Einführung in die geschichtlichen Bücher des Neuen Testaments
(Matthäus – Apostelgeschichte)

Teil 6: Einführung Apostelgeschichte

Einführung in die geschichtlichen Bücher des Neuen Testaments

1. Einleitung

Die Apostelgeschichte ist der einzige historische Bericht über die ersten Jahre des Christentums, über das Zeugnis der Jünger und die Entstehung der ersten Versammlungen. Die Briefe fokussieren sich auf die Lehre als Grundlage für unser Leben als Christ. Die Apostelgeschichte gibt uns in erster Linie praktischen Anschauungsunterricht. Für unser persönliches und kollektives Leben ist es wichtig, dass wir uns damit beschäftigen, wie alles angefangen hat. Der griechische Gelehrte Aristoteles hat einmal gesagt: „Der Anfang ist die Hälfte des Ganzen.“ Damit ist viel gesagt. Deshalb ist es gut, zu den Anfängen zurückzugehen.

Lukas ist der Schreiber des Buches, und es wundert uns nicht, dass seine beiden Bücher eng miteinander verbunden sind. In seinem Evangelium beschreibt Lukas den Herrn Jesus als den Sohn des Menschen, der gekommen ist, verlorene Menschen zu suchen und zu retten (Lk 19,10). Paulus fasst das so zusammen:

„Nämlich dass Gott in Christus war, die Welt mit sich selbst versöhnend, ihnen ihre Übertretungen nicht zurechnend... „ (2. Kor 5,19).

In der Apostelgeschichte beschreibt Lukas Menschen, die für ihren Herrn brannten und für Ihn zeugten. Das fasst Paulus so zusammen:

„So sind wir nun Gesandte für Christus, als ob Gott durch uns ermahnte; wir bitten an Christi statt: Lasst euch versöhnen mit Gott“ (2. Kor 5,20).

Anders formuliert: Die Evangelien zeigen uns, was Gott in Christus für uns tat. Die Apostelgeschichte zeigt uns, was Gott durch uns für Christus tun möchte.

Die Apostelgeschichte ist ein Buch voller Leben und Aktivität. Wir sehen das mächtige Wirken des Heiligen Geistes, der die Versammlung bildet, Menschen mit Kraft erfüllt und sie mächtige Zeugen für ihren Herrn sein lässt. Wir lernen, wie schwache und sogar feindliche Menschen zu mächtigen Werkzeugen Gottes werden. Wir lernen, wie Neues entsteht und die scheinbar größten Hindernisse überwunden werden. Wir lernen, wie Christus beginnt, seine Versammlung zu bauen und Ihn niemand daran hindern kann. Wir lernen, wie unkonventionell der Heilige Geist wirkt und wie erstaunliche Ergebnisse zustande kommen. In keiner anderen Zeit der menschlichen Geschichte hat eine so kleine Gruppe einfacher Menschen die Welt so sehr bewegt, wie in der Zeit der Apostelgeschichte. Menschen, die von Christus durchdrungen und mit Heiligem Geist erfüllt waren, haben in der Tat in drei Jahrzehnten mehr geschafft als andere in drei Jahrhunderten.

Man kann die vier Evangelien mit dem 1. Buch Mose (Genesis bedeutet Anfänge) vergleichen. Die Apostelgeschichte gleicht dem 2. Buch Mose (Exodus bedeutet Auszug).1 Es ist das Buch eines Neubeginns, in dem Gott durch seinen Geist in mächtigen Zeichen und Wundern wirkt. Und doch ist es zugleich eine Fortsetzung dessen, was der Herr Jesus angefangen hatte. Lukas erinnert im ersten Vers an das, was Jesus „anfing, sowohl zu tun als auch zu lehren“ (Apg 1,1). Das bezieht sich auf das Leben des Herrn auf der Erde. Die Apostelgeschichte setzt das fort und zeigt, was der Herr jetzt vom Himmel her tut. Einen Leitvers finden wir gleich zu Beginn:

„Ihr werdet Kraft empfangen, wenn der Heilige Geist auf euch herabkommt; und ihr werdet meine Zeugen sein, sowohl in Jerusalem als auch in ganz Judäa und Samaria und bis an das Ende der Erde“ (Apg 1,8).

Das Buch beginnt mit dem Dienst der Jünger Jesu, der sich zunächst an die Juden in Jerusalem und Umgebung richtet. Doch schon bald sprengt das Evangelium die Grenzen des Judentums und wendet sich ebenfalls an die Nationen. Der Herr hatte besonders Petrus die Schlüssel des Reiches des Himmels gegeben (Mt 16,19). Im ersten Teil der Apostelgeschichte steht Petrus besonders im Vordergrund und öffnet zunächst den Juden (Apg 7), dann den Samaritern (Apg 8) und schließlich den Nationen (Apg 10) die Tür zum Christentum. Im zweiten Teil des Buches ist es vor allem Paulus, der Apostel der Nationen, der das Evangelium weiterträgt und ein lebendiges Zeugnis für seinen Herrn ist. Es ist Gott, der aus den Nationen ein Volk für seinen Namen nimmt (Apg 15,14).

Die in unseren Bibelausgaben üblichen Buchtitel sind nicht vom Heiligen Geist inspiriert und fehlen in den Originaltexten. Doch schon sehr bald wurde es üblich, Buchtitel zu nennen. Sie sind in der Regel hilfreich und zutreffend. Im Fall der „Apostelgeschichte“ fällt jedoch auf, dass der Buchtitel von Anfang an nicht einheitlich ist.

  • Der Muratorische Kanon (Ende 2. Jahrhundert) sagt: „Taten der Apostel“.
  • Codex Vaticanus und Codex Bezae (beide aus dem 4. Jahrhundert) sagen: „Aposteltaten“
  • Der Codex Sinaiticus (ebenfalls aus dem 4. Jahrhundert) sagt einfach: „Taten“.

Daraus abgeleitet dominieren in vielen alten Bibelhandschriften die beiden Überschriften „Taten“ oder „Taten der Apostel“. Der Verfasser wird selten genannt. Die meisten deutschen Übersetzungen sagen dennoch nicht; „Taten der Apostel“, sondern „Geschichte der Apostel“ (oder: „Apostelgeschichte“). Wenige Ausgaben (wie z. B. die Lutherübersetzung) fügen den Namen des Verfassers hinzu („Apostelgeschichte des Lukas“).

Diese Bezeichnungen sind nicht falsch. Dennoch spiegeln sie einen wichtigen Punkt aus zwei Gründen nicht wider:

  1. Es sind nicht in erster Linie die Taten der Apostel, sondern es sind zuerst die Taten des Herrn Jesus selbst. Lukas spricht in der Einleitung von dem, was Jesus anfing zu tun und zu lehren (Apg 1,1). Das bezieht sich auf sein Evangelium. Nun will er damit weitermachen. Der auferstandene Herr gibt den Aposteln durch den Heiligen Geist Befehl (Apg 1,2). Darum geht es. Der Heilige Geist wirkt in den Aposteln. In keinem anderen Buch der Bibel wird Er häufiger erwähnt als in diesem Buch.
  2. Die Apostelgeschichte ist keine Geschichte im eigentlichen Sinn. Sie ist mehr als ein geschichtliches Buch. Es geht nicht zuerst um eine historische Darstellung von Ereignissen, es geht nicht um das, was sich die Apostel ausgedacht haben, sondern es geht um Handlungen und Taten.

Deshalb wäre der Titel „Die Taten des Heiligen Geistes“ zutreffender. Letztlich sind es die Taten, die der verherrlichte Herr durch den Heiligen Geist in den ersten Christen – und ganz besonders in und durch die Apostel – wirkte. Aus pragmatischen Gründen bleiben wir im Weiteren dennoch bei der geläufigen Bezeichnung „Apostelgeschichte“.

