegeben worden, unter den Nationen den unausforschlichen Reichtum des Christus zu verkündigen, und alle zu erleuchten, welches die Verwaltung des Geheimnisses sei, das von den Zeitaltern her verborgen war in Gott, der alle Dinge geschaffen hat, auf dass jetzt den Fürstentümern und den Gewalten in den himmlischen Örtern durch die Gemeinde kundgetan werde die gar mannigfaltige Weisheit Gottes nach dem Vorsatz der Zeitalter, den Er gefasst hat in Christo Jesu, unserm Herrn“ (Eph 3,8-11). Die „Fürstentümer und Gewalten in den himmlischen Örtern“ sind die Engel. Wie wir gesehen haben, begehrten diese von Anbeginn in diese, die Erlösung des Menschen betreffenden Dinge hineinzuschauen. Das war das große Leitmotiv, dem sie in alttestamentlichen Zeiten mit Staunen und Anbetung lauschten. Als Er, der Heiland-Gott, erschien, wurden sie mit Seinem Leben und Wirken auf Erden in innige Verbindung gebracht. Aber nun ist ihnen die mannigfaltige Weisheit Gottes durch Sein Geheimnis, das von den Zeitaltern her in Ihm verborgen war, kundgetan worden. Dieses Geheimnis ist die Gemeinde. Sie sehen jetzt, dass alle, die an den Herrn Jesus Christus glauben, Juden und Heiden, Glieder jenes Leibes werden, dessen Haupt der Herr Jesus ist. Sie werden gewahr, dass in jedem Herzen der Geist Gottes wohnt, und dass sie ein Geist mit Ihm sind; dass jedes Glied Sein Leben besitzt und von Seinem Fleisch und von Seinen Gebeinen ist (Eph 5,30). Sie sehen, wie dieser ganze Bau, wohl zusammengefügt, wächst zu einem heiligen Tempel im Herrn. Sie begreifen die mannigfaltige Weisheit Gottes in allen diesen Dingen, und sie erkennen, dass die Gemeinde, der Leib Christi, das kundgewordene Geheimnis in diesem Zeitalter ist. Das ist der große Gegenstand, der die Engel mit Bewunderung erfüllt. Wenn wir als Gläubige mehr daran denken würden, dass diese himmlischen Wesen uns sehen und beobachten, um wie viel mehr würden wir allen Fleiß anwenden, die Einheit des Geistes in dem Band des Friedens zu bewahren und alles zu vermeiden, was diese Einheit irgendwie trüben könnte. Wie mag es die Engel betrüben, wenn sie den Verfall der Kirche wahrnehmen, sowie die Spaltungen unter den wahren Gliedern des Leibes Christi. Sie wissen, dass diese Spaltungen Christus verunehren und mit Gottes Absichten nicht im Einklang stehen.

