Der Brief an Titus

Gottseligkeit im Leben der Gläubigen und die Gnade Gottes (Kapitel 2)

Der Brief an Titus

Ermahnungen an alte und junge Männer und Frauen (Verse 1–8)

„Du aber rede, was der gesunden Lehre geziemt: dass die alten Männer nüchtern seien, würdig, besonnen, gesund im Glauben, in der Liebe, im Ausharren; die alten Frauen ebenso in ihrem Betragen, wie es dem heiligen Stand geziemt, nicht verleumderisch, nicht Sklavinnen von vielem Wein, Lehrerinnen des Guten; damit sie die jungen Frauen unterweisen, ihre Männer zu lieben, ihre Kinder zu lieben, besonnen, keusch, mit häuslichen Arbeiten beschäftigt, gütig, sich den eigenen Männern unterzuordnen, damit das Wort Gottes nicht verlästert werde. Die jüngeren Männer ermahne ebenso, besonnen zu sein, indem du in allem dich selbst als ein Vorbild guter Werke darstellst; in der Lehre Unverfälschtheit, würdigen Ernst, gesunde, nicht zu verurteilende Rede, damit der von der Gegenpartei beschämt wird, da er nichts Schlechtes über uns zu sagen hat.“ (2,1–8)

Vers 1: Im zweiten Kapitel lernen wir die Gottseligkeit, die in Übereinstimmung ist mit gesunder Lehre und zugleich aus dieser hervorkommt. Davon spricht der Apostel in den Versen 1, 7 und 10. Das Verhalten, von dem der Apostel spricht, ist passend für Christen in ihrem persönlichen Leben und in ihren Beziehungen zueinander. Wir lernen hier, dass die christliche Wahrheit jedes kleinste Detail des täglichen Lebens betrifft. Gesunde Lehre führt zu einer gottesfürchtigen Haltung in jeder Lebensphase und Beziehung.

Alte Männer

Vers 2: Bei alten Männern wird sich die Gottseligkeit durch Nüchternheit, Würde, Besonnenheit in Worten und Taten und einem gesunden Glauben in Liebe und Ausharren offenbaren.

Alte Frauen

Vers 3: Die alten Frauen sollen durch ein Verhalten geprägt sein, das denen gebührt, die einem heiligen Stand angehören. Wegen ihres Alters und ihrer Lebenserfahrung werden sie wahrscheinlich einen großen Einfluss haben. Daher sollen sie umso mehr aufpassen, dass solche Kenntnis nicht zum Anlass für Verleumdungen und Lästerungen wird. Ihr Alter und ihre Schwachheit mag es nötig machen, dass sie aus medizinischen Gründen etwas Wein trinken müssen. Aber sie sollen sich bewahren lassen davor, sich dem Wein zu ergeben. Wegen ihres Alters und ihrer Lebenserfahrung sollen sie vielmehr fähig sein weiterzugeben, was richtig und gut ist. Auf diese Weise sollen sie jüngere Frauen ermahnen.

Jüngere Frauen

Verse 4.5: Die jüngeren Frauen sollen sich ihren Ehemännern und Kindern zuwenden. Sie werden ermahnt, besonnen in ihren Worten und Handlungen zu leben, rein in ihrer Kleidung und in ihrem Verhalten zu sein, fleißig in den häuslichen Arbeiten. Zugleich sollen sie gütig sein und sich ihren Ehemännern unterordnen. Auf diese Weise wird nichts in ihrem Leben Anlass dafür werden, dass das Wort Gottes verachtet werden kann.

Jüngere Männer

Verse 6–8: Junge Männer sollen in ihren Worten und Wegen besonnen sein. Titus selbst war ein jüngerer Mann. Daher wird er besonders ermahnt, sich in einer Weise zu verhalten, dass er ein Vorbild für andere jünger Männer sowohl durch gute Werke als auch in der Lehre wäre.