2. Inspirierte Kirchengeschichte

Unter der Leitung des Heiligen Geistes berichtet Lukas aus erster Hand über die ersten Jahre des Christentums auf der Erde. Dabei ist die Apostelgeschichte erkennbar nicht nur ein Buch des Anfangs, sondern zugleich des Übergangs:

  1. Zwischen den Evangelien und den Briefen
  2. Zwischen dem Judentum und dem Christentum
  3. Zwischen der Zeit des Gesetzes und der Zeit der Gnade

Die Evangelien decken in ihrer Berichterstattung eine Zeit von etwas mehr als 30 Jahren ab. Sie beschreiben das Leben, das Sterben, die Auferstehung und die Himmelfahrt des Herrn Jesus. Mit seinem Wirken auf der Erde nahm eine neue Zeit ihren Anfang (vgl. 1. Joh 1,1). Die Apostelgeschichte deckt einen Zeitraum von etwas weniger als 30 Jahren ab. In ihr wird das fortgesetzt, was Jesus Christus begonnen hat. Die Briefe des Neuen Testamentes sind über einen Zeitraum von etwa 50 Jahren geschrieben worden (Jakobus möglicherweise um ca. 45 n. Chr. und Johannes ca. 95 n. Chr.). Die Apostelgeschichte steht in der Mitte und übernimmt eine Art Brückenfunktion.

Beim Lesen erkennen wir deutlich, dass die ersten Christen (vor allem in Jerusalem) dem alten jüdischen Denken noch sehr verbunden war und doch gleichzeitig von dem neuen christlichen Denken geprägt wurden.2 Wir sehen das z. B. deutlich darin, dass die Jünger ganz zu Beginn den auferstandenen Herrn noch fragen, ob Er in diesen Tagen das Reich für Israel wiederherstellen würde (Apg 1,6). Die Gläubigen in Jerusalem gingen nach wie vor täglich in den Tempel (Apg 2,46; 5,42). Sie waren „Eiferer für das Gesetz“ (Apg 21,20). Gott hat das in den ersten Jahren toleriert und die Gläubigen Stück für Stück – besonders durch die Belehrung in den Briefen – aus dem alten Denken und Handeln herausgeführt. Andererseits sehen wir, wie die ersten Christen in „der Lehre der Apostel und in der Gemeinschaft, im Brechen des Brotes und in den Gebeten“ verharrten (Apg 2,42). Zum richtigen Verständnis der Apostelgeschichte ist das unbedingt zu berücksichtigen.

Die Apostelgeschichte ist also die Brücke zwischen den Evangelien und den Briefen. Sie setzt die Geschichte der Evangelien fort und ist zugleich der historische Hintergrund für die Briefe, besonders für die Briefe des Paulus. Man wird gerade seine Briefe nicht wirklich verstehen, wenn man die Apostelgeschichte nicht kennt.

3. Verfasser und Authentizität

Ähnlich wie in den vier Evangelien nennt sich der Verfasser selbst nicht. Dennoch besteht seit der frühen Zeit der Kirche Einigkeit darüber, dass Lukas der Schreiber ist. Die internen und externen Hinweise sind eindeutig, dass Lukas nicht nur das Evangelium (nach Lukas) geschrieben hat, sondern auch die Apostelgeschichte. Es handelt sich um ein Doppelbuch, das einen ersten Teil und eine Fortsetzung hat.

Über Lukas selbst ist an dieser Stelle nicht viel zu sagen (vgl. dazu die Einführung zum Lukasevangelium). Er war sehr wahrscheinlich von Geburt Grieche und damit der einzige nichtjüdische Schreiber im Neuen Testament. Paulus erwähnt ihn in seinen Briefen dreimal (Kol 4,14; Phlm 24; 2. Tim 4,11). Er war von Beruf Arzt und ein treuer Wegbegleiter des Paulus. Er schloss sich Paulus zum ersten Mal in Troas an (Apg 16,10), reiste mit Ihm nach Philippi, wo er blieb, während Paulus weiterreiste. Später war er Wegbegleiter des Paulus auf dem Weg nach Rom, wo er sowohl die erste als auch die zweite Gefangenschaft mit Paulus teilte.

3.1. Interne und externe Beweise

Jedem Leser muss die Einleitung auffallen. Der Autor spricht von einem ersten Bericht, den er für Theophilus verfasst hat. Diesen Bericht will er nun mit der gleichen Sorgfalt forstsetzen. Die Verbindung zum dritten Evangelium ist damit zwingend. Wenn Lukas das Evangelium geschrieben hat, dann hat er ebenfalls die Apostelgeschichte geschrieben. Ein Vergleich des Anfangs und des Endes des Evangeliums mit dem Anfang der Apostelgeschichte zeigt diese Verbindung.

Sprache, Stil und Wortschatz weisen ebenfalls auf den gleichen Autor hin. In beiden Büchern werden häufig seltene klassische und poetische Wörter gebraucht. Fast in jedem Abschnitt finden sich sprachliche Besonderheiten. In beiden Büchern gibt es etwa 750 Wörter, die sich in übrigen neutestamentlichen Büchern nicht finden. 440 davon tauchen nur in der Apostelgeschichte auf.3

Noch deutlicher sind die Parallelen, wenn wir an die Gedankenführung und den Inhalt denken. Das Lukasevangelium beschreibt Jesus Christus als den wahren Menschen, den einen Mittler zwischen Gott und Menschen, in dem die Gnade Gottes erschienen ist, um das Heil allen Menschen anzubieten. Am Ende fordert der Herr Jesus seine Jünger auf, in seinem Namen Buße und Vergebung der Sünden zu predigen, und zwar „allen Nationen, angefangen von Jerusalem“ (Lk 24,47). Genau das tun die Jünger in der Apostelgeschichte.4 Sie beginnen in Jerusalem und weiten den Aktionsradius dann Stück für Stück aus, um den Menschen (seien es Juden oder Nationen), das Heil Gott zu verkündigen. Paulus war ein „auserwähltes Gefäß“ um den Namen des Herrn zu tragen „sowohl vor Nationen als Könige und Söhne Israels“ (Apg 9,15).

Der Verfasser war Begleiter von Paulus. Das ist an den „Wir-Abschnitten“ erkennbar (Apg 16,10–17; 20,5–21,18; 27,1–28,16). Wenn man eine Liste der Personen zusammenträgt, die mit Paulus zeitweise zusammen gereist sind, kommt man auf über 15 Personen. Wendet man das sogenannte Ausschlussverfahren an, bleibt am Ende nur Lukas übrig. Männer wie Timotheus, Trophimus, Aristarchus und andere kommen nicht in Frage. Die Abschnitte in „Wir-Form“ entsprechen in Sprache und Stil dem übrigen Buch. Deshalb kann die Apostelgeschichte nur von einer einzigen Person, nämlich von Lukas geschrieben worden sein. Wir haben es also – zumindest für Teile des Buches – mit einem Augen- und Ohrenzeugen zu tun.

Eine weitere Bestätigung ist die Art und Weise, wie der Verfasser medizinische Begriffe verwendet (z. B. Kap. 1,3; 3,7ff; 9,13.33; 13,11; 28,1–10). Lukas war Arzt und diesen Beruf kann – und will – er nicht verleugnen.

Die große Gelehrsamkeit des Autors erkennt man – ähnlich wie in seinem Evangelium – unter anderem an seiner Kenntnis über:

  • die religiösen Gruppen im Judentum (Apg 23,6ff.)
  • die heidnischen Religionen (Athen; Apg 17; Ephesus; Apg 19)
  • die verschiedenen philosophischen Richtungen (Apg 17,18)
  • das römische Recht (Apg 16,35ff.; 22,22ff; 25,10ff);
  • die Geografie Palästinas, Kleinasiens, Griechenlands und Italiens
  • nautische Zusammenhänge (Apg 27)

Die externen Belege bestätigen das interne Zeugnis. In der altkirchlichen Tradition hat es nie einen Zweifel gegeben, dass Lukas der Verfasser der Apostelgeschichte ist. Die alten Kirchenväter sind darin übereinstimmend und eindeutig. Irenäus, Clemens von Alexandria, Tertullian, Origenes und Eusebius nennen Lukas in ihren Schriften als Autor. Das älteste bekannte Zeugnis ist dem Kanon Muratori entnommen. Dort heißt es: „..., dass die Taten der Apostel in einem Buch niedergeschrieben sind und Lukas diesen Bericht für den hochedlen Theophilus zusammengestellt hat“5.