Im ersten Korintherbrief werden die Engel in Verbindung mit der anbetenden Gemeinde genannt. Wir führen den betreffenden Vers an: „Darum soll das Weib eine Macht auf dem Haupte haben, um der Engel willen“ (1. Kor 11,10). Wie ist dieser Vers zu verstehen? Gott ist ein Gott der Ordnung, nicht nur in der Schöpfung, sondern auch in Bezug auf die Erlösung. Dem Mann wie der Frau hat Er den ihnen von Ihm bestimmten Platz zugewiesen. Auch der Frau hat der Herr in seiner Kirche einen Platz eingeräumt. Darüber heißt es im ersten Brief an Timotheus: „Ein Weib lerne in der Stille in aller Unterwürfigkeit. Ich erlaube einem Weibe aber nicht, zu lehren, noch über den Mann zu herrschen, sondern stille zu sein; denn Adam wurde zuerst gebildet, danach Eva; und Adam wurde nicht betrogen, das Weib aber wurde betrogen und fiel in Übertretung“ (1. Tim 2,11-14). Gott hat dem Manne die erste Stelle in der Schöpfung und in der Erlösung zugeteilt. Das Weib hat sich als unter dem Manne stehend zu betrachten. Hierüber spricht Paulus in obigem Kapitel (1. Kor 11,3), wenn er durch den Geist Gottes schreibt, dass das Haupt des Weibes der Mann, das Haupt des Mannes Christus und das Haupt Christi Gott ist. Dies ist die Stufenleiter der Macht, die zu dem allmächtigen Gott emporsteigt. Sodann fügt er hinzu, dass nicht der Mann für das Weib, sondern das Weib für den Mann geschaffen wurde. Beim Gebet, in der Versammlung, d.h. in der Gemeinde, hat deshalb die Frau ihre bestimmte Stellung, die auch nach außen gekennzeichnet sein soll. Der Mann soll mit unbedecktem Haupte beten und anbeten. Er stellt die Autorität dar; er ist das Bild und die Herrlichkeit Gottes. Die Frau hat ihr Haupt zu bedecken als äußeres Zeichen und als Darstellung dessen, dass sie dem Manne untergeordnet ist. Diese Bedeckung ist ein Kennzeichen der Gewalt, der sie untersteht. Hieran anknüpfend spricht der Apostel von der Ordnung in der Schöpfung, nach welcher das Haar die Ehre der Frau ist und ihr schönster Schmuck im Gegensatz zum Haar des Mannes; das zeigt, dass es nicht die Bestimmung der Frau ist, in der gleichen Weise aufzutreten wie der Mann. „Das Haar des Weibes, das ihr anstatt eines Schleiers gegeben ist, deutet an, dass Bescheidenheit und Unterwürfigkeit (ein bedecktes Haupt, das sich gleichsam in dieser Unterwürfigkeit und Bescheidenheit verbirgt) die wahre Stellung der Frau und ihre Ehre sind.“

Es bedarf kaum eines Hinweises darauf, wie sehr man sich in unseren Tagen über alle diese Vorschriften hinwegsetzt. Nur wenige beachten sie. Andere erklären sie als unwesentliche Einzelheiten, die für uns heute keine Bedeutung mehr besitzen. Es ist betrübend, wenn man sieht, wie unbedenklich auch Christinnen die Gebräuche dieser Welt nachahmen können und ihr Haar kurz geschnitten tragen. Und doch sind gerade diese Einzelheiten mit der Herrlichkeit des Herrn Jesus Christus verknüpft.

Wir kehren zu unserem Gegenstand zurück. Die Frau hat beim Gebet wie bei der Anbetung ihr Haupt zu bedecken. Das soll sie tun, nicht nur als Zeichen der Anerkennung der Ordnung Gottes, sondern auch um der Engel willen. Denn diese blicken auf die Gemeinde, die sich zur Anbetung versammelt hat. Mit welch heiliger Bewunderung werden sie der erhabensten Weise der Anbetung auf Erden beiwohnen, wenn sich die wahren Gläubigen um den Tisch des Herrn versammeln, um das Brot zu brechen, aus dem Kelch zu trinken und damit des Herrn Tod zu verkündigen, bis Er wiederkommt. Da sehen sie die göttliche Ordnung: den Mann mit unbedecktem Haupte, als seines Standes Zeichen, die Frau mit bedecktem Haupt, als Zeichen ihres Ranges. Die betreffende Schriftstelle lehrt uns, dass die Engel in der anbetenden Gemeinde zugegen sind; sie sind die unsichtbaren Zeugen, wenn Gottes Volk in Jesu heiligem und kostbarem Namen zusammenkommt. Eine andere Stelle über die gleiche Wahrheit finden wir in 1. Tim 5,21: „Ich bezeuge ernstlich vor Gott und Christus Jesus und den auserwählten Engeln, dass du diese Dinge ohne Vorurteil beobachtest, indem du nichts nach Gunst tust.“ Auch hier handelt es sich um die Frage der Ordnung. „Alles aber geschehe anständig und in Ordnung“ (1. Kor 14,40). Die auserwählten Engel nehmen an alledem als Zuschauer teil.

