Der erste Petrusbrief

Kapitel 2,11-3,9

Kapitel 2 Verse 11 und 12: „Geliebte, ich ermahne (euch) als Fremdlinge und (als die ihr) ohne Bürgerrecht (seid), euch zu enthalten von den fleischlichen Lüsten, welche wider die Seele streiten, indem ihr euren Wandel unter den Nationen ehrbar führet, auf dass sie, worin sie wider euch als Übeltäter reden, aus den guten Werken, die sie anschauen, Gott verherrlichen an (dem) Tage (der) Heimsuchung.“

Hier beginnt der 3. Teil des Briefes, der bis Kapitel 3,9 reicht. Dieser Teil und die folgenden zwei enthalten praktische Ermahnungen, die auf die Lehre des ersten Kapitels und der ersten 10 Verse des zweiten Kapitels gegründet sind. Dies ist ein Grundsatz in der Schrift. Die Ermahnungen sind immer auf die Lehre von der Verbindung der Seele mit Gott gegründet, von welcher Seite diese auch jeweils betrachtet wird. Darum finden wir normalerweise in dem ersten Teil eines Briefes die Lehre und danach die Ermahnungen, die auch stets mit dem Teil der Wahrheit Gottes, die in dem Brief vorgestellt wird, übereinstimmen. So tragen die Ermahnungen z. B. im Brief an die Epheser einen anderen Charakter als wir ihn hier haben. Im Epheserbrief werden die Gläubigen vorgestellt als mit Christus auferweckt und in Ihm versetzt in himmlische (Örter), während sie in den Briefen des Petrus als Pilger hier auf der Erde betrachtet werden.

In den ersten Versen des ersten Kapitels (1,1+2) finden wir, kurz zusammengefasst, die Stellung, in welche die Gläubigen durch Gottes Gnade gebracht wurden. Auserwählt nach Vorkenntnis Gottes (des) Vaters durch Heiligung (des) Geistes zum Gehorsam und zur Blutbesprengung Jesu Christi. Die Erkenntnis von und die Verbindung mit Gott als Vater, die Heiligung durch den Heiligen Geist (Absonderung durch die Wiedergeburt) und die Besprengung mit dem Blut Jesu Christi wurden in dem ersten Teil des Briefes (1,3+14–19) näher erklärt. Daneben wurde uns unsere himmlische Berufung vorgestellt.

Im zweiten Teil (1. Pet 1,222,10) wurde aufs Neue von der Wiedergeburt gesprochen, jetzt aber als Grundlage unserer Stellung als Zeugen. Wir sind ein heiliges Priestertum als Zeugen vor Gott im Heiligtum und ein königliches Priestertum als Zeugen in der Welt gegenüber den ungläubigen Menschen. Wir haben gesehen, dass letzteres bedeutet: wir sollen Christus in unserem ganzen Leben offenbaren. Als solche sind wir die Gegenstände der Barmherzigkeit Gottes. Barmherzigkeit ist die Zuneigung, die Gott im Blick auf unsere Umstände uns gegenüber hat.

Hieraus entsteht von selbst die Frage, wie wir Christus offenbaren in den verschiedenen Verhältnissen, in die wir hier auf der Erde kommen können. Dadurch kommen wir dann zu dem letzten Punkt unserer Stellung als Gläubige: wir wurden zu dem Gehorsam Jesu Christi gebracht (1. Pet 1,1+2). Der Herr war nicht auf die Erde gekommen, um bedient zu werden, sondern um zu dienen (Mt 20,28). Er war der gehorsame Diener, Der Gott in all Seiner Güte und Gnade offenbarte. Darum ertrug Er alles, was die Menschen Ihm antaten. Diesen Charakter offenbart Gott noch heute gegenüber den Menschen. Er ist: „unser Heiland-Gott, welcher will, dass alle Menschen errettet werden und zur Erkenntnis der Wahrheit kommen“ (1. Tim 2,4). Christus ist wohl verherrlicht, und Er hat Sich als Haupt über alle Dinge zur Rechten Gottes gesetzt (Eph 1,20), aber Gott hat zu Ihm gesagt: „Setze dich zu meiner Rechten, bis ich deine Feinde lege zum Schemel deiner Füße“ (Heb 1,13). Gott hat den Tag des Verderbens der gottlosen Menschen noch nicht anbrechen lassen; „Er ist langmütig gegenüber euch, da er nicht will, dass irgendwelche verloren gehen, sondern dass alle zur Buße kommen“ (2. Pet 3,7+9; Heb 11,13). Darum sind wir noch Fremdlinge und ohne Bürgerschaft, wie es auch der Herr Jesus auf der Erde war. Darum finden wir in diesem Brief Ihn häufig in dieser Weise als Vorbild dargestellt.

Nun, welche Gesinnung ist die richtige für einen Pilger und Fremdling? Es ist Gehorsam und ein unterwürfiger Geist. Wenn ich ein König in meinem Königreich wäre, würde ich Autorität und Herrschaft ausüben. Aber weil ich jetzt ein hinausgeworfener Fremdling bin, geziemt sich mir in meinem ganzen Leben ein Geist der Unterwürfigkeit. In welchen Verhältnissen ein Fremdling auch sein mag, der Geist Gottes erwartet diesen Geist der Demut und der Untertänigkeit von ihm, wie auch Jakobus von einem Geist der Armut und Geduld redet.

Wie wenig begreifen wir das Christentum in seinen sittlichen Eigenschaften! Wir versuchen die Rolle eines Helden zu spielen, während wir die Stellung eines umgürteten Sklaven einzunehmen haben. Die Christenheit hat das Christentum niemals verstanden, am wenigsten von allen die Kirchengemeinschaft, die sich auf Petrus als dem Fundament und der Quelle ihrer Autorität beruft, die römische Kirche. Sie fordert für sich das Recht, über alle Könige und Obrigkeiten zu regieren. Wir kennen die Weise, auf die sie dieses angemaßte Recht im Mittelalter ausgeübt hat. Der Gang des deutschen Kaisers nach Canossa, um sich vor dem Papst zu erniedrigen, ist zum Sprichwort geworden. Wer die biblische Prophetie kennt, weiß, wie die römische Kirche bald die Herrschaft über das wiederhergestellte römische Reich (das vereinigte Westeuropa) ausüben wird. Sie wird mit Purpur und Scharlach gekleidet sein und sich mit Gold und Edelsteinen und Perlen verzieren, anstatt das bescheidene Gewand eines Propheten und die bestaubten, verschlissenen Kleider eines Pilgers zu tragen (Off 17,3). „Sie spricht in ihrem Herzen: Ich sitze als Königin“ (Off 18,7)! William Kelly schrieb dazu: „Gegenwärtige Verherrlichung auf der Erde, universale Macht und sichtbare Herrlichkeit, der gröbste Götzendienst, der wüsteste und verdorbenste Verrat an der heiligen Absonderung zu Christus und der mordgierigste Hass gegen die Heiligen Gottes und die Zeugen Jesu, das sind ihre schrecklichen, unauslöschlichen und untrüglichen Charaktermerkmale für alle, die durch Gott unterwiesen sind“.

Wenn ein Gläubiger die Wahrheit über die Haushaltungen nicht kennt (wie jeder Zeitabschnitt in der Geschichte des Menschen seinen Charakter dadurch erhält, auf welche Weise Gott sich in diesem Zeitabschnitt offenbart), kann er niemals richtig auf dem Grundstein aufbauen. So beginnt der Apostel hier: „Enthaltet euch von den fleischlichen Lüsten“. Ist das nicht ein Geist der Beschränkung, der Kontrolle? Danach sagt er, dass wir aller menschlichen Einrichtung untertan sein müssen. Rede nicht von Rechten, die du zu haben meinst. Gottes Wort sagt, das einzige Recht, das einem Menschen zukommt, ist, in die Hölle zu fahren!

Darüber hinaus dürfen wir „als Freie“ unsere Freiheit nur gebrauchen, um zu dienen (1. Pet 2,16). Wie wunderbar, den freien Mann als Sklaven Gottes zu sehen. Wir müssen die Brüder lieben (1. Pet 2,17). Wenn ich das tue, werde ich ihnen dann nicht dienen?

Die Frauen müssen ihren Männern untertan sein (1. Pet 3,1–7). Die Männer müssen ihren Frauen Ehre geben (1. Pet 3,1–7). Und Christus, als unser großes Vorbild, wird uns als der Leidende vorgestellt, Der dabei „nicht drohte, sondern sich dem übergab, der recht richtet“ (1. Pet 2,21–23).

Aber bevor der Apostel anfängt, sie zu ermahnen, spricht er sie als „Geliebte“ an. Dieser Ausdruck ist von einem griechischen Wort für Liebe abgeleitet worden, das in den Büchern der griechischen Schreiber niemals vorkommt, das aber im Wort Gottes bis auf einige seltene Ausnahmen immer für die Liebe Gottes oder des Herrn Jesus angewendet wird. Petrus liebte die Gläubigen, weil sie die Gegenstände der Liebe Gottes waren (1. Joh 5,1). Die Liebe Gottes war der Ausgangspunkt seiner Liebe, aber auch seiner Ermahnungen und seines Mitgefühls (1. Pet 4,12).

Das muss stets so sein. Geistliche Ermahnung entspringt immer der Liebe zu dem Ermahnten; und es ist gut für den Ermahnten zu wissen, dass die Ermahnung aus Liebe geschieht. Das macht sein Herz viel empfänglicher, sie anzunehmen.

Das griechische Wort für „ich ermahne“ bedeutet wörtlich: „herbeirufen“. Das kann mit unterschiedlichem Ziel und auf verschiedene Weise geschehen. So ist es in 2. Kor 1,4 mehrmals mit „trösten“ übersetzt. Hier ist augenscheinlich gemeint, zu bedenken und doch mehr zu beherzigen, was der Apostel im Folgenden schreiben wird.

Ein Fremdling ist jemand, der mitten unter einem Volk wohnt, zu dem er nicht gehört, und in dem er keine Bürgerrechte genießt. Er ist also in einer rechtlosen Stellung. Er ist einer, der irgendwo anders zu Hause ist.

Am Anfang des Briefes hatte Petrus sie „Fremdlinge von der Zerstreuung“ genannt (1. Pet 1,1). Das wies auf ihre äußerliche Stellung auf der Erde hin. Sie waren außerhalb des Landes Kanaan, und von den Juden verworfen, mit denen sie bis zu ihrer Bekehrung eins gewesen waren. Hier geht es darüber hinaus, und zwar in dem Sinn von Kapitel 1,17 und 18. Hier sind es die Segnungen, die sie als Christen hatten, die sie zu Fremdlingen machten. Wenn die Gnade sie in den Himmel rief, was hatten sie dann mit den Dingen dieser Erde zu tun, mit dem, was die Menschen dieser Welt beschäftigt? Sie hatten in der Wiedergeburt ein anderes Leben empfangen, als die Menschen dieser Welt es haben: ein himmlisches Leben. Ihr Erbteil wurde im Himmel für sie aufbewahrt. Sie erwarteten die Offenbarung Jesu Christi in Herrlichkeit (1. Pet 1,3–7). Sie riefen Gott als Vater an und waren von ihrem eitlen, von den Vätern überlieferten Wandel erlöst worden durch das Blut des von der Welt verworfenen Christus, an Den sie glaubten (1. Pet 1,17–19). Sie waren ein Teil des Hauses Gottes, ein heiliges Priestertum, das in die Gegenwart Gottes, ins Heiligtum eintreten durfte. Sie waren ein auserwähltes Geschlecht, ein königliches Priestertum, ein heiliges Volk (1. Pet 2,5–10). Sie glaubten an einen von der Welt gekreuzigten Herrn, und in ihrem Glauben war ihnen die Welt gekreuzigt und sie der Welt (Gal 6,14)! Sie waren getrennt im Geist von denen, die Gott in Seinem Sohn gesehen und doch beide gehasst und verworfen hatten (Joh 15,24). Ihr Vater war im Himmel; ihr Heiland, Den sie liebten und an Dem sie sich erfreuten mit „unaussprechlicher und verherrlichter Freude“ (1. Pet 1,8), war dort, ihre Hoffnung war dort, alle Quellen ihrer Hilfe waren dort. Das alles machte den Himmel zu ihrem Vaterland, zu dem „zu Hause“ ihrer Herzen. Ist das nicht auch für uns so, die wir dies alles mit ihnen teilen?

Ist es keine Freude für uns, dass wir Fremdlinge in dieser Welt sind, die den Charakter der Feindschaft gegen Gott und Christus trägt? Aber leider finden wir in uns eine Verbindung zu der Welt, von der wir ausgegangen sind. In uns selbst sind die Quellen, aus denen das Verderben entspringt, das den Namen Gottes in dem Bereich Seiner Regierung entehrt und zu Seinem Gericht führt.

Petrus bezeichnet das Fleisch als das Leben des Menschen auf der Erde (1. Pet 4,1–6). So wendet er es auch auf den Herrn an (1. Pet 3,18). Aber der Mensch ist ein Sünder geworden, und sein Leben ist gekennzeichnet durch Ungehorsam und Auflehnung gegenüber Gott. Und Paulus, der gewöhnlich bis auf den Grund geht, bezeichnet dann auch das Fleisch als die gefallene Natur des Menschen. Petrus geht nicht so weit. Er spricht hier über die Lüste des Fleisches. Das griechische Wort für „fleischlich“ (sarkikos) kommt vor in Römer 15,27; 1. Kor 3,3; 9,11; 2. Kor 1,12; 10,4 und an dieser Stelle. Im klassischen Griechisch wurde gewöhnlich ein anderes Wort (sarkinos) gebraucht, um das Körperliche, also das Fleisch als Stoff, aus dem der Körper besteht, zu bezeichnen.

Außer in Römer 15,27 und in 1. Kor 9,11, wo das Wort eine allgemeine Bedeutung hat, setzt „sarkikos“ einen fleischlichen Willen voraus. Fleischliche Begierden oder Lüste sind also Begierden der menschlichen Natur, bei denen aber der Wille des Menschen wirksam ist, und das ist stets sündig für einen Christen, denn er ist zum „Gehorsam Jesu Christi“ verpflichtet (1. Pet 1,2). Gesetzlosigkeit, also handeln, ohne nach den Rechten des Herrn uns gegenüber zu fragen, ist Sünde, sowohl für Gläubige als auch für Ungläubige (1. Joh 3,4).

Wissen wir es nicht aus eigener Erfahrung, dass diese Lüste gegen die Seele streiten, dass sie unsere Gemeinschaft mit dem Vater und dem Sohn unterbrechen und so unsere Freude wegnehmen? Dass wir dadurch kraftlos werden und sogar den tiefsten Fall erleiden können, wenn der Herr uns nicht zurückbringt? Wenn wir Kraft nach außen haben wollen, müssen wir innerliche Reinheit besitzen. Wenn wir Freude haben wollen, müssen wir zuerst Heiligkeit besitzen. Freude kommt stets ein kleines Stückchen nach der Heiligkeit. Wer nicht heilig ist, hat keine Freude. Mit Heiligkeit meine ich hier natürlich die praktische Heiligkeit – sich selbst und seinen Lebenswandel richten (1. Pet 1,15+16), das Fleisch im Tod halten, wohin Gott es durch das Kreuz Christi gebracht hat (Gal 5,24; Kol 2,11).

Es handelt sich hier nicht immer um grobe Dinge, wenigstens nicht zu Anfang. Wenn wir nicht wachsam sind und außerdem im Gebet nachlässig werden, geht das, was wir im Geist tun, langsam ins Fleisch über (Gal 3,3). Die Galater hatten im Geist begonnen, versuchten jetzt aber, im Fleisch zur Vollendung zu kommen; aber der Apostel sagte ihnen, dass sie aus der Gnade gefallen seien. Wie leicht geht geistliche Liebe und Wertschätzung für einen Bruder, der von Gott gebraucht wird, in fleischliche Liebe über. Haben wir nicht oft gesehen, dass diese fleischliche Liebe das Böse nicht sehen will und ihrem Gegenstand auf Wegen sündiger Irrlehre oder Verirrungen folgt? Bringt die Liebe zu Frau und Kindern uns nicht oft dazu, das Verkehrte zu entschuldigen oder gar zu verteidigen? Hat geistliche Wertschätzung für einen Bruder oder eine Schwester durch jemanden anderen Geschlechts nicht oft in den allergröbsten Sünden geendet?

Diese Lüste streiten wider die Seele. Die Seele wird hier als der Ort der Wirksamkeit Gottes gesehen. Das Werk Gottes wird durch die Sünde behindert oder unterbrochen, doch wird nicht gesagt, dass wir gegen sie kämpfen sollen. Wir sollen uns ihrer enthalten.

Es gibt nur eine Stelle im Neuen Testament, in der gesagt wird, dass wir gegen die Sünde kämpfen sollen (Heb 12,4). Aber da handelt es sich um die Sünde um uns her, um die Sünde in der Welt, wenn wir uns von ihr haben umstricken lassen. Aber niemals wird gesagt, wir sollten gegen die Sünde in uns streiten. Das ist die Aufgabe des Heiligen Geistes, wie die Schrift sagt: „Das Fleisch gelüstet wider den Geist, der Geist aber wider das Fleisch; diese aber sind einander entgegengesetzt, auf dass ihr nicht das tuet, was ihr wollt“ (Gal 5,17). Der hier geltende biblische Grundsatz lautet: „Denn ihr seid gestorben“ (Kol 3,3). Und daraus geht hervor: „Haltet euch der Sünde für tot, Gott aber lebend in Christo Jesu“ (Röm 6,11). Wir sollen also nicht gegen die fleischlichen Lüste in uns kämpfen, sondern uns ihrer enthalten, sie also gar nicht erst in uns aufkommen lassen. Dazu ist Wachsamkeit und viel Gebet nötig (Lk 22,46). Bei Hiob finden wir ein wunderbares Vorbild dieser Wachsamkeit. Er hatte mit seinen Augen einen Bund gemacht, dass sie auf nichts blicken sollten oder nicht in einer Weise, dass dadurch die fleischlichen Begierden geweckt würden (Hiob 31,1). Die Schrift nennt diese Enthaltsamkeit in der schärfsten Form: „Tötet nun eure Glieder, die auf der Erde sind, [...] da ihr den alten Menschen mit seinen Handlungen ausgezogen und den neuen angezogen (habt)“ (Kol 3,5–10). Dieses Ausziehen ist es, was uns im Bild der Beschneidung vorgestellt wird. Josua lehrt uns nun, dass wir in der Wüste sein können, ohne beschnitten zu sein. Wenn wir aber durch den Jordan gegangen sind, d. h. wenn wir in unseren Herzen verwirklichen, mit Christus gestorben und auferstanden zu sein, und wenn wir dann das Land in Besitz nehmen wollen, also praktisch verwirklichen, mit Christus in himmlische (Örter) versetzt zu sein, dann müssen wir beschnitten sein (Jos 5,2–9).

Petrus sieht uns nicht als im Himmel befindlich, sondern als hier in der Wüste lebend. Darum stellt er auch diesen Grundsatz nicht in seiner ganzen Kraft heraus, aber er kommt ihm von der praktischen Seite her sehr nahe. Wir haben auch auf die äußerliche Seite unseres Glaubenslebens zu achten. Ja, Glaube muss die Quelle unseres Lebenswandels sein. Der Glaube, das ist die geoffenbarte Wahrheit, die Erkenntnis der Gedanken Gottes. Glaube ist die geistliche Energie in uns, die im Gehorsam gegenüber dem Herrn und im Vertrauen auf Ihn in der Praxis das verwirklicht, was wir als den Willen des Herrn erkennen durch die Kenntnis Seines Wortes, und unsere Gemeinschaft mit Ihm.

Aber wir haben gesehen, dass wir als ein königliches Priestertum die Tugenden Dessen verkündigen müssen, Der uns aus der Finsternis zu Seinem wunderbaren Licht berufen hat, indem wir Ihn in unserem praktischen Leben, unserem Lebenswandel offenbaren (1. Pet 2,9). Wenn es darin mangelt, so ist das nicht nur ein Mangel an positivem Zeugnis, sondern es ist negativ. Wir sind als Christen bekannt. Wir tragen den Namen Christi. Die verkehrten Dinge, die wir tun, werden daher Christus zugerechnet (Röm 2,24).

Darum muss unser Lebenswandel ehrenwert sein. Das griechische Wort für „ehrenwert“ ist meistens mit „gut“ übersetzt worden. Wir sollen also einen guten Lebenswandel führen und nichts Böses tun, sondern das Gegenteil. Aber ich denke, dass die Bedeutung hier weiter geht, dass auch der Gedanke an Lauterkeit und Treue darin liegt. Der Herr Jesus konnte sagen, dass alles, was Er sagte, die Offenbarung Seiner Selbst war (Joh 8,25). Seine Worte und Taten waren nicht gesprochen und getan, um Seine wahren Gedanken zu verbergen. Jeder konnte sich auf Seine Worte verlassen. So schreibt Jakobus: „Vor allem aber, meine Brüder, schwöret nicht [...], es sei aber euer Ja ja, und euer Nein nein“ (Jak 5,12). Ich glaube nicht, dass dieses sich auf Eide bezieht, welche die Obrigkeit von uns fordert. Jakobus meint Eide und Versicherungen, die den Sinn haben, das zu unterstreichen, was jemand gesagt hat, z. B. „Ich schwöre, dass das wahr ist“, oder „Auf mein Ehrenwort“. Wer das sagt, gibt damit zu erkennen, dass ein gewöhnliches Wort bei ihm nicht ausreicht. Bei den Juden ging das sehr weit. Aus den Worten des Herrn können wir sehen, dass sie eine ganze Theorie aufgestellt hatten, nach der sogar bestimmte Eide nicht gehalten zu werden brauchten (Mt 23,16–23).

Bei einem Christen muss ein einfaches Wort genügen. Jedes seiner Worte muss wahr sein. Euer Ja sei ja und euer Nein nein. Darum soll er keine verstärkenden Ausdrücke verwenden, weil das den Eindruck erweckt, als könne man seinen gewöhnlichen Worten und Handlungen nicht vollständig vertrauen. Sein ganzer Lebenswandel muss so sein, dass die Ungläubigen keinerlei Grund haben, ihm versteckte böse Absichten zu unterstellen.