Wir lernen hier auch, wie untrennbar das Leben und die Lehre miteinander verbunden sind. Wenn das Leben nicht in der richtigen Weise gelebt wird, hat die Belehrung, so richtig sie auch sein mag, keine Kraft. Aber wir dürfen andererseits auch nicht damit zufrieden sein, in guter Weise zu leben, der gesunden Belehrung dagegen gleichgültig gegenüberzustehen.

In der Lehre sollen wir jede Verdrehung vermeiden, wodurch die Wahrheit verfälscht wird. Darüber hinaus sollen wir die Lehre mit würdigem Ernst bewahren und dadurch jedes Extrem vermeiden, wodurch die Lehre verächtlich werden könnte. Darüber hinaus sollten wir sorgfältig eine gesunde, nicht zu verurteilende Rede verwenden und uns hüten, Worte und Ausdrücke zu benutzen, die in der Welt vielleicht verwendet werden, im Blick auf göttliche Dinge jedoch fehl am Platze sind, wodurch die Belehrung verurteilt werden könnte.

Wenn man diese Ermahnungen beachtet, werden diejenigen, die Widerstand leisten wollten, zum Schweigen gebracht, weil sie nichts Schlechtes über uns zu sagen haben.

Ermahnungen an Knechte (Verse 9.10)

„Die Knechte ermahne, sich ihren eigenen Herren unterzuordnen, in allem wohlgefällig zu sein, nicht widersprechend, nichts unterschlagend, sondern alle gute Treue erweisend, damit sie die Lehre, die unseres Heiland-Gottes ist, zieren in allem.“ (2,9.10)

Verse 9.10: Der christliche Knecht soll durch Gehorsam geprägt sein. Er soll seine Pflichten in einer Weise ausführen, die ihn seinem irdischen Meister empfehlen. Das beinhaltet auch, dass solche Knechte davor zurückschrecken, ihren Herren zu widersprechen oder diese zu berauben. Stattdessen sollen sie jede Treue erweisen. Während sich die christlichen Knechte auf diese Weise ihren irdischen Herren gegenüber richtig verhalten, schmücken sie die Lehre, „die unseres Heiland-Gottes ist“.

Die christliche Lehre, die zur Gottseligkeit führt (Verse 11–15)

„Denn die Gnade Gottes ist erschienen, heilbringend für alle Menschen, und unterweist uns, damit wir, die Gottlosigkeit und die weltlichen Begierden verleugnend, besonnen und gerecht und gottselig leben in dem jetzigen Zeitlauf, indem wir erwarten die glückselige Hoffnung und Erscheinung der Herrlichkeit unseres großen Gottes und Heilandes Jesus Christus, der sich selbst für uns gegeben hat, damit er uns von aller Gesetzlosigkeit loskaufte und sich selbst ein Eigentumsvolk reinigte, das eifrig sei in guten Werken. Dies rede und ermahne und überführe mit allem Nachdruck. Lass niemand dich verachten!“ (2,11–15)

In den abschließenden Versen des Kapitels haben wir eine beeindruckende Zusammenfassung der grundlegenden Lehre wahren Christentums, die zu einem Leben in Gottseligkeit führt. Die Welt kann bis zu einem gewissen Maß den rechten Lebenswandel, zu dem wir im ersten Teil des Kapitels ermahnt werden, erkennen und anerkennen. Aber sie kennt nichts von dem Wirken der Gnade in den Seelen der Gläubigen, von dem der Apostel in diesem abschließenden Teil des Kapitels spricht.

Von den Kanzeln hört man heute immer wieder Predigten über Moral und gerechten Lebenswandel. Aber das lässt die Gnade Gottes beiseite, die allein die wahre Quelle aller Gottseligkeit ist. Wie wichtig ist es daher, unsere Seelen in der Gnade Gottes zu befestigen. Ohne diese Grundlage wird praktische Moral keinen bleibenden Segen bewirken.

