Einführung in die geschichtlichen Bücher des Neuen Testaments
(Matthäus – Apostelgeschichte)

Teil 3: Einführung in das Markusevangelium

Einführung in die geschichtlichen Bücher des Neuen Testaments

1. Einleitung

Jedes der vier Evangelien ist wertvoll und einzigartig. Obwohl Markus das mit Abstand kürzeste Evangelium ist, hat es eine spezifische Botschaft und unterscheidet sich deutlich von den anderen. Man hat es das vernachlässigte Buch im Neuen Testament genannt, denn es ist in der Tat lange Zeit das am wenigsten untersuchte Bibelbuch gewesen.1 Jeder aufrichtige Bibelleser wird jedoch besondere Freude daran finden, die Einzelheiten, Unterschiede und Besonderheiten des Markusevangeliums zu sehen.

Markus beschreibt den Sohn Gottes, der als Mensch auf die Erde kam, unter einer besonderen Perspektive. Die Lektüre dieses Evangeliums verlangt keine tiefergehende Kenntnis des Alten Testamentes. Es wird so gut wie nicht aus dem Alten Testament zitiert. Markus eignet sich somit besonders für Leser, die ihre Wurzeln nicht im Judentum haben. Es ist kurz und einfach und zugleich direkt und lebendig geschrieben und spricht besonders Menschen an, denen der christliche Glaube fremd ist. Auf neuen Missionsfeldern ist das Markusevangelium deshalb häufig eines der ersten Bibelbücher, das in eine neue Sprache übersetzt wird.

Gleichwohl ist nicht zu verkennen, dass Markus durchaus Bezug auf das nimmt, was im Alten Testament vorausgesagt worden ist, nämlich dass der Christus der Knecht Gottes und der Prophet Gottes sein sollte. Denn genau das ist der Scheinwerfer, den der Heilige Geist durch Markus auf den Herrn Jesus wirft. Er zeigt uns den, der sich als ewiger Gott selbst erniedrigte und Knechtsgestalt annahm (Phil 2,7). Markus, der selbst ein Diener war – allerdings zunächst unzuverlässig – wird von dem Heiligen Geist beauftragt, das Evangelium des vollkommenen Dieners zu schreiben.

Jesaja spricht in seinen Weissagungen mehrfach von dem Knecht des Herrn. Auch Sacharja tut das (z. B. Jes 42,1; 52,13–15; Sach 3,8). Mose spricht von dem Propheten, den Gott erwecken würde, um zu seinem Volk zu reden (5. Mo 18,15). Diese Voraussagen haben sich erfüllt und darüber schreibt Markus. Der Herr Jesus kommt, um zu dienen und sein Leben als Lösegeld zu geben (Mk 10,45). Er tut das gehorsam, treu und zuverlässig und in großer Liebe. Der Herr Jesus kommt, um eine Botschaft Gottes an sein Volk zu richten, nämlich Buße zu tun und zu glauben (Mk 1,15). Er handelt und lehrt mit Vollmacht und Autorität und möchte Herz und Gewissen seiner Zuhörer erreichen.

2. Verfasser und Authentizität

2.1. Externe und interne Belege

Das Evangelium selbst gibt keinen direkten Hinweis auf den Verfasser, d. h., es gibt keine unmittelbaren internen Belege. Schriftfunde aus der Frühzeit der christlichen Zeit machen jedoch deutlich, dass das zweite Evangelium von Anfang an einem Mann mit Namen Markus zugeschrieben wird. Die frühen Kirchenväter lassen keinen Zweifel daran aufkommen, wer dieser Markus ist. Es ist „Johannes Markus“, der in der Apostelgeschichte und einigen Briefen mehrfach genannt wird. Er war zunächst ein Reisebegleiter von Paulus und Barnabas und wird später ein „Mitarbeiter“ des Paulus und ein „Sohn“ des Petrus genannt (Apg 12,25; Phlm 24; 1. Pet 5,13).

Der erste überhaupt, der nachweisbar Markus als Verfasser nennt, ist Papias (ca. 110–125 n. Chr.). Er zitiert den Ältesten Johannes (wahrscheinlich ist der Apostel Johannes gemeint), dass Markus, der Mitarbeiter des Petrus, das Evangelium geschrieben habe. Er nennt den Bericht des Markus „völlig zuverlässig“. Ihm folgen Irenäus, Tertullian, Clemens von Alexandria, Origenes und Hieronymus. Schon im zweiten Jahrhundert gab es somit keinen Zweifel daran, dass Markus der Verfasser ist –, und zwar sowohl in Kleinasien als auch in Rom und in Alexandria (Ägypten), d. h. den drei Zentren des frühen Christentums. Da Markus eine eher unbedeutende Person ist, wäre es in der Tat sonderbar, ihm das Evangelium zuzuschreiben, wenn er es nicht tatsächlich geschrieben hätte.

Interne Belege (d. h. solche, die in dem Evangelium selbst zu finden sind) für die Verfasserschaft des Markus sind kaum vorhanden. Einige Ausleger nennen die Tatsache, dass der Schreiber mit den geographischen Gegebenheiten Palästinas (und besonders Jerusalem) gut vertraut ist. Dies beweist jedoch lediglich, dass der Verfasser vermutlich ein Jude war, was bei den Autoren des Neuen Testamentes nichts Besonderes ist. Andere meinen, dass der ausführliche Bericht über den Obersaal, in dem das letzte Passah gefeiert wurde, darauf hinweist, dass es sich um das Haus der Mutter von Markus gehandelt habe, in dem er aufgewachsen sei. Das setzt allerdings voraus, dass dieses Haus mit dem Haus in Apostelgeschichte 12,12 identisch ist, was eher unwahrscheinlich ist.

Eine weitere Ansicht lautet, dass Markus der junge Mann ist, der ohne Oberkleid wegläuft, als Jesus gefangen genommen wird (Mk 14,51.52). Da diese Besonderheit nur von Markus berichtet wird und zugleich eine genaue Detailkenntnis voraussetzt, kommt man zu der Annahme, es handele sich um den Autor selbst. Ob diese Annahme jedoch stimmt, ist durchaus nicht sicher. Wirklich schlüssige interne Belege fehlen. Dennoch können wir aufgrund der externen Belege davon ausgehen, dass Markus tatsächlich derjenige ist, den der Geist Gottes zum Schreiben dieses Evangeliums beauftragt hat.

2.2. Markus und Petrus

Es fällt auf, dass viele Ausleger traditionell eine sehr enge Beziehung von Petrus und Markus betonen. Ohne Frage ist es so, dass Petrus ihn „mein Sohn“ nennt (1. Pet 5,13). Das bedeutet entweder, dass Petrus das Werkzeug zur Neugeburt des Markus war (ähnlich wie Paulus von Onesimus) oder einfach, dass Petrus eine Art „Mentor“ für Markus war, d. h. ein geistlicher Berater für einen jüngeren Bruder. So oder so bestand tatsächlich eine innige Beziehung zwischen dem älteren Petrus und dem jüngeren Markus.

Mit großer Vorsicht ist jedoch die Aussage zu werten, dass Petrus bei der Entstehung des Markusevangeliums eine entscheidende Rolle gespielt haben soll. Die Bibel gibt zu solchen Gedanken keinen Anlass.