Sie werden dennoch schlecht von uns reden! Sie sind Feinde Gottes und versuchen darum, den Namen Gottes zu entehren, indem sie Böses über die Kinder Gottes sprechen. Und in jenen Tagen, als das Christentum mit all seinen Einrichtungen neu war und in völligem Gegensatz zu dem Heidentum mit seinen vielen Götzen stand, gab es dazu Gelegenheit genug. Die Weigerung der Christen, den Götzen zu opfern, und das vollständige Fehlen von Bildern und Zeichen gab den Feinden Grund genug, sie Atheisten, Gottlose zu nennen. Das Feiern des Abendmahls, verbunden mit den Worten des Herrn: „Dies ist mein Leib, dies ist mein Blut“, gab einen willkommenen Anlass, sie des Kannibalismus und ähnlicher Dinge zu beschuldigen. Ihre Weigerung, sich an der Vergötterung des Staates und seines Oberhauptes, wie es bei den Römern und Griechen allgemein üblich war, zu beteiligen, stempelte sie zu Staatsfeinden und Aufrührern. Und die christliche Verbundenheit als Kinder Gottes, die sich darin äußerte, dass sich alle untereinander Brüder und Schwestern nannten, verbunden mit der Erhebung der Frau aus der Stellung einer Sklavin und eines Spielballes des Mannes, die sie im Heidentum einnahm, wurde gern aufgegriffen, um die Christen der Blutschande und anderer schändlicher Verhältnisse anzuklagen.

In der christianisierten Welt oder verweltlichten Christenheit würden diese Anschuldigungen keine Kraft mehr haben. Aber die Feinde Gottes werden stets Gründe finden, um böse von den Gläubigen zu sprechen (1. Pet 3,16). Das können wir nicht vermeiden. Aber wir müssen wachsam sein, dass wir ihnen keinen Grund dazu geben. Sie mögen uns als Übeltäter, als Menschen, die Böses tun, hinstellen (1. Pet 4,2–5); aber wir müssen Gutes tun. Ihr Gewissen wird sie stets von den guten Dingen, die wir tun, überzeugen, auch wenn sie es nie zugeben werden. Aber wenn der Tag kommt, an dem Gott ihren Willen zerbrechen und ihren Hochmut zerschlagen wird, werden sie die Dinge anerkennen müssen und dadurch Gott verherrlichen, indem sie zugeben, dass Er in den Christen gewirkt hat und in ihrer Mitte war.

Ungläubige achten sehr auf den Lebenswandel der Gläubigen. Sie haben ein deutliches Empfinden dafür, wie ein Gläubiger zu sein hat und was ihm zu tun gebührt, sei es auch, dass dieses Empfinden nicht einsichtsvoll ist. Sie finden es befremdlich, dass die Gläubigen nicht bei ihnen mitmachen wollen, aber sie verurteilen dies mit Schadenfreude, falls es vorkommt (1. Pet 4,4). Und tun die Gläubigen es nicht, so lästern sie, dass sie es doch täten. Wir müssen das erwarten, wie schmerzlich das auch mitunter sein kann, besonders für junge Gläubige. Vor allem auch, wenn es von Seiten der Menschen kommt, die bekennen, Gläubige zu sein, aber weltlich eingestellt sind.

Es kommt aber ein Tag, an dem Gott diese Verleumder heimsuchen wird. Er wird ihre irdische Hoffnung und ihre Freudenquellen wegnehmen, ihren Hochmut zerschlagen und ihren Willen brechen. Das kann im Leben des Einzelnen jetzt schon, in dieser Zeit geschehen. Das bedeutet, dass Gott sie dann noch zur Umkehr bringen will, und sie ihre Schuld vor Ihm bekennen. Am Ende wird es aber für alle gelten, wenn der Herr kommt, „welcher auch das Verborgene der Finsternis ans Licht bringen und die Ratschläge der Herzen offenbaren wird“ (1. Kor 4,5). Wir finden einen ähnlichen Ausdruck bei Philadelphia (Off 3,9).

1. Petrus 2,13 und 14: „Unterwerfet euch (nun) aller menschlichen Einrichtung um des Herrn willen: es sei dem Könige als dem Oberherrn, oder den Statthaltern, als denen, die von ihm gesandt werden zur Bestrafung der Übeltäter, aber zum Lobe derer, die Gutes tun.“

Das griechische Wort für „unterwerfet euch“ bedeutet, sie sollten in einem Zustand des Unterworfenseins sein (imp. aor.). Das griechische Wort für „Einrichtung“ (ktisis) kommt im Neuen Testament 19 Mal vor und wird – bis auf diese Stelle – stets mit Schöpfung oder Geschöpf übersetzt. Es handelt sich hier also um eine menschliche Schöpfung, und das Folgende macht deutlich, dass es sich bei dieser Schöpfung oder Einrichtung in erster Linie um das Regieren handelt. Die verschiedenen Regierungsformen sind durch Menschen geschaffen. Paulus geht, wie er das meistens tut, tiefer und auf den Grund der Sache. Denn im Grund hat Gott nach der Sintflut die Regierung eingesetzt (Röm 13,1). Als Kain seinen Bruder ermordet hatte, behielt sich Gott das Strafgericht über das Böse ausdrücklich selbst vor (1. Mo 4,15); aber nach der Sintflut gab er dem Menschen den Auftrag, das Böse zu bestrafen: „Wer Menschenblut vergießt, durch den Menschen soll sein Blut vergossen werden, denn im Bilde Gottes hat er den Menschen gemacht (1. Mo 9,6). Daneben gibt es auch die vorsehende Sorge Gottes, die jedem Regierenden persönlich seine Stellung gibt (Jes 45,1–6; 2. Mo 9,16). Aber das ist nicht das Thema von Petrus an dieser Stelle.

Das griechische Wort für „als Oberherrn“ bedeutet wörtlich „übersteigen“. So ist es z.B. in Phil 4,7 übersetzt. Des weiteren kommt es in Römer 13,1, in Phil 2,3 und 3,8 vor. Unter Statthaltern werden Regierungspersonen von untergeordneter Macht verstanden. So ist das Wort in Mt 2,6 mit Fürsten übersetzt. Im Folgenden wird das auch deutlich. Sie sind durch den König gesandt und man muss ihnen darum gehorchen. Sie haben also eine abhängige Machtstellung. Manche meinen, dass sich das Wort „ihm“ auf den Herrn bezieht, das hieße aber, die untergeordneten Mächte seien durch Ihn geschickt und die höchsten (Könige) nicht. Aus dem Zusammenhang wird meines Erachtens sehr deutlich, dass diese Meinung nicht richtig ist. Ich glaube außerdem, dass dann für das Wort „von“ nicht „dia“, sondern „hypo“ stände. Vor „König“ steht im Urtext kein bestimmter Artikel. Es handelt sich also um den Charakter und nicht um einen bestimmten König. Es ist jeder damit gemeint, der die höchste Macht innehat und die anderen überragt. Das sind also nicht allein wirklich Könige, sondern auch die Präsidenten der Republiken oder ein Diktator einer totalitären Regierung. Es ist derjenige, der die tatsächliche Macht hat, was sich in einer Zeit der Revolutionen und Kriege schnell verändern und nach Meinung der Menschen völlig ungerecht sein kann. Wie wir in Vers 15 sehen werden, versteht das Neue Testament unter „Menschen“ gewöhnlich nur Ungläubige. Die Versammlung fällt also nicht unter diese „menschlichen Einrichtungen“. Außerdem ist sie eine göttliche Schöpfung. Der Inhalt dieser Verse lautet also kurz zusammengefasst, dass uns befohlen wird, ein für allemal jeder menschlichen Regierung untertan zu sein, welchen Charakter sie auch tragen mag. Und zwar sowohl der höchsten Macht als auch den durch sie Beauftragten, und das nicht, weil wir nicht anders können oder weil es vorteilhafter ist, untertan zu sein, als sich zu empören, sondern weil der Herr es will, dass wir so gesinnt sind und so handeln. Wir sind zu dem Gehorsam Christi gebracht (Kap 1,2). Nun, Er mischte sich nicht in die Angelegenheit der Regierung und wollte nicht einmal in einer einfachen Erbangelegenheit der Richter sein (Lk 12,13+14). Er war nicht von der Welt und hat uns gesagt, dass wir es auch nicht sind (Joh 17,16). Aber Er sagt gleichzeitig: „Gebet ... dem Kaiser, was des Kaisers ist“ (Lk 20,25).

Es kommt die Zeit, wo der Herr regieren wird und wir mit Ihm. Jetzt ist Er noch der Verworfene, der nicht auf Seinem eigenen Thron, hier auf der Erde, sondern auf dem Seines Vaters im Himmel sitzt (Off 3,21). Wir sind Fremdlinge und Beisassen auf der Erde, weil wir mit dem verworfenen Herrn verbunden sind. Was haben wir denn mit der Regierung dieser Erde zu tun? Es sind Einrichtungen der Menschen, also der Ungläubigen. Was haben wir als Gläubige damit zu schaffen? Nichts weiter, als dass wir ihnen untertan sein müssen, weil wir hier den Herrn als königlichen Priester offenbaren sollen (1. Pet 2,9). Es ist eine große Gnade Gottes, dass es Könige und Obrigkeiten gibt. Was das Fehlen hoher Autorität, wie vor der Sintflut (1. Mo 4,23; 6,11–13), bedeutet, wird in Revolutionszeiten deutlich. Welch eine Zügellosigkeit würde herrschen, wenn es keine Macht gäbe, die diese im Zaum hielte. Die Machthaber sind da „zur Bestrafung der Übeltäter“, aber zum Lob derer, die Gutes tun. Wie schwach und ungerecht auch manche Regierungen sein mögen, die Bosheit und brutale Gewalt vieler Menschen wird durch sie unterdrückt. Nach der Aufnahme der Versammlung wird das Gute zum größten Teil verschwinden. Der römische Kaiser wird seine Macht und seinen Thron von Satan empfangen und die Sonne (das Bild der höchsten Macht), wird die Menschen mit Feuer verbrennen (Off 16,8). Anstatt zur Wohlfahrt, zum Schutz und zur Hilfe des Volkes wird der Kaiser die Regierung zu einer Marter für das Volk machen.

Israel war von Gott zum Haupt der Nationen gesetzt (5. Mo 28,1), so wie es im tausendjährigen Reich auch der Fall sein wird. Das Gericht Gottes über ihren Ungehorsam und Abfall brachte sie unter die Herrschaft fremder Könige. Aber der größte Teil des Volkes weigerte sich hartnäckig, die Erziehung Gottes anzuerkennen und sich dieser Herrschaft zu unterwerfen. Und es war umso schwieriger für sie, weil sie trotz allem das einzige Volk waren, dem Gott Sein Wort gegeben hatte und das die Erkenntnis des einen wahren Gottes besaß. Ihre Unterdrücker dagegen waren blinde Götzendiener und dazu oft noch grausam und ungerecht.

Diese aufrührerische Gesinnung war bei den Juden zu der Zeit, als Petrus den Brief schrieb, nicht schwächer geworden. Nur einige Jahre später sollte der große Aufstand gegen die Römer beginnen, der, nach der Vorhersage des Herrn (Lk 21,20–24), mit der Verwüstung Jerusalems und des Tempels und dem Tod oder der Gefangenschaft des größten Teils des Volkes im Jahre 70 n. Chr. endete. Die Gläubigen aus den Juden, an die Petrus schrieb, wussten nun, dass das Gericht Gottes auf dem Volk ruhte. Aber sie hatten stattdessen jetzt schon vor der Zeit die Erfüllung der Verheißungen an das Volk empfangen, wenn auch in geistlicher Weise. Und sie hatten darüber hinaus viel mehr Licht über den wahren Zustand der Nationen als die ungläubigen Juden. Daneben wussten sie, dass der Herr Jesus, Dessen Volk sie waren, alle Macht auf der Erde empfangen hatte (Mt 20,18). Würde sie das nicht noch viel aufsässiger gegen die heidnischen Mächte machen, als sie es vor ihrer Bekehrung waren? Ohne Zweifel ist der Mensch geneigt, so zu handeln; aber empfangene Gnade besänftigt das Herz den anderen gegenüber und macht es geneigt, sich dem zu unterwerfen, von dem die Gnade empfangen wurde. Und der Wille des Herrn war, dass sie aller menschlichen Einrichtung untertan sein sollten.

Aber diese Beweggründe, untertan zu sein, geben gleichzeitig die Grenzen an. Niemals will der Herr, dass wir ihm ungehorsam sind. Sobald ein Regierender uns also etwas gebietet oder verbietet, was gegen den Willen Gottes ist, dürfen wir ihm nicht mehr gehorchen. Wir müssen Gott mehr gehorchen als Menschen (Apg 5,29).

Kapitel 2 Verse 15 und 16: „Denn also ist (es) der Wille Gottes, dass ihr durch Gutestun die Unwissenheit der unverständigen Menschen zum Schweigen bringet: als Freie, und die nicht die Freiheit zum Deckmantel der Bosheit haben, sondern als Sklaven Gottes.“

Das Wörtchen „denn“ macht deutlich, dass diese Verse einen wichtigen Grund für das enthalten, was uns in den Versen 13 und 14 befohlen ist. Doch glaube ich nicht, dass „also“ sich auf diese Verse bezieht, wie oft gesagt wird. Es bezieht sich auf die folgenden. Wir müssen aller menschlichen Einrichtung unterworfen sein, denn es ist der Wille Gottes, dass wir durch gute Taten die Unwissenheit der unverständigen Menschen zum Schweigen bringen. Das griechische Wort für „Wille“ ist dasselbe wie in 3,17 und 4,2–19 und zeigt an, dass der Wille Gottes als solcher gemeint ist. Nun, wir sind zum Gehorsam, zum Gehorsam Christi, geheiligt (Kap 1,2).

Das griechische Wort für „Unwissenheit“ kommt nur an dieser Stelle und in 1. Kor 15,34 vor. Es geht über bloßes Nicht-Wissen hinaus und zeigt einen Zustand von Mangel an Erkenntnis und Einsicht in das Wesen einer Sache an. Es heißt: die unverständigen Menschen, auch im Griechischen. Das bedeutet, es handelt sich nicht um einige, die unverständig sind, sondern um alle Menschen, und dass diese den Charakter tragen, unverständig zu sein. Der Mensch, der Gott nicht kennt, ist unverständig (Ps 14,1). Ihm mangelt es an der Fähigkeit, verständig umherzuschauen und zu beurteilen (1. Kor 1,20). Er gebraucht seinen Verstand nicht in der rechten Weise, also um richtig zu sehen und vernünftig nachzudenken (1. Kor 1,20). Christen fallen nicht hierunter, denn im Neuen Testament werden unter „Menschen“, außer als Name für das ganze Geschlecht, gewöhnlich nur Ungläubige verstanden. Siehe z. B. 2. Kor 5,11 und Heb 9,27. In der letztgenannten Stelle wird gesagt, dass es den Menschen (also allen Menschen) gesetzt ist, einmal zu sterben. Aber in dem folgenden Vers wird gesagt, dass Christus denen zur Errettung erscheinen wird, die Ihn erwarten. Diese werden also nicht unter„ die Menschen“ gerechnet.

Das griechische Wort für „zum Schweigen bringen“ bedeutet wörtlich „einen Maulkorb anlegen“. Es kommt im Neuen Testament noch vor in Mt 22,12 und 34; Mk 1,25; 4,39; Lk 4,35 und 1. Tim 5,18. In Röm 4,7 wird ein verwandtes Wort gebraucht. In 1. Kor 9,9 ist es ein anderes Wort. Hier wird also gemeint: zum Schweigen bringen.

Ungläubige sprechen gern schlecht von Gläubigen. Sie verstehen sie nicht und kennen sie auch nicht wirklich und noch weniger ihre Beweggründe und das Ziel ihrer Handlungen und Worte (1. Kor 2,8+15). Leider geben wir ihnen zu häufig Grund dazu, durch unsere törichten und manchmal bösen Handlungen. Sie greifen es dann gerne auf. Wie viel Schaden ist hierdurch schon dem Zeugnis des Herrn zugefügt worden. Nur die Abfolge guter Taten (nicht guter Worte) bringt die Ungläubigen zum Schweigen (Apg 4,14+21). Es ist der Wille Gottes, dass wir es so tun.

Aber das bedeutet nicht, dass wir unsere Freiheit aufgeben! Wir sind durch Christus zur Freiheit berufen und dürfen uns nie wieder in eine andere Abhängigkeit bringen lassen (Gal 5,1+13). Wir sind frei von Satan, der Welt, der Sünde und dem eigenen Ich und in die wahre Stellung eines Menschen gebracht: fähig, Gott zu dienen. Das ist die wahre Freiheit für einen Menschen und auch die einzige Art und Weise, durch die er wirklich Befriedigung finden kann. Denn der Mensch ist zu seinem Schöpfer hin geschaffen (Kol 1,16). Alle seine Fähigkeiten, seine Kräfte, sowohl geistiger wie körperlicher Natur, sind so geschaffen, dass sie vollkommen geeignet sind, dem Schöpfer zu dienen. Daraus folgt, dass sie nur ihrem Zweck entsprechen, wenn sie im Dienst des Schöpfers stehen. Wirkliche Befriedigung und volle Erfüllung kann der Mensch nur erreichen, wenn es sein ganzes kräftemäßiges Vermögen seiner Art gemäß anwendet, d. h. so, wie er geschaffen ist. Befreiung für einen Menschen heißt also Befreiung von allem, was ihn hindert, Gott zu dienen. Freiheit bedeutet, vollkommen frei zu sein, um dem Schöpfer zu dienen.

Satan versucht, uns einzureden, dass Freiheit bedeute, unseren eigenen Willen tun zu können. Aber der Mensch ist ein Geschöpf und daher nicht in der Lage, unabhängig zu handeln. Wird sein Wille nicht durch Gott gelenkt, so wird er von Satan missbraucht. So ist das Handeln nach eigenem Willen in Wirklichkeit Sklaverei, Sklaverei unter den verdorbenen Willen des gefallenen Menschen und in Wirklichkeit Sklaverei unter Satan.

Nein, wir dürfen unsere Freiheit niemals preisgeben. Obwohl wir allen menschlichen Einrichtungen untertan sein müssen, obwohl die Hausknechte ihren Herren und die Frauen ihren Männern untertan sein müssen, obwohl wir Gutes tun müssen gegenüber allen Menschen (Gal 6,10) und, wenn nötig, uns allen zu Sklaven machen müssen (1. Kor 9,19), – so dürfen wir unsere Freiheit doch niemals preisgeben. Wir dürfen Gott dienen; der Herr ist unser Gebieter. Wenn wir durch den Heiligen Geist leben, dürfen wir auch durch Ihn wandeln (Gal 5,16+25). Aber das bedeutet, dass wir unsere Freiheit nicht gebrauchen als Deckmantel für die Handlungen nach unserem eigenen sündigen, verdorbenen Willen, so wie unsere Feinde lästern (Röm 3,8). Wir sind Sklaven Gottes. Im Griechischen liegt der Nachdruck auf Gott. Vor Gott steht kein Artikel, womit der Charakter und die Größe Gottes deutlich gemacht wird.

Kapitel 2 Vers 17: „Erweiset allen Ehre; liebet die Brüderschaft; fürchtet Gott; ehret den König.“

„Erweist allen Ehre“ steht im Griechischen in der Befehlsform des Aorists. Das bedeutet, dass ich jeden zu jeder Zeit ehren muss, wo dies nötig ist. Die drei folgenden besonderen Fälle stehen in der Befehlsform der Gegenwart. Das bedeutet eine fortwährende Pflicht. Wir müssen die Brüderschaft, d.h. unsere Glaubens-Geschwister, immer lieben, Gott stets fürchten und den König allezeit ehren.

Wir dürfen niemals vergessen, dass Gott den Menschen nach Seinem Bild geschaffen hat (1. Mo 1,27). Mag der Mensch nach dem Sündenfall nicht mehr dem Gleichnis Gottes entsprechen (1. Mo 5,1–3), er bleibt das Bild Gottes wie kein anderes Geschöpf (1. Kor 11,7). Er selbst vergisst es und will es vergessen, weil es seinen Zustand und seine Taten richtet. Aber Gott vergisst es nicht, und wir dürfen es auch nicht tun. Der Mensch mag sich zu einem Tier erniedrigt haben und sich als solches verhalten, dennoch: er ist kein Tier. Die Folgen seiner Taten und sein Zustand beweisen auch, dass Gott ihn zu einer höheren Bestimmung geschaffen hat. Wenn ein Mensch wie ein Tier handelt, erfährt er Folgen, die ein Tier nicht kennt.

Wir müssen jeden Menschen ehren nach seiner Stellung und nach seinen Eigenschaften. Selbst den Niedrigsten und den am tiefsten Gesunkenen müssen wir wegen seines Adels als Mensch ehren, als das höchste Geschöpf auf der Erde. Wird nicht gerade der Respekt, den wir ihnen zollen, sie an ihre wahre Stellung erinnern? Vielleicht können sie so durch die Gnade Gottes, die in ihren Herzen wirkt, bewegt werden, sich über ihren Zustand zu erheben.

Das griechische Wort für „Brüderschaft“ kommt nur hier und in Kapitel 5,9 vor. Es bezeichnet einen engeren Kreis als den, der von „allen“ gebildet wird. Hierzu gehören solche, die zwar ursprünglich wie alle anderen Menschen von Gott abgefallen waren, jetzt aber zurückgebracht wurden zu Ihm und auf den Platz, auf den Gott ursprünglich den Menschen stellte, ja, noch höher: Sie sind wiedergeboren und an den Platz des Gehorsams gebracht (Kap 1,2+3). Ja, sie sind Teilhaber der göttlichen Natur geworden (2. Pet 1,4). Gegenüber solchen soll die Liebe frei wirken. Aber wir wissen, dass leider auch da viele Dinge vorkommen, welche die Liebe erkalten lassen. Wie nötig ist darum die Ermahnung an diese fortdauernde, niemals zu unterbrechende Pflicht, die Brüderschaft zu lieben.

Es geht hier nicht um die Liebe zu unseren gläubigen Freunden oder die besondere Liebe zu solchen, die in Treue ihren Weg gehen, oder zu denen, die Kanäle des Segens sind, den wir vom Herrn empfangen. Diese Liebe hat gewiss nach der Schrift ihre Berechtigung. Aber hier handelt es sich um die Liebe zu allen Gläubigen als solche. „Jeder, der den liebt, welcher geboren hat, liebt auch den, der aus ihm geboren ist“ (1. Joh 5,1).

Aber diese Liebe wird sich nicht immer auf dieselbe Weise offenbaren. Wir müssen die Brüder lieben, aber nicht ihre weltliche und fleischliche Gesinnung. Unsere Liebe wird sich mitunter in Ermahnung, Bestrafung, ja, selbst durch das Abbrechen jeglichen Umgangs zeigen müssen. Wir müssen die „Brüderschaft“ lieben. Das bedeutet, dass wir einen, der versucht, Spaltung zu verursachen, indem er Menschen um sich versammelt, abweisen (Tit 3,10), und dass wir jemanden, der die Lehre des Christus nicht bringt, nicht grüßen und nicht in unseren Häusern empfangen, weil das Wort Gottes uns das verbietet (2. Joh 10), aber auch, weil wir nicht lieb haben, was zum Schaden der Brüderschaft ist, sondern wir hassen es vielmehr (1. Joh 5,2). Unsere Liebe zu der Brüderschaft bewirkt diesen Hass in uns gegenüber Satan und seinen Werkzeuge, auch dann, wenn das Werkzeug vielleicht lange Zeit als ein begabter Diener Gottes geehrt wurde.