3.2. Zweifel

Es ist wahr, dass es von der Apostelgeschichte deutlich weniger Manuskripte und Textfunde gibt als etwa von den Evangelien oder den Briefen des Paulus. Drei bedeutende Manuskripte enthalten jedoch das komplette Buch. Es sind der Codex Alexandrinus, der Codes Vaticanus und der Codex Sinaiticus. Der heute vorliegende Text gilt damit als gesichert.

Es hat in der älteren Kirchengeschichte keinen Zweifel gegeben, dass die Apostelgeschichte Teil des inspirierten Wortes Gottes ist. Als Bindeglied zwischen Evangelien und Briefen ist sie ein unverzichtbarer Teil des Neuen Testamentes.

Zweifel an der Authentizität gibt es eigentlich erst seit dem frühen 19. Jahrhundert. Es sind in der Hauptsache zwei Argumente, die vorgebracht werden:

  1. Die Apostelgeschichte zeige keine Kenntnis der paulinischen Theologie, wie sie in seinen Briefen dargelegt wird.6
  2. Die sogenannten „Wir-Berichte“ stammen nicht von dem eigentlichen Verfasser, sondern seien fingiert. Der Verfasser sei deshalb kein Reisebegleiter des Paulus gewesen.

Beide Argumente halten einer Prüfung nicht stand. Zum einen ist die Verbindung zwischen Lukas und Paulus – dem Apostel der Nationen – unübersehbar. Zum anderen sind die Belege, die für Lukas als Autor sprechen, überwältigend und nicht von der Hand zu weisen. Es lohnt nicht, an dieser Stelle näher darauf einzugehen. Für jeden Bibelleser, der an der Inspiration der Bibel festhält, ist die Apostelgeschichte des Lukas fester Bestandteil des Wortes Gottes.

3.3. Vorgehensweise und Informationsquellen

Es ist erkennbar, dass Lukas – vom menschlichen Standpunkt aus betrachtet – den systematischen und gründlich recherchierten Bericht eines Historikers vorlegt. Was für den ersten Bericht gilt (vgl. Lk 1,1–3), gilt ebenfalls für die Apostelgeschichte. Gleichwohl ist es klar, dass Lukas mehr als ein Historiker ist, der aufgrund eigener Recherche seinen Bericht gibt. Lukas schreibt unter der Leitung des Heiligen Geistes genau das auf, was Gott aufgeschrieben haben wollte.

Seit etwa 200 Jahren wird jedoch die Frage diskutiert, welche Informationsquellen dem Historiker Lukas zur Verfügung gestanden haben mögen. Es wundert uns nicht, dass die Ergebnisse und Schlussfolgerungen sehr unterschiedlich sind und oft nur dazu beitragen sollen, gezielte Zweifel an der Authentizität zu säen. Nun mag es sein, dass Lukas seine Informationen aus mehreren Quellen zusammengetragen hat. Er war nur teilweise selbst dabei, hatte jedoch Kontakt zu solchen, die er als Zeitzeugen befragen konnte. Allerdings ist es müßig, sich mit dieser Frage im Detail zu beschäftigen. Es genügt zu wissen, dass der Heilige Geist Lukas inspiriert und Ihm Wort für Wort eingegeben hat, das er schreiben sollte.

3.4. Verfassungszeit und Ort der Niederschrift

Die Apostelgeschichte endet mit dem Hinweis, dass der Apostel Paulus zwei Jahre in Rom in einem eigenen Haus gefangen war. Diese erste Gefangenschaft wird allgemein auf die Jahre 61–63 n. Chr. datiert. Wir können aus dem Hinweis am Ende des Buches schließen, dass Lukas während dieser Zeit bei Paulus war (vgl. die Grüße von Lukas in Kol 4,14, die aus dieser Zeit stammen). Damit gilt es als gesichert, dass die Apostelgeschichte nicht vor 62/63 n. Chr. geschrieben worden ist. Die meisten konservativen Ausleger stimmen darin überein.

Bibelkritische Gelehrte legen das Datum jedoch gerne in eine Zeit deutlich nach 70 n. Chr.7 Dies gilt jedoch aus verschiedenen Gründen als sehr unwahrscheinlich. Einige der Gründe sind:

  • Es wird nichts davon gesagt, wie die Verhandlungen vor Kaiser Nero ausgingen.
  • Es wird nicht erwähnt, dass Paulus nach der Gefangenschaft freigelassen wurde und weitere Reisen unternommen hat.
  • Der große Brand in Rom und die danach einsetzende Christenverfolgung wird nicht erwähnt (64 n.Chr.)
  • Der jüdische Krieg (66–70 n.Chr.) und der Untergang Jerusalems (70 n.Chr.) werden ebenfalls nicht erwähnt.
  • Lukas sagt nichts über die zweite Gefangenschaft des Paulus (ca. 66 n.Chr.) und seinen Tod (ca. 67 n.Chr.)

Es wäre zu erwarten, dass der Historiker Lukas diese wesentlichen Ereignisse erwähnt haben würde, wenn er sein Buch zu einem Zeitpunkt geschrieben hätte, wo sie bereits stattgefunden hatten. Hinzu kommt, dass die Apostelgeschichte relativ abrupt aufhört, sodass man den Eindruck gewinnt, dass Lukas seinen Bericht gerade zu dem Zeitpunkt verfasst, in dem sein Buch endet.

4. Adressaten

Die Apostelgeschichte wurde – wie das Lukasevangelium – ursprünglich an Theophilus geschrieben, der vermutlich ein hochrangiger römischer Beamter war. Es ist davon auszugehen, dass er sich zum christlichen Glauben bekannte, mindestens jedoch ein großes Interesse daran hatte.8

Weil das Buch jedoch Teil des Wortes Gottes ist, war es von Anfang an die göttliche Absicht, dass der Bericht des Lukas weiterverbreitet werden sollte. Wir können davon ausgehen, dass Theophilus selbst dazu beigetragen hat, dass das erste und an ihn gerichtete Exemplar kopiert und in Umlauf gebracht wurde. Somit hat die Apostelgeschichte den größtmöglichen Empfängerkreis. Sie richtet sich mit einer Botschaft an jeden, der sie liest – sei er ein Christ, oder (noch) nicht. Für jeden Gläubigen erinnert das Buch daran, wie es den Jüngern in der ersten Zeit erging und was sie erlebt haben. Für jeden noch nicht Gläubigen beinhaltet sie eine deutliche evangelistische Ansprache: Jesus Christus als Heiland anzunehmen.

5. Anlass und Zweck

Die ursprüngliche Absicht des Lukas, einen Bericht an Theophilus zu schreiben, wird nicht explizit genannt. In Lukas 1,4 schreibt er jedoch über sein Evangelium, der Empfänger sollte die „Zuverlässigkeit der Dinge“ erkennen. Das können wir ohne weiteres auf die Apostelgeschichte übertragen. Der Leser soll Sicherheit über die Ereignisse der ersten 30 Jahre des Christentums auf der Erde erhalten.

Es geht nicht so sehr um eine systematische Darstellung der christlichen Lehre, sondern vielmehr darum, das Evangelium und die Lehre in Aktion darzustellen. Der Leser erkennt, wie die ersten Christen gelebt haben, wie sie miteinander umgegangen sind, wie sie für ihren Herrn gezeugt haben und wie sie mit Widerstand umgegangen sind. Darüber hinaus lernen wir, wie die ersten christlichen Versammlungen „funktioniert“ und wie sie miteinander verbunden waren.