Wir haben bereits die Worte unseres Herrn im 15. Kapitel des Lukasevangeliums angeführt, dass vor den Engeln Gottes Freude ist über einen Sünder, der Buße tut (V. 10). Die Engel wohnen der Predigt des Evangeliums bei. Unsichtbare Wesen sind gegenwärtig, wenn der Heilige Geist auf die noch nicht Erlösten einwirkt, damit sie sich zu Christus bekehren möchten. Doch auch Dämonen sind anwesend, um den gesäten Samen wegzunehmen. Die Engel aber wachen und brechen in lauten Jubel aus, sobald ein Sünder Buße tut.

Aus diesen Schriftstellen ersehen wir, dass die Engel in besonderer Weise ihr Augenmerk auf die Gemeinde, den Leib und die Braut des Herrn Jesus Christus gerichtet halten. In dem Geheimnis Gottes, welches in früheren Zeiten verborgen gewesen war, erkennen sie jetzt die mannigfaltige Weisheit Gottes. Als unsichtbare Zeugen wohnen sie der Anbetung der Gläubigen und der Predigt des Evangeliums bei.

Und nun wenden wir uns zu jenem neutestamentlichen Vers, der die Tatsache enthüllt, dass die Engel während der Dauer der gegenwärtigen „Haushaltung“ Gottes Diener sind. „Sind sie nicht alle dienstbare Geister, ausgesandt zum Dienst um derer willen, welche die Seligkeit ererben sollen?“ (Heb 1,14). Wir nehmen diese Worte genau so, wie sie dastehen. Ihre Bedeutung ist, dass die Engel denen dienen, die die Seligkeit ererben sollen. Eine gewisse Bibelauslegung, die behauptet, jene Bibelteile gälten nicht der Kirche, sondern den Juden, beraubt die Gläubigen in Wirklichkeit kostbarer Wahrheiten. Diese Richtung vertritt die Ansicht, die Evangelien seien hauptsächlich für die Juden bestimmt. Die Briefe des Petrus und des Jakobus, sowie der Hebräerbrief seien ebenfalls jüdisch; ja, selbst die Offenbarung sei vornehmlich an die Juden gerichtet. Vertreter dieser Lehre wollen, dass die Christenheit sich nur mit einigen, an die Kirche gerichteten Briefen des Apostels Paulus beschäftigen solle. Ein einseitiges Bibelstudium macht auch den Charakter und den Dienst einseitig. So sagen sie z.B.: dieser Vers steht im Hebräerbrief, daher geht er uns nichts an. Sie nehmen der Kirche einen Trost, auf den jedes Kind Gottes Anrecht hat. Die Tatsache, dass die Engel vom Himmel ausgesandte, dienstbare Geister sind, ist eine vielfach vernachlässigte Wahrheit des Wortes Gottes. Roms Irrlehre von der Anbetung der Engel hat viele evangelische Christen davon abgehalten, die Tätigkeit der Engel näher ins Auge zu fassen.

Wenn wir über diese Wahrheit nachdenken, dann finden wir es durchaus folgerichtig, dass die Engel denen dienen, die Eigentum Christi sind. Sie wissen, dass erlöste, im Blute des Lammes gewaschene Sünder der Ruhm Christi sind; dass Christus in denen wohnt, die die Seligkeit ererben sollen. Gleichwie Christus in der Welt war, so sind auch sie jetzt in der Welt. Die Engel haben Christus gedient, und weil jetzt die Gläubigen in die Welt gesandt sind, gleichwie der Sohn Gottes in die Welt gesandt wurde (Joh 17,18), so gilt jetzt ihnen der Dienst der Engel. Wenn wir an die feindlichen Gewalten denken, die in der Welt sind, dann wird uns das alles nur umso verständlicher erscheinen. Die Welt liegt in dem Bösen. Der Teufel ist der Gott dieses Zeitlaufs, der Fürst dieser Welt und der Mächte der Bosheit in den himmlischen Örtern. Er hasst Christus. Viertausend Jahre lang war er bemüht, die Absichten Gottes zu hintertreiben, und als Lügner und Mörder tat er sein Mögliches, um Gott die Ausführung Seiner Pläne unmöglich zu machen. Und nun, da er unterlegen und Christus Sieger ist und als solcher zur Rechten Gottes sitzt, führt er seine Streiche gegen alle, die den gesegneten Namen des Herrn Jesus Christus auf Erden nennen. Seine dämonischen Streitkräfte, durch die er wirkt, sind nach jeder Richtung hin geschäftig. Könnte er, so würde er das Leben jedes Gotteskindes auf Erden vernichten. Die wahre Kirche ist der Gegenstand seines Hasses. Der Dienst der Engel Gottes geht darauf hinaus, die Angriffe des Teufels abzuschlagen.