Wie notwendig ist es, fortwährend ununterbrochen Gott zu fürchten. „Die Furcht des HERRN ist der Weisheit Anfang“ (Spr 9,10). Es ist auch der Anfang der Erkenntnis (Spr 1,7). Wenn Gott nicht gefürchtet wird, kommt nichts Gutes dabei heraus. Aber die heilige Furcht vor Gott vertreibt jede ängstliche Furcht vor Ihm und auch alle Furcht vor Menschen.

Heilige Furcht vor Gott bedeutet nicht, Angst vor Ihm zu haben. Je besser wir Gott in Seiner Liebe und Gnade kennen gelernt haben, je näher wir Ihm gekommen sind und dort all Seine Herrlichkeit erkennen und anbeten gelernt haben, je mehr wir von Seiner Liebe zu uns und der Gunst, in der wir bei Ihm stehen, erfahren haben, desto größer wird unsere Furcht sein, etwas zu tun, was Ihn betrübt und was nicht mit Seiner herrlichen Gemeinschaft übereinstimmt.

Das letzte hier ist: „ehret den König“. Auch dies muss ohne Unterbrechung geschehen. Es geht hier nicht um das Königtum, sondern um die Person des Königs oder dessen, der die höchste Stellung in der Regierung einnimmt. Aber er soll nicht wegen seines persönlichen Charakters oder seiner guten Eigenschaften geehrt werden, sondern, weil er König ist. Er vertritt Gott in den Dingen dieser Erde. Gottes Vorsehung hat diese Person in diese Stellung gebracht, um dort das Werk zu tun, wofür Gott ihn gebrauchen will. So kann das Kind Gottes ihn stets ehren und gleichzeitig für ihn beten, auf dass er zur Bekehrung und zur Erkenntnis der Wahrheit komme (1. Tim 2,1–4).

Wie gut steht unser Vers mit den Worten des Apostels Paulus in Übereinstimmung: „Gebet allen, was ihnen gebührt: die Steuer, dem die Steuer, den Zoll, dem der Zoll, Furcht, dem die Furcht, Ehre, dem die Ehre gebührt. Seit niemandem etwas schuldig als nur einander zu lieben“ (Röm 13,7+8).

Kapitel 2 Verse 18–20: „Ihr Hausknechte, (seid) euren Herren (eigentlich Gebietern) unterwürfig in aller Furcht, nicht allein den guten und gelinden, sondern auch den verkehrten; denn (dies) ist Gnade, wenn jemand um (des) Gewissens vor Gott willen Beschwerden erträgt, indem er ungerecht leidet. Denn was für Ruhm (ist es), wenn ihr ausharret, indem ihr sündiget und geschlagen werdet? Wenn ihr aber ausharret, indem ihr Gutes tut und leidet, das (ist) Gnade bei Gott.“

Es wird vollkommen deutlich, dass Sklaverei in Widerspruch zu Gottes Willen steht. Gott schuf den Menschen in Seinem Bild und setzte ihn zum Haupt der irdischen Schöpfung. Dass ein Mensch mit Leib und Leben das Eigentum eines anderen Menschen sein sollte, ist in vollkommenem Widerspruch mit der Würde und dem Platz des Menschen in Gottes Schöpfungsordnung. Die Sünde, welche die ganze göttliche Ordnung verdarb, ist die Quelle aller Sklaverei.

Wie kommt es dann, dass der Apostel und mit ihm das ganze Neue Testament die Sklaverei nicht nur nicht verurteilt, sondern im Gegenteil sie anerkennt? Er gibt den Sklaven Anweisungen, wie sie sich in der Sklaverei verhalten sollen. So gibt Paulus auch den Eigentümern Verhaltensmaßregeln, sagt aber nicht, sie müssten ihre Sklaven freigeben.

Christen sind Fremdlinge auf Erden und haben keinen Teil an den Einrichtungen der menschlichen Gesellschaft, haben auch nichts damit zu tun, höchstens dass sie als Fremdlinge manchmal mit ihnen in Berührung kommen. Ihre Aufgabe ist nicht, die Welt zu verbessern, sondern in dieser Welt Christus zu offenbaren. Gott hat uns wissen lassen, wie Er über sie urteilt. „Wir wissen, dass wir aus Gott sind, und die ganze Welt liegt in dem Bösen“ (1. Joh 5,19).

In dem Herrn Jesus wandte Gott sich mit einer Gnadenbotschaft an die Welt, dem organisierten Zusammenleben der Menschen: „…nämlich, dass Gott in Christo war, die Welt mit sich selbst versöhnend, ihnen ihre Übertretungen nicht zurechnend“ (2. Kor 5,19).

Aber die Welt schlug die ausgestreckte Hand Gottes aus. Sie kreuzigte Den, in welchem diese Gnade zu ihr kam und durch Den sie allein hätte gesegnet werden können. Nun gibt es für sie keine Gnade mehr (wohl für den einzelnen), sondern nur noch Gericht. Gott versucht nicht, die Welt zu verbessern, die völlig bewiesen hat, dass sie in der Macht Satans ist. Er will sie richten; aber Er hat dies Gericht bis heute aufgeschoben, weil Er noch Menschen herausretten will (2. Pet 3,9). Davon abgesehen aber, überlässt Er die Welt als solche ihrem Verhängnis. Nun, dies haben Seine Kinder auch zu tun. Sie haben anzuerkennen, dass die Welt unverbesserlich schlecht ist. Aber in ihr müssen sie Gott in dem Charakter offenbaren, in dem Er Sich jetzt kundtut: als der Heiland-Gott, Der will, dass alle Menschen errettet werden (1. Tim 2,4). Er erträgt alles von der Welt, weil Er noch kein Gericht ausüben will. Diese Haltung müssen wir also auch annehmen, wenn wir mit ihr in Berührung kommen.

Der Apostel gebraucht hier nicht das gewöhnlich für „Sklave“ verwendete Wort (doulos), sondern das Wort für Hausangestellte (oiketai), das sonst nur in Lukas 16,13, Apg 10,7 und Römer 14,4 vorkommt. Dies waren Personen, die zum Haushalt, zur Hausgemeinschaft gehörten (3. Mo 22,10–13). Nach damaligem Verständnis gehörten sie zur Familie.

Wir sollten bei dem Wort „Hausknechte“ nicht an Sklaven denken. Aber in jener Zeit waren es praktisch nur Sklaven. Im Römischen Reich und in Griechenland z. B. gab es viel mehr Sklaven als freie Menschen. Der Name, mit dem die Herren bezeichnet werden (despotais, wovon unser Wort Despot abgeleitet ist) zeigt auch ganz deutlich, dass der Apostel sie als Sklaven ansieht. Dieses Wort (Despot) wird im klassischen Griechisch gebraucht: für den Hausherrn, der normalerweise uneingeschränkt in seiner Familie und in seinem Haus bestimmt; für den Herrn, im Gegensatz zum Sklaven; für den absoluten Herrscher, der durch kein Gesetz in seiner absoluten Machtentfaltung gehindert wird; für die Götter, um ihre Macht anzudeuten.

So wurde es auch für den Kaiser in Rom gebraucht. In 1. Tim 6,1 und 2; Tit 2,9 wird dieses Wort für Herren über Sklaven angewendet. Des weiteren wird es noch sechsmal auf Gott und auf den Herrn Jesus angewendet.

Diese Gruppe von Sklaven wird von Petrus besonders angesprochen. Ich denke, unser Vers schließt sich an Vers 13 an. Dort wurde gesagt, dass sie allen menschlichen Einrichtungen untertan sein sollten. Erst wurden daraufhin die Könige und die von ihnen gesandten Statthalter genannt und nun folgen die Herren dieser Sklaven. Hausknechte kamen vielmehr mit ihren Herren in Berührung als andere Sklaven. Sie lebten den ganzen Tag im Haus. Wie groß war da die Gefahr, gereizt zu werden. Das Wort Gottes berichtet uns (Neh 5), wie hart die Obersten Israels gegen ihre verarmten Brüder waren, und wie viel ärger waren die heidnischen Herren, selbst die gebildeten Griechen. Von den Römern ist bekannt, wie hartherzig sie gegenüber ihren Sklaven waren. Viele Sklaven haben aus Verzweiflung einen Aufstand unternommen. Der Sklavenaufstand des Spartakus brachte Rom an den Rand des Untergangs. Sklaven waren nichts weiter als lebende Werkzeuge, sie waren Eigentum, über das man ganz nach Willkür entscheiden konnte und mit dem man machen konnte, was man wollte.

Wie schlecht müssen es jüdische Sklaven schon bei heidnischen Herren gehabt haben. In welche Schwierigkeiten werden sie häufig gekommen sein, wenn sie nicht an den heidnischen Götzendiensten teilnehmen wollten, und wie viel mehr galt das für die jüdische Christen, an die Petrus schrieb.

Ihr Leben war rein und sittlich inmitten einer schrecklichen Unreinheit und Sittenlosigkeit, die das Heidentum kennzeichnete (Röm 1,23–32). Wie muss solches Verhalten das Gewissen der Herren getroffen haben. Aber ist nicht ein getroffenes Gewissen, solange es nicht zu einer wirklichen Bekehrung zu Gott kommt, gerade die Ursache, sich noch mehr in Sünde zu leben und die mit großem Hass zu verfolgen, durch die das Gewissen getroffen wird? War der Grund, weswegen die Juden den Herrn Jesus hassten, nicht gerade die Erkenntnis, dass Er ohne Sünde war und dass dadurch ihre Gewissen von ihrer eigenen Sündhaftigkeit überzeugt wurden?

Was werden die gläubigen Juden darüber hinaus von den ungläubigen Juden, deren Sklaven sie waren, zu erleiden gehabt haben! Wie hasst es ein unbekehrter Mensch, dass ihm seine Fehler gezeigt werden. Und doch wollten diese Herren ihre christlichen Sklaven meistens nicht verkaufen, weil sie ihren Dienst für gewöhnlich viel besser versahen als andere Sklaven. Es ist bemerkenswert, wie viel Wert das Wort Gottes dem Betragen der Sklaven und anderer Untergebener zuerkennt. In Eph 6; Kol 3,1; 1. Tim 6; Tit 2 und an dieser Stelle werden sie ermahnt, und im Titusbrief wird auch ein ganz besonderer Grund dafür angegeben: „auf dass sie die Lehre, die unseres Heiland-Gottes ist, zieren in allem“.

Je niedriger der Platz ist, den jemand in der Gesellschaft einnimmt, umso mehr Gelegenheit hat er, ein Zeuge für Gott zu sein. Wenn der Christ untertan ist an einem Ort, wo die Autorität, der man sich unterwerfen muss, nur durch die Sünde entstanden ist und wo diese Autorität missbraucht wird, häufig sogar zum Versuch, den Dienst für Gott zu unterbinden, wie wird darin der Herr und die Kraft der Gnade geoffenbart. Der Herr Selbst kam auf die Erde um zu dienen, Er nahm den niedrigsten Platz ein und wurde gehorsam bis zum Tod am Kreuz (Phil 2). Er Selbst machte sich zum großen Vorbild für alle Untergebenen. Jeder, der Ihm nachfolgt, offenbart Ihn darin. Welch ein Zeugnis ist das gegenüber der Welt!

Untertan sein ist nicht dasselbe wie gehorchen. Zwar wird sich die Untertänigkeit meistens in Gehorsam zeigen. Aber wenn ein Herr etwas befiehlt, was gegen den ausdrücklichen Willen Gottes ist, muss man Gott mehr gehorchen als den Menschen (Apg 4,19). Aber auch dann kann man untertan sein. Auf welche Weise macht man deutlich, dass man Gott gehorchen muss und will?

Wir haben schon früher gesehen, dass „in aller Furcht“ nicht Angst bedeutet. Das drückt sicher auch die Haltung gegenüber den Herren aus: angemessene Ehrerbietung und Bescheidenheit. Aber Vers 20 macht deutlich, dass es vor allem darum geht, mich als Hausknecht davor zu fürchten, Gott falsch zu offenbaren. Meine Haltung und mein Auftreten muss auch den Herren gegenüber erkennen lassen, wer Gott ist. Wie ernst ist der Gedanke, eine Karikatur Gottes darzustellen.

Guten und wohlwollenden Herren gegenüber untertan zu sein ist keine eigentlich christliche Tugend. Das können Ungläubige auch. Aber Gläubige müssen das auch gegenüber „Verkehrten“ tun. Das griechische Wort für „verkehrt“ kommt vor in Lk 3,5 (krumm); Apg 2,40 (verkehrt); Phil 2,15 (verdreht) und hier. Es bezeichnet die Herren nicht nur als hart, sondern auch als ungerecht und launisch, willkürlich, unberechenbar und ungehörig.

„Denn dies ist Gnade, wenn jemand um des Gewissens vor Gott willen Beschwerden erträgt, indem er ungerecht leidet“ (1. Pet 2,19) Nun, Ungerechtigkeit zu erleiden und sie zu ertragen, das ist Gnade, wenigstens, wenn es wegen des Gewissens Gott gegenüber ist. Es kommt darauf an, warum jemand etwas erduldet. Ich habe Menschen gesehen, welche die ärgsten Dinge äußerlich schweigend ertrugen, aber in ihren Herzen taten sie es nicht. Es geschah nur deshalb, weil sie wussten, dass offene Auflehnung unangenehme Folgen haben würde. Sie warteten auf den Augenblick, in dem sie Rache nehmen konnten, oder sie waren so abgestumpft, dass kein Widerstand mehr in ihnen war.

Der Beweggrund für den Christen muss Gott sein. Wenn sein Gewissen durch das Wort Gottes unterwiesen ist, weiß er, dass Gott im Augenblick alles von den Menschen hinnimmt, weil Er ihnen noch Gelegenheit geben will, sich zu bekehren, damit sie gerettet werden (Tit 2,9–11; 1. Tim 2,1–7). Und Gott wünscht, dass wir ihn als solchen, als Heiland-Gott offenbaren.

Nun, wenn jemand ungerechte Behandlung erleidet und dann auf die Stimme seines Gewissens hört, die ihm sagt, er müsse sie erdulden, weil er ein Christ ist, und so aus Liebe und Gehorsam gegenüber Gott entsprechend handelt, dann ist das Gnade. Es ist die Antwort des Gläubigen auf die Gnade Gottes. Er ist darin nach seinem Maß ein Nachfolger Gottes und wandelt in Liebe, so wie Christus ihn geliebt hat (Eph 5,2). Bemerkenswert ist, dass Petrus hier nicht mehr über die Hausdiener allein, sondern über die Gläubigen im Allgemeinen spricht. Er schreibt nicht „ihr“, sondern „jemand“!

Die Welt nennt diese Handlungsweise Unvernunft. Sie will nicht, dass jeder mit ihr machen kann, was er will. Für das natürliche Herz besteht da eine große Schwierigkeit. Und vielleicht ist es noch schwieriger, das ungerechte Leiden anderer anzusehen und es zu erdulden, besonders, wenn die Ungerechtigkeit einen religiösen Charakter annimmt.

Wir aber müssen die Tugenden Dessen verkünden, Der uns von der Finsternis zu Seinem wunderbaren Licht berufen hat (Vers 9).

Der Herr Jesus ertrug alles, was die Menschen Ihm antaten. Gott ertrug es, dass die schmutzigen sündigen Hände Seiner Geschöpfe sich an Seinem Sohn vergriffen, Ihn misshandelten, schrecklich erniedrigten und zum Schluss kreuzigten – Ihn, der voll Liebe und Gnade zu den Menschen kam, um sie zu segnen. Wenn wir tun, was der Apostel schreibt, verkündigen wir die Tugenden dieses Gottes, und Christus wird in uns geoffenbart und gesehen.

Petrus spricht hier über Leiden um des Gewissens willen. Im folgenden Kapitel spricht er über Leiden um der Gerechtigkeit willen und über Leiden aufgrund Bösem (Kap 3,14–17), und in Kapitel 4 über Leiden mit Christus und für Christus (Kap 4,12–16).

Es kann sein, dass ich manchmal aufgrund meiner eigenen, bösen Handlungen leiden muss. Aber Petrus sagt, dass das nie geschehen sollte. Christus hat einmal für Sünden gelitten (Kap 3,17+18). Ich kann wegen des Gewissens leiden, wenn ich Ungerechtigkeiten erdulde. Ich kann für die Gerechtigkeit leiden, wenn ich mich weigere, Unrecht zu tun. Ich kann für den Namen des Herrn Jesus leiden, wenn ich Seinen Namen bekenne und dafür geschmäht oder sogar verfolgt werde. Und ich kann mit Christus leiden, wenn ich mit Ihm den Platz der Verwerfung auf der Erde einnehme, und auch, wenn ich in meinem schwachen Maß Seine Versammlung liebe und für sie Sorge trage.

Es wird deutlich, dass kein Verdienst und überhaupt kein Ruhm darin liegt, Schläge zu erdulden, die man für selbst verschuldete schlechte Dinge empfängt. Bei einem Christen sollte es das gar nicht geben. Der Apostel nennt dafür im folgenden Kapitel einen merkwürdigen Grund: „Denn es hat ja Christus einmal für Sünden gelitten, der Gerechte für die Ungerechten“ (1. Pet 3,18). Das war das Werk Christi, das geschehen ist, damit es für uns keine Strafe mehr gibt. Darum sollten wir nicht leiden als solche, die Böses getan haben. Wenn wir aber leiden, weil wir Gutes tun, auf jeden Fall aber keinen Anlass zu Strafe und Misshandlung gegeben haben, und dies trotzdem erdulden, dann ist dies Gnade bei Gott.

Die Welt behauptet, dass das unmöglich sei, weil übermenschlich, und doch erwartet Gott dies von Seinen Kindern, und zwar nicht nur von Seinen großen Dienern, sondern auch von dem niedrigsten Sklaven. Aber Er gibt ihnen ein wunderbares Beispiel, wo sie diesen Anspruch praktiziert sehen können. Er stellt ihnen Seinen Sohn vor: „...welcher, der Schande nicht achtend, für die vor ihm liegende Freude das Kreuz erduldete [...] Denn betrachtet den, der so großen Widerspruch von den Sündern gegen sich erduldet hat, auf dass ihr nicht ermüdet, indem ihr in euren Seelen ermattet“ (Heb 12,2+3). Der Heilige Geist aber, Der in uns wohnt, ist die Kraft, die uns befähigt, Christus darin nachzufolgen. Nun, das ist Gnade bei Gott. Gott sieht es mit Wohlgefallen, denn es ist eine Offenbarung Seiner Selbst, und zwar mitten in einer Welt, die Gott verworfen hat und über die Satan regiert.

Kapitel 2 Verse 21–23: „Denn hierzu seid ihr berufen worden; denn auch Christus hat für euch gelitten, euch ein Vorbild hinterlassend, auf dass ihr seinen Fußstapfen nachfolget; welcher keine Sünde tat, noch wurde Trug in seinem Munde erfunden, der, gescholten, nicht wiederschalt, leidend, nicht drohte, sondern (sich) dem übergab, der recht richtet.“

Gottes Wort sagt uns, dass wir gerufen sind mit dem Ruf der Macht Gottes, um gerechtfertigt und verherrlicht zu werden, damit wir dem Bild Seines Sohnes gleichförmig seien (Röm 8,30). Dazu hat Gott uns teilhaben lassen an all den Folgen des Werkes des Herrn auf dem Kreuz (Eph 1,6+7) und hat uns durch den Heiligen Geist mit dem verherrlichten Herrn im Himmel einsgemacht (1. Kor 12,13; Eph 1,22+23). Das bedeutet, dass wir jetzt schon im Glauben und bald in Wirklichkeit alles mit Ihm teilen werden, was Er als Mensch von Gott empfangen hat (Joh 17,5+22), aber auch, dass wir hier auf Erden in dieser Zeit den Platz der Verwerfung mit Ihm einnehmen. Wir sind also für die himmlische Herrlichkeit berufen, und bis dahin müssen wir mit Ihm als Zeugen Gottes auf der Erde leiden (Phil 1,29).

Die Verhaltensweise, die der Apostel diesen gläubigen Sklaven (und uns) in den Versen 18 bis 20 vorschrieb, hat er sich also nicht selbst ausgedacht, und sie war auch nicht unnötig hart, sondern ein Teil ihrer Berufung! Als einsgemacht mit Christus mussten sie den gleichen Weg gehen wie Er und sich in derselben Weise verhalten. Aber dafür hatten sie Ihn als ihr herrliches Vorbild. Verändert nicht der Blick auf Ihn alle Dinge? Das Leiden, das den Gläubigen mit Ihm in Verbindung bringt, macht das Herz glücklich (Apg 5,41), wie groß auch das Leiden sein mag. Es geht hier natürlich nicht um das versöhnende Leiden des Herrn. Darin können wir niemals Seinen Fußstapfen folgen. Es geht hier um das Leiden für die Gerechtigkeit usw. Christus war das Licht, und sie hassten das Licht. Er sagte über die Werke der Welt, dass sie böse waren und darum hassten sie Ihn (Joh 7,7). Sie hassten Ihn wegen Seiner Liebe und Güte (Ps 109,3–5)!

Wir teilen mit Ihm diesen Platz der Verwerfung und der Leiden. Wir sind nicht von der Welt, so wie Er nicht von der Welt ist (Joh 17,16), und darum hasst uns die Welt. Aber welch ein Trost ist es für uns: „Wisset, dass sie mich vor euch gehasst hat“ (Joh 15,18–20)!

Der Herr Selbst hat uns angeleitet, wie wir uns nach Seinem Willen und dem Willen Gottes zu offenbaren haben (Lk 6,27–36). Aber in Seinem Leben auf der Erde sehen wir das praktisch verwirklicht. Wir sehen auch, dass es die Offenbarung des Charakters des Vaters ist (Mt 5,48).

Das griechische Wort für „Beispiel“ kommt im Neuen Testament nur hier vor. Außerhalb des Neuen Testaments finden wir es in Bezug auf Schriftvorlagen angewendet, die Kinder abschreiben mussten, um so die Buchstaben zu erlernen, oder auch auf Zeichnungen, deren Linien sie nachzuziehen hatten.

Das Christentum ist keine Lehre, kein Dogma, sondern lebendige Person. Dogmen können Erkenntnis geben, aber niemals Seelen bilden oder Kraft für den Lebenswandel verleihen. Der Mensch muss einen göttlichen und gottgegebenen Bezugspunkt für sein Herz und seine Seele haben. Diesen gab Gott in Dem, in welchem Er all Sein Wohlgefallen gefunden hatte: den Sohn Seiner Liebe (Kol 1,13)!