Man könnte den Zweck dieses Bibelbuches wie folgt beschreiben:

  1. Darstellung und Information: Als Historiker beschreibt Lukas sorgfältig die Ereignisse der ersten drei Jahrzehnte, die für uns wichtig sind. Es ist erkennbar, dass er dabei deutliche Schwerpunkte setzt und selektiv schreibt. Es geht ihm nicht darum, eine trockene Chronik zu schreiben. Manches wird sehr ausführlich beschrieben und manches wird gar nicht erwähnt. Der Heilige Geist hat ihn dabei geleitet. Lukas zeigt, wie die ersten Jünger den Missionsauftrag ihres Herrn treu erfüllt haben und das Evangelium von Jerusalem anfangend bis nach Rom getragen haben und wie erste Versammlungen entstanden.
  2. Verteidigung und Klarstellung: Lukas macht in seinem Bericht klar, dass die Christen keine politischen Absichten haben, keine Rebellen sind und sich nicht staatsgefährdend verhalten. Die römischen Machthaber mussten sich vor den Christen nicht fürchten. Sie konnten nichts Kritikwürdiges an ihnen finden – ebenso wie Pilatus an Jesus keine Schuld fand. Mehrmals lesen wir, wie Paulus den christlichen Glauben vor den römischen Instanzen verteidigt.9
  3. Abgrenzung und Differenzierung:
    - Den Römern gegenüber: Obwohl die politischen Instanzen das Christentum als einen Ableger (Sonderform) des Judentums ansahen, macht Lukas sehr deutlich, dass dies nicht der Fall ist. Das Evangelium der Gnade ist etwas anderes als das Evangelium des Reiches. Die Versammlung ist etwas anderes als Israel. Gott beginnt ein völlig neues Werk, indem Christus beginnt, seine Versammlung zu bauen (Mt 16,18).
    - Den Juden gegenüber: Obwohl das Christentum völlig neu ist, war es kein neuer Gott, den die Christen verkündigten. Das Alte Testament war die Basis der Predigt der Apostel. Ein aufrichtiger Jude konnte aufgrund der Erfüllung alttestamentlicher Aussagen davon überzeugt werden, dass die Predigt über Jesus von Gott war.10
  4. Ermutigung und Auferbauung: Lukas schreibt sein Buch, um die Leser zu ermutigen. Wenn Christus derjenige ist, der seine Versammlung baut, dann können die Pforten des Hades sie nicht überwältigen (Mt 16,18). Was Er beginnt, kann nicht zerstört werden. Lukas berichtet von dem heftigen Widerstand gegen das Werk Gottes – vor allem durch die religiösen Juden.11 Dennoch konnte nichts und niemand dieses Werk Gott behindern. Das Evangelium nahm seinen Weg und örtliche Versammlungen entstanden überall, wo das Wort Gottes aufgenommen wurde. Der Heilige Geist wirkte mächtig.

6. Zur Chronologie

Die Apostelgeschichte schließt sich zeitlich unmittelbar an die Evangelien an. Die Auferstehung und die Himmelfahrt Christi sind die ersten Ereignisse, die genannt werden. Die erste Haft des Paulus in Rom ist das letzte Ereignis. Dazwischen finden die in der Apostelgeschichte genannten Ereignisse statt.

Nun sind beide Daten nicht mit letzter Sicherheit festzulegen. Wenn es um das Todesjahr des Herrn Jesus geht, wird häufig das Jahr 30 n. Chr. oder das Jahr 33 n. Chr. genannt. Es gibt gute Argumente, die für das Jahr 33 n. Chr. sprechen12. Im gleichen Jahr fanden die Auferstehung und Himmelfahrt statt. Die erste Haft des Paulus in Rom endete mit großer Wahrscheinlichkeit im Jahr 63 (oder 62) n. Chr.

Auch die Datierung der in der Apostelgeschichte beschriebenen Ereignisse ist nicht immer mit letzter Sicherheit möglich. Historiker und Ausleger geben teilweise leicht voneinander abweichende Daten an. Die nachfolgende Tabelle ist nach bestem Wissen und Gewissen und unter Berücksichtigung zuverlässiger Literatur erstellt. Leichte Abweichungen sind dennoch möglich.

Ereignis Jahr (n. Chr.) biblische Referenz
Auferstehung und Himmelfahrt Jesu (30) 33 4 Evangelien, Apg 1
Der Heilige Geist kommt auf die Erde (30) 33 Apg 2
Stephanus wird gesteinigt 33 Apg 7
Saulus verfolgt die Christen 33–36 Apg 8,1; Apg 9,1–3; 22,19
Saulus bekehrt sich vor Damaskus 36 Apg 9
Saulus in Arabien 36–39 Gal 1,17
Paulus besucht Jerusalem (1. Besuch) 39 Apg 9,25ff; Gal 1,18
Jakobus stirbt als Märtyrer 41 (42)  
Paulus in Syrien, Zilizien und Antiochien 40–43 Gal 1,21, Apg 11,25–26
Paulus besucht Jerusalem (2. Besuch) 44 Apg 11,30
Paulus ist ein Jahr lang in Antiochien 45 Apg 11,27–30; Gal 2,1
Erste Missionsreise des Paulus 46–49 Apg 13,1–14,28
Apostelkonzil in Jerusalem 50 Apg 15; Gal 2,1
Zweite Missionsreise des Paulus 51–54 Apg 15,36–18,22
Dritte Missionsreise des Paulus 54–58 Apg 18,23–21,17
Paulus wird in Jerusalem verhaftet 58 Apg 21,18–23,30
Paulus verteidigt sich vor der Justiz (in Cäsarea) 58–60 Apg 23,31–26,32
Reise nach Rom 60/61 Apg 27,1–28,31
Paulus ist in Rom gefangen (1. Gefangenschaft) 61–63 Apg 28,30–31
Paulus wird freigelassen 63  
Paulus unternimmt weitere Reisen 63–66  
Paulus wird erneut verhaftet und inhaftiert 66  
Paulus wird hingerichtet 67  

7. Charakter und Inhalt

7.1. Charakter

a) Die Apostelgeschichte ist ein historisches Buch. Lukas liefert exakte und zuverlässige Details aus den ersten 30 Jahren des Christentums auf der Erde. Der Bericht beginnt in Jerusalem und endet in Rom. Lukas schreibt einen spannenden Bericht, den man gerne liest. Der Bericht ist selektiv und zugleich objektiv. Häufig benutzt er das grammatische Element der direkten Rede, indem er das im Original wiedergibt, was Männer wie Petrus, Stephanus oder Paulus gesagt haben. Diese direkten Reden prägen den Charakter des ganzen Buches. Es sind sowohl evangelistische als auch apologetische Ansprachen. Sie richten sich an Juden und Heiden, an religiöse und politische Autoritäten.

b) Doch die Apostelgeschichte ist mehr als ein historisches Buch. Sie ist geprägt durch die Wirkungen des Heiligen Geistes in den Jüngern, die für ihren Herrn zeugen. In keinem anderen Buch wird der Heilige Geist so oft erwähnt wie in diesem Buch. Es sind seine Taten, die vollbracht werden. Der Herr selbst hatte den Jüngern befohlen, in Jerusalem auf die „Verheißung des Vaters zu warten“ (das ist der Heilige Geist). Dann fügt Er hinzu: „Ihr werdet Kraft empfangen, wenn der Heilige Geist auf euch herabkommt; und ihr werdet meine Zeugen sein, sowohl in Jerusalem als auch in ganz Judäa und Samaria und bis an das Ende der Erde“ (Apg 1,4.8). Dieser Vers gibt nicht nur eine Einteilung des Buches, sondern zeigt zugleich seinen Charakter:

  • Es geht um die Verheißung des Vaters, den Heiligen Geist
  • Es geht um die Vollmacht zum Handeln (ihr werdet Kraft empfangen)
  • Es geht um die Aufgabe, denn die Jünger sollten Zeugen sein
  • Es geht um die Verbreitung, denn das Zeugnis sollte bis an das Ende der Erde ausgebreitet werden.