Die Tradition, dass Petrus aktiv an der Entstehung des Markusevangeliums beteiligt war, geht vor allem auf den Kirchenvater Papias zurück. Eusebius (260–339 n. Chr.) zitiert ihn mit den Worten: „Markus hat die Worte und Taten des Herrn, an die er sich als Dolmetscher des Petrus erinnerte, genau – allerdings nicht der Reihe nach – aufgeschrieben“.2 In dieser Aussage liegen mindestens zwei Fehler. Zum einen hat Markus die Dinge sehr wohl (weitgehend) chronologisch aufgeschrieben.3 Zum anderen ist er ganz sicher nicht als „Dolmetscher“ des Petrus aufgetreten. Das würde der Inspiration des Wortes Gottes völlig entgegen sein. Markus schrieb unter der Leitung des Heiligen Geistes und nicht als „Dolmetscher“ von Petrus. W. Kelly lehnt diese Bezeichnung deshalb mit Recht vehement ab.4 Es ist durchaus denkbar, dass der „Augen- und Ohrenzeuge“ Petrus seinem Bruder Markus manches aus dem Leben des Herrn Jesus berichtet hat. Doch was er am Ende aufschrieb, schrieb er geleitet vom Heiligen Geist und nicht geleitet von Petrus.

A. C. Gaebelein schreibt: „Die traditionelle Sichtweise, die besagt, dass der Apostel diesen Bericht in die Feder des Markus diktiert hat, so dass er lediglich ein Schreibgehilfe oder Sekretär war, hat sich als falsch herausgestellt... All diese Meinungen sind hauptsächlich Erfindungen von Menschen, die nicht an die Inspiration der von Gott ausgewählten Instrumente glauben, indem Er ihnen ein vierfaches Bild der gesegneten Person seines Sohnes gegeben hat. Der unerschütterliche Glaube in die Inspiration der vier Evangelien löste alle möglichen Schwierigkeiten ... von denen wir so oft in unseren Tagen hören. Die Inspiration macht Irrtum unmöglich“.5

2.3. Zweifel

Die vereinzelt vorgebrachten Argumente gegen die Verfasserschaft von Markus sind wenig überzeugend. Es gibt keinerlei Hinweis auf einen anderen Markus, der als Schreiber infrage käme. Es gibt deshalb keinen Grund, bei dem von den Kirchenvätern erwähnten Markus an eine andere Person zu denken.

Mehr als über den Verfasser ist allerdings über den Epilog gestritten worden (Mk 16,9–20). Die Frage lautet, ob diese Schlussverse ursprünglich zum Text des Evangeliums gehörten oder nicht. Einige Ausleger machen stilistische Gründe geltend, um diese Zweifel zu nähren. Dieses Argument ist jedoch hinreichend widerlegt worden, z. B. von W. Kelly6. Auf Details wird an dieser Stelle bewusst verzichtet.

Häufiger wird das Argument vorgebracht, dass der Schlusstext in einigen wichtigen Handschriften fehlt und dass andere einen kürzeren Text enthalten. Das ist zwar wahr, dennoch findet sich der uns vorliegende Text in sehr vielen alten Handschriften. Dessen ungeachtet nehmen einige Ausleger an, dass der Schluss ursprünglich nicht Teil des Textes von Markus war, sondern später hinzugefügt wurde. Zugleich müssen sie zugeben, dass das Evangelium unmöglich mit der in Vers 8 erwähnten Furcht der Jünger enden kann. Falls die uns überlieferten Verse 9–20 also tatsächlich nicht zum ursprünglichen Text gehört haben, dann müsste es einen anderen Schlussteil geben7. Davon ist jedoch nichts bekannt und es gibt keinen einzigen Textfund, der einen solchen Rückschluss rechtfertigen könnte. Wir erkennen vielmehr beim Lesen des Epilogs, wie passend Er das Evangelium des vollkommenen Dieners abschließt. Es ist der Sohn Gottes (vgl. Mk 1,1), der in den Himmel zurückkehrt, seinen Dienst dort fortsetzt und zugleich andere auffordert, Ihm jetzt hier auf der Erde zu dienen.

Es gibt allen guten Grund, sicher davon auszugehen, dass dieser Text tatsächlich von Markus geschrieben wurde und von Anfang an Teil seines Evangeliums war.8

2.4. Johannes Markus

Über den Verfasser sagt uns das Neue Testament einiges. Er trägt einen Doppelnamen. Der hebräische Name „Johannes“ (Johachanan) bedeutet „Gott ist gnädig“. Der lateinische Name9 „Markus“ bedeutet „Sohn des Mars10“. Insgesamt wird er im Neuen Testament zehnmal erwähnt, davon dreimal mit beiden Namen (Apg 12,12.25; 15,37). Zweimal heißt er nur Johannes (Apg 13,5.13) und fünfmal Markus (Apg 15,39; Kol 4,10; Phlm 24; 2. Tim 4,11; 1. Pet 5,13). In den Evangelien kommt sein Name nicht vor. Einige Ausleger bringen ihn – wie bereits erwähnt – mit dem jungen Mann in Verbindung, der bei der Festnahme Jesu floh (Mk 14,51.52). Dies ist jedoch eine Vermutung, die nicht sicher verifiziert werden kann.

Die einzelnen Referenzstellen ergeben – wenn man sie in der zeitlichen Abfolge besieht – folgende Informationen über Markus:

  • Apostelgeschichte 12,12: Maria – nicht zu verwechseln mit der Mutter Jesu – war die Mutter des Markus. Sie war offensichtlich eine vermögende Frau – vermutlich eine Witwe –, die ein Haus besaß. Markus wird also sehr wahrscheinlich in einem segensreichen Umfeld und unter einem guten Einfluss aufgewachsen sein. Zumindest kam er früh unter den Einfluss der christlichen Wahrheit.
  • Apostelgeschichte 12,25: Markus verlässt hier Jerusalem und folgt Barnabas und Saulus nach Antiochien. Dort bleibt er eine ganze Zeit lang, ohne dass wir etwas von einem konkreten Dienst lesen. Die beiden Missionare werden sicher einen guten Einfluss auf Markus gehabt haben.
  • Apostelgeschichte 13,5: Der Heilige Geist hatte angeordnet, Paulus und Barnabas zum Dienst auszusondern. So begann die erste Missionsreise des Paulus. Markus war ihr Reisebegleiter. Warum sie ihn mitnahmen, wissen wir nicht genau. Wahrscheinlich sollte er den beiden eine Hilfe in äußeren Dingen sein. Es bleibt offen, ob das den Gedanken Gottes entsprach oder nicht.
  • Apostelgeschichte 13,13: Markus bricht seinen Dienst ab und kehrt in seine Heimatstadt zurück. Der Grund dafür wird nicht explizit genannt. In Apostelgeschichte 15,38 lesen wir allerdings, dass er „nicht mit ihnen zu dem Werk gegangen war“. Es mögen die Reisestrapazen gewesen sein. Es mögen die Anfeindungen gewesen sein. Es mag einfach Desinteresse gewesen sein. Jedenfalls gibt er seinen Dienst auf.
  • Apostelgeschichte 15,36–39: Markus wird nun leider – ohne direkte Absicht – der Anlass für eine Erbitterung und Trennung zwischen Paulus und Barnabas. Die Spur von Barnabas – dem treuen Diener Gottes – verliert sich hier vollständig. Die Spur von Markus verliert sich zumindest für nahezu 10 Jahre. Man kann es nur so sehen, dass Paulus hier das richtige Empfinden hatte.
  • Kolosser 4,10: Wir lernen erstens, dass Markus der Neffe (oder Cousin) von Barnabas war. Bei der Trennung der beiden mögen verwandtschaftliche Gründe eine Rolle gespielt haben. Wir lernen zweitens, dass Paulus nicht nachtragend ist. Etwa 10 Jahre später ist Markus bei ihm im Gefängnis. Wir wissen nicht, wie die beiden wieder zueinander gefunden haben. Jedenfalls plante er, nach Kolossä zu reisen und die Gläubigen dort sollten ihn aufnehmen.
  • Philemon 23.24: Zum gleichen Zeitpunkt wie der Hinweis an die Kolosser ist dieser Hinweis an Philemon. Markus war also nicht nur bei Paulus, sondern er nennt ihn seinen „Mitarbeiter“. Das ist eine besondere Auszeichnung, zumal vor dem Hintergrund der Erfahrungen auf der ersten Missionsreise.
  • 1. Petrus 5,13: Markus war nicht nur mit Paulus verbunden, sondern auch mit Petrus. Es ist anzunehmen, dass die beiden sich aus der früheren Zeit in Jerusalem kannten und nun zusammen in Babylon waren. Markus scheint eine gewisse Flexibilität im Reisen gehabt zu haben. Die Beziehung zu Petrus muss intensiv gewesen sein, sonst würde er nicht den Ehrentitel geistlicher „Sohn“ tragen. Es ist gut denkbar, dass Petrus ihm hier viel von dem Leben des Herrn Jesus erzählt hat.
  • 2. Timotheus 4,11: Zum letzten Mal wird Markus erwähnt und nun zeichnet Paulus ihn noch einmal aus. Paulus ist erneut in Rom und bittet Timotheus (der sich in Ephesus befindet) Markus mitzubringen. Offensichtlich war dieser bei Timotheus in Ephesus. Markus ist nun nicht nur „Mitarbeiter“, sondern er ist nützlich zum Dienst.