Menschen, selbst die größten Diener Gottes, enttäuschen (Lk 9,40). Aber wie sollte Er unseren Erwartungen nicht entsprechen, Dessen Vollkommenheiten doch das Herz des Vaters mit Freude und Wohlgefallen erfüllen? Er ist überdies mein Heiland, Dem ich alles zu verdanken habe. Wenn ich Sein Leiden betrachte, verändert sich alles, gleichgültig, wie die Umstände sind, durch die ich zu gehen habe. Es ist dann die Freude meines Herzens, an diesem Leiden teilhaben zu dürfen (Apg 5,41; Phil 3,10). Und mein Herz bedenkt dabei, dass Er sie für mich erduldete.

Wie gesagt, es geht hier nicht um das versöhnende Leiden des Herrn. Darin können wir Ihm nicht folgen. Es würde die Hölle für uns bedeuten, unter dem Gericht Gottes zu stehen. Das versöhnende Leiden des Herrn fand am Kreuz statt, wie Vers 24 und Hunderte anderer Stellen uns lehren. Da trug Er unsere Sünde und wurde für uns zur Sünde gemacht (Röm 8,3; 2. Kor 5,21), so dass das Gericht eines heiligen und gerechten Gottes, das nichts verschonte, Ihn schlug und in den Staub des Todes legte (Sach 13,7; Ps 22,15).

Aber war das ganze Leben des Herrn auf der Erde nicht ein Leiden (Ps 102,1–8)? Was muss es für Seine heilige Seele gewesen sein, auf dieser unreinen Erde in dieser sündigen Atmosphäre zu leben! Was bedeutete es für Ihn, Hass für Seine Liebe zu empfangen (Ps 109,2–5), von Satan versucht zu werden mit all den schmutzigen Versuchungen, die Satan zur Verfügung stehen (Lk 4,1–13)? Wie litt Er unter dem Widerspruch der Sünder (Heb 12,3) und unter dem Unglauben derjenigen, die Ihn umgaben! Er spricht von Hunden, die Ihn umgeben, und von Stieren aus Basan, die Ihn umringt hatten (Ps 22,13–22). Er klagt: „Der Hohn hat mein Herz gebrochen“ (Ps 69,21).

War all dies Leiden nicht für uns bestimmt, obwohl es nicht stellvertretend, nicht versöhnend war? Er musste das Leiden auf Sich nehmen, damit deutlich wurde, dass Er das vollkommene Opfer für unsere Sünden sein konnte. Die Schrift nennt noch einen anderen Grund. Er erfuhr alle Umstände, alle Schwierigkeiten, alle Versuchungen, in die wir kommen können, damit Er ein treuer und barmherziger Hohepriester für uns sein kann (Heb 2,18). Er kennt alle diese Dinge aus Erfahrung und weiß, was ihnen eigen ist. So kann Er uns zu Hilfe kommen, so dass wir Gnade finden zur rechtzeitigen Hilfe (Heb 4,14–16). Und so ist Er der Urheber unserer Errettung geworden, die fähig ist, uns alle zur Herrlichkeit zu bringen (Heb 2,10).

Wie verlieren unsere Schwierigkeiten und unsere Leiden angesichts Seiner Leiden an Bedeutung! Wie klein werden sie, wenn wir auf Ihn sehen. Gleichzeitig wissen unsere Herzen, dass Er das Leiden aus Liebe zu uns auf Sich nahm: um das vollkommene Opfer für uns sein zu können und um uns in unseren Leiden und in unseren Gefühlen zu verstehen. In dieser Person, die unsere Herzen bewundern und anbeten, sehen wir, wie wir uns in diesen Umständen zu verhalten haben. Folgen wir dann nicht mit Freuden Seinen Fußspuren? Wie bewegen diese zwei kleinen Wörtchen „für euch“ (1. Pet 1,20) oder „für uns“ unsere Herzen! Für uns wurde Er am Ende der Zeiten geoffenbart! Für uns wurde Er zur Sünde gemacht (2. Kor 5,21)! Für uns ist Er gestorben (Röm 5,8). Für uns gab Er Sich hin als Darbringung und Schlachtopfer, Gott zu einem duftenden Wohlgeruch (Eph 5,2)! Jeder von uns kann sagen: „Der Sohn Gottes, Der mich geliebt und sich für mich hingegeben hat“ (Gal 2,20). Hier finden wir: Für uns hat Er 33 Jahre auf der Erde gelebt und all das Leiden von der Krippe bis zum Kreuz erduldet. Wer ist Ihm gleich, so mild und so reich an Liebe und Macht und Erbarmen! In einigen Handschriften steht statt „für euch“ „für uns“. Das allgemeine Zeugnis lautet aber „für euch“. Das stimmt mit der Gewohnheit dieses Briefes überein. Die Bedeutung wird dadurch aber nicht verändert. Es ist deutlich, dass der Herr für jeden Gläubigen gelitten hat und für jeden das Beispiel ist.

Das griechische Wort für „folgen“ wird allgemein gebraucht für „jemandem folgen“. Die Vorsilbe (epi) bedeutet, dass es sich um ein unmittelbares Folgen handelt, dicht hinter dem her, der vorausgeht. Wir müssen dicht hinter dem Herrn Jesus hergehen, indem wir Seinen Fußspuren folgen, oder: Ihm in Seinen Fußspuren folgen, wie es auch übersetzt wird.

Wir müssen oftmals leiden, weil wir selbst etwas verkehrt gemacht haben. Selbst wenn wir nicht gesündigt haben, ist unser Auftreten doch oftmals sehr schwach. Müssen wir uns nicht immer darunter beugen? Aber der Herr war vollkommen. Er tat keine einzige Sünde. Er konnte den Juden sagen: „Wer von euch überführt mich der Sünde“ (Joh 8,46)? Die Form im Griechischen (aorist) gibt den Worten solche Kraft, dass man auch lesen kann: „Der niemals, in keinem einzigen Fall, Sünde tat!“

„Die Sünde ist die Gesetzlosigkeit“ (1. Joh 3,4). Sie ist das Handeln, das nicht mit der Gewalt über uns, also dem Schöpfer, rechnet. Jede Tat, jedes Wort und jeder Gedanke, die ein Mensch aus sich selbst hat, ist Sünde. Aber der Herr konnte sagen: „Meine Speise ist es, dass ich den Willen dessen tue, der mich gesandt hat, und sein Werk vollbringe“ (Joh 4,34), und: „Ich tue allezeit das Ihm Wohlgefällige“ (Joh 8,29).

Der Apostel Paulus geht weiter. Er schreibt: „Der keine Sünde kannte“ (2. Kor 5,21) und: „Der in allen Dingen versucht worden ist in gleicher Weise wie wir, ausgenommen die Sünde“, d.h. ganz getrennt von der Sünde (Heb 4,15). Der Herr tat nicht nur niemals etwas Verkehrtes, sondern Er hatte auch eine heilige Natur und daher keine Ihm innewohnende Sünde. Er war von einer Frau geboren und dementsprechend wahrhaftiger Mensch (Gal 4,4), aber Er war nicht aus einem Mann geboren: die Kraft Des Allerhöchsten hatte die Jungfrau Maria überschattet, und so hatte der Herr keine sündige Natur wie jeder andere Nachfahre Adams: Er war „das Heilige, das geboren werden sollte“ (Lk 1,35).

„…noch wurde Trug in seinem Munde gefunden“.

Betrug spricht von List und steht der Wahrheit und Aufrichtigkeit entgegen. Jedes Wort des Herrn drückte deutlich Seine Gedanken aus. Sie waren alle aufrichtig und rein. Als sie Ihn fragten, wer Er war, konnte Er antworten: „Durchaus das, was ich auch zu euch rede“ (Joh 8,25). Jedes Wort, das Er sprach, war die Offenbarung dessen, was Er in Sich Selbst war. Das Wort „gefunden“ zeigt, dass eine Prüfung stattgefunden hat. Sie haben versucht, Ihn in Seinen Worten zu fangen (Mt 26,60), aber es glückte ihnen nicht. Nach jedem Verhör musste der Richter Ihn schuldlos sprechen (Joh 19,4–6). Seine Aufrichtigkeit überstand jede Probe. Auch darin ist Er unser Vorbild!

Das griechische Wort für „schelten“ kann mit beschimpfen, schelten, höhnen übersetzt werden (Joh 9,28; Apg 23,4). Aber wie sehr sie den Herrn auch schalten, Er schalt nicht zurück; wie sehr Er auch unter ihrer ungerechten, grausamen Handlungsweise litt, Er drohte nicht. Wie einfach hätte der Herr sie darauf hinweisen können, dass Er ihnen einst vergelten wird, wenn Er als Richter erscheint (Joh 5,22). Aber stattdessen bat Er am Kreuz: „Vater, vergib ihnen“.

Er war nicht gefühllos für alles, was die Menschen taten. Wir können in den Psalmen, die prophetisch von Seinem Leiden sprechen, lesen, wie tief Er verletzt wurde durch alles, was sie zu Ihm sagten und Ihm antaten (Ps 22; 69; 102; 109). Der Herr fühlte alles viel tiefer als wir, weil Seine Gefühle nicht durch die Sünde abgestumpft waren und noch dazu war Er die Liebe in Person. Dabei war Er der Schöpfer des Weltalls (Joh 13,3; Joh 1,3), und es waren Seine Geschöpfe, die Ihm dieses antaten.

Aber Sein Auge war allein auf den Vater gerichtet. Er tat niemals Seinen eigenen Willen, sondern nur den Willen des Vaters. Er nahm den niedrigsten Platz ein, obwohl Er der Allerhöchste war. Es gibt keinen niedrigeren Platz auf der Erde als den Platz des Gehorsams. Aber es ist nichts reiner, nichts, das den Menschen sittlich mehr erhöht, als allezeit Gott zu gehorchen.

So erwiderte der Herr nicht den entgegengebrachten Hohn und sprach keinerlei Drohungen aus, sondern übergab alles Dem, Der recht richtet. Es bestehen viele verschiedene Meinungen über das, was der Herr Gott übergab. Einige denken an Seine Leiden, andere an die Menschen, die Ihm das antaten: zum Gericht oder auch in Verbindung mit Seinem Gebet am Kreuze: „Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun“. Die meisten denken, dass der Herr Sich Selbst Gott übergab. Wenn etwas Bestimmtes gemeint ist, das der Herr Gott übergab, dann glaube ich, dass es „Sich“ heißen muss, wie es auch in der Elberfelder Übersetzung steht.

Die Frage ist aber, ob etwas eingefügt werden muss. Buchstäblich sagt das Griechische: „sondern übergab dem gerecht Urteilenden“. Ist es nicht die Absicht des Heiligen Geistes, dies so allgemein zu sagen? Es trifft zu, dass es sprachlich so nicht schön ist, aber die Bedeutung ist dann vollkommen deutlich. Das Auge des Herrn war nur auf Gott gerichtet. Er nahm alle Dinge aus Seiner Hand als von Ihm kommend an. Er beurteilte sie nicht, sondern überließ das Urteil Dem, Der recht richtet.

Wenn auch wir das tun, dann ist der Stachel der Leiden fort. Wir überlassen alles unserem Vater; wir beurteilen es nicht, sondern nehmen es aus Seiner Hand an, wie David es tat, als Simei ihm fluchte. Er sagte: „Ja, mag er fluchen! Denn wenn der HERR ihm gesagt hat: fluche David! wer darf dann sagen: warum tust du also“ (2. Sam 16)? Und wie Paulus sagt: „Mir aber ist es das Geringste, dass ich von euch oder von einem menschlichen Tage beurteilt werde; ich beurteile mich aber auch selbst nicht. Denn ich bin mir selbst nichts bewusst, aber dadurch bin ich nicht gerechtfertigt. Der mich aber beurteilt, ist der Herr“ (1. Kor 4). Dann aber werden wir uns selbst, unsere Umstände, die Menschen, die uns etwas antun, ja, selbst das Urteil darüber, ob das alles gerecht war oder nicht, was mit uns geschieht oder was wir selbst tun oder sind oder was andere sind, Gott überlassen, von Dem wir wissen, dass allein Sein Gericht vollkommen gerecht ist. Das griechische Wort für „übergeben“ bedeutet buchstäblich, es in die Hände eines anderen übergeben.

Kapitel 2 Verse 24 und 25: „Welcher selbst unsere Sünden an seinem Leib auf dem Holz getragen hat, auf dass wir, den Sünden abgestorben, der Gerechtigkeit leben, durch dessen Striemen ihr heil geworden seid. Denn ihr ginget in der Irre wie Schafe, aber ihr seid jetzt zurückgekehrt zu dem Hirten und Aufseher eurer Seelen.“

In den vorherigen Versen sahen wir, dass Christus für uns in Seinem Leben auf der Erde gelitten hat, damit Er uns verstehen kann, wenn wir in die gleichen Umständen geraten sollten (Heb 2,10–18). Er kann dann mit uns empfinden und für uns als Priester vor Gott eintreten, damit wir Gnade finden zur rechtzeitigen Hilfe (Heb 4,15–16; 7,25). Aber Petrus stellt uns das Verhalten und die Gesinnung des Herrn in diesen Leiden vor, damit wir in Ihm das Vorbild haben, wie wir sein sollen, wenn wir Leiden ausgesetzt sind.

In diesen Versen nun geht über er von den Leiden im Leben des Herrn zu den Leiden auf dem Kreuz. Darin ist der Herr nicht unser Vorbild. In dem Versöhnungswerk können wir Ihm nicht folgen! Der Herr wird uns hier besonders als das Schuldopfer vorgestellt, das in dem Gericht Gottes unsere Sünden trug, damit unsere Herzen darin einen Beweggrund finden, nicht mehr unseren eigenen Willen, sondern allein den Willen Gottes zu tun. Das Tun des eigenen Willens ist Sünde für ein Geschöpf. Seine Aufgabe ist es, dem Schöpfer zu dienen, also nur gehorsam zu sein. Wie viel mehr gilt das für uns, die durch den Herrn um den Preis Seines Blutes erkauft sind. Wir sind zum Gehorsam des Christus gebracht (Kap 1,2).

Bewegt es nicht unsere Herzen, wenn wir lesen, dass Er unsere Sünden an Seinem Leib auf dem Holz trug? Im Griechischen steht vor Sünden der Artikel. Im Deutschen kann man das nicht dergestalt übertragen, es sei denn, man veränderte den Satzbau, z. B. „die Sünden von uns“. Aber dann verlieren wir den Nachdruck auf „unsere“; die Meinung ist aber, dass der Herr in Seinem eigenen Leib unsere Sünden trug. Aber der Gebrauch des Artikels im Griechischen macht uns darauf aufmerksam, dass Er alle unsere Sünden trug.

Wenn wir unser Leben nach dem oben genannten Maßstab beurteilen, wie viele Sünden werden wir dann vor unserer Bekehrung getan haben, wie viele nach unserer Bekehrung bis zu diesem Augenblick (1. Joh 3,4)? Dann sehen wir, dass alle Taten, alle Worte, alle Gedanken, die wir nicht im Gehorsam gegenüber dem Herrn, also nicht in Seinem Auftrag, getan, gesprochen oder gedacht haben, Sünde waren (1. Mo 6,5). Alle diese Millionen Sünden hat Er in Seinem Leib auf dem Holz getragen (Heb 9,28; Jes 53,11+12).

Er hat Selbst keine Sünden getan (Vers 22)! Er kannte die Sünde, die Quelle, aus der die Sünden, die sündigen Taten, hervorkamen, nicht einmal (2. Kor 5,21). In Ihm ist keine Sünde, schreibt Johannes (1. Joh 3,5). Was muss es dann für Ihn gewesen sein, alle die Milliarden Sünden der Seinen auf Sich zu nehmen! In den Psalmen finden wir prophetisch die Gefühle des Herrn, auch auf dem Kreuz, zum Ausdruck gebracht. Da klagt Er, dass Er in grundlosen Schlamm, wo man nicht stehen kann, gesunken ist (Ps 69,2–6), dass Er erstatten muss, was Er nicht geraubt hat. Seine heilige Seele wurde in Berührung gebracht, ja einsgemacht mit unseren schmutzigen Sünden. Er nahm sie nicht allein auf Sich als eine Last, sondern trug sie in Seinem Leib. Es war nicht nur etwas Äußerliches, sondern ein innerliches Einsmachen. Dadurch wurde Seine Gemeinschaft mit Gott unterbrochen. Er, Der in Seinem Leben auf der Erde sagen konnte: „Ich aber wusste, dass Du mich stets erhörst“ (Joh 11,42), musste da rufen: „Mein Gott, mein Gott, warum hast Du mich verlassen“ (Mt 27,46)? Das Schwert der Gerechtigkeit Gottes schlug Ihn dort (Sach 13,7); die ganze Strafe für alle unsere Sünden kam auf Ihn, so dass Er rufen musste: „In den Staub des Todes legst du mich“ (Ps 22,15)!

Wer kann Seine Liebe für mich, für uns ergründen, dass Er solch einen Preis für unsere Erlösung bezahlen wollte? Wer kann die Tiefe Seiner Leiden am Kreuz ergründen, ja, wer kann auch nur eine kleine Ahnung davon haben? Wer kann die Größe des Preises ermessen?

Lässt uns das Leiden des Herrn für unsere Sünden kalt? Sollte das möglich sein, bei einem, der weiß, dass es auch für seine Sünden geschehen ist? Petrus, ja, der Heilige Geist Der ihn inspirierte, dies zu schreiben, weiß, dass es unsere Herzen bewegt, und dass das Hinschauen auf Christi Leiden für unsere Sünden uns einen Abscheu vor der Sünde gibt. Wir wenden uns voller Abscheu von all dem ab, wofür Christus so leiden musste. Sittlich sterben wir so den Sünden ab. Das war gerade das Ziel des Werkes des Herrn! Er kam nicht allein, um uns von der Strafe für unsere Sünden zu befreien, sondern um die Sünde zu vernichten und abzuschaffen (Heb 9,26), damit wir nichts mehr mit ihr zu tun hätten, um dadurch ungestörte Gemeinschaft zu genießen und in der Gegenwart Dessen zu sein, Der zu heilig ist, um die Sünde anzuschauen.

Wir sehen die gleiche Handlungsweise in den Bildern des Alten Testamentes. Wenn jemand aus dem Volk Gottes sündigte, musste er ein Sünd- oder auch ein Schuldopfer (3. Mo 4; 5; 6) bringen; es besteht ein Unterschied in der Größe des Opfers, aber nicht im Grundsatz. Der das Opfer bringt ist ein Angehöriger des Volkes Gottes und steht daher mit Gott in Verbindung. Seine Sünde hat die Gemeinschaft aber unterbrochen, und nach den Grundsätzen des Wortes Gottes wird diese erst durch das Bekenntnis und die Reinigung im Selbstgericht (1. Joh 1,9) wiederhergestellt. Aber wie weiß ich, was Sünde ist? Wenn ich etwas für Sünde halte, woher weiß ich, wie schwer sie ist? Das kann ich nicht lernen, indem ich mich mit mir selbst oder mit meinen Taten beschäftige, und ebenso wenig, indem ich auf andere sehe. Die Schrecklichkeit der Sünde und den wahren Charakter der Sünden erfahren wir nur, indem wir die Strafe anschauen, die der Herr für unsere Sünden erduldete. Am Kreuz lerne ich die ganze Schrecklichkeit kennen, und dort allein komme ich zu wahrem Selbstgericht und zum Bekenntnis. Darum musste der Israelit, der gesündigt hatte, ein Opfer bringen, ein Schuldopfer, damit er erkenne, wie groß seine Schuld war. Oder er brachte ein Sündopfer, um zu erfahren, was er in sich selbst war, und um zu dem Bekenntnis Davids zu gelangen: „Siehe, in Ungerechtigkeit bin ich geboren, und in Sünde hat mich empfangen meine Mutter“ (Ps 51,5). In neutestamentlichen Worten ausgedrückt heißt es: „Ich weiß, dass in mir, das ist in meinem Fleisch, nichts Gutes wohnt“ (Röm 7,18)!

Wie immer, bleibt Petrus bei der praktischen Seite stehen. Er geht nicht weiter als bis zum Schuldopfer. Paulus geht weiter zum Sündopfer (Röm 5,12 bis einschließlich Kap 8). Er denkt an Erleichterung des Gewissens und sagt darum, dass wir der Sünde gestorben sind. Petrus spricht das Herz an und redet daher über die Sünden, also nicht über die sündige Natur wie Paulus, sondern über die sündigen Taten. Er richtet unser Auge auf das Kreuz, wo Christus die Strafe für unsere Sünden trug, damit wir sie nicht zu tragen brauchen, damit der Tod Christi solch eine Macht über unsere Herzen ausüben kann, dass wir praktisch den Sünden abgestorben sind und gemäß der Gerechtigkeit leben. In der Tat ist das Hinblicken auf das Leiden und Sterben des Herrn für unsere Sünden praktisch die Energie für ein Leben gemäß der Gerechtigkeit.

Es geht hier nicht um die Gerechtigkeit Gottes, von der Paulus schreibt. Die empfangen wir durch Gnade. Petrus spricht über praktische Gerechtigkeit in unserem alltäglichen Leben. Dass wir leben sollen in Übereinstimmung mit der Gerechtigkeit, also in Übereinstimmung mit unserem wahren Verhältnis zu Gott und zu dem Herrn Jesus. Als Geschöpfe dürfen wir keinen eigenen Willen oder keine eigenen Wege haben, sondern einzig das tun, was Er uns aufträgt. Durch die Erlösung hat der Herr Jesus ein Recht auf unseren Geist, unsere Seele und unseren Leib erworben. „Wisset ihr nicht, dass euer Leib der Tempel des Heiligen Geistes ist, der in euch wohnt, den ihr von Gott habt, und dass ihr nicht euer selbst seid? Denn ihr seid um einen Preis erkauft worden; verherrlicht nun Gott in eurem Leib“ (1. Kor 6,19+20).

Indem der Apostel sagt, dass Christus unsere Sünden am Kreuz trug, hat er vielleicht an den zweiten Bock am großen Versöhnungstag gedacht (3. Mo 16,21+22). Aber sicher hat er sich an die Verse 5, 11 und 12 von Jesaja 53 erinnert. Er geht nun weiter und führt den letzten Teil von Vers 5 an und denkt dabei an Vers 6. „Um unserer Übertretungen willen war er verwundet, um unserer Missetaten willen zerschlagen. Die Strafe zu unserem Frieden lag auf ihm und durch seine Striemen ist uns Heilung geworden“ (Jes 53,5).

Aus den Worten Jesajas wird deutlich, dass „Seine Striemen“ auf das Leiden des Herrn am Kreuz hindeuten. In dem ersten Teil dieses Verses wird über „verwundet“ und „zerschlagen“ als Vergeltung für unsere Übertretungen und Missetaten gesprochen. Dann wird alles zusammengefasst in „die Strafe“, die uns den Frieden brachte, und „Seine Striemen“, durch die wir Heilung erfuhren. Das sind zwei Folgen des Werkes am Kreuz, wovon die erste unsere Schuld und die zweite unseren elenden Zustand tilgte.