Die Gnade Gottes ist erschienen

Vers 11: Der Apostel stellt uns hier die „Gnade Gottes“ vor als die Grundlage für jeden christlichen Segen. Wir lernen, dass die Gnade Segen zu uns bringt: Sie lehrt uns, wie wir in der gegenwärtigen Welt leben sollen (Vers 12). Zugleich gibt sie uns einen Ausblick auf die gesegnete Hoffnung in der Zukunft (Vers 13).

Da wir erkannt haben, dass alle gesündigt haben und die Herrlichkeit Gottes nicht erreichen, hätte es uns kaum überraschen können, wenn das Gericht Gottes erschienen wäre. Aber die erstaunliche Tatsache besteht darin, dass die erste Erscheinung des Herrn Jesus die Gnade Gottes in die Welt gebracht hat. Denn während das Gesetz durch Mose gegeben wurde, sind die Gnade und die Wahrheit durch Jesus Christus geworden (Joh 1,17).

An anderer Stelle lesen wir: „Gott hat seinen Sohn nicht in die Welt gesandt, damit er die Welt richte, sondern damit die Welt durch ihn errettet werde“ (Joh 3,17). Darüber hinaus gilt, dass wenn die ganze Welt schuldig ist vor Gott, diese Gnade Gottes, die Errettung bringt, erschienen ist „für alle Menschen“.

Bereits zu Beginn des Neuen Testaments werden wir mit der gesegneten Tatsache bekannt gemacht, dass die Zeit gekommen war, dass Gott selbst durch die Erscheinung unseres Herrn Jesus Christus die Rettung der Menschen bewirkte. „Du sollst seinen Namen Jesus nennen; denn er wird sein Volk erretten von ihren Sünden“ (Mt 1,21). Damit diese Rettung für alle Menschen zugängig würde, gab sich Christus Jesus als Lösegeld für alle (1. Tim 2,4–6).

Auch nach vollbrachtem Werk und seiner Himmelfahrt lautet die Botschaft: „Es ist in keinem anderen das Heil, denn es ist auch kein anderer Name unter dem Himmel, der unter den Menschen gegeben ist, in dem wir errettet werden müssen“ (Apg 4,12). So sehen wir in Christus von seiner Geburt bis zu seiner Himmelfahrt die Gnade Gottes, die heilbringend für alle Menschen erschienen ist.

Die Gnade Gottes unterweist

Vers 12: Die Gnade Gottes bringt Heil für alle Menschen. Sie belehrt aber auch diejenigen, die diesen Segen durch Glauben an Christus angenommen haben, damit sie ein Leben führen, das zu dieser Gnade passt. Die Gnade ist weit davon entfernt, uns zu einem gleichgültigen Lebenswandel zu führen. Nein, sie bringt uns nicht nur dazu, die Gottlosigkeit und die weltlichen Begierden zu verleugnen, sondern leitet uns an, ein Leben in Besonnenheit im Blick auf uns selbst zu führen, in Gerechtigkeit, was andere betrifft, und in Gottseligkeit, was Gott betrifft. Auf diese Weise wird der Christ ein wahrer Zeuge der Gnade Gottes „in dem jetzigen Zeitlauf“, der leider durch Gottlosigkeit und Begierden geprägt ist.

Besonnenheit wird uns vor aufgeblähten Gedanken über unsere eigene Wichtigkeit bewahren. Zugleich gibt sie uns den richtigen Platz in der Gegenwart Gottes. Wenn wir auf gerechte Weise leben, werden wir allen ihre Rechte einräumen. Wenn wir gottselig leben, werden wir in einem Geist der Ehrfurcht handeln, indem wir unser Leben vor Gott führen und Ihm alles in Glaubensvertrauen sagen, was uns beschäftigt. Das ist das Gegenteil von Scheinheiligkeit, die dazu führt, dass man ein religiöses Gewand trägt, indem man lange Gebete in der Öffentlichkeit hält und allein auf den äußeren Anschein aus ist, um religiöse Anerkennung vor Menschen zu gewinnen. Wenn der Gläubige durch Besonnenheit, Gerechtigkeit und Gottseligkeit geprägt ist, wird er vor allen Überspanntheiten bewahrt, indem er ein ausgewogenes Leben führt, das für einen Zeugen der Gnade Gottes angemessen ist.

