Unterredungen über den ersten Brief an die Korinther

Kapitel 15,20-34

Unterredungen über den ersten Brief an die Korinther

„Nun aber ist Christus aus den Toten auferweckt, der Erstling der Entschlafenen.“ Beachten wir, daß dieses Kapitel von der Auferstehung des Christen handelt und kein Wort von der des Ungläubigen sagt.  Wenn es eine Anspielung auf diese macht, dann nur in den Worten: „dann das Ende“ (V. 24).  Was die Christen betrifft, so zeigt der Apostel, daß ihr Los innig mit demjenigen Christi selbst verknüpft ist, und daß, wenn Christus aus den Toten auferstanden ist, auch wir alle auf dieselbe Weise auferstehen müssen.  Diese Wahrheit ist unlöslich verbunden mit der ganzen Lehre von der Kirche, dem Leibe Christi, wie Paulus sie den Korinthern dargestellt hatte.  Nur ist Christus zuerst aus den Toten auferstanden, denn Er muß in allen Dingen den Vorrang haben. Er ist, in der Auferstehung, die erste Frucht, der Erstling der zukünftigen Ernte.  Wer „in dem Adam“ ist, ist dem Tode verfallen, und das einzige Mittel, diesem Schicksal zu entrinnen, ist, „in Christo“ zu sein, ein Leib mit Dem, welcher, nachdem Er gestorben war (wie das in die Erde gelegte Weizenkorn stirbt), in der Auferstehung viel Frucht getragen hat.  Wenn ich dem ersten Menschen, Adam, angehöre, so ist es zum Tode, denn es heißt: „Gleichwie in dem Adam alle sterben“, oder: Denn „es ist dem Menschen gesetzt, einmal zu sterben“.  Wenn ich aber dem letzten Adam angehöre, so ist das unmittelbare Gegenteil die Folge.  Es besteht darin für mich keine Notwendigkeit mehr, zu sterben, und selbst der Tod meines Leibes wird nicht mehr als Tod bezeichnet, sondern wird mit einem Schlaf verglichen, aus dem ich von einem Augenblick zum anderen wieder aufwachen kann  Dem Erstling, Christus, werden die angereiht, „welche des Christus sind bei Seiner Ankunft“.  Diese Ankunft ist also das Zeichen zur Auferstehung, der herrlichen Vollendung der beiden Wahrheiten, welche das Evangelium uns vorstellt: Tod und Auferstehung Christi.  Es kann sein, daß Er heute oder morgen, oder in einem Jahr, oder auch erst nach einem Menschenalter kommt.  Das wissen wir nicht, und Er will es uns auch nicht wissen lassen, damit wir Ihn erwarten, Auf diese Weise erhält Er uns beständig in Erwartung Seiner Ankunft.  Wenn wir wüßten, daß gewisse Ereignisse Seiner Ankunft vorauszugehen hätten, so würden wir auf diese Ereignisse warten und nicht auf Ihn selbst. In dem Augenblick Seiner Ankunft also wird die Auferstehung aus den Toten stattfinden.  Aber mehr als das: Das Kommen des Herrn wird, obwohl es ein Ereignis ist, zwei Zwecken dienen: Er kommt in Gnade, und Er kommt, um Sein Reich aufzurichten.  Infolgedessen werden auch zwei Klassen von Heiligen auferweckt werden, und die erste Klasse, die, als erster Akt Seines Kommens, auferweckt wird, wird wiederum aus zwei Gruppen  Heiligen bestehen: zunächst aus denen, die vor der Gründung der Kirche da waren, d. h. aus den Heiligen des Alten Testaments, die sich zum voraus durch den Glauben das Opfer des Lammes Gottes zu eigen gemacht haben, und sodann aus der Kirche, der Braut Christi 1.  Zusammen werden sie in die Luft entrückt, dem Herrn entgegen, um auf immer bei Ihm zu sein.

Der zweite Akt des Kommens des Herrn, der dem oben erwähnten zweiten Zweck dient, umfaßt eine neue Klasse von Heiligen, die ihrerseits wiederum aus mehreren Gruppen besteht:

  1. Die erste finden wir in Offenbarung 6,9. Es sind die, welche nach der Entrückung der Kirche als erste den Märtyrertod erleiden, während der prophetischen Epoche, die der letzten Hälfte der Jahrwoche Daniels vorangeht.  Diese Gläubigen werden als Seelen unter dem Altar gesehen.  Sie rufen: „Bis wann?“ worauf ihnen gesagt wird, daß sie noch eine kleine Zeit warten sollen.
  2. In Offenbarung 11 finden wir ein zweite Gruppe Märtyrer, die während der letzten Hälfte der Jahrwoche Daniels in Jerusalem getötet werden.
  3. Eine dritte Gruppe heiliger Märtyrer findet sich in Offenbarung 13,15.  Es sind Gläubige aus den Juden, sich geweigert haben, das Bild des Tieres anzubeten.
  4. Schließlich haben wir in Kapitel 15,2-4 der Offenbarung noch eine vierte Gruppe Märtyrer aus den Nationen.