Diese vier Punkte prägen das ganze Buch. Das, was der Herr Jesus selbst begonnen hatte, setzten seine Jünger nun fort. Sie taten es nicht in eigener Kraft, sondern wurden durch den Heiligen Geist geleitet.

c) Die Apostelgeschichte ist ebenfalls von Widerstand geprägt. Schon sehr früh wehte den Jünger ein scharfer Wind entgegen. Der Herr hatte ihnen vorhergesagt, dass sie in der Welt (auch und gerade in der religiösen Welt) mit Opposition rechnen mussten (Joh 15,20; 16,33). Es dauerte nicht lange, bis der erste christliche Märtyrer sein Leben lassen müsste. Doch der Herr hatte ihnen auch gesagt, dass sie guten Mut haben sollten. Beides prägt die Apostelgeschichte. Der Widerstand – hinter dem immer der Widersacher steht – hatte nur zur Folge, dass sich die Botschaft umso schneller verbreitete. Es macht Mut zu lesen, wie die ersten Christen diesen Widerstand überwunden haben.

d) Ein weiteres charakteristisches Element dieses Buches ist, dass es die praktische Verwirklichung der Lehre der Briefe zeigt, ohne dass diese im Detail bekannt war. Die Jünger haben getauft, obwohl erst Paulus in seinen Briefen erklärt, was die Taufe bedeutet. Die Jünger kamen zuerst täglich – später am ersten Tag der Woche – zusammen, um Brot zu brechen, obwohl erst Paulus den Korinthern die tiefe Bedeutung dieser Handlung erklärt. Die ersten Christen praktizierten Versammlungsleben, obwohl erst Paulus in seinen Briefen zeigt, was die Einheit der Gläubigen bedeutet und wie sie bewahrt werden soll. Weitere Beispiele könnten genannt werden. Wir erkennen, wie sehr die ersten Christen vom Geist geleitet wurden, dass sie „intuitiv“ das taten, was die Apostel später in ihren Briefen als christliche Glaubenswahrheit niedergelegt und erklärt haben. Es ist deshalb wichtig, dass wir nicht den Fehler machen, bestimmte Details aus der Apostelgeschichte heraus erklären zu wollen, ohne die Belehrungen der Briefe zu berücksichtigen.

7.2. Inhalt

Die Apostelgeschichte beginnt mit der Erinnerung an das, was Jesus anfing zu tun und zu lehren (Kap. 1,1). Sie endet mit dem Zeugnis der Dinge, die den Herrn Jesus Christus betreffen (Kap. 28,33). Das große Thema des Buches und der Inhalt ist damit Christus selbst. Geleitet durch den Heiligen Geist geben die Jünger und Apostel Zeugnis von dem, was sie gesehen und gehört haben. Es geht nicht zuerst um die christliche Wahrheit, sondern um Christus.

Lukas beginnt damit, die letzten Worte des Herrn an seine Jünger und seine Himmelfahrt zu beschreiben. Danach warten die Jünger auf die Verheißung des Vaters, die sich in Kapitel 2 erfüllt. Nachdem der Mensch Jesus Christus in den Himmel zurückgekehrt ist, kommt Gott, der Heilige Geist, auf die Erde. Sein Kommen markiert einerseits die Geburtsstunde der Versammlung auf der Erde. Andererseits erfüllte Er die Jünger und gab ihnen Kraft zum Zeugnis.

Von diesem mächtigen Zeugnis in Jerusalem schreibt Lukas in den Kapiteln 3–7. Wir lernen, wie die ersten Christen miteinander lebten und für ihren Herrn zeugten. Petrus ist derjenige, der das Wort führt. Seine Reden sind äußerst inhalts- und lehrreich. Tausende nehmen das Zeugnis an und bekehren sich zu dem Herrn Jesus. Doch von Anfang an gibt es Widerstand, der in Kapitel 7 darin gipfelt, dass der erste Märtyrer – Stephanus – sein Leben lässt. Seine Rede ist die längste Rede in der Apostelgeschichte. Darin gibt er einen Rückblick auf die Geschichte Israels und endet mit einer flammenden Anklage gegen seine Ankläger. Saulus von Tarsus willigt ausdrücklich in die Tötung des Stephanus ein.

Ab Kapitel 8 weitet sich das Blickfeld. Durch die einsetzende Christenverfolgung wird das Evangelium nach Judäa und Samaria getragen. Der Evangelist Philippus wird vorgestellt und ein Mann aus Äthiopien bekehrt sich. Noch erstaunlicher ist die Bekehrung des Christenhassers Saulus, die ausführlich beschrieben wird. Petrus wird schließlich nach Cäsarea gerufen und öffnet das Reich Gottes auch den Nationen. Gläubige aus den Nationen empfangen den Heiligen Geist. Daraus entsteht eine Diskussion unter den jüdischen Brüdern in Jerusalem, die jedoch nicht zu einem Streit führt. Dieser Teil des Buches endet mit der Inhaftierung des Petrus, die durch göttliches Eingreifen ohne Folgen bleibt. Er wird auf wunderbare Weise befreit.

Mit Kapitel 13 beginnt der Teil der Apostelgeschichte, der über die drei Missionsreisen des Paulus berichtet, die ihn vor allem nach Kleinasien und nach Griechenland bringen. Ausgangspunkt dieser Reisen ist jeweils Antiochien. Der Siegeszug des Evangeliums ist nicht aufzuhalten. Viele Menschen nehmen es an und an vielen Orten entstehen Versammlungen. Doch es gibt zugleich Widerstand gegen das Evangelium. Paulus und seine Reisebegleiter erleben den Hass derer, die nicht glauben wollen.

Die dritte Missionsreise endet in Jerusalem. Dort wird Paulus festgenommen und verhört. Ab Kapitel 21,17 bis zum Ende des Buches ist Paulus kein freier Mann mehr. Der sichere Tod wird abgewendet und über Cäsarea geht es schließlich nach Rom, wo Paulus zwei Jahre bleibt und dort für seinen Herrn zeugt.

8. Besonderheiten

8.1. Der Heilige Geist

Der Heilige Geist kommt in der Apostelgeschichte über 50-mal vor. In den weitaus meisten Stellen wird Er der „Heilige Geist“ genannt, einige Male nur „der Geist“. Jeweils zweimal kommt der Ausdruck „mein (Gottes) Geist“ (Apg 2,17.18) und der „Geist des Herrn“ (Apg 5,9; 8,39) vor. Einmal heißt es der „Geist Jesu“ (Apg 16,7).

Der Herr Jesus selbst hatte vor und nach seinem Kreuz angekündigt, dass der Heilige Geist nach seiner Himmelfahrt auf die Erde kommen würde. Er ist eine göttliche Person, die in der Versammlung und in jedem einzelnen Gläubigen wohnt. Zugleich ist der Heilige Geist die Kraft, die der Gläubige in sich hat, um dem Herrn zu dienen und für Ihn zu zeugen. Die Wirkungen des Geistes Gottes werden in der Apostelgeschichte in einer großen Vielfalt beschrieben. Ein herausragendes Ereignis ist die Taufe mit dem Heiligen Geist, das in den Evangelien angekündigt und in 1. Korinther 12,13 erklärt wird.13 In Apostelgeschichte 2 findet es statt. Der Heilige Geist erfüllt das Haus und so nimmt die Versammlung Gottes auf dieser Erde ihren Anfang. Damit verbunden wird einige Male davon gesprochen, wie Menschen den Heiligen Geist empfingen. Nicht nur gebürtige Juden, sondern auch gebürtige Samariter und Heiden empfangen ihn.14 Der Heilige Geist macht keine Standes- oder Herkunftsunterschiede.

Ein weiteres häufig erwähntes Thema ist die Leitung von Gläubigen durch den Heiligen Geist. Obwohl die Briefe relativ selten darüber sprechen, gibt es in der Apostelgeschichte viele Beispiele dafür, wie Menschen vom Heiligen Geist geleitet wurden, etwas zu tun oder etwas nicht zu tun. Ein festes „Schema“ suchen wir vergeblich. Einmal spricht der Geist direkt und unvermittelt zu Philippus (Apg 8,29). Petrus empfängt einen Auftrag, während er nachdenkt (Apg 10,19). In Kapitel 10,19 spricht der Geist zu einer Versammlung. In Kapitel 16,6–7 lernen wir, dass der Heilige Geist etwas verhindert und nicht gestattet. Christliches Leben und christlicher Dienst sind ohne den Heiligen Geist nicht denkbar. Wir müssen ständig bereit sein, uns von dem Heiligen Geist leiten zu lassen.

Wir finden Menschen, die mit dem Heiligen Geist „erfüllt“ oder „voll“ waren. Immer sind es Personen- oder Personengruppen, die erfüllt werden. Diese Personen brauchten keine herausragenden Fähigkeiten, keine Ordination und keine Ausbildung. Es sind häufig einfache Menschen.

Allerdings gibt es auch das Gegenteil, indem Menschen dem Heiligen Geist widerstanden oder den Heiligen Geist missbräuchlich empfangen wollten (Apg 7,51; 8,14–25). Einige Stellen erinnern daran, dass die Schreiber des Alten Testamentes vom Heiligen Geist inspiriert waren (Apg 1,16; 2,17.18; 4,25; 28,25). Die Tatsache, dass Jesus mit Heiligen Geist und Kraft gesalbt war, wird ebenfalls erwähnt (Apg 10,38).