Es ist ein Wunder der Gnade Gottes, dass der Heilige Geist gerade den einmal untreuen Diener Markus auswählt, den treuen und perfekten Diener zu beschreiben. So wählt Gott seine Werkzeuge aus – eben anders als wir. Wir hätten Matthäus – einen ehemaligen Zöllner – und Markus – einen ehemaligen Versager im Dienst – ganz sicher für ungeeignet gehalten, das Evangelium des Königs und des Dieners zu schreiben. Bei Gott ist das anders. Wir lernen daraus, dass die geistliche Biografie eines Menschen – selbst dann, wenn sie kein Ruhmesblatt ist – nicht entscheidend für die Aufgabe ist, die Gott ihm gibt.

Über den weiteren Weg des Markus und seinen Tod können wir nichts Sicheres sagen. Einige Ausleger nennen ihn einen der aktivsten Missionare der frühen Christenheit. Eusebius bezeichnet ihn sogar als den ersten „Bischof“ der Kirche in Alexandria in Ägypten, was kaum zutreffend sein wird. Dort soll er wenige Jahre nach dem Tod von Paulus als Märtyrer gestorben sein. Der Überlieferung zufolge haben venezianische Seefahrer Reliquien des „heiligen Markus“ aus Alexandria mitgebracht und in ihrer Markuskirche (Basilica di San Marco) in Venedig deponiert. Nach allem, was die Bibel über Markus sagt und vor allem, was er über den vollkommenen Diener Christus geschrieben hat, steht der Kult um seine Person (es gibt nicht nur eine Sankt Markus Kirche) im völligen Widerspruch zu dem, was Markus gelehrt haben wird. Sie steht vor allem im Widerspruch zu dem, was die Bibel uns sagt.

3. Verfassungszeit und Ort der Niederschrift

Es gibt keine gesicherten Hinweise auf die Frage, wann und von wo aus Markus sein Evangelium geschrieben hat. Die Bibel sagt dazu nichts. Viele Ausleger nehmen an, dass er von Rom aus für Römer geschrieben hat. Sie folgen damit der altkirchlichen Auffassung. Als gesichert gilt hingegen, dass er vor der Zerstörung Jerusalems im Jahr 70 n. Chr. geschrieben hat (vgl. Mk 13,2). Während unter konservativen Auslegern darüber weitgehend Konsens besteht, gehen die Meinungen bezüglich der Frage, ob Markus vor oder nach dem Tod von Petrus geschrieben hat, auseinander. Irenäus erklärt in seinem umfangreichen Werk gegen diverse Irrlehren, dass Markus nach dem Abscheiden von Petrus und Paulus geschrieben habe. Clemens und Origenes hingegen sind der Meinung, dass das Evangelium noch zu Lebzeiten von Petrus entstand. Sie verfechten die oben dargelegte Theorie des Papias, dass Petrus sogar unmittelbar an der Niederschrift beteiligt war und dem Text ausdrücklich zustimmte.

Diese Frage hängt mit einer weiteren Thematik zusammen, nämlich ob Markus als erster der vier Evangelisten geschrieben hat oder nicht.11 Viele Gelehrte nehmen das an. Andere sind jedoch aus guten Gründen anderer Meinung. Sie gehen davon aus, dass Matthäus zuerst geschrieben hat. Falls Markus tatsächlich als erster geschrieben haben sollte, ist in der Tat ein früheres Datum – jedenfalls vor dem Tod von Petrus und Paulus – erforderlich. Falls nicht, kann man der Auffassung von Irenäus folgen. Letztlich ist es müßig, sich der einen oder anderen Argumentation anzuschließen. Die Frage nach dem Datum ist ohnehin von untergeordneter Bedeutung und für das geistliche Verständnis des Evangeliums völlig ohne Belang. Wir liegen deshalb vermutlich nicht verkehrt, wenn wir einen Zeitraum zwischen 55 und 69 n. Chr. ins Auge fassen.

Gleiches gilt für die Frage nach dem Ort, von wo aus Markus geschrieben hat. Die kirchliche Tradition geht davon aus, dass Petrus am Ende seines Lebens in Rom gewesen ist. Dies wird häufig damit begründet, dass der Ortsname „Babylon“ in 1. Petrus 5,13 ein geistliches Synonym für Rom sein soll. Es gibt allerdings kein einziges vernünftiges Argument für diese Auffassung. Babylon war eine real existierende Stadt und religiöses Zentrum der Juden am südöstlichen Ende des Römischen Reiches, wo seit der babylonischen Gefangenschaft traditionell viele Juden lebten. Von dort schrieb Petrus seinen Brief und dort war Markus bei ihm. Ob er allerdings von dort sein Evangelium geschrieben hat oder doch von Rom (wo er sich ebenfalls aufgehalten hat), oder von einem anderen Ort aus, ist ungewiss.

In der ganzen Diskussion darf man nicht vergessen, dass die alte Kirche immer ein großes Interesse hatte, Petrus mit Rom zu verbinden, um auf diese Weise die Vorrangstellung dieser Stadt und das damit verbundene kirchliche System in den Vordergrund zu stellen.12 Die Stellung Roms als Sitz des Oberhauptes der römischen Kirche soll damit untermauert werden.

4. Adressaten

Die Frage nach den ursprünglichen Adressaten hängt ebenfalls mit dem großen Interesse vieler Christen zusammen, Rom eine besondere Vorrangstellung zu geben. Viele Gelehrte gehen davon aus, dass Markus ursprünglich an Römer schrieb. Fast alle frühen Kirchenväter stimmten in dieser Ansicht überein. Ganz sicher ist das indes ebenfalls nicht, obwohl es eine ganze Reihe von Argumenten gibt, die für diese Sichtweise sprechen. Dies sind unter anderem:

  • Es werden eine Reihe von jüdischen Sitten und Gebräuchen erklärt (vgl. z.B. das Waschen der Hände in Kap. 7,3.4 oder das Schlachten des Passahs am ersten Tag der ungesäuerten Brote in Kap. 14,12). Einem Juden braucht man beides nicht erklären. Deshalb fehlen diese Hinweise z.B. bei Matthäus.
  • Einige aramäische Ausdrücke werden ausdrücklich übersetzt (z.B. Boanerges in Kap. 3,17; Thalitha kumi in Kap. 5,41; Korban in Kap. 7,11; Ephata in Kap. 7,34; Eloi, Eloi, lama sabachthani in Kap. 15,34).
  • Es werden immer wieder eher lateinische als griechische Ausdrücke gebraucht. Man spricht in diesem Zusammenhang gerne von sogenannten Latinismen. Dazu einige Beispiele:
Lateinischer Ausdruck Deutsche Bedeutung Referenz
Census Steuer Mk 12,14
Centurium Hauptmann Mk 15,39.44.45
Denarius Denar Mk 6,37; 12,15;14,5
Flagellare geißeln Mk 15,15
Grabatus Bett Mk 2,4.9.11.12; 6,55
Legio Legion Mk 5,9.15
Modius Scheffel Mk 4,21
Praetorium Prätorium (Rat) Mk 15,16
Quadrans Cent Mk 12,42
Sextarius (?) Krug Mk 7,4
Speculator (Spiculator) Leibwächter Mk 6,27

Dieses Argument darf allerdings nicht überstrapaziert werden, denn solche Latinismen findet man in den übrigen Evangelien ebenso. Sie kommen bei Markus zwar etwas häufiger vor, jedoch nicht so oft, als dass man von einem Charakteristikum sprechen könnte.