Der Apostel tut das gleiche und umschreibt dann diesen elenden Zustand, indem er in Vers 6 anführt: „Denn ihr ginget in der Irre wie Schafe“ (Jes 53,6). Wir mussten geheilt werden, weil wir umherirrten, fern von Gott, und hatten keinen anderen Hirten als den Teufel, auch keine Nahrung und keine Zukunft. Wir sind genesen durch Seine Leiden am Kreuze, durch Sein Verlassensein von Gott, das Er auf Sich nahm als Resultat davon, dass Er unsere Sünden trug. Das Wort „Striemen“ steht im Griechischen in der Einzahl und hat einen Artikel. Hier wird also nicht die Art und Weise oder der Charakter angedeutet, sondern zusammenfassend das gesamte Leiden des Herrn von Seiten Gottes für unsere Sünden betrachtet. „Schwert, erwache wider meinen Hirten, wider den Mann, der mein Genosse ist, spricht der HERR der Heerscharen; schlage den Hirten, und die Herde wird sich zerstreuen. Und ich werde meine Hand den Kleinen zuwenden“ (Sach 13,7).

Um die Schrecklichkeit der Leiden des Herrn anzudeuten, gebraucht Petrus ein Wort, das die meisten der Sklaven, an die er nun schrieb, aus Erfahrung kannten: die sichtbaren Folgen eines harten Schlages auf dem Körper eines Menschen: die Eindrückungen oder die Schwellung der Haut und was darunter ist durch die vernichtende Kraft eines solchen Schlages.

Die Zeitform, in der im Griechischen der Ausdruck „ginget in der Irre“ steht, weist mehr auf die Gewohnheit des In-der-Irre-Gehens und auf den derzeitig andauernden Zustand als auf die Tatsache des In-der-Irre-Gehens selbst hin. Schafe sind für ihr Abirren bekannt, und praktisch finden sie niemals den Weg zurück. Welch ein passendes Bild für den sündigen Menschen, aber vor allem für diese jüdischen Gläubigen.

Die Juden waren die Schafe des Herrn (Jes 63,11; 2. Sam 24,17), und ihre Gemeinschaft als Volk Gottes war der Schafstall (Joh 10,1–4+8+16). Leider verließen sie ihren Hirten und irrten ab, fern von Gott (Hes 34; Jer 23). Als der gute Hirte kam, wollte die Masse des Volkes Ihn nicht annehmen. Darum erkannte Er sie nicht länger als Seine Schafe an (Joh 10,26+27) und führte die, die Ihn angenommen hatten, aus dem Stall, um sie um Sich Selbst zu versammeln (Joh 10,4+16).

Der Tag wird kommen, an dem der gläubige Überrest aus dem Stamm Juda seinen Zustand erkennen und zu dem Hirten zurückkehren wird. „Ich bin umhergeirrt wie ein verlorenes Schaf: suche deinen Knecht, denn ich habe deine Gebote nicht vergessen“ (Ps 119,176). Jesaja 53 ist prophetisch das Bekenntnis des Überrestes, wenn er zurückgekehrt sein wird zu Ihm, Den sie verworfen und verachtet hatten, durch Dessen Striemen sie dann von ihrem Zustand genesen sein werden.

Wie wir wiederholt gesehen haben, stellt Petrus die jüdischen Gläubigen, an die er schreibt, häufig auf den Boden des gesegneten Überrestes in der Zukunft. Sie hatten „zuvor auf den Christus gehofft“ (Eph 1,12). Sie hatten sich nicht allein jetzt bekehrt, wie der gläubige Überrest es später tun wird, sondern hatten jetzt auch schon die zukünftigen Segnungen empfangen, wenn es für sie auch nicht die irdische Erlösung, sondern die Erlösung der Seele bedeutete (Kap 1,9). Aber dadurch waren die Segnungen für sie auch viel größer geworden. Sie sahen zwar nicht die äußerliche, auf der Erde sichtbare Herrlichkeit des tausendjährigen Reiches, aber sie waren in die besseren Segnungen dieser Zeit eingegangen, in der Israel beiseite gesetzt ist, und in der nun Gott den verworfenen Christus aus den Toten auferweckt und Ihm Herrlichkeit gegeben hat, damit ihr Glaube und ihre Hoffnung auf Gott sei (Kap 1,21).

Sind wir, die Gläubigen aus den Nationen, auch nicht aus dem alten Schafstall Israel, so teilen wir doch die Segnungen und die herrliche Stellung dieser Gläubigen. Nachdem Israel den Herrn verworfen hatte, spricht Er über Schafe aus den Nationen. Nicht die Völker sind die Schafe, sondern die aus den Nationen, die Ihn annehmen würden. Er wollte sie vereinigen mit Seinen Schafen aus Israel, „und es wird eine Herde und ein Hirte sein“ (Joh 10,16). Im Grundsatz stimmt das, was über sie gesagt wird, auch für uns. Die Briefe an die Römer und an die Korinther berichten uns, wie weit die Nationen von Gott abgeirrt waren. Wenn das überhaupt sein kann, so waren sie unendlich weiter entfernt von Gott als Israel, zumindest was ihr offenbares Leben betraf. Aber auch wir sind zurückgekehrt (das griechische Wort kann auch übersetzt werden mit „bekehrt“), „bekehrt“ zu dem Hirten und Aufseher unserer Seelen.

Von David lesen wir schöne Dinge als Hirte. Es wird zunächst gesagt: Er weidete die Schafe. Danach heißt es: Er ist bei den Schafen. Zum Schluss: Er nährt die Schafe (eine andere Übersetzung) (1. Sam 16,11+19; 17,15+34). Um sie zu weiden, musste er einen Löwen und einen Bären erschlagen. Er wagte sein Leben für seine Schafe.

Unser Hirte gab als der gute Hirte Sein Leben für uns (Joh 10,11). Als der große Hirte ist Er als der Auferstandene stets bei uns (Mt 28,18+20; Heb 13,20). Als der Erzhirte sorgt Er für uns und wird bald Kronen der Herrlichkeit verteilen (1. Pet 5,2+4). Er ist wirklich der Hirte und Aufseher unserer Seelen! Aber welch ein Hirte!

Kapitel 3 Verse 1 und 2: „Gleicherweise ihr Weiber, (seid) euren eigenen Männern unterwürfig, auf dass, wenn auch etliche dem Worte nicht gehorchen, sie durch den Wandel der Weiber ohne Worte mögen gewonnen werden, indem sie euren in Furcht keuschen Wandel angeschaut haben.“

Wie in der Einleitung bereits gesagt wurde, ist die Regierung Gottes der große Grundsatz dieses Briefes, genauer gesagt, die Regierung Gottes im Hinblick auf die Gläubigen in dem verborgenen Charakter, den diese Regierung nun angenommen hat, nachdem Gott die direkte Regierung in die Hände der Menschen übergeben hat (Dan 2,37). Diese Menschen haben den Herrn der Herrlichkeit gekreuzigt (1. Kor 2,8); sie haben in ihrem Herrschaftsbereich keinen Raum für Ihn. Aber das bedeutet, dass jeder, der mit Ihm verbunden ist, ein Fremdling ohne Bürgerrecht in der Welt ist. Wo kein Raum für den Christus ist, da ist ebenso wenig Platz für die Christen.

Als Fremdlinge, die aber ein königliches Priestertum bilden (Kap 2,9), haben sie nun an dem Ort, an welchem Christus verworfen ist, die Tugenden Dessen zu verkünden, Der sie aus der Finsternis zu Seinem wunderbaren Licht gerufen hat. Das stimmt mit ihrer Stellung als Fremdlinge und Pilger überein. Denn auch Christus war ein Fremdling auf der Erde und nahm die Stellung des Gehorsams ein. Er war nicht gekommen, um bedient zu werden, sondern um zu dienen. So müssen auch wir einen unterwürfigen Geist haben und den Platz der Unterordnung einnehmen, wenn wir die Tugenden Christi verkünden wollen. Das stimmt wieder vollkommen mit der Regierung Gottes überein. Je mehr wir den Platz der Unterordnung einnehmen, desto besser lernen wir die Regierung Gottes kennen. Nur durch unsere jetzige Unterordnung werden wir fähig, zukünftig zu herrschen. Adam verlor sittlich das Recht, zu herrschen, weil er nicht gehorsam war.

In dem vorherigen Kapitel fanden wir den Grundsatz der Unterordnung ausdrücklich vorgeschrieben. „Unterwerfet euch nun aller menschlicher Einrichtung um des Herrn willen“ (Kap 2,13). Danach wurde dieser Grundsatz auf verschiedene Verhältnisse angewendet (Kap 2,13–17).

Aber von Kapitel 2,18 an ging der Apostel auf ein anderes Gebiet über, das nicht so an der Öffentlichkeit lag, nämlich zur Familie (griech. familia). Die Familien haben eine große Bedeutung in den Wegen Gottes mit den Seinen. Sie bilden die einzigen menschlichen Verbindungen, die von Gott in der Schöpfung eingesetzt wurden. Alle anderen Zusammenschlüsse, Städte, Länder, Sprachgebiete usw., sind durch die Sünde oder durch das Gericht Gottes entstanden. Darum legt Gott großen Wert auf die Familie als Fundament des menschlichen Zusammenlebens. Wir sehen auch in der ganzen Schrift, dass die Familie auch beim Volk Gottes nach Seinen Gedanken diesen wichtigen Platz beibehält. Gott braucht sie als einen der großen Segenskanäle sowohl für solche, die noch nicht bekehrt sind, als auch für die Gläubigen selbst. Alle, die der Familie angehören, teilen den Segen, den das Haupt der Familie empfängt.

Gleich zu Beginn der Menschheit finden wir das schon. Die Familie des gottesfürchtigen Seth bildet in seinen aufeinander folgenden Geschlechtern das Zeugnis Gottes auf der Erde (1. Mo 5). Die Nachkommen Kains bilden die von Gott entfremdete Welt, die sich müht, die Folgen des Fluches Gottes aufzuheben (1. Mo 4). Noah und sein Haus werden aus der Sintflut gerettet (1. Mo 6,18). Bei der Einsetzung der Beschneidung empfängt auch der für Geld Erkaufte das Zeichen des Bundes (1. Mo 17,12). Das Passahlamm ist nicht für jeden einzelnen Israeliten gesondert bestimmt, sondern für das Haus (2. Mo 12,3+4). So können wir das ganze Alte Testament durchgehen.

Im Neuen Testament finden wir das gleiche. Wir lesen von dem Haus des Kornelius, von Lydia, von dem Kerkermeister (zu dem gesagt wird: „Glaube an den Herrn Jesus, und du wirst errettet werden, du und dein Haus“), von Crispus, von Stephanas usw. Wir lernen, dass der ungläubige Mann geheiligt ist durch die gläubige Frau oder umgekehrt, und dass die Kinder in einer Familie, in der nur ein Elternteil gläubig ist, heilig sind (1. Kor 7,14). Gerade in den Briefen an die Kolosser und Epheser, wo uns der höchste christliche Standpunkt vorgestellt wird (gestorben mit Christus und auferweckt mit Ihm, in Ihm versetzt in himmlische Örter), werden die Kinder direkt angesprochen als ein Beweis, dass die Briefe auch ihnen gelten, wo sie doch an „die Heiligen und Getreuen in Christus“ gerichtet sind.

So spricht auch Petrus die Hausknechte an, Sklaven oder Freie, die zu dem Haushalt gehören. Nun wendet er sich an die Frauen; sie, welche den Platz der Unterordnung einnehmen, werden zuerst genannt. Denn das ist der höchste Platz, der Platz der Ehre, seit der Herr Jesus ihn einnahm! Aber wir wissen, dass die gefallene menschliche Natur diesen Platz verabscheut. Darum wird die Ermahnungen an die Frauen, ihren Männern unterwürfig zu sein, in den Briefen so häufig wiederholt.

Gottes Wort sagt, dass der Mann nach der Schöpfungsordnung (1. Kor 11,3–9) das Haupt der Frau ist. Aber dieses Haupt-Sein wurde nach dem Sündenfall sehr verstärkt, weil Eva durch ihren Ungehorsam und ihr Abweichen von Gott die Führung übernommen hatte (1. Tim 3,11–15). Wie konnte sie in der Stellung des Führers sein, ohne zu Fall zu kommen, wo Gott ihr doch diese Stellung und auch die dafür nötigen Fähigkeiten nicht gegeben hatte? Der Mensch besitzt in sich selbst keine Kraft. Er ist als Geschöpf abhängig von der Hilfe des Schöpfers. Aber wie kann er auf die Unterstützung rechnen, wenn er eine Stellung einnehmen will, die der Schöpfer ihm nicht gegeben hat? Trotz ihrer traurigen Erfahrung und trotz der deutlichen Worte, die Gott zu ihr sprach, scheint Eva wenig gelernt zu haben. Gott hatte dem Adam das Recht und die Fähigkeit gegeben, allen lebendigen Seelen einen Namen zu geben (1. Mo 2,19+20; 3,20). Aber als die Kinder geboren wurden, gab sie ihnen Namen (1. Mo 4,1+25). Wie irrte sie sich in dem Namen, den sie Kain gab! Auch weiterhin  gibt uns die Schrift Beispiele von traurigen Folgen, die dadurch entstanden sind, dass die Frau ihre Stellung verlässt und die Führung übernehmen will. Denken wir nur an 1. Mose 16,1–14; 1. Könige 21 und 2. Könige 11.

„Gleicherweise“, also auf dieselbe Weise wie die Hausknechte von Kapitel 2,18 ihren Herren gegenüber, müssen die Frauen ihren eigenen Männern untertan sein, „auf dass sie, die alten Frauen, die jungen Frauen unterweisen, ihre Männer zu lieben, ihre Kinder zu lieben, besonnen, keusch, mit häuslichen Arbeiten beschäftigt, gütig, den eigenen Männern unterwürfig zu sein; auf das das Wort Gottes nicht verlästert werde“ (Tit 2,4+5). „Ihr Weiber, seid euren Männern unterwürfig, wie es sich geziemt in dem Herrn“ (Kol 3,18). „Ihr Weiber, seid unterwürfig euren eigenen Männern, als dem Herrn; denn der Mann ist das Haupt des Weibes, wie auch der Christus das Haupt der Versammlung ist: Er ist des Leibes Heiland. Aber gleichwie die Versammlung dem Christus unterworfen ist, also auch die Weiber ihren Männern in allem“ (Eph 5,22–24).

Kann es deutlicher gesagt werden, wie vollständig diese Unterordnung sein muss? Die Zeitform (Partizip Präsens) zeigt hier genau so wie in Kapitel 2,18, dass es eine Gewohnheit, ein Zustand sein muss. Das griechische Wort für Unterordnung (hypotassein) kommt in den Evangelien nur in Lukas 2,51 vor, wo steht, dass der Herr Seinen Eltern untertan war, und in Lukas 10,17 und 20, wo die Dämonen den Jüngern unterworfen waren. Weiterhin kommt das Wort im Neuen Testament noch 32 mal vor, meistens mit „unterworfen“ übersetzt. 10 mal steht es in Verbindung mit der Unterwerfung aller Dinge unter Christus (1. Kor 15,27 und 28; Eph 1,22; Phil 3,21; Heb 2,5 und 8 (4 mal); 1. Pet 3,22), 7 mal, dass die Frau untertan sein muss (1. Kor 14,34; Eph 5,22 und 24; Kol 3,18; Titus 2,5 und 1. Pet 3,1 und 5), 4 mal, dass wir den über uns gesetzten Mächten unterwürfig zu sein haben (Röm 13,1 und 5; Tit 3,1; 1. Pet 2,13), 2 mal für das Verhältnis der Sklaven ihren Herren gegenüber (Tit 2,9; 1. Pet 2,18), 2 mal, dass wir Gott unterwürfig sein müssen (Heb 12,9; Jak 4,7) und weiterhin in Röm 8,7 und 20; 10,3; 1. Kor 14,32; 16,16; Eph 5,21; 1. Pet 5,5.

Welch eine Vollständigkeit der Unterordnung, der Unterwürfigkeit dem Mann gegenüber schreibt die Schrift der Frau vor, und zwar in allem, als dem Herrn. Wenn sie es nicht ist, wird das Wort Gottes verlästert. Wie wird hierin deutlich, dass der Geist der Welt in vollkommenem Widerspruch zu Gott und in Feindschaft zu Ihm ist! Aber welch ein herrliches Vorbild in dieser Unterordnung hat die gläubige Frau in dem Herrn Jesus. Er, der Sohn Gottes, war sündigen Menschen, die aber Seine Eltern waren, untertan.

Nun könnte entgegnet werden, und das geschieht auch oft: Ja, wenn mein Mann nur mit dem Herrn seinen Weg ginge, und wenn er so wäre, wie er sein müsste, dann würde ich ihm wohl unterwürfig sein können. Aber Gottes Wort nimmt dieses Argument nicht an. Den Hausknechten wird gesagt: „Nicht allein den guten und gelinden, sondern auch den verkehrten“ (Kap 2,18) Herren gegenüber sei Unterordnung nötig. Denn dieses ist wohlgefällig, wenn jemand um des Gewissens vor Gott willen Beschwerden erträgt, indem er ungerecht leidet. Für die Frauen wird gerade die Möglichkeit, dass ihre Männer dem Wort ungehorsam sind, als ein Grund genannt, noch unterwürfiger zu sein.

Wir wissen, dass bekehrte Männer mitunter in Ungehorsam dem Wort Gottes gegenüber ihren Weg gehen. Aus dem Text kann man auch die Möglichkeit entnehmen, dass der Mann sogar ein Ungläubiger ist, weil nur die Frau während der Ehe zur Bekehrung gekommen ist. Das ist kein normaler Zustand, aber er kann in den Regierungswegen Gottes vorkommen. Das Wort, das mit „nicht gehorchen“ übersetzt ist, spricht von einem Zustand ungläubigen Ungehorsams (s. Fußnote der Elberfelder Übersetzung).

Der Apostel Paulus schreibt, dass ein Gläubiger in solchem Fall die Ehe nicht zerbrechen darf (1. Kor 7). In Wirklichkeit hat ein Gläubiger keine Gemeinschaft mit einem Ungläubigen, denn das Licht hat keine Gemeinschaft mit der Finsternis (2. Kor 6). Ein Gläubiger, der sich also mit einem Ungläubigen verheiratet, sündigt in offenbarem Ungehorsam gegenüber Gott, er geht einem Leben der Einsamkeit und des Elends entgegen. Wenn aber jemand in der Ehe zur Bekehrung und dadurch in diese Stellung kommt, dann sagt die Schrift, dass er oder sie sich nicht scheiden lassen darf. Im Alten Testament musste der Israelit seine Frau aus den Nationen wegschicken (Esra 9,10). Aber die Gnade des Christentums erhebt sich weit über das Gesetz. Der Ungläubige ist durch die Verbindung mit einem Gläubigen geheiligt. Diese Verbindung kann dazu führen, dass der Ungläubige errettet wird.

Petrus denkt nicht einmal an die Möglichkeit einer Scheidung. Aber er verbindet die Bekehrung des Ungläubigen mit dem Lebenswandel der gläubigen Frau. Wenn sie sich verhält, wie sie sich als gläubige Frau verhalten muss, dann kann, in einigen Handschriften steht sogar „wird“, der Ungläubige zur Bekehrung kommen oder der abgeirrte Gläubige zurückfinden.

Ohne Zweifel hat es eine gläubige Frau in dieser Stellung schwer. Der Wille der alten Natur im Menschen ist Feindschaft wider Gott. Die alte Natur wird durch das, was des Geistes ist in denen, die den Platz der Unterordnung einnehmen, nur gereizt. Aber doch sagt das Wort, dass sie ihren Mann in allem als dem Herrn unterwürfig sein muss. Es gibt nur eine Ausnahme, die Petrus nicht ausdrücklich erwähnt, weil sie selbstverständlich ist. Er selbst hat sie ausgesprochen: „Ob es vor Gott recht ist, auf euch mehr zu hören als auf Gott, urteilet ihr“ (Apg 4,19). Ein Gläubiger kann sein Gewissen vor Gott über das, was richtig und was verkehrt ist, nicht preisgeben. Er hat für seinen Glauben einen Gegenstand, der kostbarer für ihn ist als sein Leben. Er muss dieser Person treu bleiben, sowohl wenn er allein ist als auch in der Öffentlichkeit. Wenn ihr Mann ihr befiehlt, an Orte der Sünde mitzugehen oder z. B. das Beten oder das Bibellesen zu unterlassen, kann sie ihm nicht gehorchen.

Aber umso wichtiger ist es für die gläubigen Frauen, dass sie in allem, wo es nur irgend möglich ist, ohne gegen den Willen Gottes zu sündigen, ihren eigenen Männern unterwürfig sind. Wie wird das Herz darin gestärkt durch die Gnade, dass ihre Unterordnung von dem Herrn gebraucht wird, um an dem Herzen und Gewissen ihres Mannes zu wirken.

Es ist wichtig, darauf zu achten, dass der Heilige Geist sowohl hier als auch in Eph 5 über „eure eigenen Männer“ spricht. Wir könnten sagen, dass das Wort „eigene“ doch weggelassen werden könnte, weil es selbstverständlich ist. Aber das Wort Gottes braucht niemals ein Wort ohne Bedeutung. In der Welt haben viele Männer einen ungebührlichen Einfluss auf andere Frauen. Leider ist das nicht außerhalb der Versammlung geblieben. Viele Frauen nehmen eher von einem anderen als von ihrem eigenen Mann etwas an. Dadurch kommen sie schnell unter den Einfluss dieses anderen. Aber Gott will, dass sie ihrem eigenen Mann unterwürfig sind, und dass sie mit ihren Fragen zuerst zu ihrem eigenen Mann gehen (1. Kor 14,35).

Männer können dem Wort Gottes ungehorsam sein. Gläubige Männer sind das oftmals. Aber Gottes Wort nennt auch Ungläubige ungehorsam, siehe z. B. Kap 2, 8; Röm 2,8; Joh 3,36; 2. Thes 1,8. Aber in beiden Fällen haben sie das Wort Gottes gehört und weigern sich, ihm zu gehorchen.

Was muss die gläubige Frau nun tun? Muss sie fortfahren, ihn zu ermahnen und ihm das Wort Gottes vorzustellen? Petrus zeigt einen besseren Weg. Sie muss das Wort Gottes vorleben und nicht mehr ausdrücklich über den Willen Gottes sprechen. Das häufige Reden darüber reizt nur. Aber die Kraft des Zeugnisses, das aus der Verwirklichung des Wortes Gottes in der Praxis hervorgeht, trifft Herz und Gewissen.