Doch wie gestaltet sich der Dienst der Engel? Worin bestehen ihre Dienstleistungen? Sie können den Gläubigen nicht in geistigen Dingen dienen. Sie können ihnen beim Studium des Wortes und zum Verständnis der Wahrheit Gottes nicht beistehen. Die Gläubigen haben die Salbung von oben, und der Heilige Geist wohnt in ihnen. „Und ihr, die Salbung, die ihr von Ihm empfangen habt, bleibt in euch, und ihr bedürfet nicht, dass euch jemand belehre, sondern wie dieselbe Salbung euch über alles belehrt und wahr ist und keine Lüge ist und wie sie euch belehrt hat, so werdet ihr in Ihm bleiben“ (1. Joh 2,27). „Wir aber haben nicht den Geist der Welt empfangen, sondern den Geist, der aus Gott ist, auf dass wir die Dinge kennen, die uns von Gott geschenkt sind; welche wir auch verkündigen, nicht in Worten, gelehrt durch menschliche Weisheit, sondern in Worten gelehrt durch den Geist, mitteilend geistliche Dinge durch geistliche Mittel“ (1. Kor 2,12.13). Die Engel sind nicht die Tempel des Heiligen Geistes, denn Gottes Geist ist die göttliche Gnadengabe in dem Herrn Jesus Christus, die allen zuteil wird, welche an Ihn glauben. Darum stehen sie in dieser Beziehung unter uns und können uns in geistlichen Dingen nicht dienen. Gott, der Heilige Geist, dient durch das Wort Gottes, dessen Verfasser Er ist, den geistlichen Bedürfnissen der Herde Gottes.

Worin besteht denn aber der Dienst der Engel? Ausschließlich in irdischen, zeitlichen Angelegenheiten. In einer Welt, die den Kindern Gottes feindlich gesinnt ist, die durch die Gewalt des Bösen regiert wird, sind überall Anfechtungen und Fallstricke reichlich vorhanden, und die Gefahren sind zahlreich. Das konnte der Apostel Paulus aus eigener Erfahrung bestätigen: „Von den Juden habe ich fünfmal empfangen vierzig Streiche weniger einen. Dreimal bin ich gegeißelt, einmal gesteinigt worden; dreimal habe ich Schiffbruch gelitten, einen Tag und eine Nacht habe ich in der Tiefe zugebracht; oft auf Reisen, in Gefahren auf Flüssen, in Gefahren von Räubern, in Gefahren unter den Juden, in Gefahr von den Nationen, in Gefahren der Stadt, in Gefahren in der Wüste, in Gefahren auf dem Meere, in Gefahren unter falschen Brüdern“ (2. Kor 11,24-26). Wir zweifeln nicht, dass alle diese Gefahren Anschläge waren, die sich gegen das Leben des Apostels richteten. Satan benützte böse Menschen, um ihn zu schlagen und zu steinigen, Räuber und wilde Tiere (1. Kor 15,32), seine eigenen Landsleute und die heidnischen Völker, um seiner Laufbahn ein Ende zu bereiten. Der Herr aber rettete und bewahrte Paulus, solange sein Werk nicht beendet war. dass ihn in solchen Gefahren gottgesandte Engel umgaben, diesen treuen Diener Gottes beschützten und ihm auf diese Weise dienten, steht außer Frage. In der Geschichte vom Schiffbruch haben wir den Beweis hierfür. Dort erschien ihm ein Engel und verkündigte ihm seine und seiner Mitreisenden Rettung.