  • Markus erwähnt als Einziger, dass Simon von Kyrene der Vater von Alexander und Rufus war (Kap. 15,21). Wenn man davon ausgeht, dass der in Römer 16,13 erwähnte Rufus die gleiche Person ist, wäre das ein gewisses Argument. Dies ist allerdings auch nur eine Annahme, die nicht sicher belegt werden kann.
  • Es wird wenig aus dem Alten Testament zitiert und es gibt kaum Hinweise auf die Erfüllung alttestamentlicher Aussagen. Der Bezug auf „die Schrift“ (das Alte Testament) findet sich nur in Markus 12,10.24, 14,49 und nur in der letztgenannten Stelle heißt es ausdrücklich „damit die Schriften erfüllt würden“. Besonders bei Matthäus und Johannes ist das deutlich anders.
  • Es fehlt ein Geschlechtsregister, wie es Matthäus und Lukas haben (bei Johannes fehlt es aus einem ganz anderen Grund). Kein Römer wäre an dem Geschlechtsregister eines Knechtes oder Dieners interessiert.

Diese Argumente beweisen vor allem, dass Markus nicht primär an Juden schrieb, sondern an Nichtjuden. Ob es tatsächlich Römer waren, kann nicht mit Sicherheit behauptet werden. Es mag vor allem deshalb naheliegend sein, wenn man bedenkt, dass Matthäus sicher an Juden, Lukas sicher an Griechen und Johannes sicher an Christen schrieb. Es ist deshalb naheliegend, dass Markus sich an die vierte damals existierende Personengruppe – die Römer – wandte. Für Menschen, die stolz auf ihre militärischen Erfolge und ihre Tugenden wie Gehorsam und Zuverlässigkeit im Dienst, Treue und Mut waren, hat ein Evangelium wie das des Markus über den vollkommenen Diener verständlicherweise eine besondere Anziehungskraft. Es ist gut möglich, dass Markus deshalb die machtvollen Taten des Herrn stärker betont als seine Rede. Für die Römer waren Taten und Macht wichtiger als Worte.

Allerdings darf dabei nicht vergessen werden, dass alle vier Evangelien als Gottes inspiriertes Wort eine direkte Ansprache an jeden Leser haben. Deshalb sollte man den ursprünglichen Empfängern nicht zu viel Bedeutung beimessen. Es hilft, manche Aussage besser zu verstehen, wenn man weiß, an wen sie ursprünglich gerichtet waren – mehr jedoch nicht. Letztlich ist die Frage der Empfänger nicht mit der geistlichen Belehrung des Evangeliums verbunden. Schenkt man ihr eine zu große Bedeutung, besteht die Gefahr, den Wert der eigentlichen Botschaft des inspirierten Textes aus dem Auge zu verlieren.

5. Anlass und Zweck

Die Grundbotschaft des Markus liegt auf der Hand. Er beschreibt seinen Lesern das Leben und Sterben von Jesus Christus auf eine besonders packende Art und Weise. Er stellt Ihn als den Sohn Gottes vor, der auf die Erde kommt, um den Menschen zu dienen und sein Leben für sie zu geben. Dadurch will Markus vor allem Menschen, die keinen jüdischen Hintergrund haben, zum Glauben an den Herrn Jesus einladen.

Es gibt verschiedene Verse, die man als Schlüsselverse bezeichnen kann. Dazu zählen vor allem:

„Denn auch der Sohn des Menschen ist nicht gekommen, um bedient zu werden, sondern um zu dienen und sein Leben zu geben als Lösegeld für viele“ (Mk 10,45).

Dieser Vers gibt zugleich eine Zweiteilung des ganzen Evangeliums. Es geht erstens um die Taten (den Dienst) des Sohnes des Menschen und zweitens um sein Erlösungswerk.

„Und er spricht zu ihnen: Lasst uns woandershin gehen in die nächsten Ortschaften, damit ich auch dort predige; denn dazu bin ich ausgegangen“ (Mk 1,38).

Dieser Vers zeigt, dass es nicht nur um die Taten geht (obwohl die im Vordergrund stehen), sondern dass Jesus zugleich der Prophet ist, der kommen sollte, um Worte Gottes an sein Volk zu richten.

... „und sie waren überaus erstaunt und sprachen: Er hat alles wohlgemacht; er macht sowohl die Tauben hören als auch die Stummen reden“ (Mk 7,37).

Dieser Vers ist ein Fazit seines Dienstes. In der Tat hat unser Herr alles „wohlgemacht“.

Petrus gibt seine eigene Kurzfassung über das Leben seines Meisters, die man ebenfalls als Überschrift über das Markusevangelium setzen kann:

„Jesus, den von Nazareth, wie Gott ihn mit Heiligem Geist und mit Kraft gesalbt hat, der umherging, wohltuend und alle heilend, die von dem Teufel überwältigt waren; denn Gott war mit ihm“ (Apg 10,38).

Das Markusevangelium enthält jedoch mehr als lediglich chronologische Informationen über das Leben und Sterben des Knechtes Gottes. Es will unsere Herzen erreichen und sie brennend machen für diese einzigartige Person. Das gilt zuerst für jeden Menschen, der Christus bisher nicht angenommen hat. Das Markusevangelium ist tatsächlich „Evangelium“, d. h. Gottes gute Nachricht über seinen Sohn. Das Wort „Evangelium“ kommt bei Markus häufiger vor als in den übrigen Berichten über das Leben des Herrn. Markus gebraucht es achtmal (Mk 1,1.14.15; 8,35; 10,29; 13,10; 14,9; 16,15), Matthäus viermal, Lukas nur einmal und Johannes gar nicht.

Zugleich macht der Text darüber hinaus Dienern Gottes zu jeder Zeit Mut, dem Beispiel des vollkommenen Dieners zu folgen. Jemand hat einmal gesagt: „Der dient am besten, der dem vollkommenen Diener am ähnlichsten ist“. Liebe, Treue, Hingabe, Entschlossenheit, Abhängigkeit, Weisheit, Anspruchslosigkeit und Bescheidenheit sind einige der Tugenden eines guten Dieners Christi. Im Leben von Jesus Christus werden sie perfekt dargestellt.