Petrus gebraucht zweimal das Wort logos (Wort). Das erste Mal ist es deutlich das Wort Gottes, das zweite Mal nicht, weil es im deutlichen Widerspruch zu Stellen wie Jak 1,18 und 1. Pet 1,23 stünde, dass jemand ohne das Wort Gottes wiedergeboren werden könnte. „Also ist der Glaube aus der Verkündigung, die Verkündigung aber durch Gottes Wort“ (Röm 10,17). Außerdem hat es das zweite Mal keinen Artikel im Griechischen, was andeutet, dass es den Charakter bezeichnet. Es geht um das Sprechen der Frauen. Sie sollen nicht dauernd „predigen“, wie die Ungläubigen es meist nennen. Das reizt nur, und zwar ganz gewiss dann, wenn eine Frau es ihrem Mann gegenüber tut.

Das griechische Wort für „keusch“ kommt achtmal im Neuen Testament vor. Außer in Titus 2,5 und hier ist es überall mit „rein“ übersetzt. Es bedeutet also, abgesondert zu sein von allem, was nicht rein ist und kommt so der Bedeutung von „heilig“ nahe. „Furcht“ bedeutet auch hier nicht Angst. Es ist die Furcht, etwas zu tun, wodurch sie ein verkehrtes Bild von dem Herrn und Seinem Wort geben könnte, und wodurch sie Ihn betrüben und Ihm missfallen könnte. In einer Verbindung wie dieser oder in Eph 5,33 beinhaltet es auch Ehrerbietung dem Mann gegenüber in der Stellung, in die Gott ihn als Ehegefährten gestellt hat. Es ist die Furcht, etwas Unreines zu tun oder ihm ohne Grund zu missfallen.

Abgeirrte oder unbekehrte Männer mögen nur unwillig auf das Wort Gottes hören. Aber sie können ihre Augen nicht vor der Offenbarung dieses Wortes im Leben ihrer Frauen verschließen. Sie wollen auch etwas sehen, denn sie versuchen, Dinge zu finden, die im Widerspruch zu dem Bekenntnis ihrer Frauen stehen. Wenn sie so etwas finden, haben sie eine Handhabe gegen das Zeugnis. Das Wort „anschauen“ ist stärker als das Wort „sehen“. Es heißt, etwas mit aller Aufmerksamkeit und Genauigkeit anzusehen. Dasselbe Wort steht in Kap 2,12.

Aber wenn sie Sanftmut, Niedrigkeit, Geduld und Gehorsam bei ihren Frauen sehen, während sie wohl wissen, dass sie selbst oftmals unbillig und unfreundlich gewesen sind, macht das Eindruck auf ihr Gewissen. Sie müssen vor sich selbst anerkennen, dass in diesem Glauben, den sie oftmals verspottet haben, eine Kraft ist, die ihre Frauen anders macht als andere Frauen und auch sie selbst. Und so werden sie „gewonnen“. Nein, sie kommen dadurch nicht zur Bekehrung. Aber sie werden dadurch dazu gebracht, auf das Wort zu hören, das zur Bekehrung und Wiedergeburt bringt. Oder das Wort, das sie früher gehört haben, kommt nun in ihr Gedächtnis zurück. Der Eindruck, den das Leben ihrer Frauen auf sie machte, wird ihr Herz und Gewissen erweichen, so dass sie das Wort Gottes annehmen.

Es besteht die Gefahr, dass wir meinen, nur durch die Kraft der Wahrheit käme man zur Bekehrung. Die Gnade Gottes aber hat unendlich viele Wege, um einen Sünder oder Abgeirrten dazu zu bringen, die Wahrheit anzunehmen. Der Herr sagt: „Der Wind weht, wo er will, und du hörst sein Sausen, aber du weißt nicht, woher er kommt und wohin er geht; also ist jeder, der aus dem Geist geboren ist“ (Joh 3,8). Wenn wir daran denken, dass es im Griechischen nur ein Wort für Wind und Geist gibt, so dass wir hier auch „Geist“ statt Wind übersetzen können, wie auch einige tatsächlich tun, dann sagt diese Stelle uns viel im Zusammenhang mit unserem Thema. Wer kann erforschen, auf welchen Wegen und durch welche Mittel der Heilige Geist ein Herz und ein Gewissen vorbereitet, um das Wort anzunehmen? Einige wissen etwas aus ihrer eigenen Geschichte oder von anderen. Aber wie werden wir die Gnade Gottes bewundern und anbeten, wenn wir bald alles in vollem Licht sehen werden. Das wird an jenem Tage sein, dem Richterstuhl des Christus geoffenbart werden (2. Kor 5,10).

Kapitel 3 Verse 3 und 4: „...deren Schmuck nicht der äußerliche sei durch Flechten der Haare und Umhängen von Gold und Anziehen von Kleidern, sondern der verborgene Mensch des Herzens in dem unverweslichen (Schmuck) des sanften und stillen Geistes, welcher vor Gott sehr köstlich ist.“

Kleider tragen ist die Folge des Sündenfalls (1. Mo 3,6+7). Und wie in allem anderen auch versucht der Mensch, die Folgen der Sünde wieder in Vorteile zu verwandeln. Vor allem die Frau, welche die Führung und den Anlass dazu gab, dass das Tragen von Kleidern notwendig wurde, ist häufig übermäßig bestrebt, diese Notwendigkeit in einen Vorzug zu verändern.

Es ist deutlich, dass dies nicht aus Gott, sondern aus dem Teufel ist. Gott wünscht niemals, dass die Folgen des Sündenfalls als Vorteil angesehen werden. Er ist wahrhaftig und will also, dass sie als das gesehen und gefühlt werden was sie sind. Im Alten Testament finden wir dann auch ein vernichtendes Urteil über die Frauen, die doch die Folgen des Sündenfalls in Vorteil umwandelten (Jes 3,16–26). Wenn Gott über diese Dinge bei einem irdischen Volk wie Israel so urteilte, denen doch die Dinge dieser Erde als Segnungen verheißen waren, wie viel mehr bei uns, die wir zu Himmelsbürgern und Pilgern und Fremdlingen in dieser Welt gemacht sind, die hier nur Trauer über die Gottentfremdung der Welt und ihre Feindschaft gegenüber Gott und Christus empfinden können. Für sie ist die Welt nur der Ort, wo das Kreuz Christi gestanden hat und sittlich noch immer steht (1. Kor 2,8). Alle Schreiber der Briefe werden dann auch durch den Heiligen Geist gebraucht, vor den Folgen des weltlichen Strebens und vor ihren Formen zu warnen (Röm 12,1+2; Jak 4,4; 1. Joh 2,15). In mehreren Stellen wird besonders vor dem Streben der alten Natur in den gläubigen Frauen gewarnt, in ihrer Kleidung, ihrem Schmuck der Welt zu folgen, oder sich durch die Beweggründe der ungläubigen Frauen leiten zu lassen (1. Tim 2,9–15; Tit 2,4–15).

Es ist sehr interessant, dem Gedanken über den Schmuck in der Schrift zu folgen. Es ist auch sehr wichtig für jeden Gläubigen, besonders aber für eine gläubige Frau, denn dadurch lernen wir erkennen, was wirklicher Schmuck ist. Bei dem natürlichen Menschen ist er etwas, was hinzugefügt wird, aber in den Gedanken Gottes ist es die Offenbarung dessen, was innerlich ein Ganzes mit der Person oder dem Gegenstand bildet. Gott möchte Schmuck. Wir sehen das in der ganzen Schöpfung, sowohl der irdischen als auch der himmlischen (Mt 6,29; Ps 19; Off 21,22). Das ist uns auch für die Herrlichkeit, zu der wir bald gelangen werden, vorhergesagt. Weil es den Frauen eigen ist, sich schmücken zu wollen, teilt Gott ihnen mit, was wahrer Schmuck ist. Er ist die äußerliche Offenbarung, was in unserem Innern nach Gottes Gedanken ist. Wenn unser Inneres durch das Anschauen der Herrlichkeit des verherrlichten Herrn im Himmel geformt ist (2. Kor 3,18), wird es in dem ganzen Äußeren unseres Lebens gesehen werden. Eine Frau, bei der das Äußere die Methoden und Formen der ungläubigen, weltlichen Frauen sehen lässt, offenbart damit, dass Christus nicht in ihrem Herzen wohnt, wenn sie auch bekehrt ist. Wo Christus nicht im Herzen lebt und also keine wahre Schönheit vorhanden ist, da wird nach dem Ersatz der Welt gesucht.

Wahrer Schmuck ist sittlicher Natur. Äußerlicher Schmuck macht niemanden anziehend vor Gott und ebenso wenig vor Menschen, die nicht bei der Oberfläche stehen bleiben, sondern gewöhnt sind, die Dinge in ihrem sittlichen Charakter zu sehen.

Die Bedeutung des wahren Schmucks wird durch das griechische Wort unterstrichen, das hierfür gebraucht ist. Es heißt „kosmos“ und kommt ungefähr 150 mal im Neuen Testament vor, aber überall, außer hier, ist es durch „Welt“ übersetzt. Es wurde im klassischen Griechisch in der Tat auch für den Schmuck der Frauen gebraucht. So kommt es z. B. in der Redensart vor: „Schweigen ist der wahre Schmuck (kosmos) der Frauen (Sophokles)“. Die Verbindung der zwei Bedeutungen finden wir vielleicht in dem Gedanken der Griechen, dass der Mensch eine Welt im Kleinen ist (mikrokosmos), und dass „das Weltall der größte und vollkommenste Mensch ist“ (Philo). Die Grundbedeutung dieses Wortes meint ein System, in dem Ordnung herrscht, im Gegensatz zum Chaos. So wird es im Neuen Testament auf die Schöpfung Gottes angewandt. Aus der Bedeutung dieses Wortes folgt also, dass der Schmuck mit dem Inneren der gläubigen Frau, mit ihrem wahren Charakter übereinstimmen muss.

Dies ist nicht nur ein Wunsch des Wortes Gottes! Der Satz steht in der Befehlsform. Es ist also ein Befehl Gottes!

Nun folgen einige Dinge, worin der äußerliche Schmuck häufig besteht. Eine gläubige Frau soll nicht versuchen, sich durch eine gewisse Haartracht zu schmücken (in unserer Zeit könnten wir hinzufügen: durch das Abschneiden der Haare (1. Tim 2,9). Das lange Haar ist ihr zur Ehre gegeben (1. Kor 11,15). In der natürlichen Schönheit des langen Haars, das Gott in der Schöpfung der Frau gegeben hat, spricht es von ihrem Frausein und davon, wie sie den Platz, den Gott der Frau gegeben hat, einnehmen soll. Das ist ihre Ehre in den Augen Gottes und jedes Menschen, der die Dinge sittlich betrachtet. Das lange Haar selbst ist ihr Schmuck, nicht die Weise, auf die sie es trägt. Aus den zwei folgenden Dingen, die genannt werden, sieht man, dass es um die Tätigkeit des Flechtens geht. Darum stehen sie im sog. Genetiv Originis, was bedeutet, dass es um die Verschönerung geht, die durch das Flechten des Haares hervorgerufen werden soll.

Ebenso wenig soll die Frau meinen, dass das Umhängen von Gold sie schmückt oder ihre Schönheit erhöht. Selbst ein ungläubiger sittlich denkender Mensch sieht das Tragen vielen Schmuckes als ein Zeichen mangelnder innerlicher Bildung an, wie viel mehr dann Gott. Wie viel mehr müssten Gläubige das empfinden als das durch die Sünde verdorbene Gefühl eines nicht wiedergeborenen Menschen! Auch hier haben wir wieder den Genetiv Originis.

Auch das „Anziehen von Kleidern“ steht im Genetiv Originis. Es geht also wieder um den Versuch, sich durch das Anziehen von Kleidern zu schmücken. Selbstverständlich ist nicht das Anziehen von Kleidern selbst verboten – Gott selbst bekleidete Adam und Eva (1. Mo 3,21) – ebenso wenig wie das Flechten der Haare selbst verboten ist.

Bei den Frauen hat stets die Neigung bestanden, sich zu kleiden und „sich herauszumachen“, um die Aufmerksamkeit der Männer auf sich zu ziehen, wie stark hat das in den letzten Jahrzehnten in den so genannten christlichen Ländern um sich gegriffen. Wie viele gläubige Frauen machen da vielleicht unabsichtlich mit. Wie viele gläubige Männer sind durch die Kleidung (vielleicht besser „Entkleidung“) und das Verhalten gläubiger Frauen zu sündigen Gedanken (und danach vielleicht Taten) gekommen!

Der Zweck der Kleidung ist, den Leib zu schützen und zugleich andere vor Dingen zu bewahren, die unreine Gedanken erwecken oder dem sittlichen Bewusstsein Anstoß geben, welches, obwohl es durch die Sünde geschwächt ist, in dem Menschen als einem Geschöpf Gottes doch noch vorhanden ist. Wie herrlich, dass wir als Gläubige selbst diese Dinge, die eine Folge der Sünde sind, tun dürfen, um dem Herrn wohlgefällig zu sein. Sowohl der Leib als auch die Seele und der Geist gehören Ihm (1. Kor 6,18–20; 1. Thes 5,23). Wir müssen allezeit vor Gott leben; das Auge auf Ihn gerichtet, dürfen wir vor Seinem Angesicht wandeln.

Wir müssen unsere Leiber darstellen zu einem lebendigen Schlachtopfer, heilig, Gott wohlgefällig (Röm 12,1+2). Das ist unser vernünftiger Dienst, d. h. wir müssen ihn mit Verstand verrichten. Wir dürfen der Welt nicht gleichförmig werden und uns nicht beteiligen an den vielen wechselnden Formen, in denen die Welt sich besonders auf dem Gebiet der Kleidung und des Schmuckes offenbart. Das griechische Wort für „gleichförmig“ kann auch mit „maskieren“ übersetzt werden. Es steht mit einer äußerlichen Erscheinung in Verbindung, die nicht von innen her kommt und also keine wahre Vorstellung von dem Charakter der Person gibt. Wenn gläubige Frauen in der Mode, in der Kleidung und in der Aufmachung der Welt mitmachen, setzen sie die Maske der Welt auf und gehören doch nicht mehr zu ihr, weil sie mit Christus gestorben sind (Kol 3,3). In der Sprache der Griechen sind sie Heuchler. Sie kleiden sich wie die Welt, handeln wie die Welt, so dass diese denkt, sie gehörten zu ihr, während sie doch zu dem Herrn Jesus Zuflucht genommen haben, um von der Welt getrennt zu sein und damit nicht unter ihr Gericht zu fallen.

Müssen wir nicht Christus wohlgefällig sein und alle Dinge in Seinem Namen tun? Ist Er nicht kostbarer für uns als alles andere? Ist es nicht wahr, was ein anderer Autor schrieb: „Ein himmlischer Christ achtet es für Schande, den Stempel der Welt zu tragen“. Die gläubigen Frauen sind hiervon nicht ausgenommen. Wenn unser Auge auf Ihn gerichtet ist, werden diese Dinge einfach sein. Dann werden wir Ihm gern in allen Dingen gehorsam und dadurch wohlgefällig sein. Dann gibt Er uns reichlich Licht über das, was wir tun sollen. Sobald unser Auge nicht mehr auf den Herrn gerichtet ist und Er unser Herz nicht mehr erfüllt, beginnen die Schwierigkeiten. Dann erhalten die Formen der Welt Wert und Anziehungskraft für das Herz.

O Herr, dies eine bleibe mir,
dass stets ich lebe treu mit Dir.

Das Wörtchen „sondern“ gibt den Gegensatz an, weil jetzt von der negativen zur positiven Seite übergegangen wird. „Verborgen“ von Vers 4 steht „äußerliche“ von Vers 3 gegenüber; „Mensch“ steht „Schmuck“ (kosmos), „das Herz“ dem „Flechten der Haare“ gegenüber. Durch diese dreifache Gegenüberstellung wird deutlich gemacht, dass wahrer Schmuck nicht äußerlich ist, sondern das Wesen des Menschen betrifft, den ganzen Menschen. Das neue Jerusalem hat geschmückte Fundamente (Off 21,19)! Es ist „bereitet wie eine für ihren Mann geschmückte Braut“ (Off 21,2).

Aber wenn sie dann im Verlauf des Kapitels beschrieben und in all ihrer Herrlichkeit gezeigt wird, dann wird nur bei den Fundamenten das Wort „geschmückt“ gebraucht. Wir mögen wohl denken, dass Fundamente nicht geschmückt zu werden bräuchten. Aber Gott denkt anders darüber. Sie sind mit Edelsteinen geschmückt, die in den Bildern der Schrift den Widerschein der Herrlichkeit Gottes in den Menschen andeuten (siehe Off 4,3; 2. Mose 28,15–21). Die sichtbare Herrlichkeit ist der innerliche Widerschein der Herrlichkeit Gottes. Gott, Der Licht ist, und in Dem gar keine Finsternis ist (1. Joh 1,5), hüllt Sich mit Licht wie mit einem Gewand ein (Ps 104,2). Von dem Herrn Jesus wird auf dem Berge der Verklärung gesagt: „Und sein Angesicht leuchtete wie die Sonne, seine Kleider aber wurden weiß wie das Licht“ (Mt 17,2).

„Da ihr den alten Menschen mit seinen Handlungen ausgezogen und den neuen angezogen habt, der erneuert wird zur Erkenntnis dessen, der ihn erschaffen hat“ (Kol 3,9+10). Da haben wir, wie ich denke, den verborgenen Menschen des Herzens. „Neige dein Ohr und höre die Worte der Weisen und richte dein Herz auf mein Wissen. Denn lieblich ist es, wenn du sie in deinem Innern bewahrst; möchten sie allzumal auf deinen Lippen Bestand haben“ (Spr 22,17+18). Das ist der praktische Grundsatz der Verse 3 und 4.

Der verborgene Mensch des Herzens ist das neue Leben, das wir in der neuen Geburt empfangen haben (Joh 3,6). Aber das ist Christus (Kol 3,4) und wird, wie wir oben gesehen haben, erneuert zur Erkenntnis nach dem Bilde Dessen, Der ihn erschaffen hat. Obwohl das im direkten Sinn der neue Mensch ist, ist es praktisch Christus Selbst, denn Er ist das neue Leben, und das wird genährt und erneuert nach Seinem Bild, „bis Christus in euch gestaltet wird“, schreibt Paulus (Gal 4,19).

Der wahre Schmuck einer Frau (und natürlich auch jedes Mannes) ist Christus, der im Herzen wohnt und es erfüllt. Das ist im Innern, aber es wird sichtbar in der Offenbarung des Menschen. Wenn mein Herz mit dem Herrn erfüllt ist und ich stets Ihn in der Herrlichkeit anschaue, wird das äußerlich sichtbar, ebenso wie bei Mose (2. Mo 34,29). „Wir, [...] die Herrlichkeit des Herrn anschauend, werden verwandelt nach demselben Bild von Herrlichkeit zu Herrlichkeit“ (2. Kor 3,18). Auf diese Weise verkündigen wir die Tugenden Dessen, Der uns aus der Finsternis zu Seinem wunderbaren Licht berufen hat (Kap 2,9). Petrus ist immer wieder damit beschäftigt, uns zu sagen, wie wir das in den Dingen des praktischen Lebens tun können.

Das finden wir auch in den weiteren Worten. Die einzige Selbstbeschreibung, die wir in den Evangelien von dem Herrn Jesus finden, heißt: „Ich bin sanftmütig und von Herzen demütig“ (Mt 11,29). Nun, Gott will, dass die gläubigen Frauen mit diesem Kennzeichen des Herrn geschmückt sind, mit dem „sanften und stillen Geist, welcher vor Gott sehr köstlich ist“, wie Paulus schreibt: „Ein Weib lerne in der Stille in aller Unterwürfigkeit. Ich erlaube aber einem Weib nicht zu lehren, noch über den Mann zu herrschen, sondern still zu sein“ (1. Tim 2,11)! Dieser Geist ist unvergänglich (im Gegensatz zu allem um uns her) und unveränderlich (im Gegensatz zu der veränderlichen Mode der Welt in Bezug auf Haartracht, Schmuck und Kleidung). Das griechische Wort für „still“ kommt von einem Wort, das bedeutet: „auf deinem Platz sitzen bleiben“. Das ist nicht einfach, wenn wir meinen, ungerecht behandelt worden zu sein. Aber die gläubige Frau, die diesen „sanften und stillen Geist“ offenbart, lässt erkennen, dass sie von Dem gelernt hat, Der „sanftmütig und von Herzen demütig“ war. Wo immer das gefunden wird, ist es wohlgefällig vor Gott. Wie kostbar ist es, etwas zu besitzen, was in den Augen Gottes sehr kostbar ist. Dies Wort „kostbar“ wird für kostbare Salbe und Kleidung gebraucht (siehe hier auch den Gegensatz zu Vers 3).

In der Welt wird dieser „sanfte und stille Geist“ nicht gewürdigt. Da hält man ihn für Schwachheit. Das denken sie bei dem Herrn Jesus auch. Darum ist das Wort vom Kreuz denen, die verloren gehen, Torheit. Uns aber, die wir errettet werden, ist es Gottes Kraft (1. Kor 1,18+25). Dieser Geist ist in Wirklichkeit sittliche Kraft, eine Kraft, die auch allein durch fortwährende Gemeinschaft mit dem Herrn und fortwährendes Lernen von Ihm erlangt wird.

Wie sehr stehen die Verhältnisse der Welt in unserer Zeit im Widerspruch zu diesen Versen! Die Frauen fordern eine gleiche Stellung wie der Mann. Auf jedem Gebiet des öffentlichen Lebens wollen sie gehört werden. Das weibliche Geschlecht durchbricht die Grenzen, die der Schöpfer und Erlöser gesetzt hat, indem sie in allen Bereichen führende Stellungen fordern. Das Resultat wird unheilvoll sein, wie es stets gewesen ist, wenn die von Gott gegebene Ordnung verworfen wurde. Es ist das Zeichen des nahenden großen Abfalls von Gott. Zuerst wurden die Gedanken und Vorschriften Gottes in Verbindung mit dem geistlichen Leben verworfen. Jetzt sehen wir den natürlichen Abfall: das bewusste und absichtliche Zerbrechen der göttlichen Schöpfungsordnung. In dem Menschen der Sünde wird das vollendet werden. Er ist der Gesetzlose (2. Thes 2,3–9), der nach seinem Willen handeln wird (Dan 11,36). Aber dann kommt auch das endgültige Gericht Gottes.

Wegen dieser Zustände und Gedanken in der Welt erhebt sich für uns Gläubige die Frage, ob wir alle Dinge nach den Gedanken der Welt oder nach den Gedanken Gottes beurteilen, ob wir hinblicken auf das Urteil der Welt oder auf das Urteil Gottes.