Das Leben der Gotteskinder liegt in Gottes Händen. Der Ausspruch: „Solange unsere Arbeit nicht getan ist, werden wir nicht von der Erde genommen werden“, ist wahr. Der Herr lässt die Füße Seiner Heiligen nicht gleiten und schützt sie in allen Gefahren und Drangsalen. In dieser Beziehung ist das Leben voller Geheimnisse. In allen Jahrhunderten wissen die großen Gottesmänner der Vergangenheit zu erzählen von wunderbarem Entrinnen aus drohenden Gefahren, was sie einzig durch das Eingreifen der Engel erklären konnten. Wir beten um den Schutz des Himmels; wir legen uns beim Antritt einer Reise in die Hand Gottes; wir befehlen unsere Lieben Seiner Obhut und Bewahrung an. Aber wie wenig wissen wir davon, wie gnädig der Herr unseren Gebeten und unserem Vertrauen zu Ihm auf übernatürliche Weise durch dienstbare Engel entspricht! Kinder scheinen ganz besonders unter der Hut der Engel zu stehen. Manche wunderbare Bewahrung, die Kindern in der Stunde der Gefahr zuteil geworden, kann nur auf übernatürliche Hilfe zurückgeführt werden. Wenn wir uns die liebevolle Teilnahme vergegenwärtigen, die unser Herr in Seinen Erdentagen den Kleinen erwies, wenn wir uns Seiner Worte erinnern: „Lasset die Kindlein, und wehret ihnen nicht zu mir zu kommen, denn solcher ist das Reich der Himmel“ (Mt 19,14), dann sehen wir, woher es kommt, dass die Engel mit besonderer Sorgfalt über die Kinder wachen.

Wenn wir unsere Mitchristen darum bäten, uns mitzuteilen, wie oft sie in Stunden der Gefahr, wenn ihr Leben bedroht war, wunderbare Bewahrung und göttlichen Schutz erlebt haben, so würden wir Stoff genug erhalten, um ein dickes Buch zu schreiben. Der Verfasser hatte im Laufe der Jahre Gelegenheit genug, in seinem eigenen, an Arbeit im Dienste des Herrn reichen Leben, daheim und auf Reisen, die gnädige Hut und Bewahrung des Herrn beobachten zu können, und viele Erlebnisse dieser Art währen ohne die Hilfe unsichtbarer Kräfte völlig unerklärlich. Beim Antritt einer vor vielen Jahren unternommenen Reise nach dem Norden empfahlen wir uns ganz besonders in Seine treuen Hände, weil uns im Herzen die Vorahnung einer Gefahr aufstieg. Der Herr schenkte uns eine Nacht der friedlichen Ruhe, aber am nächsten Morgen vernahmen wir, was in der Nacht geschehen war. - Der Zug hatte sich um Stunden verspätet, und das Zugpersonal erzählte uns, dass der Zug gegen Mitternacht durch das Lichtsignal eines Farmers zum Halten gebracht worden war, kaum fünf Meter vor einem tiefen Abgrund. Ein gewaltiger Sturm weiter nordwärts hatte die Fluten durch eine Schlucht hinabgetrieben und die Holzbrücke weggerissen. Der Farmer, der in tiefem Schlaf gelegen hatte, erzählte, eine Stimme habe ihn geweckt und ihm befohlen aufzustehen. Er hörte das Toben des Wassers, zog sich hastig an und ergriff eine Laterne, als er auch schon den Zug heranrollen hörte, den er noch rechtzeitig hatte aufhalten können. Wir waren immer der Überzeugung, dass damals ein Engel Gottes über uns gewaltet hat. Und wie viele derartige Zwischenfälle ereignen sich in unser aller Leben! Der kindliche Glaube kann aufwärts blicken, um dem Herrn zu danken für Seine gütige Vorsehung, für Seine Rettung, für Seinen Schutz und für die unbekannten und unsichtbaren Diener, die Er zur Ausführung Seiner Pläne und zur Erhaltung der „Geliebten Gottes“, der „berufenen Heiligen“ (Röm 1,7), verwendet. Sicherlich umgeben Engel alle die, die den Herrn fürchten. Auch die Worte Satans im Buch Hiob scheinen darauf hinzuweisen: „Hast Du nicht selbst ihn und sein Haus und alles, was er hat, ringsum eingezäunt?“ (Hiob 1,10).

