Der Brief an Titus

Die Haltung des Christen zur Welt und die Güte Gottes (Kapitel 3)

Der Brief an Titus

Nachdem wir in Bezug auf unser Verhalten ermahnt worden sind, das unsere Beziehungen untereinander betrifft, werden wir jetzt an einen Lebenswandel erinnert, der Christen im Hinblick auf ihr Leben in der sie umgebenden Welt kennzeichnen soll.

Der Christ und die Welt (Verse 1.2)

„Erinnere sie daran, Obrigkeiten und Gewalten untertan zu sein, Gehorsam zu leisten, zu jedem guten Werk bereit zu sein; niemand zu lästern, nicht streitsüchtig zu sein, milde, alle Sanftmut zu erweisen gegen alle Menschen.“ (3,1.2)

Verse 1.2: Als Auserwählte Gottes sind wir aus dieser Welt herausgerufen worden, um die gesegnete Hoffnung der kommenden Herrlichkeit unseres Retters, Jesus Christus, zu teilen. Als Fremdlinge in dieser Welt gehört es nicht zu unserer Verantwortung, uns in die Regierungsarbeit einzumischen. Welcherart auch immer der Charakter der weltlichen Mächte sein mag: Unsere Aufgabe ist es, uns unterzuordnen und Gehorsam zu leisten.

Wie böse auch die Werke und Vorschriften der Regierungen sein mögen: Unser Platz ist es, zu jedem guten Werk bereit zu sein. Welcherart auch immer der Charakter der Regierenden selbst sein mag: Wir sollten uns hüten, über irgendjemand böse zu reden. Wie schlimm auch die Gewalt und Ungerechtigkeit aussehen mag, die wir zu erleiden haben: Unser Platz ist es, in einem Geist der Sanftmut und Milde zu handeln, der es ablehnt, auf den eigenen Rechten zu bestehen.

Wir wissen, dass es nicht immer einfach ist, in diesem Geist zu handeln. Denn es ist ganz natürlich, dass Gewalt, Unrecht und Beleidigungen eine Verbitterung in unseren Herzen entfachen. Aber diese führt zu Gedanken der Rache, wenn nicht sogar zu wütenden Verunglimpfungen mit dem Bemühen, uns selbst zu rächen (Röm 12,18.19).

Die Vergangenheit des Gläubigen (Vers 3)

„Denn einst waren auch wir unverständig, ungehorsam, irregehend, dienten mancherlei Begierden und Vergnügungen, führten unser Leben in Bosheit und Neid, verhasst und einander hassend.“ (3,3)

Vers 3: Um uns fähig zu machen, den Neigungen des Fleisches zu widerstehen, und damit wir in Übereinstimmung mit diesen Ermahnungen handeln, werden wir an zwei Wahrheiten erinnert:

1. Wenn wir es schwierig finden, dem Bösen mit dem Guten zu begegnen, der Gewalt mit Milde, den Beleidigungen mit Sanftmut, dann wollen wir uns daran erinnern, dass wir selbst früher unwissend in Bezug auf die Gnade Gottes waren. In jenen Tagen waren wir wie die Welt durch Ungehorsam, Verführungen, Begierden, Bosheit und Neid gekennzeichnet.
Wenn wir das bedenken, gebührt es uns sicherlich, da wir selbst einmal schuldig waren, der Bosheit von anderen in einem Geist der Milde und Sanftmut zu begegnen. Anders zu handeln würde nur bedeuten, selbst zurückzufallen in ein fleischliches Handeln, das dem Bösen mit Bösem begegnet.

Die Erneuerung des Gläubigen durch Gott, den Heiligen Geist, und Christus (Verse 4–7)

„Als aber die Güte und die Menschenliebe unseres Heiland-Gottes erschien, errettete er uns, nicht aus Werken, die, in Gerechtigkeit vollbracht, wir getan hatten, sondern nach seiner Barmherzigkeit durch die Waschung der Wiedergeburt und die Erneuerung des Heiligen Geistes, den er reichlich über uns ausgegossen hat durch Jesus Christus, unseren Heiland, damit wir, gerechtfertigt durch seine Gnade, Erben würden nach der Hoffnung des ewigen Lebens.“ (4,4–7)

2. Ein noch größerer Anreiz für ein Handeln im Geist der Gnade anderen gegenüber sollte sein, dass wir an die Güte und Menschenliebe erinnert werden, in der Gott den Menschen gegenüber gehandelt hat. Dazu gehört auch die Barmherzigkeit, nach der Er uns gerettet hat von dem Gericht, das wir verdient hatten. Wenn uns Gott dann in seiner Barmherzigkeit von der Welt und ihrer Bosheit gerettet hat, geziemt es uns, Güte und Barmherzigkeit anderen gegenüber zu erweisen, während wir in dieser Welt leben.
Wir wollen uns daran erinnern, dass wir nicht durch irgendein verdienstvolles Werk gerettet worden sind, dass wir selbst vollbracht hätten, sondern durch die Barmherzigkeit Gottes. Aber wir sind nicht nur vom Gericht befreit. Uns ist auch neues Leben geschenkt worden. Durch dieses neue Leben können wir in der Kraft des Heiligen Geistes unser Leben führen.
Wir sind von dem alten Leben mit seiner Unwissenheit, seinen Begierden, seiner Bosheit und seinem Neid gereinigt worden. So wird uns heute schon die Reinigung zuteil, welche die Wiedergeburt kennzeichnen wird, wenn in den Tagen des kommenden Königreiches alles neu gemacht werden wird. Wenn wir aus der Welt gerettet und von dem alten Leben gereinigt worden sind, dann geschah dies im Blick auf das herrliche künftige Erbteil, in dem das ewige Leben in seiner ganzen Fülle genossen werden wird.

