Leben in Weisheit
Das Buch der Sprüche - Vers für Vers praxisnah erklärt

Sprüche Salomos Teil 1b

Leben in Weisheit

Gefahren auf dem Weg (Kapitel 4–7)

c) Das Verhältnis zum anderen Geschlecht (Kap. 5)

Kapitel 5 beschäftigt sich mit einer weiteren Gefahr: der sexuellen Verführung durch die „Fremde“ (V. 3). Solche Verführungen können jedoch, wie wir wissen, nicht nur von Frauen ausgehen, sondern auch von Männern. Und nicht nur Männer können verführt werden, sondern auch Frauen. Außerdem darf niemand denken, dass diese Gefahr für ihn nicht besteht. Gott hielt es für notwendig, dieses Thema allein im Buch der Sprüche 7-mal zu behandeln, 3-mal davon sehr ausführlich.1 Unzucht war also schon immer ein Problem, doch mit schwindender Gottesfurcht greift sie in der heutigen Zeit immer schneller um sich.2

Im Gesetz hatte Gott dem Volk Israel seine Prinzipien zur Sexualmoral ausführlich mitgeteilt. Am bekanntesten ist das 7. Gebot: „Du sollst nicht ehebrechen“ (2. Mo 20,14). Hier haben wir nun einen eindrucksvollen Kommentar zu diesem Gebot.

Damit wir uns erst gar nicht in die Gefahrenzone der „Fremden“ begeben, belehrt und warnt uns Gott jetzt auf vielfältige Weise. Am Ende stellt Er uns als Gegenpol das beglückende Verhältnis in einer Ehe vor.

Das Kapitel lässt sich klar in folgende Abschnitte gliedern:

Spr 5,1–2: Aufruf des Vaters zum Hören
Spr 5,3–6: Beschreibung des Wesens der fremden Frau
Spr 5,7–14: Warnung vor den Folgen sexueller Abschweifung
Spr 5,15–20: Die reine Beziehung in der Ehe
Spr 5,21–23: Göttliche Vergeltung für böse Wege

5,1–2: So wie bisher jedes Kapitel, wird auch dieses durch den feierlichen Aufruf des Vaters eingeleitet, aufmerksam auf die folgenden Belehrungen zu hören.

5,1 „Mein Sohn, höre aufmerksam auf meine Weisheit, neige dein Ohr zu meiner Einsicht, …“ (Spr 4,20)

Es fällt auf, dass Salomo (nur) hier sagt: „meine Weisheit“. Es ist die speziell ihm von Gott gegebene Weisheit. Aber es klingt auch an, dass er sie sich durch Erfahrung erworben hat. Hier spricht nicht jemand, der keine Ahnung von diesem Thema hat.

Der Sohn soll „aufmerksam“ zuhören, weil es ein Thema ist, das auch ihn etwas angeht. Und wie bereits gesagt: Es geht jeden etwas an.

5,2 „… um Besonnenheit zu bewahren und damit deine Lippen Erkenntnis hüten.“

Besonnenheit ist das Gegenteil von emotionalem, unüberlegtem Handeln. Gerade das ist so gefährlich bei unserem Verhalten gegenüber dem anderen Geschlecht. Stattdessen sollen wir uns auf den Willen des Herrn „besinnen“.

Nicht selten beginnt eine unsittliche Verbindung mit unbedacht geredeten Worten – heutzutage oft auf elektronischem Weg. Deshalb werden hier die „Lippen“ erwähnt. David sagt in Psalm 141,3: „Setze, Herr, meinem Mund eine Wache, behüte die Tür meiner Lippen.“

Die Lippen sollen „Erkenntnis hüten“. Unsere Worte dürfen nicht im Widerspruch stehen zu der Erkenntnis, die wir durch die göttliche Weisheit erlangt haben. Durch besonnenes Reden pflegen bzw. konservieren wir die Erkenntnis. Sie wird dann weder verwässert noch verfälscht. Sind wir dagegen gewohnt, Schlechtes zu sagen, nimmt unsere Erkenntnis immer mehr ab – wir haben sie nicht „gehütet“.

5,3–6: Als Erstes beschreibt Salomo das Wesen der fremden Frau. Diese „Fremde“ muss nicht immer eine leibhaftige Frau sein, sondern wir können hier an die Quelle jeder sexuellen Versuchung denken.