Es sind die Überwinder über das Tier, über sein Bild und über die Zahl seines Namens. Wie wir sehen, besteht diese zweite Klasse von Heiligen ausschließlich aus Märtyrern, die während des zweiten Akts des Kommens des Herrn auferweckt werden. In Offenbarung 20,4 finden wir beide Klassen in der Auferstehung vereint. Sie sitzen auf Thronen, und es wird ihnen gegeben, Gericht zu halten.  Alles dies, was wir soeben ausgeführt haben, ist in dem uns beschäftigenden Kapitel in das einfache Wort zusammengefaßt: „sodann die, welche des Christus sind bei Seiner Ankunft“ (V.23).

Der Apostel fügt hinzu: „dann das Ende“.  Dieses kurze Wort umfaßt das Gericht der auferstandenen Toten vor dem großen weißen Thron nach den tausend Jahren der Königsherrschaft Christi, sowie den Zeitpunkt, wo der Herr dieses Reich Seinem Gott und Vater übergibt, während Er zugleich auf ewig Seinen Charakter als Haupt der Versammlung, als „Mann“ Seines Weibes beibehalten wird.  Dann wird Gott alles in allem sein.  Das ist der Inhalt dieser wichtigen Einfügung.

Im 29. Vers kehrt der Apostel zu dem in Vers 19 verlassenen Gegenstand zurück. „Was werden sonst die tun, die für die Toten getauft werden, wenn überhaupt Tote nicht auferweckt werden? warum werden sie auch für sie getauft?“

Dieser Vers bietet keine Schwierigkeit, wenn man ihn mit Vers 18 verbindet.  Wenn Christen entschlafen, treten andere an ihrer Statt durch die Taufe in den Genuß der christlichen Vorrechte hienieden ein.  Die Reihen haben sich gelichtet, aber Gott sorgt dafür, daß die Lücken wieder ausgefüllt werden, um Sein Heer in dieser Welt vollzählig zu erhalten.  Andere nehmen den Platz der Entschlafenen ein, damit das gemeinsame Zeugnis für den Herrn weiter bestehe.  Ich möchte für mich annehmen, daß die „Toten“ hier, wie in Offenbarung 14,13, Märtyrer sind; doch ist dies nicht von Belang.  Es gibt eine Taufe für die Toten; diese Taufe bringt neue Bekehrte an die Stelle und an den Platz derer, welche den Schauplatz dieser Welt verlassen haben, damit des Herrn Heer imstande ist, den Kampf bis zu Seiner Ankunft fortzusetzen. Der Apostel fügt dann noch hinzu: „Wenn ich, nach Menschenweise zu reden, mit wilden Tieren (ein bildlicher Ausdruck wie der von dem „Rachen des Löwen“ in 2.Tim 4,17) gekämpft habe zu Ephesus, was nützt es mir, wenn Tote nicht auferweckt werden?“ Wozu dienen mir dann all meine Drangsale?  Wozu sterbe ich täglich?  Gibt es keine Auferstehung, dann „laßt uns essen und trinken, denn morgen sterben wir“!  Dann laßt uns lieber die Welt und das Leben genießen, da ja mit ihm doch alles zu Ende ist!  Auch wir können sagen: Wozu all unsere Prüfungen, wenn es keine Totenauferstehung gibt?  Aber - durch die Prüfungen bereitet uns der Herr für die Herrlichkeit zu, wie Gold im Schmelztiegel geläutert wird.  Der Apostel schreckte nicht vor Drangsalen zurück.  Im Gegenteil, er rühmte sich ihrer.  Er kannte kein erhabeneres Los hienieden, als für Christum zu leiden.  Das bedeutete für ihn mehr als alle von den Menschen so heißbegehrten Ehren.  Daher ermahnt er die Korinther, aufzuwachen, um rechtschaffen nüchtern zu leben, und nicht, wie sie es nur zu gern taten, die Gemeinschaft der Welt wieder aufzusuchen, die doch nur ihr Christentum verdarb und schuld daran war, daß mehrere von ihnen bereits die Erkenntnis des wahren Charakters Gottes verloren hatten.

Fußnoten

  • 1 Diese letztere besteht sowohl aus den entschlafenen und auferweckten, als auch aus den dann noch lebenden und verwandelten Heiligen. Aber der Apostel hält sich die Erwähnung dieser letzteren bis zum Schluß des Kapitels vor, weil dies ein den Korinthern bis dahin noch unbekanntes Geheimnis war.
Nächstes Kapitel »« Vorheriges Kapitel