Festhalten – vermeiden (Verse 8.9)

„Das Wort ist gewiss; und ich will, dass du auf diesen Dingen fest bestehst, damit die, die Gott geglaubt haben, Sorge tragen, gute Werke zu betreiben. Dies ist gut und nützlich für die Menschen. Törichte Streitfragen aber und Geschlechtsregister und Zänkereien und Streitigkeiten über das Gesetz vermeide, denn sie sind unnütz und wertlos.“ (3,8.9)

Vers 8: Das Wort, durch das uns diese großen Wahrheiten bekannt gemacht worden ist, ist zuverlässig. Daher können wir mit vollem Vertrauen auf diesen Dingen bestehen und diejenigen ermahnen, die geglaubt haben. Denn sie sollen einen Lebenswandel führen, der in Übereinstimmung mit diesen Dingen ist.

Diese Dinge – die Gnade Gottes; der Lebenswandel, zu dem sie führt; die Hoffnung, die diese Gnade schenkt – sind zudem gut und nützlich für die Menschen.

Vers 9: Auf der einen Seite gibt es Dinge, auf denen wir bestehen sollen, da sie gut und nützlich sind. Aber es gibt auch Dinge, die wir vermeiden sollen. Es gibt die Gefahr, dass sich unser Verstand mit „törichten Streitfragen“, mit Geschlechtsregistern, mit Zänkereien und Streitigkeiten über das Gesetz auseinandersetzt. Solche Dinge sind unnütz und wertlos.

Abweisen eines Sektierers (Verse 10.11)

„Einen sektiererischen Menschen weise ab nach einer ein- und zweimaligen Zurechtweisung, da du weißt, dass ein solcher verkehrt ist und sündigt, wobei er durch sich selbst verurteilt ist.“ (3,10.11)

Verse 10.11: Aber es gibt nicht nur bestimmte Dinge, die wir vermeiden sollen. Es gibt auch Personen, die wir zurückweisen, ja abweisen müssen. Ein „sektiererischer Mensch“ ist nicht notwendigerweise jemand, der eine falsche Lehre bringt. Die Bedeutung dieses Wortes in der Schrift ist, dass es sich um jemanden handelt, der eine abgesonderte Gruppe bildet, in der bestimmte Ansichten hochgehalten werden.

Wenn sich ein solcher einer ersten und zweiten Ermahnung gegenüber als taub erweist, macht er offenbar, dass er vom Weg abgewichen ist, auf dem wir unseren Lebenswandel führen sollen. Und wenn er jede Ermahnung abgewiesen hat, sollen wir uns von weiterem Umgang mit ihm zurückziehen.

Abschließende Ermahnungen und Wünsche (Verse 12–15)

„Wenn ich Artemas oder Tychikus zu dir senden werde, so befleißige dich, zu mir nach Nikopolis zu kommen, denn ich habe beschlossen, dort zu überwintern. Zenas, dem Gesetzgelehrten, und Apollos gib mit Sorgfalt das Geleit, damit ihnen nichts mangle. Lass aber auch die Unseren lernen, für die notwendigen Bedürfnisse gute Werke zu betreiben, damit sie nicht fruchtleer seien. Es grüßen dich alle, die bei mir sind. Grüße die, die uns lieben im Glauben. Die Gnade sei mit euch allen!“ (3,12–15)

Verse 12.13: Der Brief schließt mit einem kurzen Einblick in die göttliche Fürsorge, die inmitten der Gläubigen für die Diener des Herrn und für solche existieren sollte, die sich selbst dem Dienst für die Gläubigen widmen.

Der Apostel wünscht dann noch, dass Titus zu ihm kommt. Da er aber die Bedürfnisse in Kreta ebenso sieht, belehrt er ihn, diese Stadt nicht zu verlassen, bis Artemas und Tychikus auf der Insel angekommen sein würden.

Vers 14: Schließlich fügt Paulus noch eine letzte Ermahnung an. Die Gläubigen sollen mit ihren normalen Arbeiten fortfahren, und zwar nicht nur, um ihre eigenen Bedürfnisse, sondern auch die Bedürfnisse der Diener des Herrn stillen zu können. So würden sie Frucht bringen, die für ihre eigene Rechnung überströmend wäre (Phil 4,17.18).

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