Die Gnade Gottes schenkt Hoffnung

Vers 13: Die Gnade begann auf der Erde und wird uns in die Herrlichkeit bringen. Sie schenkt uns eine gesegnete Hoffnung, die über dieses gegenwärtige Zeitalter hinausreicht, das durch Gewalttat und Verdorbenheit gekennzeichnet ist. Diese Hoffnung wird durch die „Erscheinung der Herrlichkeit unseres großen Gottes und Heilandes Jesus Christus“ eingeführt werden.

Während seiner ersten Erscheinung haben wir „die Gnade unseres Herrn Jesus Christus“ kennengelernt, der, „da er reich war, um euretwillen arm wurde, damit ihr durch seine Armut reich würdet“ (2. Kor 8,9). Bei seiner zweiten Erscheinung werden wir die Herrlichkeit Christi sehen.

Während seiner ersten Erscheinung wurde Er in seiner demütigen Gnade zum heimatlosen Fremdling inmitten seiner eigenen Schöpfung, der nicht wusste, wo Er sein Haupt hinlegen konnte. Bei seiner zweiten Erscheinung wird Er in Herrlichkeit offenbart werden als „der selige und alleinige Machthaber, der König der Könige und Herr der Herren“ (1. Tim 6,14.15). Wenn Er in Herrlichkeit erscheinen wird, werden die Gläubigen mit Ihm kommen und Ihm gleich sein. Sie werden vollkommen zu Ihm passen, denn die Gnade bringt Errettung, die uns passend macht für die Herrlichkeit. Wenn diese Gnade uns zu Fremdlingen in dieser Welt macht, macht sie uns zugleich zu Hausgenossen in der Herrlichkeit der künftigen Welt.

Die Gnade Gottes trennt vom Bösen

Vers 14: Jesus ist diese gesegnete Person – der in der Tat der große Gott ist und zugleich unser Retter, der Mensch Christus Jesus – der in Herrlichkeit kommen wird, um mit allen bösen Menschen in Gericht zu handeln. Er ist zugleich derjenige, von dem der Gläubige sagen kann: „Er hat sich selbst für uns gegeben, damit er uns von aller Gesetzlosigkeit loskaufte“, um für sich selbst ein Volk zu bilden, dass ausschließlich für Ihn da wäre. Diese erkauften Gläubigen sind eifrig in guten Werken, die das Leben der Gottseligkeit prägen, zu dem die Gnade führt. So hat Er einen Anspruch auf unser Leben erhoben – einen Anspruch der Liebe – damit wir zu seiner Freude sind. Christus ist für uns gestorben, damit wir von nun an nicht mehr uns selbst leben, sondern Ihm, der für uns gestorben und auferweckt worden ist (2. Kor 5,15). Niemand hat einen solchen Anspruch auf uns wie Christus. Denn es gilt, was jemand einmal gefragt hat: „Wer in dieser Welt, der uns am nächsten Stehende oder Liebste, gab sich selbst für uns hin?“ Zu seiner Freude zu leben wird uns von aller Gesetzlosigkeit freimachen.

Vers 15: Der Apostel hatte Titus bereits ermahnt, das zu reden, „was der gesunden Lehre geziemt“. Nun weist Paulus seinen Mitarbeiter an, nicht nur diese Dinge zu sagen und zu entfalten, sondern seine Zuhörer zu ermahnen, die gesunde Lehre auch praktisch zu verwirklichen. Falls notwendig, sollte er sie auch mit allem Nachdruck überführen, wenn Widerstand aufkommen sollte. Er sollte nicht zulassen, dass irgendjemand ihn verachtet, weil er ein jüngerer Diener war.

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