Für den Apostel ist dies keine Frage. Wir sind durch Heiligung des Geistes zu dem Gehorsam Jesu Christi gebracht (Kap 1,2+14). Heiligung bedeutet Absonderung. Aber für Menschen bedeutet es Absonderung zu Gott. Da wird der Gehorsam Jesu Christi gefunden, der Gehorsam, den der Herr in Seinem Leben auf der Erde offenbarte, und der dort herrscht. Das ist das große Thema des Apostels!

Das geht so weit, dass das Verhältnis der Frau zu ihrem Mann nicht durch seine Gedanken bestimmt wird, sondern durch den Willen Gottes. Sie ist ihm untertan, weil Gott es will. Sie offenbart einen sanften und stillen Geist, weil der vor Gott sehr kostbar ist. Sie schmückt sich nicht äußerlich wie die ungläubigen Frauen, weil Gott es verbietet und sagt, dass es im Widerspruch zu ihrem wahren Charakter als gläubige Frau steht.

In den Fällen, die nach Vers 1 möglich sind – dass ihre Männer dem Wort ungehorsam sind – kann es sogar sehr gut möglich sein, dass der Mann es gerne sieht, wenn seine Frau sich „schön macht“. Wenn ein Mann sich durch seinen von der Sünde verdorbenen Geschmack leiten lässt und nicht dem Wort Gottes gehorcht, kann man kaum erwarten, dass er wertschätzen wird, was nach Gottes Gedanken ist. Aber die gläubige Frau soll sich nicht für die Augen der Menschen, selbst nicht für ihren eigenen Mann, schmücken, sondern für Gott. Gott wird gerade davon einen geistlichen Einfluss auf ihren Mann ausgehen lassen, sowohl auf ungehorsame als auch auf durch Gehorsam gekennzeichnete Männer. Wie kann man geistliche Folgen aus weltlichen Dingen erwarten? Die Frau, die beabsichtigt, ihren Mann durch weltliche Dinge zu gewinnen, irrt sich sehr. Sie wird die Folgen ihres Irrtums erfahren. Aber dann hat sie vielleicht die Möglichkeit verpasst, die Gott ihr gab, um ihren Mann für den Herrn zu gewinnen.

Kapitel 3 Verse 5 und 6: „Denn also schmückten sich auch einst die heiligen Weiber, die ihre Hoffnung auf Gott setzten, indem sie ihren eigenen Männern unterwürfig waren: wie Sarah dem Abraham gehorchte und ihn Herr nannte, deren Kinder ihr geworden seid, wenn ihr Gutes tut und keinerlei Schrecken fürchtet.“

„Also“, d. h. wie in Vers 4 beschrieben, mit „dem verborgenen Menschen des Herzens in dem unverweslichen Schmuck des sanften und stillen Geistes, welcher vor Gott sehr köstlich ist“, schmückten sich die heiligen Frauen von damals auch. Sie waren heilig, abgesondert für Gott. Sie hofften auf Gott (buchstäblich: „in“ Gott, was stärker ist), und sie waren ihren eigenen Männern unterwürfig. Obwohl Petrus im folgenden Vers nur Sara nennt, spricht er hier über alle für Gott abgesonderten (heiligen) Frauen von früher. Es steht, auch im Griechischen, ein Artikel vor „heilige Frauen“. Was von ihnen gesagt wird, gilt demnach für sie generell. Ein Kennzeichen einer heiligen Frau ist, auf Gott zu hoffen und ihrem eigenen Mann unterwürfig zu sein.

Die Zeitform, in der „ihre Hoffnung auf Gott setzten“ steht (Partizip Präsens Aktiv), zeigt an, dass dieses Hoffen nicht nur zu bestimmten Zeiten, sondern fortwährend bestand und diese Frauen generell kennzeichnete. Wörtlich heißt es, sie hofften „in“ Gott, was ausdrückt, dass sie ihre Hoffnung gänzlich auf Gott gesetzt hatten, so dass sie gleichsam in Gott ruhten. Darin kam aber gerade ihr unterwürfiger, gottesfürchtiger Zustand ans Licht. Sie vertrauten nicht auf sich selbst, sondern erwarteten alles von Gott. Wer das tut, findet es nicht schwierig, gehorsam zu sein.

Gottes Wort nennt nicht viele Geschichten von diesen heiligen Frauen. Einige werden genannt (Heb 11,11+35), wie Sara, Hanna, Debora, Abigail. Aber wir finden durchaus eine treffende Beschreibung von ihnen. „Ihr Wert steht weit über Korallen. Das Herz ihres Mannes vertraut auf sie. Sie erweist ihm Gutes und nichts Böses alle Tage ihres Lebens“. „Ihre Söhne stehen auf und preisen sie glücklich, ihr Mann steht auf und rühmt sie: Viele Töchter haben wacker gehandelt, du aber hast sie alle übertroffen! Die Anmut ist Trug und die Schönheit Eitelkeit, eine Frau, die den HERRN fürchtet, sie wird gepriesen werden – Gebet ihr von der Frucht ihrer Hände, und in den Toren werden ihre Werke sie preisen“ (Spr 31,10–31).

Es ist bemerkenswert, dass der Heilige Geist Tausende von Jahren zurückgeht in Zeiten, wo es nach Meinung der Menschen nur primitive Kulturen gab, um uns den Charakter einer heiligen Frau zu zeigen. Wir sehen daraus, dass die Grundsätze Gottes sich niemals verändern. Was den Frauen der Erzväter Gott gegenüber gebührte, gilt noch heute. Der Schmuck muss sittlich sein. In sittlicher Hinsicht haben sich diese Dinge in den tausenden von Jahren nicht verändert. Was Sara war, müssen die Frauen heute auch noch sein.

Hieran sehen wir auch, dass die Welt in sittlicher Hinsicht keinerlei Fortschritt gemacht hat, sondern gerade das Gegenteil. Der vielgerühmte Fortschritt in allen Lebensbereichen bezieht sich nur auf materielle Dinge. Um ein allgemeines Vorbild für einen Gott wohlgefälligen Lebenswandel zu geben, muss der Heilige Geist Tausende von Jahren zurückgreifen.

Als Vorbild für eine heilige Frau, die ihrem Mann unterwürfig sein möchte, wird nun Sara angeführt. Das Wort „gehorchte“ zeigt der Zeitform (Aorist) nach nicht eine bestimmte Handlung an, sondern spricht von der Zeit ihres Ehelebens insgesamt. Das zusammenfassende Kennzeichen des Lebens der Sara war Gehorsam gegenüber Abraham trotz der Vertrautheit des Ehelebens, das allzu häufig entgegengesetzte Folgen hat. Sie nannte ihn Herr. Wir finden das im Worte Gottes nur einmal (1. Mo 18,12). Aber auch die Zeitform von „nannte“ (wörtlich: nennend, also Partizip Präsens Aktiv) zeigt, dass nicht nur dieses eine Mal gemeint ist und es sich auch nicht auf das bloße Aussprechen des Wortes „Herr“ beschränkt, sondern dass das der Ausdruck ihres ganzen Verhaltens war. Das griechische Wort für „Herr“ ist kyrios. Es wird überall für den Herrn Jesus gebraucht, aber auch für den römischen Kaiser (Apg 25,26), wobei dieser dann als eine göttliche Person betrachtet wird, wie es der Staatsbegriff des Römischen Kaiserreiches mit sich brachte. Aber daneben wurde es auch für die Apostel (Apg 16,30) und für die Herren von Sklaven gebraucht (Eph 6,5+9). Johannes gebrauchte die weibliche Form für eine Schwester (2. Joh 1).

Sara hatte mehr als die meisten anderen Frauen Grund, stolz zu sein. Sie war, was man eine Schönheit nennt. Nicht allein Abraham fand das, sondern auch die Fürsten von Ägypten (1. Mo 12). Pharao und seine Fürsten achteten sie für würdig, einen Platz am Hof einzunehmen, ebenso Abimelech, der König von Gerar (1. Mo 20). Abrahams Verhalten war nicht tadellos. In beiden Fällen gab er sie aus Menschenfurcht der Entehrung preis. Nur durch die Beschirmung des Allmächtigen blieb sie bewahrt. Aber Sara wurde darum nicht durch die gewöhnlichen Gründe zur Eitelkeit verführt, obwohl sie dazu mehr Grund hatte als andere. Sie setzte ihre Hoffnung auf Gott und war darum ihrem eigenen Mann gehorsam. Gott beschämte ihre Hoffnung nicht. Sie folgte Abraham ohne Widerspruch, als er alles verließ, um in ein fremdes, unbekanntes Land zu gehen. Selbst bei der aus selbstsüchtiger Angst und menschlicher Schwäche hervorkommenden, eines Gläubigen unwürdigen Heuchelei, die ihre Ehre aufs Spiel setzte, war sie gehorsam. Wie verherrlichte und festigte Gott ihr Vertrauen auf Ihn und ehrte ihren Gehorsam gegenüber Abraham! Abraham selbst wird durch Heiden getadelt. Wie weit war es unter der Würde des „Vaters der Gläubigen“, durch die Welt getadelt werden zu müssen. Gott hat es in Seinem Wort niederschreiben lassen. Aber im Hinblick auf Sara finden wir kein tadelndes Wort in diesen Geschichten, weder von Seiten der Menschen noch von Seiten Gottes. Sie behielt den „sanften und stillen Geist, der vor Gott sehr köstlich ist“.

Das Vorrecht, die Erlösung zu kennen, nachdem der Herr gekommen ist und Gott uns aus der Finsternis zu Seinem wunderbaren Licht berufen hat, wo wir Christus als den höchsten Maßstab für unseren Lebenswandel sehen, sollte die gläubigen Frauen ermutigen, nicht hinter Sara und den anderen heiligen Frauen zurückzustehen in sittlichem Schmuck und in Unterwürfigkeit, und so Töchter Saras zu werden!

Die jüdischen Frauen, an die Petrus schrieb, stammten von Sara und Abraham ab. Sie gingen, familiär gesehen, auf sie zurück. Aber der Herr machte einen Unterschied zwischen dem Samen Abrahams und seinen Kindern (Joh 8,37–40). Das Wort Kinder drückt eine Übereinstimmung im Wesen aus. „Erkennet denn: die aus Gauben sind, diese sind Abrahams Söhne“ (Gal 3,7). In demselben Kapitel wird auch gesagt, dass alle, die des Christus sind, auch die Gläubigen aus den Nationen, Abrahams Same sind, nämlich durch Christus, dem Samen Abrahams (Gal 3,16)!

Petrus spricht über Kinder der Sara. Dabei werden hier zwei Dinge besonders genannt, nämlich, „wenn ihr Gutes tut und keinerlei Schrecken fürchtet“.

Die Unterordnung kann aus Furcht, Eigennutz oder aus dem Charakter hervorkommen. Wie gut das auch sein mag, so ist das doch nicht der Charakter der christlichen Unterordnung. Diese ist aktiv, weil sie aus dem geheiligten Zustand durch den Geist zum Gehorsam Jesu Christi hervorkommt (Kap 1,2). Darum wird hier hinzugefügt: wenn ihr Gutes tut.

Warum sollte eine gläubige Frau einen Schrecken fürchten, wenn sie die Macht des Feindes sieht (Phil 1,28)? Für das natürliche Herz ist das selbstverständlich. Aber wir wissen, dass dieser Vater des Herrn Jesus unser Vater ist, und dass dieser Vater der allmächtige Gott ist. Nun, wenn Gott für uns ist, wer wird wider uns sein (Röm 8,31)? Wir dürfen alle unsere Anliegen Gott bringen. Dann wird Sein Friede unsere Herzen und Sinne bewahren in Christo Jesu (Phil 4,4–7).

Menschlich gesehen können wir es verstehen, wenn im Herzen Furcht aufkommt vor den Folgen eines Weges in Gehorsam gegenüber Gott. Kennen wir diese Furcht nicht aus Erfahrung? Für gläubige Frauen kann das auch leicht geschehen, wenn sie denken, und das vielleicht völlig zu Recht, dass der Wille ihres Mannes falsch ist und schlimme Folgen haben kann. Sara hat das sicher mit Recht in den oben angeführten Fällen denken können. Aber Sara setzte ihre Hoffnung auf Gott, und darum spricht die Schrift bei ihr nicht über Furcht. Für uns ist „Furcht“ angesichts bestimmter Umstände nachvollziehbar. Aber eine Tochter Saras hat diese Furcht nicht. Sie setzt ihre Hoffnung auf Gott und geht darum in Gehorsam und Stille ihren Weg. In Wirklichkeit ist Furcht auch Untreue gegenüber Gott und zeigt mangelnde Abhängigkeit von Ihm. Dann fehlt auch die Kraft, das Gute zu tun. Ein Sprichwort sagt: „Furcht ist ein schlechter Ratgeber“. Wie oft sind wir ungehorsam geworden, weil wir die Folgen des Gehorsams fürchteten?

Kapitel 3 Vers 7: „Ihr Männer gleicherweise, wohnet bei (ihnen) nach Erkenntnis, als bei einem schwächeren Gefäße, dem weiblichen, (ihnen) Ehre gebend, als (die) auch Miterben (der) Gnade (des) Lebens (sind), auf dass eure Gebete nicht verhindert werden.“

„Gleicherweise“ bezieht sich hier auf die Unterordnung gegenüber allen menschlichen Einrichtungen um des Herrn willen (Kap 2,13ff+18ff), wie es auf die Familie angewendet wurde. Der Mann muss den Einrichtungen der Ehe und des Haushalts in der Schöpfung untertan sein, indem er seinen Platz darin nach Gottes Gedanken einnimmt und die Stellung respektiert, die Gott den anderen Hausgenossen gegeben hat (Kap 2,17a). Hier nun geht es um das Verhältnis zu seiner Frau.

„Wohnet“ bedeutet eigentlich zusammenwohnen. Hier ist natürlich das gesamte Zusammenleben in der Familie gemeint.

Der Mann muss mit seiner Frau zusammen wohnen, zusammen leben gemäß der Erkenntnis, die er hat oder haben sollte. „Wir haben alle Erkenntnis“, schreibt der Apostel Paulus (1. Kor 8,1). Der Apostel Johannes schreibt: „Wir wissen, dass der Sohn Gottes gekommen ist und uns ein Verständnis gegeben hat“ (1. Joh 5,20) usw. Und Paulus schreibt wieder: „Seid nicht töricht, sondern verständig, was der Wille des Herrn sei“ (Eph 4,17)!

Es ist wahr, dass Erkenntnis ohne Liebe nichts ist (1. Kor 13,2). Darum hat Liebe den ersten Platz in Epheser 5 und Kolosser 3. Aber die Liebe muss einsichtsvoll handeln. Den Charakter des Christentums kennzeichnet insbesondere, dass die Gläubigen alle Dinge mit Einsicht tun müssen. Es ist unser „vernünftiger“ Dienst, d. h., er stimmt mit unserer Vernunft, unserem Verstand, unserer Einsicht überein (Röm 12,1). Der Verstand ist im Leben eines Christen nicht ausgeschaltet; das Gegenteil ist der Fall. Aber er muss in dem Gehorsam des Christus gefangen genommen sein (2. Kor 10,5)!

Gott hat uns in Seinem Wort Seine Gedanken auch über die Ehe mitgeteilt. Wir wissen, welche Stellung Er dem Mann und welche Stellung Er der Frau darin gegeben hat. Wir können darin auch finden, welche Anlage Gott der Frau als einer Hilfe und „Ergänzung“ ihres Mannes gegeben hat (1. Mo 1,27; 2,18–24). Auch für die Ehe gibt das Wort Gottes Licht in allen Fragen, sowohl über die Stellung und das gegenseitige Verhältnis von Mann und Frau in der Ordnung ihres Zusammenlebens als auch für den Weg, den sie zusammen zu gehen haben, und für alle Schwierigkeiten, die auftreten können.

Das Verhältnis des Mannes zu seiner Frau darf nicht durch menschliche Leidenschaften, sondern muss durch christliche Erkenntnis regiert werden. Er muss der Träger des Lichtes in der Familie sein. Er hat die Autorität, aber er benötigt den Geist der Unterordnung gegenüber dem Herrn, worauf ab Kapitel 2,13 deutlich der Nachdruck gelegt wird, und jeden (und hier geht es um seine Frau) ehren gemäß der Stellung, die Gott diesem gegeben hat. Er muss der leitende, formende Grundsatz des Hauses sein. Aber das muss aus der christlichen Erkenntnis, die er hat, hervorkommen und aus der Einsicht, die nötig ist, um diese Erkenntnis praktisch anzuwenden. Der Herr will sie jedem in reichem Maß geben, der in Seiner Gemeinschaft, in Gehorsam gegenüber Ihm seinen Weg geht.

Wir sollen alle in dem Bewusstsein, dass Christus uns liebt, in derselben Liebe und als Kinder des Lichts wandeln, weil wir Licht sind in dem Herrn (Eph 5,1+2+8–11). Der Mann muss das auch in seinem Hause und in seinem Zusammenleben mit seiner Frau tun.

Die Frau wird mit einem schwächeren Gefäß verglichen. Sie ist schwächer als der Mann, aber es kann auch allgemein gemeint sein und „ziemlich schwach“ heißen. Der Ausdruck „Gefäß“ wird auch von Paulus auf die Frau angewendet (1. Thes 4,4). Aber er gebraucht ihn auch allgemein für alle, die bekennen, Christen zu sein (2. Tim 2,20+21). Gott gebraucht diesen Ausdruck auch für Paulus selbst (Apg 9,15).

Dieser Ausdruck stellt im Allgemeinen den Menschen als von Gott geschaffen dar, womit ausgedrückt wird, dass der Mensch von Ihm als Sein Werkzeug gebraucht wird (vergleiche 1. Mose 2,7 in Verbindung mit Jer 18,1–6 und Jes 29,16). Die Frau ist ein schwächeres, zerbrechlicheres Gefäß als der Mann, aber sie ist doch ein Werkzeug, ein Gerät Gottes, auch in der Ehe. „Denn gleichwie das Weib vom Manne ist, also ist auch der Mann durch das Weib, alles aber von Gott“ (1. Kor 11,12).

„Schwächer“ soll nicht heißen, sie sei sittlich oder geistlich schwächer. Es handelt sich hier nur um den Leib und das Gemüt, aber auch um den Platz der Frau in ihrer Unterordnung unter den Mann. Gerade das Schwache wird durch den Heiligen Geist als Grund genommen, den Mann zu ermahnen – welcher ihr als Beschützer gegeben ist – seiner Frau Ehre zu geben. Wie leicht vergisst er das. Aber haben wir nicht alle schon bemerkt, dass gerade unsere Schwachheit der Grund ist, weswegen Gott auf uns achtet und unsere Gebete erhört? Ist nicht gerade das Bewusstsein unserer Schwachheit durch die Gnade Christi im Glauben unsere Kraft?

Das muss den Mann dazu bringen, das Schwächere nicht zu verachten, sondern erst recht zu ehren, zu führen und zu beschützen, und zwar nicht in einer hochmütigen Weise, sondern in Sorgfalt mit Liebe und Gnade, die ihr Ehre gibt.

Aber es gibt noch einen anderen, viel höheren Grund für das oben Gesagte. Die Frau ist auch Miterbe der Gnade des Lebens (Röm 8,17). Was ihre Stellung in der Schöpfung betrifft, also für alle Verhältnisse auf der Erde, steht sie unter dem Mann. Aber in Christus ist weder Mann noch Frau (Gal 3,28); da sind sie alle gleich. Also hört dieses sich aus der Schöpfungsordnung ergebende Verhältnis in dem Augenblick auf, in dem wir diese Erde verlassen. Im Himmel wird es keinen Unterschied in der Stellung zwischen Mann und Frau geben. Der einzige Unterschied wird dort durch das hervorgerufen werden, was wir hier auf der Erde für den Herrn gewesen sind. Eine Schwester, die hier auf der Erde mehr für den Herrn gelebt hat, d. h. mehr in liebevollem Gehorsam gegenüber Ihm ihren Weg gegangen ist, als ihr Mann oder ein anderer Bruder, wird im Himmel einen höheren Platz haben. Nicht was wir hier auf der Erde tun, sondern ob wir tun, was der Herr uns aufträgt und wie wir es tun, bestimmt unseren Platz in der Herrlichkeit.

Mir ist nicht vollkommen deutlich, was der Ausdruck „(die) Gnade (des) Lebens“ bedeutet. Es steht weder vor Gnade noch vor Leben ein Artikel. Dadurch wird das Charakteristische, die Beschaffenheit dieser Worte an sich, angegeben. Es könnte auch durch „Lebensgnade“ übersetzt werden und bedeutete dann Gnade für das Leben hier auf der Erde. Aber ich denke eher, dass es Gnade ist, die das Leben zum Inhalt hat. Das Wort „Miterbe“ weist, wie ich denke, mehr in die Zukunft. Das Wort „Erbteil“ bezieht sich in der Schrift gewöhnlich auf die Zukunft, worauf das Wort eigentlich auch hindeutet. Aber die folgende Verbindung mit „Gebeten“ weist wieder mehr auf das Leben auf der Erde mit seinen Schwierigkeiten hin. Vielleicht können wir es so begreifen: Es handelt sich um Gnade, die das Leben in seiner praktischen Darstellung verleiht, nun noch in Schwachheit inmitten aller Schwierigkeiten, bald in Vollkommenheit, wenn wir im Vaterhaus sind.

Nun, das besitzen Mann und Frau gemeinsam. Das Bewusstsein davon erweckt das Gefühl gemeinschaftlicher Abhängigkeit von dem Vater und dem Herrn. Beide, Mann und Frau, haben Gnade nötig, um das Leben praktisch offenbaren zu können, und zwar auch in ihrer Ehe, ihrem Haushalt. Das Gefühl der Abhängigkeit findet seinen Ausdruck im Gebet.

Glücklich ist jede Familie, in der Mann und Frau – und wenn Kinder und andere Hausgenossen vorhanden sind auch diese – zusammen vor dem Herrn ihre Knie beugen. Da wird ein glückliches Zusammenleben und die Gemeinschaft im Herrn gefunden, wenn nichts sie hindert, so zusammen in der Gegenwart Gottes ihre Knie zu beugen, um ihren Lob und ihren Dank und ihre gemeinsamen Bedürfnisse und die der anderen vor Gott zu bringen.

Aber wenn der Mann dem nicht entspricht, was in diesem Vers steht, besteht die große Gefahr, dass die Gebete verhindert werden. Natürlich gilt das auch, wenn die Frau nicht dem entspricht, was in den ersten Versen dieses Kapitels steht. Aber die Schrift sagt dies dem Mann, weil er das Haupt der Familie ist und als solcher die größte Verantwortung für die Ordnung und die Verhältnisse in der Familie trägt. Und überdies ist er als das Haupt normalerweise der, der in den Gebeten die aktive Rolle einnimmt. Wie kann ein Mann mit Freimütigkeit beten, wenn durch seine Schuld die Verhältnisse in der Familie nicht gut sind. Wie kann Gott gemeinschaftliche Gebete annehmen, wenn sie in Wirklichkeit nicht gemeinschaftlich sind?