Wer sich mit der Person des Heiligen Geistes beschäftigen möchte, wird nicht umhinkommen, neben den Belehrungen in den Briefen die Wirksamkeit dieser göttlichen Person in der Apostelgeschichte näher zu besehen.

8.2. Das Evangelium von Jesus

Die Apostelgeschichte beschreibt die Verbreitung des Evangeliums (der guten Nachricht) von dem Retter Jesus. Die verkündigte Botschaft wird unterschiedlich bezeichnet. Lukas gebraucht Ausdrücke wie z. B. „alle Worte dieses Lebens“ (Apg 5,20), „das Wort des Herrn“ (Apg 8,25), „das Wort Gottes“ (Apg 11,1), „das Wort dieses Heils“ (Apg 13,26) „Worte... durch welche du errettet werden wirst“ (Apg 11,14), „die gute Botschaft“ Apg (13,32), „das Wort seiner Gnade“ (Apg 14,3), „das Evangelium“ (Apg 14,7), „das Wort“ (Apg 14,25) und „das Evangelium der Gnade Gottes“ (Apg 20,24).

Zentraler Mittelpunkt des Evangeliums ist die Person unseres Herrn. Es wundert uns deshalb nicht, dass die Apostelgeschichte Ihn unter verschiedenen Titeln und Namen nennt. Dabei fällt auf, dass Er sehr häufig „Herr“ genannt wird. Kein anderer Titel kommt häufiger vor. Lukas spricht ebenfalls von „Jesus“ (dem Retter) und von „Christus“ (dem Gesalbten). Titel wie „Jesus Christus“, „Christus Jesus“ und „Herr Jesus“ kommen ebenfalls vor. Weitere Bezeichnungen sind z. B. „Jesus, der Nazaräer“ (Apg 2,22), „ein Mann“ (Apg 2,22; 17,31), „der Knecht“ (Apg 3,13), „der Heilige“ (Apg 3,14), „der Gerechte“ (Apg 3,14), „der Urheber des Lebens“ (Apg 3,14), „der Prophet“ (Apg 3,22), „der Stein“ (Apg 4,11), „der Eckstein“ (Apg 4,12), „der Mensch“ (Apg 5,28), „der Führer“ (Apg 5,31), „der Heiland“ (Apg 5,31). „der Sohn des Menschen“ (Apg 7,56), „der Sohn Gottes“ (Apg 9,20) und „der Richter der Lebendigen und der Toten“ (Apg 10,42).

8.3. Zwei Hauptpersonen (Petrus und Paulus)

Abgesehen von der Person des Heiligen Geistes beschreibt die Apostelgeschichte vor allen Dingen zwei Diener des Herrn, nämlich Petrus und Paulus. Beide waren Apostel, beide predigten dasselbe Evangelium und beide waren mit der gleichen Vollmacht ausgestattet. Folgende Parallelen sind auffallend:

  • Beide heilen einen lahmen Menschen (Apg 3,1ff; 14,8ff)
  • Beide heilen auf übernatürliche Weise (Apg 5,15–16; 19,11–12)
  • Beide handeln mit einem Zauberer (Apg 8,9ff; 13,6ff)
  • Beide wecken einen Menschen aus den Toten auf (Apg 9,36ff; Apg 20,9ff)
  • Beide sind mit heiligem Geist erfüllt (Apg 4,8; Apg 9,17; 13,9)
  • Beide predigen freimütig (Apg 4,13.31; Apg 9,27.28; Apg 13,46ff)
  • Beide erleben, wie sie aus dem Gefängnis befreit werden (Apg 12,7ff; Apg 16,26ff)
  • Beide lehnen es ab, angebetet zu werden (Apg 10,25–26, 14,11ff)

Dennoch liegen die Unterschiede auf der Hand. Petrus war der „Apostel der Beschneidung“ (Gal 2,6.8), Paulus der „Apostel der Nationen“ (Röm 11,13). Das unterstreicht noch einmal, dass die Botschaft allen Menschen ohne Unterschied gilt. Paulus verkündigt den Herrn Jesus als den Sohn Gottes (Apg 9,20), während Petrus Ihn wiederholt als den Christus vorstellt. Und nur Paulus hat den „ganzen Ratschluss Gottes verkündigt“ (Apg 20,27). Die Verwaltung des Geheimnisses von „Christus und seiner Versammlung“ (Eph 3, 1–10) war Paulus gegeben und nicht Petrus.

8.4. Predigten und Ansprachen in der Apostelgeschichte

In keinem anderen Buch der Bibel finden wir mehr Predigten und Ansprachen als in der Apostelgeschichte. Die meisten haben Petrus und Paulus gehalten (jeweils neun). Hinzu kommen die Ansprachen von Stephanus (Apg 7), von Philippus (Apg 8) und Jakobus (Apg 15), sowie die Worte von Ananias bei der Bekehrung von Saulus (Apg 9). Viele Predigten haben einen evangelistischen Charakter. Dabei fällt auf, dass die Apostel nicht über die Liebe Gottes, wohl aber über die Gerechtigkeit und das Gericht sprechen. Es fällt ebenfalls auf, dass sehr häufig über die Auferstehung des Herrn gepredigt wird.15

Auffällig ist auch, dass das Thema „Reich Gottes“ in den Predigten der Apostelgeschichte einen breiten Raum einnimmt. Das Buch beginnt damit, dass der auferstandene Herr vierzig Tage lang „über die Dinge redete, die das Reich Gottes betreffen“ (Apg 1,3). In den Ansprachen von Petrus zu Beginn spielt dieses Thema ebenfalls eine Rolle. Dann ist es Philippus, der über das Reich Gottes spricht (Apg 8,12). Und besonders im Dienst von Paulus ist das Reich Gottes einer der drei Pfeiler seiner Botschaft. In seiner Abschiedsrede erinnert er die Ältesten von Ephesus daran, dass er ihnen das Evangelium Gottes, das Reich Gottes und den Ratschluss Gottes verkündigt hat (Apg 20,24–27). Das Buch endet dann auch damit, dass Paulus zwei Jahre lang das Reich Gottes gepredigt hat (Apg 28,31). Das zeigt, wie wichtig gerade dieses Thema in der Predigt war – und immer noch ist.

8.5. Zeichen und Wunder

Ähnlich wie die Evangelien, berichtet die Apostelgeschichte viel über Zeichen und Wunder. Gott setzt wiederholt die Naturgesetze und normalen Regeln außer Kraft und wir erfahren von mächtigen Wirkungen des Heiligen Geistes – besonders das Reden in Sprachen und die Heilung von Menschen. Dabei müssen wir Folgendes bedenken:

  1. Zeichen und Wunder sollten die Botschaft des Evangeliums im Anfang unterstützen und bekräftigen (Heb 2,4) – und das besonders angesichts der Fülle von religiösem Gedankengut damaliger Tage. Zeichen und Wunder machten den christlichen Glauben zu etwas Besonderem, weil sie zeigten, dass er nur göttlichen Ursprungs sein konnte. Sie bestätigten, dass die Boten im Auftrag Gottes predigten. Es ist eine Anfangszeit, in der der Herr vom Himmel „mitwirkte und das Wort bestätigte durch die darauf folgenden Zeichen“ (Mk 16,20).
  2. Die Zeichen und Wunder gaben den ersten Gläubigen einen gewissen Zusammenhalt und beugten einer Spaltung vor. Sie geschahen an unterschiedlichsten Orten und zeigten in diesem Sinn, dass Gott überall gleich handelte. Es sollte keine Gruppierungen und Spaltungen geben – z. B. zwischen Juden und Heiden.