Darüber hinaus können wir diese Ermahnungen auch auf jede Art von weltlichen Verbindungen anwenden. In 2. Korinther 6,14 werden wir gewarnt: „Seid nicht in einem ungleichen Joch mit Ungläubigen.“ Ein Ungläubiger hat nicht dieselben Empfindungen und Prinzipien wie ein Gläubiger. Deshalb kann eine solche Verbindung nicht glücklich machen, ja sie ist sogar zum größten Schaden.

Nicht zuletzt ist die „Fremde“ auch ein Bild von der Welt als einem von Satan regierten System. Die Welt steht im Widerspruch zu den göttlichen Grundsätzen und will uns Christen in vielerlei Hinsicht verführen.

5,3 „Denn Honigseim träufeln die Lippen der Fremden, und glatter als Öl ist ihr Gaumen; …“

In völligem Gegensatz zu Lippen, die „Erkenntnis hüten“ (V. 2), stehen hier die „Lippen der Fremden“ (vgl. Spr 2,16). Honigseim ist das Süßeste vom Honig – und so ist ihre Verführungstaktik. Der „glatte Gaumen“ deutet auf ihre schmeichelhaften Worte hin.

Das „Fremde“ wird vom Herrn scharf verurteilt. Die Bibel zeigt uns vier Dinge oder Personen, vor denen wir uns hüten müssen: 3

  • Fremde Götter rauben Ihm die Ihm allein zustehende Ehre.
  • Fremdes Feuer greift das vollgültige Opfer des Herrn Jesus an.
  • Fremde Hirten sind (Ver-)Führer, die uns von Christus wegziehen.
  • Die fremde Frau zerstört das herrliche Bild von Christus und seiner Braut, der Versammlung (Gemeinde).

Alles Fremde bedeutet für uns Gefahr. Der gute Hirte dagegen sagt: „Ich kenne die Meinen und bin gekannt von den Meinen“ (Joh 10,14). Da ist Vertrautheit, Nähe und Sicherheit.

► David beschreibt den Verrat seines Freundes mit ähnlichen Worten: „Geschmeidiger sind seine Worte als Öl“ (Ps 55,22). Und ist sittliche Unreinheit nicht auch „Verrat“ an der Liebe unseres Erlösers?

5,4 „… aber ihr Letztes ist bitter wie Wermut, scharf wie ein zweischneidiges Schwert.“

Mit eindrucksvollen Bildern beschreibt Salomo den Kontrast zwischen den süßen Versprechungen der Fremden und deren bitteren Folgen. Falsche Verbindungen – egal ob körperlicher, geistiger oder geistlicher Art – führen immer zu einem tragischen Ende. Was am Anfang süß wie Honig schmeckt, ist am Ende „bitter wie Wermut“. Was glatt wie Öl ist, wird zu einem scharfen, „zweischneidigen Schwert“.4 Man bekommt Gewissensbisse, gerät vielleicht in finanzielle Schwierigkeiten, zermartert sich durch Selbstvorwürfe oder verfällt in Depressionen (V. 9–11).

5,5 „Ihre Füße steigen hinab zum Tod, am Scheol haften ihre Schritte.“

Die Wege der Fremden führen nicht nur sie selbst in den Tod, sondern auch ihre Opfer. Da gibt es kein Zurück mehr, die Schritte „haften“ am Scheol. Salomo beschreibt seine Beobachtungen dazu in Prediger 7,26: „Und ich fand, was bitterer ist als der Tod: Die Frau, die Netzen gleicht und deren Herz Fangarme, deren Hände Fesseln sind.“

► Hier geht es letztlich um den leiblichen Tod, aber viel schlimmer ist der dann folgende ewige Tod als Strafe für ein sündiges Leben.

Manche wollen ihr Leben zunächst in vollen Zügen genießen und hoffen, am Ende noch gut davonzukommen. Ein Beispiel dafür ist Bileam. Er sagte: „Meine Seele sterbe den Tod der Rechtschaffenen, und mein Ende sei gleich dem ihren“. Dabei bedachte er nicht, dass sein Weg „ins Verderben“ stürzte (4. Mo 23,10; 22,32). Über solche Menschen sagt Paulus: „… deren Ende Verderben, deren Gott der Bauch und deren Ehre in ihrer Schande ist, die auf das Irdische sinnen“ (Phil 3,19).