6. Charakter und Inhalt

Wie bereits angemerkt, zeigt Markus das Leben des Herrn Jesus in einer zweifachen Herrlichkeit. Erstens als der Diener bzw. Knecht Gottes13 und zweitens als Prophet Gottes. Beides war im Alten Testament angekündigt. Außerdem spricht Markus – wie alle Evangelisten – über das Werk des Herrn Jesus am Kreuz. Derjenige, der Gott selbst ist, macht sich selbst zu nichts und nimmt Knechtsgestalt an (Phil 2,7). Er kommt zu uns Menschen, um zu dienen und sein Leben zu geben. Wenn wir bedenken, wer diese Person ist – nämlich „Gott, gepriesen in Ewigkeit“ (Röm 9,5) – dann werden uns sein Dienst und sein Werk umso größer.

a) Der Knecht und Diener

Das Hauptaugenmerk liegt bei dem Knecht darauf, was er tut. Deshalb spricht Markus viel über die Taten Jesus und weniger über seine Worte. Er berichtet achtzehn Wunder und nur vier Gleichnisse. Wunder und Taten sind der Schwerpunkt bei Markus. Als Diener Gottes hat der Herr Jesus das wiedergutgemacht, was wir Menschen durch den Sündenfall zerstört hatten.

Die Tatsache, dass der Knecht Gottes bereits im Alten Testament angekündigt war, macht deutlich, dass Markus nicht nur Heiden als Zielgruppe im Auge hat. Markus beweist zugleich den jüdischen Lesern, dass Er von Gott auserwählt war. Sacharja hatte in einer bemerkenswerten Weissagung von Ihm als dem Knecht des Herrn gesprochen:

„Höre doch, Josua, du Hoherpriester, du und deine Gefährten, die vor dir sitzen – denn Männer des Wunders sind sie; denn siehe, ich will meinen Knecht, Spross genannt, kommen lassen“ (Sach 3,8).

Der dritte Teil des Propheten Jesaja enthält vier große Weissagungen, die den Knecht des Herrn betreffen:

  • Kapitel 42,1–9: Der auserwählte Knecht des Herrn, auf dem das Wohlgefallen Gottes ruht
  • Kapitel 49,1–6: Der abgelehnte Knecht des Herrn
  • Kapitel 50,4–9: Der abhängige und gehorsame Knecht des Herrn
  • Kapitel 52,13–53,12: Der einsichtsvolle und leidende Knecht des Herrn

Das alles hat sich im Leben des Herrn Jesus erfüllt. Er war nicht irgendein Knecht. Nein, Er war der auserwählte Knecht des Herrn, der abhängig, gehorsam und einsichtsvoll diente und zugleich von den Menschen abgelehnt wurde. Nur Er war tatsächlich der Knecht des Herrn, obwohl Er tatsächlich den Menschen diente.

b) Der Prophet

Obwohl es stimmt, dass Markus nicht sehr viel von dem schreibt, was der Herr Jesus gelehrt hat, zeigt er doch wiederholt, dass Er geredet hat. Er war der Prophet, von dem das Alte Testament spricht. Ein Prophet kommt im Namen und im Auftrag Gottes zu Menschen, um ihnen eine Botschaft Gottes auszurichten und ihre Herzen und Gewissen anzusprechen. Genau das tat der Herr Jesus. Mose hatte das vorausgesagt.

Einen Propheten aus deiner Mitte, aus deinen Brüdern, gleich mir, wird der HERR, dein Gott, dir erwecken; auf ihn sollt ihr hören; nach allem, was du von dem HERRN, deinem Gott, ... begehrt hast ... Einen Propheten, gleich dir, will ich ihnen aus der Mitte ihrer Brüder erwecken; und ich will meine Worte in seinen Mund legen, und er wird alles zu ihnen reden, was ich ihm gebieten werde“ (5. Mo 18,15–18).

Das erfüllte sich im Leben von Jesus Christus. Er kam, um zu den Menschen zu reden, doch sie hörten nicht auf Ihn. Markus zeigt – anders als Matthäus – die Ablehnung des Gesandten Gottes nicht nach und nach, sondern eher radikal. Schon am Ende von Kapitel 3 steht fest, dass Er von der religiösen Führerschaft abgelehnt ist. Es wird deutlich, dass sie sich von Anfang an nicht für die Wahrheit interessierten, sondern Angst hatten, ihre Machtposition könnte verlorengehen. Sie erkannten das Interesse des Volkes an diesem Jesus und überlegten deshalb schon sehr früh, wie sie Ihn beseitigen könnten (Mk 3,6).

c) Sein Opfer

Es geht nicht nur darum, dass der Sohn des Menschen gelebt und gewirkt hat, sondern Markus zeigt ebenfalls, dass Er am Ende starb. Er kam, um zu dienen, „... und sein Leben zu geben als Lösegeld für viele“ (Mk 10,45). Das Opfer des Herrn Jesus wird in jedem Evangelium unter einem bestimmten Gesichtspunkt gezeigt. Bei Markus liegt der Schwerpunkt auf dem Sündopfer, d. h. auf der Tatsache, dass Christus für die Sünde in uns (die alte Natur, das Fleisch) gestorben ist. Markus zeigt nicht so sehr die Schuldhaftigkeit der Menschen und Notwendigkeit der Vergebung (wie Matthäus), sondern er zeigt, wie sündhaft wir sind und dass Gott seinen Sohn deshalb für uns zur Sünde machen musste (2. Kor 5,21). Die Leidensgeschichte wird in keinem Evangelium so ausführlich und intensiv beschrieben wie gerade bei Markus – und das, obwohl sein Evangelium das kürzeste ist. Nur er und Matthäus berichten von dem Notschrei des Heilandes in den drei Stunden der Finsternis (Mt 27,46; Mk 15,34).

d) Inhaltsübersicht

Markus schreibt anders als Matthäus und Lukas. Er lässt die Themen wie Abstammung, Geburt, Kindheit und Jugend völlig aus und stellt den Dienst in den Vordergrund. Obwohl er chronologisch schreibt, ordnet er seine Botschaft zugleich thematisch. Man könnte den Weg des Herrn Jesus in diesem Evangelium mit einer langen Dienstreise vergleichen, die in Galiläa beginnt und in Jerusalem ihren Höhepunkt findet. Obwohl einige Ihm folgen und Ihn annehmen, erfährt Er von den meisten Menschen Ablehnung, Hass und Verfolgung. Am Ende töten sie Ihn.

Das Evangelium beginnt mit einer kurzen Einleitung, die uns die Vorbereitung des Dieners beschreibt. Danach geht es um den Beginn und die Fortsetzung des Dienstes des Herrn Jesus in Galiläa. Hier tut Er zahlreiche Wunder, die zeigen, wie allmächtig Er ist und welche Autorität Er hat. Zugleich redet Er zu den Menschen und fordert sie auf Buße zu tun und an das Evangelium zu glauben. Doch Er wird nicht angenommen. Wiederholt gibt es Streitgespräche mit den religiösen Führern, die ihre Autorität infrage gestellt sehen. Das wird schon gleich am Anfang des Evangeliums deutlich, wie folgende Beispiele zeigen.

Ereignis Stelle Streitfrage
Ein Lahmer wird geheilt Mk 2,1–12 Vergebung von Sünden
Levi wird berufen Mk 2,13–17 Umgang mit Sündern
Die Jünger fasten Mk 2,18–22 Verständnis des Fastens
Am Sabbath werden Ähren gepflückt Mk 2,23–28 Verständnis des Sabbats
Ein verkrüppelter Mann wird geheilt Mk 3,1–6 Gutes tun am Sabbat

Die Konfrontation mit seinen Gegnern setzt sich im weiteren Verlauf der Berichterstattung ebenso fort wie der unermüdliche Dienst zum Segen der Menschen. Ein gewisser Wendepunkt ist das Bekenntnis des Petrus über den Christus in Kapitel 8,27–30. Man könnte fast sagen, dass von da an die Leidensgeschichte beginnt. Zumindest spricht der Herr unmittelbar danach zum ersten Mal von seinem Tod und bereitet seine Jünger darauf vor. Überhaupt geht es jetzt nicht mehr so sehr um die machtvollen Taten des Dieners, sondern vielmehr um seine Jünger.