Im zweiten Teil des Buches fällt auf, dass genau von sieben Wundern geschrieben wird, an denen Paulus beteiligt war:

7 Wunder unter Beteiligung von Paulus Referenz
Elymas erblindet Apg 13,11
Ein Lahmer in Lystra wird geheilt Apg 14,10
Ein Wahrsagergeist wird ausgetrieben Apg 16,18
Die Gefangenen in Philippi werden befreit Apg 16,26
Eutychus wird zum Leben erweckt Apg 20,9–12
Paulus überlebt einen Natternbiss Apg 28,5
Der Vater des Publius wird geheilt Apg 28,8

8.6. Das Gebet in der Apostelgeschichte

Das Gebet kommt in beiden Büchern des Lukas häufig vor. Das Lukasevangelium zeigt uns den Herrn Jesus wiederholt im Gebet. In der Apostelgeschichte sind es Jünger Jesu, die immer wieder beten. Es war geradezu ein Merkmal der ersten Christen, dass diese gebetet haben (Apg 2,42). Die Jünger beten bei der Wahl des zwölften Apostels (Apg 1,24). Wir finden das Gebet um Freimütigkeit bei Widerstand (Apg 4,23–30) und das Gebet bei der Wahl der Diener (Apg 6,6). In Kapitel 7,60 betet Stephanus und ist dabei in den Fußspuren seines Meisters. In Kapitel 8,15 beten Petrus und Johannes für die Samariter, damit sie den Heiligen Geist empfingen. Für Ananias war das Gebet des jung bekehrten Saulus ein Zeichen, dass seine Umkehr echt war (Apg 9,11). Die Auferweckung von Tabitha war mit Gebet verbunden (Apg 9,40). Kornelius und Petrus beteten ebenfalls (Apg 10,2.9). Bemerkenswert ist auch das Gebet der Versammlung in Jerusalem für den gefangenen Petrus (Apg 12,5), das schneller erhört wurde, als die Betenden dachten. In Kapitel 14,23 wird für die Gläubigen gebetet, in Kapitel 16,25 beten Paulus und Silas im Gefängnis von Philippi und machen eine außergewöhnliche Erfahrung. Paulus nimmt unter Gebet Abschied von den Ältesten in Ephesus und von den Geschwistern in Tyrus (Apg 20,36; 21,5). Am Ende des Buches finden wir Paulus noch dreimal im Gebet. Er betet und dankt auf dem sinkenden Schiff (Apg 27,35). Er betet für den kranken Vater des Publius (Apg 28,8) und dankt für die Freunde (Apg 28,15).

Die Apostelgeschichte unterstreicht den großen Wert des persönlichen und gemeinsamen Gebets und gibt uns praktische Beispiele, zu welchen Anlässen und in welcher Art und Weise die Gläubigen gebetet haben.

9. Gliederung

Lukas hat seine beiden Bücher nicht als zusammenhanglose Schriften verfasst, sondern in einer gewissen Ordnung und Systematik (Lk 1,3). Eine erste Möglichkeit ist, das Buch nach den beiden Hauptpersonen einzuteilen. In den ersten 12 Kapiteln ist Petrus prominent. Im zweiten Teil (Kapitel 13–28) ist es Paulus. Eine zweite Möglichkeit gibt uns das Buch selbst. Der Missionsauftrag des Herrn an die Jünger in Kapitel 1,8 ist ein guter Schlüssel dazu. Dabei folgen wir der Ausbreitung des Evangeliums als Kriterium: „... ihr werdet meine Zeugen sein, sowohl in Jerusalem als auch in ganz Judäa und Samaria und bis an das Ende der Erde“ (Apg 1,8).

Danach ergibt sich eine Gliederung in drei große Hauptteile.

Teil 1: Kapitel 1–7: Das Zeugnis in Jerusalem

Teil 2: Kapitel 8–12: Das Zeugnis in Judäa und Samaria

Teil 3: Kapitel 13–28: Das Zeugnis bis an das Ende der Erde

Eine etwas detaillierte Einteilung könnte wie folgt aussehen:

(1) Kapitel 1 Einleitung:

Der auferstandene Herr richtet letzte Worte an die Jünger, kehrt in den Himmel zurück, während die Jünger auf den Heiligen Geist warten

  • Letzte Worte und Himmelfahrt des Herrn (Kap. 1,1–11)
  • Die Jünger in Jerusalem und Wahl des Matthias (Kap. 1,12–26)

(2) Kapitel 2–7:

Die Jünger als Zeugen in Jerusalem: Der Heilige Geist kommt auf die Erde, die Versammlung nimmt ihren Anfang und die Jünger zeugen in Jerusalem

  • Der Heilige Geist wird ausgegossen (Kap. 2,1–13)
  • Die erste Rede des Petrus (Kap. 2,14–41)
  • Die ersten Christen (Kap. 2,42–47)
  • Heilung eines Gelähmten und zweite Rede des Petrus (Kap. 3)
  • Erster Widerstand und Zeugnis der Apostel (Kap. 4)
  • Ananias und Saphira (Kap. 5,1–11)
  • Große Machttaten (Kap. 5,12–16)
  • Weiterer Widerstand (Kap. 5,17–42)
  • Stephanus, der erste christliche Märtyrer (Kap. 6–7)

(3) Kapitel 8–12:

Das Zeugnis der Jünger in Judäa und Samaria: Die erste große Verfolgung der Christen hat zur Folge, dass das Evangelium über die Grenzen Jerusalems hinausgeht und Judäa und Samaria erreicht.

  • Philippus; Petrus und Johannes in Samaria (Kap. 8,1–25)
  • Der Kämmerer aus Äthiopien bekehrt sich (Kap. 8,26–40)
  • Saulus bekehrt sich (Kap. 9,1–31)
  • Petrus und der Hauptmann Kornelius (Kap. 9,32–11,18)
  • Das Zeugnis in Antiochien und an anderen Orten (Kap. 11-19-30)
  • Petrus wird inhaftiert und befreit (Kap. 12)

(4) Kapitel 13,1–21,17:

Die Mission des Apostels Paulus: Die drei Missionsreisen des Paulus werden ausführlich beschrieben. Am Ende kehrt er nach Jerusalem zurück

  • Die erste Missionsreise nach Kleinasien (Kap. 13,1–14,28)
  • Das „Apostelkonzil“ in Jerusalem und Rückkehr nach Antiochien (Kap. 15,1–35)
  • Die zweite Missionsreise nach Kleinasien und Griechenland (Kap. 15,36–18,22)
  • Die dritte Missionsreise nach Kleinasien, Griechenland und Palästina und Ankunft in Jerusalem (Kap. 18,23–21,17)

(5) Kapitel 21,18–28,31:

Paulus in Jerusalem, Cäsarea und Rom: Lukas beschreibt den Weg des Gefangenen Paulus von Jerusalem nach Rom und wie er sich vor verschiedenen Gremien zu verantworten hatte. Im letzten Teil wird die Reise nach Rom erzählt

  • Paulus als Gefangener in Jerusalem (Kap. 21,18–23,22)
  • Paulus als Gefangener in Cäsarea (Kap. 23,23–26,32)
  • Paulus auf dem Weg nach Rom (Kap. 27,1–28,16)
  • Paulus als Gefangener in Rom (Kap. 28,17–31)

Am Anfang des Buches ist Jerusalem im Mittelpunkt des Interesses. Im Mittelteil ist es Antiochien (der Ausgangspunkt der drei Missionsreisen des Paulus). Am Ende sehen wir Paulus in Rom. Lukas schließt sein Buch mit den Worten, dass Paulus zwei Jahre lang ungehindert die Dinge lehrte, die den Herrn Jesus Christus betreffen (Kap. 28,31). Darum geht es in jedem Teil dieses Buches, in dem der Heilige Geist Menschen beauftragt, genau das zu tun.

10. Praktische Lektionen

Die Zeit der Apostelgeschichte ist längst Vergangenheit und kommt nicht mehr zurück. Dennoch lesen wir ein solches Buch nicht nur aus geschichtlichem oder „theologischem“ Interesse, sondern wir fragen uns, was Gott uns heute ganz konkret mit diesem Buch sagen möchte. Gerade für Menschen, die in der letzten Zeit des christlichen Bekenntnisses auf der Erde leben, ist der Blick zurück und die Frage nach den praktischen Lektionen der Apostelgeschichte nützlich und notwendig. Es hilft bei manchen Fragen, wenn man sieht, wie die ersten Christen damit umgegangen sind.