Gleichwohl können wir nicht alle Wege, auf welchen diese unsichtbaren Dienstleistungen stattfinden, wissen und erklären; aber wir sind gewiss, dass ein solcher Dienst besteht, und fern sei es von uns, Gottes Geheimnisse erforschen oder über das hinausgehen zu wollen, was geschrieben steht. Die Geschichte vom armen Lazarus berichtet uns, wie die Engel beim Abscheiden der Gotteskinder verwendet werden.

Welche Einflüsse die Engel in diesem gewaltig großen Weltall noch sonst in Bezug auf Verwaltung und Naturgesetze ausüben mögen, ist uns unbekannt. Bischof Westcott, ein bedeutender Bibelkenner, schrieb vor vielen Jahren: „Wir beschränken meistens unseren Begriff von dem Amt der Engel auf persönliche Fürsorge. Zweifellos redet die Heilige Schrift besonders von dieser Art des Dienstes; aber sie weist darüber hinaus auf die Betätigung der Engel in der Natur, wodurch sie selbst wie auch die Welt den Menschen näher gebracht werden. Wenn wir die Gesetze der physikalischen Naturerscheinungen immer deutlicher verstehen lernen, so sollten wir daraus vor allem die Mächte erkennen, die nach diesen Gesetzen wirken.“ „Ich vermag in der ganzen Natur nichts als liebevolle Handlungen geistlicher Wesen zu erblicken“, schreibt ein berühmter Physiologe. Doch das sind natürlich menschliche Gedanken.

Der Tag wird kommen, an dem wir nicht mehr durch einen Spiegel undeutlich sehen, sondern erkennen werden, wie auch wir erkannt worden sind (1. Kor 13,12). Dann werden wir diese geheimnisvollen Dinge wissen und die Engel sehen. Welche Entdeckungen werden wir machen, wenn wir der Geschichte unseres kleinen Lebens im Lichte Gottes nachgehen werden. Vielleicht werden uns diese glückseligen Wesen in der Herrlichkeit erzählen, auf wie vielen Wegen sie uns gleich einem mächtigen Schilde, bewahrend und schützend, zur Seite gingen - wie oft sie uns behütet und geleitet haben, ohne dass wir es ahnen konnten, solange wir in unseren sterblichen Leib gekleidet waren.

Wie alle Wahrheit, besitzt auch die Wahrheit von den Engeln Gottes von ihrer Gegenwart auf Erden und ihrer liebreichen Hilfe einen praktischen Wert für uns. Wenn wir uns im Glauben vor Augen halten, dass wir die Gegenstände der Beobachtung so vieler unsichtbarer Wesen, der Engelscharen, sind ‑ wenn wir daran denken, dass sie über uns wachen, und dass sie bereit sind, uns zu begleiten, wenn wir mit Ihm in Seinen Wegen wandeln, dass sie bereit sind, uns zu dienen wie wir Ihm dienen, bereit, uns zu beschirmen und auf hunderterlei Arten zu helfen, dann wird eine feierliche Ruhe unsere Herzen erfüllen. gewiss werden wir in der Gegenwart des Herrn und Seiner heiligen Engel vorsichtig wandeln. Wir werden daran denken, dass auch sie Zeugen unserer Handlungen sind, dass sie unseren Worten lauschen, und diese Tatsache wird uns helfen, ein heiliges Leben zu führen. Wenn wir uns weiterhin klar machen, dass sie uns bewahrend und beschützend umgeben, so können wir, ohne Furcht vor der Macht des Feindes, für Gott leben und Ihm dienen, in dem Bewusstsein, dass unser Herr uns auf allen Seinen Wegen behüten wird.

Nächstes Kapitel »« Vorheriges Kapitel