In Judäa und Jerusalem findet die Geschichte des vollkommenen Dieners ihren Höhepunkt. Nachdem Er zunächst öffentlich in der Hauptstadt einzieht, folgen erneute Auseinandersetzungen mit der geistlichen Führerschaft. Schließlich sorgen sie dafür, dass Jesus zum Tod verurteilt wird. Das Kreuz ist sicher der Höhepunkt der Berichterstattung, jedoch nicht deren Ende. Jesus Christus bleibt nicht im Tod. Markus schließt seinen Bericht mit der siegreichen Auferstehung und Himmelfahrt des Sohnes Gottes.

7. Besonderheiten

7.1. Gott und Mensch

Markus zeigt den Herrn Jesus als Mensch und Diener. Doch das bedeutet nicht, dass seine Gottheit nicht erwähnt wird. Im Gegenteil: Die Wunder und Machttaten sind ein Beweis seiner Gottheit, denn nur Gott kann z. B. Sünden vergeben. Das haben die Gegner Jesu schneller verstanden als seine eigenen Jünger. Markus betont beides: Die Gottheit und die Menschheit Jesu Christi. Obwohl Er Knecht und Prophet ist, betont Markus deutlich, dass Er zugleich Gottes Sohn ist.

Markus beginnt mit einer prägnanten Aussage: „Anfang des Evangeliums Jesu Christi, des Sohnes Gottes“ (Mk 1,1). Er lässt keinen Zweifel daran, dass dieser demütige und bescheidene Diener niemand anders als Gottes Sohn ist. Und immer wieder gibt es im Lauf der Berichterstattung Hinweise darauf, dass Jesus Gott selbst ist. Er hat Vollmacht zu lehren. Er kann Dämonen austreiben und Sünden vergeben, herrscht über Naturgewalten und sogar über den Tod. Zweimal gibt der Himmel Zeugnis über Ihn, dass Er der geliebte Sohn des Vaters ist (Mk 1,11; 9,7).

Ganz am Ende hören wir den römischen Hauptmann rufen: „Wahrhaftig, dieser Mensch war Gottes Sohn!“ (Mk 15,39). Und nicht nur das. Das Evangelium endet mit einer erstaunlichen Aussage: „Der Herr nun wurde, nachdem er mit ihnen geredet hatte, in den Himmel aufgenommen und setzte sich zur Rechten Gottes. Sie aber gingen aus und predigten überall, wobei der Herr mitwirkte und das Wort bestätigte durch die darauf folgenden Zeichen“ (Mk 16,19.20). Der Diener setzt seinen Dienst vom Himmel aus fort. Zugleich ist Er derjenige, der sich zur Rechten Gottes setzt. Das konnte Er nur tun, weil Er Gott ist. Er wird nicht gesetzt (passiv), sondern Er setzt sich selbst (aktiv). Nur als ewiger Gott hat Er dazu ein Recht.

Zugleich erkennen wir, wie Er – obwohl der Gott ist – zugleich als demütiger Diener und Mensch lebt. Er verbirgt sich, er zieht sich zurück und betont, dass andere nicht von Ihm reden sollen.

Einige Beispiele, die zeigen, wie sehr Er Mensch war:

Jesus sucht Stille und Gebet Mk 1,35
Jesus wird zornig Mk 3,5
Jesus wird von seiner Familie für verrückt erklärt Mk 3,21
Jesus seufzt Mk 7,34; 8,12
Jesus ist innerlich bewegt Mk 6,34; 8,2
Jesus wird unwillig Mk 10,14
Jesus nimmt die Kinder in die Arme Mk 10,16
Jesus blickt einen Menschen liebevoll an Mk 10,21
Jesus hat Hunger Mk 11,12
Jesus wird energisch Mk 11,15–17
Jesus ist zu Tode betrübt Mk 14,34

Das alles zeigt, wie sehr unser Heiland als Mensch die Mühen des irdischen Lebens kennt. Er ist kein Gott, der unberührt und unbeteiligt über den Dingen steht, sondern hat alles selbst erlebt, was uns heute Not macht. Zugleich ist Er derjenige, der als der ewige Gott jede Not von einem Augenblick zum anderen beenden kann.

7.2. Die Bescheidenheit des Dieners

Markus betont wie kein anderer Schreiber der Evangelien, dass der Herr Jesus sich verbarg. Er sorgte nicht für Popularität, sondern hielt sich im Hintergrund auf. Im Gegensatz zu Matthäus wird Er – wie von Lukas – nur von einer einzigen Person der „Sohn Davids“ genannt (Mk 10,47.48). Nur achtmal kommt das Wort „Christus“ (der Gesalbte) vor (und das nicht immer im positiven Zusammenhang; vgl. Mk 1,1; 8,29; 9,41; 12,35; 13,21.22; 14,61; 15,32). Es geht nicht um den Messias, sondern um den Knecht Gottes. Wiederholt verbot Er streng, seine Identität bekanntzumachen. Dieses Verbot sprach Er aus gegenüber

  • geheilten Menschen: Mk 1,43–44; 5,42–43; 7,36–37
  • Dämonen: Mk 3,11–12 vgl. 1,24–25.34
  • seinen Jüngern: Mk 8,27–30; 9,9.

Bei allen Heilungen, Wundern und Machttaten ging es Ihm darum, dass die Menschen an Ihn glaubten (vgl. Mk 1,15; 2,5; 4,40; 5,34.36; 9,23–24.42; 10,52; 11,22–24; 16,16–17). Sie sollten Ihn nicht emotional begeistert als den annehmen, der sich durch Zeichen und Wunder als Messias legitimiert, sondern an Ihn glauben. Immer wieder zieht Er sich in die Stille zurück (Mk 1,12.35; 6,31.46; 7,17.24; 9,2; 11,19) und will nicht, dass seine Taten bekannt werden (Mk 1,34.44; 3,12; 5,43; 7,36; 8,26.30, 9,9.30).

Der Titel „Herr“ wird ebenfalls nicht sehr häufig gebraucht. Seine Jünger reden Ihn keinmal so an. In Markus 7,28 ist es eine fremde Frau, die Ihn „Herr“ nennt. Allerdings sorgt der Geist Gottes dennoch mehrfach für ein Zeugnis, dass Er der „Herr“ ist. Das Evangelium beginnt damit, dass Johannes der Täufer Ihn so bezeichnet (Mk 1,3). Am Ende wird gesagt, dass es der „Herr“ ist, der in den Himmel aufgenommen wurde und jetzt von dort aus mitwirkt (Mk 16,19.20). Außerdem sagt der Herr es einige Mal selbst (z. B. Mk 5,19; 11,3; 12,36).

7.3. Stilistische Merkmale

Markus schreibt anders als die anderen drei Evangelisten. Seine Berichterstattung ist besonders lebendig und enthält eine Reihe von Einzelheiten, die wir in den anderen Evangelien nicht finden. Hier einige Beispiele aus Kapitel 1:

  • Vers 7: Markus spricht davon, dass er nicht wert ist, den Riemen der Sandalen Jesu gebückt zu lösen.
  • Vers 10: Markus sieht die Himmel sich teilen.
  • Vers 13: Jesus war in der Wüste unter wilden Tieren.
  • Vers 20: die Jünger verließen ihren Vater Zebedäus mit den Tagelöhnern im Schiff.
  • Vers 31: Jesus richtet die Schwiegermutter des Petrus auf, indem Er sie bei der Hand ergreift.