Einige denken, dass mit „euren“ Gebeten die Gebete von Mann und Frau gemeint sind, dass also Mann und Frau beide laut beten. Der Zusammenhang weist hier nicht darauf hin. Der Vers ist an die Männer gerichtet. Wenn Mann und Frau gemeint sein sollten, so folgt daraus noch nicht, dass auch die Frau laut betet. Normalerweise spricht der Mann im Namen der Familie auch zu Gott. Ich will hiermit nicht entschieden behaupten, dass eine Frau nicht laut beten soll, wenn sie mit ihrem Mann allein ist. Aber diese Stelle ist kein Beweis dafür. Es ist bemerkenswert, dass der Apostel nicht die Kinder ermahnt, unterwürfig zu sein, ebenso wenig wie der Apostel Paulus es in seinen „Wüsten“-Briefen tut. In seinen „Land“-Briefen an die Epheser und Kolosser (Eph 6,1; Kol 3,20) tut er es wohl, ebenso in 1. Timotheus 3,4+12, wo Timotheus in Ephesus ist, obwohl die Kinder nicht direkt angesprochen werden. Familienverhältnisse gehören ihrem Charakter nach zur Wüste, zum praktischen Leben inmitten der Welt. Aber sie werden durch die himmlischen Dinge beeinflusst, durch das Land. Gläubige Eltern haben die Pflicht, ihre Kinder, ja, ihre ganze Haushaltung, aus Ägypten (der Welt) herauszubringen (2. Mo 10,9). Sie müssen ihre Kinder im Licht der Auferstehungswelt (Kol 3,1–4) und in unserer Stellung in den himmlischen Örtern (Eph 2,5+6) aufziehen. Darum werden die Kinder nur in solchen Briefen angesprochen, in denen wir als in diese Auferstehungswelt und in himmlische Örter versetzt gesehen werden. Da finden die Eltern besonderen Unterricht für die Erziehung ihrer Kinder.

Kapitel 3 Vers 8: „Endlich (aber seid) alle gleichgesinnt, mitleidig, voll brüderlicher Liebe, barmherzig, demütig (oder: niedrig im Sinn oder Geist).“

Die Verse 8 und 9 schließen den dritten Teil des Briefes ab, der mit Kapitel 2,11 anfing. Von Kapitel 2,18 an hat Petrus an verschiedene Gruppen von Gläubigen geschrieben: an Hausknechte, verheiratete Frauen und verheiratete Männer. Nun wendet er sich wieder an alle und schreibt seine letzten Ermahnungen. Das Wort „endlich“ weist darauf hin, dass diese Verse diesen Abschnitt abschließen; aber auch, dass sie sich ebenso wie die vorhergehenden aus Kapitel 2,11 und 12 ergeben, so wie sie in Kapitel 2,13–17 näher entfaltet werden. Dies wird durch das Fehlen des Hilfszeitwortes (seid) im Griechischen verstärkt; denn das zeigt, dass sich diese Ermahnung den vorhergehenden anschließt wie auch in Kap 2,18 und Kap 3,1. Dieses Fehlen des Hilfszeitwortes macht die Ermahnung dadurch auch stärker, dass die volle Aufmerksamkeit jetzt darauf gerichtet wird.

Diese Ermahnungen beschäftigen sich mit dem Verhältnis der Gläubigen untereinander. Dies muss selbstverständlich mit der Stellung, in die wir gebracht sind, und mit der Verbindung, die zwischen allen besteht, die diese Stellung empfangen haben, übereinstimmen. Von Kapitel 1,1–2,10 haben wir diese Stellung und die Verbindung gesehen. Abgesondert (geheiligt) durch den Heiligen Geist nach der Vorkenntnis Gottes, der unser Vater geworden ist, sind wir dahin gebracht, wo die Blutbesprengung und der Gehorsam Jesu Christi sind (Kap 1,1+2), Der Sein kostbares Blut für uns gegeben hat (Kap 1,19). Jetzt sind wir ein heiliges Priestertum, um in das Heiligtum, in die Gegenwart Gottes, einzutreten und dort geistliche Schlachtopfer darzubringen (Kap 2,5+9). Und wir sind ein königliches Priestertum, um die Tugenden Dessen zu verkündigen, Der uns aus der Finsternis zu Seinem wunderbaren Licht berufen hat. Aber wie die Ausdrücke schon zeigen, haben wir das gemeinsam mit allen Gläubigen. Unsere Verhältnisse untereinander müssen also damit übereinstimmen. Einen niedrigeren Maßstab kann der Heilige Geist nicht anlegen, auch nicht in der Welt, die für den Glauben eine Wüste ist, und wo Schwachheit und alle möglichen bösen Einflüsse vorhanden sind.

Nur Christus kann die Kraft geben, dass diese Dinge in uns verwirklicht werden. Bei Ihm wurden sie gefunden, als Er, zwischen der Krippe und dem Kreuz, in den gleichen Umständen war wie wir. Die praktische Anwendung können wir also lernen, wenn wir Sein Leben auf der Erde betrachten, indem wir das Manna essen (Joh 6,33): das Brot der Starken (Ps 78,25). Aber wir sind „zu dem Gehorsam Jesu Christi“ gebracht. Wir sind also verantwortlich, so zu sein, wie Er war. Das „Brot der Starken“ gibt uns die Kraft dazu.

„Gleichgesinnt“ können wir nur sein, wenn wir praktisch verwirklichen: „wir haben Christi Sinn“ (1. Kor 2,16). Wenn unser Eigensinn, der Sinn des Fleisches, in unseren Herzen wirksam ist, kommen wir sowohl mit uns selbst (denn wir haben Christi Sinn!) als auch mit den anderen Gläubigen in Konflikt. Wenn wir die Folgen nicht aus eigenen bitteren Erfahrungen kennen sollten, könnten wir sie aus der Apostelgeschichte und den meisten Briefen lernen.

Das will nicht heißen, wir sollten alle genau das gleiche denken. Es wäre zwar herrlich, aber auf der Erde wird das nie verwirklicht werden. Wir wissen, dass wir nicht alle allezeit so nahe bei dem Herrn sind, dass wir über alles völliges Licht haben. Aber wenn wir die Gesinnung Christi haben, suchen wir nicht uns selbst und ertragen die anderen. Wenn unser Auge auf Christus und Seine Geliebten gerichtet ist, sehen wir nicht an erster Stelle die Fehler der anderen, während wir unsere vergessen. Dann achten wir die anderen für vorzüglicher als uns selbst, denn wir sehen sie als die Gegenstände der Liebe unseres Heilands! Unsere alte Natur hat ihren Eigensinn. Aber der Heilige Geist, Der in uns wohnt, sucht uns zu dem Sinn Christi zu bringen. Dies können wir nur durch intensives Studium des Wortes Gottes und durch Unterordnung unter die Leitung des Heiligen Geistes fördern. Diese Leitung kann uns nur das Wort verständlich machen, aber es kann uns auch zu seiner praktischen Verwirklichung in unserem Leben helfen. Bibelstudium unter Gebet, verbunden mit dem Verlangen, das, was der Heilige Geist uns deutlich gemacht hat, auch zu verwirklichen (Joh 7,17), bringt uns dazu, praktisch in unserem Leben etwas von dem Sinn Christi darzustellen. Dann sind wir „gleichgesinnt“ (Röm 12,16) mit den Brüdern und Schwestern als solchen (also nicht mit dem, was das Fleisch in ihnen wirkt).

„Mitleidig“ ist die Übersetzung des griechischen Wortes sympathes, wovon das Wort Sympathie abgeleitet wurde. Es hätte besser durch „mitfühlend“ übersetzt werden müssen, weil es auch das Mitempfinden der Freude beinhaltet. Als Pilger und Fremdlinge (Kap 1,1; 2,11) in einer christusfeindlichen Welt und mit Leibern, die noch nicht erlöst sind, sondern die noch seufzen (Röm 8,23), ist häufig Leiden unser Teil (Kap 3,14; 4,12).

Als Brüder und Schwestern, als Glieder der Familie Gottes, müssen wir miteinander Mitgefühl haben (Röm 12,15+16). Wir wissen aus Erfahrung, was das für jemanden, der leidet, bedeutet, denn wir haben alle das Mitgefühl Christi erfahren (Heb 4,15). Die Gläubigen, an die Petrus schrieb, hatten das auch praktiziert (Heb 10,34). Aber wir wissen, wie selbstsüchtig und wie geneigt unsere Herzen sind, sich allein mit sich selbst und den eigenen Umständen zu beschäftigen. Immer wieder muss das Wort uns von uns selbst ablenken, damit wir an die anderen denken.

Aber welch ein Vorbild haben wir darin in dem Herrn Jesus! Weil wir Blutes und Fleisches teilhaftig sind, hat Er auch daran teilgenommen. Durch Leiden ist Er vollkommen geworden, um unser Anführer sein zu können (Heb 2,10–18). Um wirklich und vollkommen mit uns mitfühlen zu können, ist Er in alle Umstände, in die wir kommen können, eingegangen. Welch ein Trost, welch eine Ermutigung gibt uns Sein Mitgefühl! Wer kann in Einsamkeit so mitempfinden wie Er, Der klagte, dass Er ein einsamer Vogel auf dem Dach sei? Wer kennt Umstände und eine Umgebung, in der man nicht zu Hause ist wie Er, Der klagte, ein Pelikan in der Wüste zu sein (Ps 102,7+8); wer hungert mehr als Er, Der einmal vierzig Tage lang nicht aß; wer ist von anderen abhängiger als Er, Der von dem lebte, was Frauen Ihm gaben? Ja, Er ritt auf dem Esel eines anderen, Er feierte das Passah in einem Saal, der Ihm nicht gehörte, und Er wurde in das Grab eines anderen gelegt (Lk 4,2; 8,2+3; 19,33; 22,11; 23,53)! Wer kann in körperlichen Schmerzen mitfühlen wie Er, Der gegeißelt, geschlagen und gekreuzigt wurde; wer kennt die Traurigkeit um den Verlust wie Er, Der an dem Grab eines Freundes weinte (Joh 11,33–36)!

Wir kennen das aus Erfahrung. Diese Erfahrung sowohl der Leiden als auch der Ermunterung, die im Mitgefühl liegt, macht uns fähig, mitzufühlen, mitzuleiden (also nicht nur aus Höflichkeit mitfühlende Wort zu sagen). Dies gilt umso mehr, wenn es sich um Leiden der Gerechtigkeit wegen (Kap 3,14) oder um Leiden um des Namens des Herrn willen handelt (Kap 4,12–16).

Aber es geht nicht allein um Mitgefühl in Leiden, sondern auch um das Mitfühlen in Freuden, in Segen, in glücklichen Umständen (Röm 12,15). Das ist häufig noch schwieriger als das Mitleiden. „Freuet euch mit den sich Freuenden und weinet mit den Weinenden“ schreibt der Apostel Paulus. Wie viel Selbstüberwindung, wie viel Selbstverleugnung kostet es, wenn wir selbst traurig sind, uns mit anderen zu erfreuen. Sind unsere egoistischen Herzen nicht im Gegenteil geneigt, eifersüchtig zu werden, wenn andere etwas haben oder empfangen, was wir nicht haben, einerlei, ob es sich um irdische oder geistliche Dinge handelt? Wie viel Missgunst gibt es häufig unter Gläubigen, wenn einer eine etwas bessere Stellung erhält oder etwas mehr Geld als der andere verdient. Selbst, wenn der Herr dem einen oder anderen nach menschlicher Meinung eine größere geistliche Gabe gibt als dem anderen! Hier werden wir ermahnt, das Gegenteil zu tun: mitzufühlen – uns zu freuen mit den sich Freuenden – einander zu unterstützen mit dem Gebet.

„Voll brüderlicher Liebe“ ist hier die Übersetzung des griechischen Wortes philadelphoi (philadelphos im Nom. Plural Maskulin), was Bruderliebe bedeutet. Es ist hier nicht das Wort für die göttliche Liebe (agape), das meistens verwendet wird (Kap 1,22b; 2,8), sondern phileo, was mehr so viel wie „gerne mögen“ bedeutet. Nach Kapitel 1,22 sind bei unserer Bekehrung die Hinderungsgründe dafür, dass wir die Brüder lieben, weggefallen. Wir sehen nun etwas Anziehendes in ihnen: Wir sehen sie als die Gegenstände der Liebe des Herrn, aber überdies sehen wir etwas von dem Herrn in ihnen, denn sie haben die göttliche Natur empfangen (2. Pet 1,4). So können wir sie lieben, aber wir müssen es auch. Wir lieben sie aber als Brüder, also lieben wir nicht das in ihnen, was der alten Natur angehört. Die Liebe muss so ausgeübt werden, wie es uns das Wort und der Heilige Geist in jedem Falle deutlich macht. Denn wahre Bruderliebe handelt niemals im Widerspruch mit den Gedanken Gottes (1. Joh 5,1–3), und dem Gehorsam gegenüber dem Herrn! (Siehe weiter die Betrachtungen zu Kap 1,22).

Das griechische Wort, das hier mit „barmherzig“ übersetzt ist, kommt nur hier und in Eph 4,32 vor, wo es mit „Gnade erweisend“ übersetzt ist. Wir könnten es auch mit „zartfühlend“ wiedergeben. Vielleicht wäre das sogar eine bessere Übersetzung.

Barmherzigkeit ist die Gnade, die im Herzen erweckt wird, wenn wir die schwierigen Umstände derjenigen sehen, mit denen wir uns beschäftigen. Es gehört Barmherzigkeit dazu, den Bedürfnissen der anderen abhelfen zu wollen. Unser Inneres muss zum Vorteil der anderen wirksam werden (siehe 1. Joh 3,17 in Verbindung mit der Fußnote in der Elberfelder Übersetzung). Das setzt einen Zustand leiblicher und geistlicher Not voraus, dem abgeholfen werden muss. Aber diese Hilfe darf nicht kalt und gefühllos geboten werden; unser Herz muss dabei beteiligt sein. Wir müssen von dem Herrn Jesus lernen, Der niemals nur durch Seine Macht half. Sein Herz und Sein Geist befassten Sich mit dem Elenden und brachten ihn zu Gott (s. z. B. Joh 11,33–44; Lk 5,12+13; 19,41–44).

Ohne demütige Gesinnung kann es keinen Geist des Dienens geben. Diese Ermahnung wird hier zum ersten Mal in diesem Brief erwähnt. Wenn wir uns selbst kennen, wissen wir, dass dies nicht deshalb so ist, weil wir diese Ermahnung nicht nötig hätten. Es ist doch wahr, was ein anderer Autor schrieb: „Hochmut ist das letzte, was in dem Menschen stirbt“ (Stael). Wie leicht erheben wir uns, weil wir irdische oder gar geistliche Vorrechte besitzen, als ob es nicht einzig und allein Gnade ist, dass wir sie haben. Haben wir uns selbst geschaffen? Haben wir unsere leiblichen und geistlichen Fähigkeiten und guten Eigenschaften aus uns selbst heraus? Welch eine Torheit ist es, hochmütig zu sein (Mt 8,17; 9,36). Und doch, müssen wir uns deswegen nicht häufig selbst verurteilen? Ist die Sprache Nebukadnezars (Dan 4,30) nicht auch häufig die Sprache unseres Herzens, wenn wir sie auch nicht in unseren Mund nehmen?

Welchen Schaden verursachen Stolz und Hochmut an dem Zusammenleben der Familie Gottes und an dem Zeugnis Gottes nach außen hin. Andere werden dadurch verletzt, und wir selbst fühlen uns leicht beleidigt, wenn wir nicht genügend Anerkennung erhalten und man uns nicht genügend berücksichtigt. Wir sehen das selbst bei den hochgeehrten Aposteln (Lk 22,24). Welch ein Vorbild haben wir auch hierin in dem Herrn Jesus. Der Herr Jesus, wissend, dass Er von Gott ausgegangen war und zu Gott zurückging, und dass der Vater Ihm alle Dinge übergeben hatte, stand auf, umgürtete Sich und wusch die Füße Seiner Jünger (Joh 13,3–5); das war der Dienst eines Sklaven, für den sich jeder von ihnen zu gut wähnte. Wie treffen Seine Worte unsere Herzen, wenn wir sie in dem Zusammenhang, in dem sie stehen, lesen. Alle Dinge sind Ihm von Seinem Vater übergeben. Seine persönliche Herrlichkeit ist so groß, dass nur der Vater sie ermessen kann (Mt 11,29). Dann sagt Er: „Lernet von mir, denn ich bin sanftmütig und von Herzen demütig, und ihr werdet Ruhe finden für eure Seelen, denn mein Joch ist sanft, und meine Last ist leicht“. Lernen wir nicht gern von Ihm, wenn wir Ihn so sehen?

Kapitel 3 Vers 9: „Und vergeltet nicht Böses mit Bösem, oder Scheltwort mit Scheltwort, sondern im Gegenteil segnet, weil ihr dazu berufen worden seid, dass ihr Segen ererbet.“

Der Apostel hat hierüber schon zu den Hausknechten und Sklaven gesprochen (Kap 2,18–21). Er stellte ihnen den Herrn Jesus als Vorbild vor: „Der, gescholten, nicht wiederschalt, leidend, nicht drohte, sondern sich dem übergab, der recht richtet“ (Kap 2,21–25). Hier sagt Petrus dasselbe noch einmal zu allen. Das lässt uns erkennen, wie wichtig dieser Vers ist. Der Apostel Paulus hat dasselbe an zwei Stellen gesagt (Röm 12,17; 1. Thes 5,15). Es liegt in der menschlichen Natur, Böses mit Bösem zu vergelten, und das Gesetz ließ es auch zu (Mt 5,38–48).

Die Gläubigen, an die dieser Brief direkt gerichtet war, wohnten inmitten feindlicher Heiden und noch feindlicherer Juden – ihrer früheren Brüder. Sie konnten erwarten, dass ihnen Böses angetan wurde, und sie hatten es auch erfahren. Der Apostel spricht über die Leiden um der Gerechtigkeit willen und über das Leiden wegen des Namens des Herrn Jesus (Kap 3,14; 4,14).

Wir müssen die Gesinnung Christi haben und Seinem Vorbild folgen. Er ließ alles über Sich ergehen, denn Er war gekommen, um zu segnen, nicht, um zu richten (Lk 9,55). Darum übergab Er alles in die Hände Dessen, Der gerecht richtet.

Hier wird ein herrliches Argument hinzugefügt. Wir sind berufen, Segen zu ererben, darum müssen wir andere segnen. Aus Gnaden haben wir diese herrliche Stellung empfangen, trotz unserer Empörung gegen Gott und unserer feindlichen Taten Ihm gegenüber, die uns, wenn Gott gerecht handeln würde, nur die ewige Verdammnis eingebracht hätten. Wenn man uns jetzt Böses antut oder wir gescholten werden, und erst recht wenn das geschieht, weil wir diesen Platz des Segens empfangen haben, wie sollten wir uns dann so im Gegensatz zu der Handlungsweise Gottes verhalten können?

Ich denke nicht, dass es hier nur um den zukünftigen Segen geht. Es geht hier auch um die Stellung, die wir jetzt schon haben, wenn sie auch erst bei dem Herrn vollkommen sein wird. Der Mensch als Sünder steht unter dem Fluch. Wir sind in die Gunst und Nähe Gottes gebracht. Wir kennen Ihn als unseren Vater und den Herrn Jesus als „den Sohn Gottes, der mich geliebt und sich selbst für mich hingegeben hat“ (Gal 2,20). Nun, die Gunst des Vaters und des Sohnes hat praktische Folgen, sowohl im Hinblick auf die Hilfe in all unseren geistlichen und leiblichen Bedürfnissen als auch auf die Gemeinschaft mit dem Vater und dem Sohn. Welch eine Freude für das Herz ist es, sich der Gunst und Nähe des Vaters und des Sohnes bewusst zu sein.

Dieses Bewusstsein gibt auch den Leiden ein anderes Wesen. Wir wissen, dass man uns nur unter der Zulassung des Vaters Böses tun und schelten kann. Und Er lässt es nur zu, wenn es gut für uns ist. Denen, die Gott lieben, wirken alle Dinge zum Guten mit (Röm 8,28)! Wir sehen das deutlich in der Geschichte Hiobs. David hat es auch verstanden. Als Simei ihm fluchte und ihn verwünschte, sagte er: „Ja, mag er fluchen, denn wenn der HERR ihm gesagt hat: fluche David, wer darf dann sagen: warum tust du also“ (2. Sam 16,10)?

Aber hier im Petrusbrief geht die Bedeutung noch weiter. Wir sollen das Böse und das Schelten nicht allein ertragen, sondern mit Gutem erwidern. Wir sollen es machen, wie der Herr Jesus, Der am Kreuz für Seine Hasser bat, und wie Stephanus, als er gesteinigt wurde.

Wir sehen also drei Dinge, die wir tun sollen, wenn Menschen uns Böses antun:

1. Wir sollen uns selbst nicht rächen, sondern dem Zorn Gottes Raum geben (Röm 12,19–21): Der wird uns rächen, und Er kann es besser als wir.

2. Wir sollen alles Dem übergeben, Der recht richtet (Kap 2,23) und daher genau weiß, inwiefern man uns lästert. Wir sollen uns dabei bewusst sein, dass Gott dieses zulässt, weil Er uns dadurch erziehen will; also müssen wir es aus Seiner Hand annehmen.

3. Die erfahrene Gnade, die uns in die Stellung des Segens und der Gunst gebracht (Kap 3,9) hat als Antwort auf unser böses Handeln und Reden Gott gegenüber, muss uns dazu bringen, wie Gott zu handeln und das uns zugefügte Böse und das Schelten mit Segen zu beantworten. Wir werden daran erinnert, dass wir berufen sind, in der Fülle des uns von Gott geschenkten Teiles zu leben, das für alle Dinge ausreicht.

Einige übersetzen: „damit ihr Segen ererben werdet“ (u. a. Greijdanus). Dann würde der Segen davon abhängen, ob wir die segnen, die uns Böses antun. Ich glaube mit Hart, Alford, Kelly, Darby, Grant u. a., dass dieses nicht richtig ist. Obwohl wir in den Briefen des Petrus die Regierung Gottes vorgestellt finden, wäre dies nicht nur eine Regel dieser Regierung, sondern der Grundsatz des Gesetzes. Die unter Gesetz lebten, mussten arbeiten, um den Segen zu erlangen. Das Resultat ist stets: „So viele aus Gesetzeswerken sind, sind unter dem Fluch“ (Gal 3,10). Der christliche Standpunkt ist gerade: Wir haben den Segen empfangen und müssen uns nun in Übereinstimmung damit verhalten. So groß ist der Gegensatz zwischen dem Gesetz und der Gnade.

Allein durch die Gnade sind wir errettet, mittels des Glaubens, nicht durch Werke (Gal 2,16; Eph 2,8).

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