Aus der Vielzahl der praktischen Lektionen möchte ich exemplarisch vier nennen:

  1. Persönliche Hingabe an den Herrn Jesus: Die Apostelgeschichte zeigt uns Männer und Frauen, die ihr Herz ganz dem Herrn gegeben hatten, die Ihn liebten und Ihm im Dienst zur Verfügung standen. Sie hatten verstanden, dass Christus nicht nur ein Werk für sie getan hat (das Erlösungswerk), sondern dass Er ein Werk auf dieser Erde hat, in dem jeder sich engagieren soll. Dabei geht es nicht nur um die „großen Namen“ – wie Petrus und Paulus. Es werden Brüder und Schwestern genannt, die zuerst nach dem Reich Gottes getrachtet haben und deren Leben ein Beispiel für uns ist.
  2. Leitung durch den Heiligen Geist: Paulus spricht in seinen Briefen einige wenige Male von der Leitung durch den Heiligen Geist. Es ist ein Kennzeichen von Söhnen Gottes, dass sie durch den Geist geleitet werden (Röm 8,14). Die Apostelgeschichte belehrt uns darüber, wie diese Leitung durch den Geist Gottes ganz praktisch aussieht und wie es heute noch möglich ist, mit dem Heiligen Geist erfüllt zu sein. Er ist es, der einen Weg und eine Aufgabe zeigt und zu einem Dient beruft. Er ist es, der uns manchmal davon abhält, etwas zu tun. Er ist es, der uns die Kraft gibt, die wir brauchen, um für unseren Herrn zu leben.
  3. Zeugen für unseren Herrn sein: Die Apostelgeschichte macht uns – wie kaum ein anderes Buch – Mut, Zeugen für unseren Herrn zu sein und die Botschaft von dem Retter Jesus Christus in die ganze Welt zu tragen. Die Jünger haben den Missionsauftrag ihres Meisters erfüllt. Doch damit sind wir nicht aus der Pflicht genommen. Denn der Auftrag gilt immer noch. Er gilt jedem, dem der Herr die Sünden vergeben hat. Immer noch gilt: „Dieser Tag ist ein Tag guter Botschaft; schweigen wir aber und warten, bis der Morgen hell wird, so wird uns Schuld treffen“ (2. Kön 7,9). Und: „Denn die Liebe des Christus drängt uns“ (2. Kor 5,14).
  4. Versammlungsleben praktisch: Die ersten Christen praktizierten Versammlungsleben, ohne die Belehrungen der Briefe darüber zu kennen. Es beeindruckt, wie sie unter der Leitung des Geistes Gottes Schwierigkeiten überwanden und Probleme lösten. Die Einmütigkeit der ersten Christen muss uns heute mehr als nachdenklich stimmen. Paulus fordert uns auf, die Einheit des Geistes zu bewahren im Band des Friedens (Eph 4,3). Wie das praktisch funktioniert, lehrt uns die Apostelgeschichte. Obwohl die Menschen, die damals die Versammlung Gottes bildeten, völlig unterschiedlich waren, bildeten sie doch in ihrem Zeugnis eine Einheit und gingen einen Weg.

Fußnoten

  • 1 Man kann diesen Gedanken fortsetzen. Die Briefe des Paulus erinnern an das 3. Buch Mose. Dort geht es um die Stellung des Gläubigen in Christus. Die allgemeinen Briefe (die der übrigen Briefeschreiber) finden ihr Gegenstück im 4. Buch Mose, wo es um die Wüstenwanderung geht. Die Offenbarung zeigt das Ende der Wege Gottes mit der Schöpfung und kann in einem gewissen Sinn mit dem 5. Buch Mose gespiegelt werden.
  • 2 Das erkennen wir ebenfalls deutlich beim Lesen des Jakobusbriefes, in dem dieser Übergang toleriert wird. Erst der Schreiber des Hebräerbriefes, der ca. 30 Jahre später geschrieben wurde, fordert die gläubigen Juden ausdrücklich auf, das jüdische Lager zu verlassen (Heb 13,13). Er tut das, nachdem er in seinem Brief gezeigt hat, wie sehr das Christentum dem Judentum überlegen ist.
  • 3 R. B. Backham: The Acts of the Apostles
  • 4 Fünfmal spricht die Apostelgeschichte von „Vergebung“ von Sünden (Apg 2,38; 5,31; 10,43; 13,38; 26,18).
  • 5 Zitiert nach: R. B. Backham: The Acts of the Apostles
  • 6 Kritiker bringen vor, dass es zwischen der Apostelgeschichte und den Paulusbriefen sogar diverse Widersprüche geben soll. Diese vermeintlichen Widersprüche betreffen z. B. die Jerusalem-Besuche des Paulus, den Umgang des Paulus mit der Beschneidung des Timotheus und vor allem das von Lukas gezeichnete Portrait des Apostels Paulus, wie etwa die von ihm vollbrachten Wunder, die sich in den Briefen nicht wiederfinden oder die eloquente Art und Weise der Predigt als redegewandter Mann. Alle vermeintlichen Widersprüche lassen sich jedoch auflösen (vgl. dazu ausführlich E. Mauerhofer: Einleitung in die Schriften des Neuen Testamentes). Es ist jedenfalls deutlich, dass die Paulusbriefe in keiner Weise im Gegensatz oder Widerspruch zur Apostelgeschichte stehen und umgekehrt.
  • 7 Man unterstellt dabei (zu Unrecht), Lukas habe sich in Apostelgeschichte 5,36 und 11,28 auf den jüdischen Geschichtsschreiber Flavius Josephus bezogen (Altertümer der Juden). Da Josephus dieses Buch jedoch deutlich später geschrieben hat (um 90 n. Chr.), nimmt man gerne an, Lukas habe noch später geschrieben. Es gibt jedoch überhaupt keinen Grund zu dieser Annahme. Lukas stand unter der Leitung des Heiligen Geistes und konnte so die Weissagungen des Theudas und Agabus aufschreiben.
  • 8 Vgl. dazu die Einführung zum Lukasevangelium
  • 9 Die eigentliche Christenverfolgung unter Kaiser Nero begann erst, nachdem die Apostelgeschichte fertiggestellt war. Nero und spätere Kaiser betrachteten die Christen tatsächlich als Staatsfeinde, obwohl sie es besser hätten wissen können. Für sie waren es Leiden „als Christ“ (vgl. 1. Pet 4,16).
  • 10 Es gibt insgesamt über 30 Hinweise auf das Alte Testament, die meisten davon im ersten Teil der Apostelgeschichte.
  • 11 Dieser Widerstand durchzieht das ganze Buch. Er beginnt in Jerusalem und setzt sich in den Städten Damaskus, Antiochien, Ikonium, Thessalonich, Beröa, Korinth, Ephesus und Rom fort
  • 12 Vgl. Punkt 5 im ersten Teil (die Fülle der Zeit)
  • 13 Die Taufe mit dem Heiligen Geist wird in allen vier Evangelien angekündigt (Mt 3,11; Mk 1,8; Lk 3,16; Joh 1,33). In Apostelgeschichte 1,5 erwähnt der Herr dieses bevorstehende Ereignis noch einmal. In Apostelgeschichte 2 findet die Taufe statt und in Kapitel 11,26 wird noch einmal daran erinnert. In 1. Korinther 12,13 wird dann erklärt, was diese Taufe bedeutet, nämlich dass alle Gläubigen jetzt eine wunderbare Einheit bilden.
  • 14 Es lohnt sich, verschiedene Stellen (Apg 2.7.10.19) zu vergleichen und dabei besonders auf die Reihenfolge der Geschehnisse zu achten. Die Reihenfolge in Kapitel 10,43–47 ist die heute „normale“ Reihenfolge, nämlich erstens der Glaube, zweitens die Vergebung, drittens der Heilige Geist und viertens die Wassertaufe (die christliche Taufe). Die übrigen Fälle – in denen die Reihenfolge abweicht – sind Sonderfälle, die mit dem besonderen Charakter der Apostelgeschichte verbunden sind.
  • 15 Das will nicht sagen, dass wir beim Predigen des Evangeliums nicht über die Liebe Gottes reden sollten. Es ist selbstverständlich, dass wir es tun. Allerdings sollten wir nicht vergessen, den Menschen ebenfalls zu sagen, dass Gott ein gerechter Richter ist. Diese Tatsache ist Teil des „Wortes der Wahrheit“ und des „Evangeliums des Heils“ (Eph 1,13).
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