Man hat den Stil von Markus mit einem Fotograf verglichen, der gerne Schnappschüsse macht. Seine Art zu schreiben ist manchmal etwas abrupt, dafür lebendig und umfasst das Wesentliche. Das kleine Wort „und“ kommt ca. 1100-mal in den 678 Versen vor.14 Es scheint fast so, als ob alles zügig hintereinander weg passiert. Das wird durch den Gebrauch des Wortes „sogleich“ bestätigt, das in dem kurzen Evangelium über 40-mal vorkommt und meistens mit dem Dienst des Herrn Jesus oder den Resultaten verbunden ist.15

Ein weiteres Stilmittel ist der häufige Gebrauch des historischen Präsens, d. h. Handlungen, die in der Vergangenheit liegen, werden in der Gegenwartsform berichtet. Hinzu kommt, dass Gegenwart und Vergangenheit häufig in einer Aussage kombiniert sind. Dazu einige Beispiele:

  • Kapitel 2,5: „Und als Jesus ihren Glauben sah, spricht er zu dem Gelähmten: Kind, deine Sünden sind vergeben“.
  • Kapitel 2,17: „Und als Jesus es hörte, spricht er zu ihnen: Nicht die Starken brauchen einen Arzt, sondern die Kranken“.
  • Kapitel 8,1: „In jenen Tagen, als wieder eine große Volksmenge da war und sie nichts zu essen hatten, rief er die Jünger herzu und spricht zu ihnen“.
  • Kapitel 8,17: „Und als Jesus es erkannte, spricht er zu ihnen“.

8. Sondergut

Bei Johannes ist der Anteil an Sondergut besonders groß, bei Markus ist er auffallend gering. Er liegt nur bei ca. 7%. Es sind nicht einmal 50 Verse, die nicht – wenngleich in etwas anderen Worten – in anderen Evangelien auch stehen. Diese Verse sind weitgehend über das ganze Evangelium verteilt. Nur zwei Wunder finden wir ausschließlich bei Markus, nämlich die Heilung des Taubstummen in der Dekapolis (Kap. 7,31–37) und die Heilung des Blinden in Bethsaida (Kap. 8,22–26). Nur zwei Gleichnisse finden sich ausschließlich bei Markus, nämlich das vom Aufwachsen der Saat (Kap. 4,26–29) und das vom Türhüter (Kap. 13, 34–37). Der Bericht über den jungen Mann, der bei der Gefangennahme des Herrn Jesus flieht, steht ebenfalls nur im Markusevangelium.

9. Gliederung

Markus folgt – ähnlich wie Johannes – von wenigen Ausnahmen abgesehen der chronologischen Abfolge der Ereignisse.16 Hätten wir sein Evangelium nicht, würden wir kaum einen Überblick über die zeitliche Abfolge der Ereignisse im Leben unseres Herrn bekommen.

Man kann die 16 Kapitel unterschiedlich einteilen. Eine erste – sehr grobe Gliederung ergibt sich aus Markus 10,45, wo der Herr selbst seine Mission in zwei große Teile einteilt. Er spricht erstens von seinem Dienst auf der Erde und zweitens von seinem Werk am Kreuz.

  • Die Kapitel 1–13 sprechen von dem, was der vollkommene Diener in seinem Leben zugunsten der Menschen getan hat. Markus beschreibt die Person und den Dienst des Herrn und zeigt, wie Er dabei von seinem Volk abgelehnt wird. Markus beginnt – nach einer kurzen Einleitung – unmittelbar damit, den Dienst zu beschreiben. Dabei konzentriert er sich im Wesentlichen auf das, was der Herr in Galiläa getan hat. In Kapitel 10,1 lesen wir zum ersten Mal, dass Er nach Judäa ging. Kapitel 10,32 berichtet davon, dass sie auf dem Weg nach Jerusalem waren, wo sie in Kapitel 11,15 ankommen.
  • Die Kapitel 14–16 beschreiben sein Werk am Kreuz, seine Auferstehung und seine Himmelfahrt. Die Leidensgeschichte wird relativ ausführlich erzählt und zeigt uns Christus als den, der das Sündopfer gestellt hat. Am Ende steht Er aus den Toten auf und kehrt in den Himmel zurück, wo von aus der vollkommene Diener immer noch tätig ist.

Eine etwas detaillierte Einteilung ergibt insgesamt sieben Teile:

(1) Kapitel 1,1–13: Prolog: Der Diener und wer Er ist

Der Diener wird als Sohn Gottes vorgestellt und von seinem Vorläufer getauft

  • Der Sohn Gottes wird vorgestellt (Kap. 1,1–3)
  • Der Vorläufer tritt auf (Kap. 1,4–8)
  • Die Taufe am Jordan und die Versuchung in der Wüste (Kap. 1,9–13)

(2) Kapitel 1,14–3,6: Der Anfang des Dienstes in Galiläa

Markus beschreibt gleich zu Anfang, wie unermüdlich der Diener dient. Er beruft Jünger in seine Nachfolge, predigt das Evangelium des Reiches und heilt Kranke. Dennoch zeigt sich von Anfang an Widerstand gegen Ihn

  • Der Beginn der Predigt (Kap. 1,14–15)
  • Die Berufung einiger Jünger (Kap. 1,16–22)
  • Erste Wunder (Kap. 1,23–45)
  • Weitere Wunder und erster Widerstand (Kap. 2,1–3,6)

(3) Kapitel 3,6-10,52: Der Dienst des Dieners und Propheten in Galiläa

Es wird gezeigt, wie der Herr Jesus seinen unermüdlichen Dienst fortsetzt. Er predigt das Wort, Er erweist sich als Sohn Gottes, indem Er Menschen heilt, Macht über die Naturgewalten hat und selbst Tote auferweckt. Doch zugleich wächst der Widerstand der religiösen Führerschaft gegen Ihn

  • Jesus am See (Kap. 3,7–12)
  • Jesus beruft seine Jünger (Kap. 3,13–19)
  • Auseinandersetzungen mit den Schriftgelehrten (Kap. 3,20–35)
  • Erste Gleichnisse (Kap. 4,1–34)
  • Gewalt über die Natur (Kap. 4,35–41)
  • Gewalt über Dämonen und über den Tod (Kap. 5)
  • Jesus in seiner Vaterstadt (Kap. 6,1–6)
  • Aussendung der Jünger (Kap. 6,7–13)
  • Herodes tötet Johannes (Kap. 6,14–29)
  • Jesus und seine Jünger (Kap. 6,30–52)
  • Weitere Wunder, Belehrungen und Dispute (Kap. 6,53–8,26)
  • Jesus und seine Jünger: Leiden und Herrlichkeiten (Kap. 8,27–9,50)
  • Jesus kommt nach Judäa (Kap. 10)

(4) Kapitel 11–13: Der Dienst des Dieners und Propheten in Jerusalem

Jesus kommt nach Jerusalem. Nach seinem triumphalen Einzug wird Er abgelehnt. Dennoch setzt Er seinen Dienst und seine Belehrung fort

  • Der Messias zieht in Jerusalem ein (Kap. 11,1–11)
  • Der Feigenbaum und der Tempel (Kap. 11,12–33)
  • Auseinandersetzungen mit der religiösen Führerschaft (Kap. 12,1–34)
  • Belehrungen und Warnungen (Kap. 12,35–13,37)

(5) Kapitel 14–15: Der Diener lässt sein Leben als Lösegeld für viele

Markus beschreibt den Leidensweg des Herrn Jesus. Er beginnt mit der Szene in Bethanien, beschreibt das letzte Passah und dann den Weg über Gethsemane nach Golgatha, wo Er sein Leben gibt. Am Ende wird die Grablegung beschrieben