5,6 „Damit sie nicht den Weg des Lebens einschlägt, schweifen ihre Bahnen ab, ohne dass sie es weiß.“

Als Kontrast zu den Wegen, die zum Tod führen, wird hier der „Weg des Lebens“ zum zweiten Mal in den Sprüchen erwähnt (Spr 2,19). Gott wird ihn uns kundtun, wenn wir bereit sind, auf seine Stimme zu hören.

Diese Frau jedoch will diesen Weg bewusst nicht gehen, wie das Wort „damit“ erkennen lässt. Ein wirkliches Ziel hat sie andererseits aber auch nicht. Nur von ihren Trieben geleitet, lebt sie dahin – völlig gedankenlos, „ohne dass sie es weiß“.

► Verläuft dein Leben vielleicht manchmal ebenso planlos?

5,7–14: Nun warnt Salomo die Söhne vor der Fremden, indem er ihnen die schlimmen Folgen sexueller Abschweifung vor Augen führt.

5,7 „Nun denn, ihr Söhne, hört auf mich und weicht nicht ab von den Worten meines Mundes!“ (Spr 7,24; 8,32)

Salomo kannte die Macht der fleischlichen Lust und appelliert hier eindringlich an alle jungen Männer („Söhne“), auf ihn zu hören. Aber wie schon gesagt, richtet sich dieser Aufruf ebenso an älter gewordene Männer und auch an die Frauen (vgl. Joh 8,3–11). Außerdem sei daran erinnert, dass wir diese Ermahnungen auf jede Art von Verbindung mit der Welt anwenden können.

► Wenn wir die Warnungen zu diesem Thema ignorieren, wird der Herr uns nicht bewahren.

5,8 „Halte fern von ihr deinen Weg und nähere dich nicht der Tür ihres Hauses; …“

Der Weg des Lebens verläuft nicht an der Tür der fremden Frau vorbei, sondern „fern von ihr“. Die Frau und ihr Haus sollen gemieden werden, als ob eine gefährliche, ansteckende Krankheit von dort ausginge. Und so ist es ja im übertragenen Sinn auch. Wer seine Selbstbeherrschung überschätzt und „mit dem Feuer spielt“, wird früher oder später zu Fall

kommen. Weil Paulus um diese immense Gefahr wusste, gab er den Korinthern den Rat: „Flieht die Hurerei!“ (1. Kor 6,18).

Man muss sich jedoch nicht nur äußerlich, sondern auch mit dem Herzen „fernhalten“. Das heißt, dass man gewohnt sein muss, in Gemeinschaft mit Gott und in ständigem Selbstgericht zu leben. Daher schreibt Salomo an anderer Stelle: „Wer Gott wohlgefällig ist, wird ihr entkommen; aber der Sünder wird durch sie gefangen werden“ (Pred 7,26). Das Wirkprinzip der Sünde steckt in jedem von uns!

► In der Praxis sieht die Verwirklichung dieses Verses heute beispielsweise so aus:

  • Benutze das Internet verantwortlich und surfe nicht zum Zeitvertreib; richte dir eine Sperre von gefährlichen Seiten ein oder betreibe andere vorbeugende Maßnahmen.
  • Vermeide in der Stadt Straßenzüge, von denen du weißt, dass sich dort z. B. ein Sexshop befindet.
  • Halte dich von Personen fern, die gern unanständige Witze erzählen oder anzügliche Bemerkungen machen.
  • Vermeide lockere oder vertrauliche Gespräche (auch auf elektronischem Weg) mit (attraktiven) Kolleg(inn)en des anderen Geschlechts.

5,9 „… damit du nicht anderen deine Blüte gibst, und deine Jahre dem Grausamen; …“

Wer sich in den Bann sexueller Leidenschaften hineinziehen ließ, hat später auf ein verpfuschtes Leben zurückblicken müssen. „Welche Frucht hattet ihr denn damals von den Dingen, über die ihr euch jetzt schämt? Denn ihr Ende ist der Tod“ (Röm 6,21).

► Deine „Blüte“, die ganze Energie deines jungen Lebens, gehört Gott – und niemand anders! Wie kannst du „Frucht“ für Gott bringen, wenn du schon deine „Blüte“ verderben lässt?

Die „grausame“ Welt wird gefühllos zuschauen, wenn ein junger Mann durch ihre Verführung verdirbt. Vielleicht ist der „Grausame“ auch ein Rächer im Sinne von Sprüche 6,34.35, also der betrogene

Ehemann. Es kann sich aber auch auf den folgenden Vers beziehen, also auf solche, die den Verführten ausnutzen.