  • Feindschaft und Zuneigung (Kap. 14,1–11)
  • Passahfeier mit seinen Jüngern (Kap. 14,12–31)
  • Gethsemane (Kap. 14,32–52)
  • Leiden durch die Menschen (Kap. 14,53–15,32)
  • Jesus stirbt (Kap. 15,33–41)
  • Jesus wird begraben (Kap. 15,42–16,1)

(6) Kapitel 16,2–13: Die Auferstehung aus den Toten

Der Getötete bleibt nicht im Tod, sondern besiegt den Tod durch seine Auferstehung

  • Das Grab ist leer (Kap. 16,2–8)
  • Jesus offenbart sich als der Lebende (Kap. 16,9–13)

(7) Kapitel 16,14–20: Epilog: Der Diener setzt seinen Dienst fort

Letzte Anweisungen an die Jünger und Rückkehr in den Himmel

  • Letzte Anweisungen an die Jünger (Kap. 16,14–18)
  • Rückkehr in den Himmel (Kap. 16,19–20)

10. Praktische Lektionen

Im Markusevangelium finden wir den Herrn Jesus in seinem Dienst ein lebensnahes Vorbild für uns. Wir lernen den Herrn Jesus mit dem Ziel kennen, Ihm zu folgen. Er begann mit der Predigt des Evangeliums und dem Dienst und wir sollen jetzt darin folgen. Wir können deshalb dieses Evangelium nicht lesen, ohne uns zu fragen, welche konkrete und praktische Bedeutung es für uns hat. Dabei geht es nicht nur darum, den vollkommenen Diener zu bewundern, sondern ebenfalls darum, von Ihm zu lernen und Ihm zu folgen. Für jeden, der ein guter und treuer Diener Christi sein möchte, wird gerade das Markusevangelium ein wichtiges „Diensthandbuch“ sein. Wenn Matthäus das Evangelium für Jünger im Reich ist, das Lukasevangelium für Söhne des Reiches und das Johannesevangelium für Kinder in der Familie Gottes, dann ist Markus das Evangelium der Knechte Jesu Christi. Von seinem Beispiel zu lernen, ist die beste Zurüstung zu jedem Dienst, den wir tun.

Ich möchte exemplarisch drei Dinge nennen, die wir lernen können:

  1. Die Intensität des Dieners: Unser Herr hat nicht nur dann und wann gedient, sondern sein ganzes Leben war vom Dienst geprägt. Das heißt nicht, dass Er nicht Phasen der Ruhe und Zurüstung gekannt hat, wohl aber, dass Er immer bereit war das zu tun, was Gott von Ihm getan haben wollte. Für uns bleibt das eine lebenslange Lektion. Wenn es Gottes Wille ist etwas zu tun, kann es kein Zögern geben. Es geht darum, dem zu gefallen, der uns angeworben hat (2. Tim 2,4).
  2. Die Bescheidenheit des Dieners: Wir erkennen, wie sehr der Herr eigene Ansprüche zurückgestellt hat. Er hätte ein Recht darauf gehabt, bedient zu werden, doch Er ließ sich weder bedienen, noch ließ Er sich „feiern“. Er hielt sich bescheiden im Hintergrund und vermied jedes Aufsehen. Wir lernen für uns, dass wir dienen sollen, ohne gesehen zu werden. Es geht bei der Predigt der guten Botschaft bis heute nicht darum, populär zu werden, sondern darum, dass Menschen an Jesus Christus glauben.
  3. Die Leidensbereitschaft des Dieners: Der Herr Jesus tat seinen Dienst und ließ sich dabei weder von dem Beifall der Menschen noch von ihrem Widerstand beeinflussen. Beide Gefahren sind für uns vorhanden. Das Markusevangelium lehrt uns besonders, wie wir mit Widerstand umgehen. Das Beispiel unseres Herrn gibt die Richtung. Dabei sind wir uns bewusst, dass niemand je so großen „Widerstand von den Sündern“ gegen sich erduldet hat wie Er. Sein Beispiel dient gerade dazu, dass wir nicht „ermüden“, in dem wir in unseren Seelen ermatten (Heb 12,3).

Fußnoten

  • 1 Vom 4. bis ins 19. Jahrhundert galt es für viele lediglich als ein Auszug aus dem Matthäusevangelium und wurde deshalb von vielen Bibelwissenschaftlern kaum beachtet. Gegen Ende des 19. Jahrhundert änderte sich diese Einstellung.
  • 2 Zitiert nach: G. Maier, Markus-Evangelium
  • 3 W. Kelly schreibt dazu in seiner Auslegung zum Markusevangelium sehr ausführlich und weist nach, dass Markus sehr wohl chronologisch schreibt. Er sagt u. a.: „Dabei hält Markus diese Reihenfolge in ganz besonders strenger Weise ein. Und dieser Irrtum hat von den frühesten Tagen an seinen Einfluss ausgeübt. Darum hat er auch seitdem in großem Maß das rechte Verständnis dieses Buches beeinträchtigt“ (W. Kelly: The Gospel of Mark).
  • 4 W. Kelly: The Gospel of Mark
  • 5 A. C. Gaebelein: The Gospel of Mark, in: The annotated Bible
  • 6 Vgl. dazu W. Kelly: The Gospel of Mark
  • 7 Einige Gelehrte haben deshalb die Vermutung geäußert, dass Markus – ähnlich wie Lukas – eine Fortsetzung schreiben wollte, was er dann aber doch nicht getan hat. Doch auch dazu gibt es keinerlei Hinweis und keinerlei Textfunde. Deshalb bleibt es eine Hypothese, der wir nicht folgen.
  • 8 Vgl. dazu z. B. A. Remmers: Gottes treuer Diener (eine Auslegung zum Markusevangelium)
  • 9 Den lateinischen Beinamen trug er vermutlich aufgrund familiärer Beziehungen zu Rom oder Italien, was man als Indiz dafür sehen kann, dass sich sein Evangelium in erster Linie ursprünglich an Römer richtete.
  • 10 Mars war der römische Kriegsgott. Andere übersetzten den Namen mit „Hammer“ oder der „Männliche“, der „Streitbare“.
  • 11 Vgl. dazu die Ausführungen zu dem „synoptischen Problem“ im ersten Teil des Buches.
  • 12 Wenn Petrus und Markus tatsächlich zusammen in Rom gewesen wären, ist es kaum zu verstehen, warum Paulus zwar in seinen Briefen mehrfach Markus, jedoch keinmal Petrus erwähnt. Es gibt in der Tat kein einziges haltbares Argument, dass Petrus je in Rom gewesen ist.
  • 13 Das Neue Testament vermeidet es – von einer Ausnahme abgesehen – von dem Herrn Jesus als einem „Sklaven“ zu reden. Wenn Er als Knecht und Diener vorgestellt wird, dann wird stets ein anderes Wort gebraucht. Er ist ein einsichtsvoller Diener, der nicht als Sklave gearbeitet hat. Die Ausnahme ist Philipper 2,7. Dort wird in Verbindung mit seiner tiefen Erniedrigung davon gesprochen, dass Er „Knechtsgestalt“ (wörtlich: „das Wesen eines Sklaven“) angenommen hat.
  • 14 Sehr viele Absätze und fast alle Kapitel beginnen mit dem Wort „und“. Das ist ungewöhnlich. Im Neuen Testament finden wir das sonst nur noch in der Offenbarung. Während es in Markus um den zusammenhängenden Dienst des Herrn geht, handelt es sich in der Offenbarung um eine zusammenhängende Vision zukünftiger Ereignisse.
  • 15 Siebenmal hat das Handeln des Herrn Jesus ein sofortiges Ergebnis (Mk 1,31.42; 2.12:5,29.42; 7,35; 10,52).
  • 16 Die beiden Ausnahmen sind Markus 2,23-28 und 11,1-11
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