5,10 „… damit nicht Fremde sich sättigen an deinem Vermögen und dein mühsam Erworbenes nicht in das Haus eines Ausländers kommt …“

Wer sein Leben in Unreinheit führt, verliert nach und nach sein ganzes Vermögen an andere. Alles, was er sich durch Anstrengung und Fleiß „mühsam erworben“ hat, gelangt in fremde Hände – nur weil er seine Energie nicht mehr positiv, sondern für eine fremde Frau eingesetzt hat. Von Ephraim wird gesagt: „Fremde haben seine Kraft verzehrt, und er weiß es nicht“ (Hos 7,9).

■ Der so genannte verlorene Sohn ist hierfür ein beredtes Beispiel. Er hatte sein Erbe „mit Huren verprasst“ – wahrscheinlich ohne es ursprünglich zu wollen – und war am Ende bettelarm (Lk 15,13–15.30).

5,11 „… und du nicht stöhnst bei deinem Ende, wenn dein Fleisch und dein Leib dahinschwinden, …“

Nicht nur der Verlust des gesamten Besitzes, sondern auch der Verlust der Gesundheit wird zu beklagen sein. Der weise Vater möchte seinen Sohn sowohl vor körperlichen Krankheiten („Fleisch“), nicht zuletzt Geschlechtskrankheiten, als auch vor seelischen und psychischen Problemen („Leib“) bewahren. Das würde nämlich sein gesamtes Leben schließlich zur Qual machen. Gott möchte, dass unser „ganzer Geist, Seele und Leib … untadelig bewahrt“ werden (1. Thes 5,23).

5,12 „… und sagst: Wie habe ich die Unterweisung gehasst, und mein Herz hat die Zucht verschmäht!“

Zuerst gibt Gott Unterweisung. Wenn man diese „hasst“ und nicht befolgt, versucht es Gott mit vorbeugender Zucht. Wenn man auch das „verschmäht“, fällt man in Sünde, und wenn man darin verharrt, kommt schließlich die Strafe.

Diese drei Stufen lassen sich sehr gut im Leben Bileams erkennen. Zuerst gebot Gott ihm ganz klar, nicht mit den Boten Balaks zu gehen, um das Volk Israel zu verfluchen (= Unterweisung; 4. Mo 22,12). Als Bileam darauf nicht hörte, stellte Er sich ihm dreimal mit einem Schwert in den Weg (= vorbeugende Zucht; 4. Mo 22,22–26). Doch Bileam verschmähte diese Zucht und wurde später getötet (= Strafe; 4. Mo 31,8).

Die Folgen einer Sünde kann man durch ein „Klagelied“ wie in unserem Vers nicht ungeschehen machen. Wer warnende Worte in den Wind schlägt, kommt irgendwann zu solchen Selbstvorwürfen. Das ist dann letzten Endes der „Wurm, der nicht stirbt“ (Mk 9,46).

5,13 „Und ich habe nicht gehört auf die Stimme meiner Unterweiser und mein Ohr nicht zugeneigt meinen Lehrern.“

Das Wort „Unterweiser“ hat dieselbe Wurzel wie „Thora“ und ist dadurch ein Hinweis auf das Wort Gottes. Es ist schrecklich, wenn ein Mensch vielleicht am Ende seines Lebens bekennen muss, dass er weder auf Gottes Wort noch auf die „Lehrer“, die ihm das Wort gepredigt haben, gehört hat – obwohl er sie hören konnte!

► Vielleicht hast auch du die Sonntagschule absolviert, Vorträge über Gottes Wort gehört, Bibelkonferenzen besucht – und doch nicht wirklich auf Gottes Stimme gehört?

5,14 „Wenig fehlte, so wäre ich in allem Bösen gewesen, inmitten der Versammlung und der Gemeinde.“

Die vorigen drei Verse beschreiben eine gewisse Reue, die jemand am Ende eines verpfuschten Lebens empfindet. In diesem Fall kann Gott in seiner Gnade eingreifen, um ihn vor noch Schlimmerem zu bewahren. Das drückt dieser Vers aus. Wäre dieser Mensch nicht umgekehrt, wäre er „in allem Bösen“ gewesen. Und das Beschämende dabei wäre gewesen, dass er dieses Böse ausgeübt hätte als einer, der zum Volk Gottes gehört. Sozusagen unter den Augen der Glaubensgeschwister!

Die „Versammlung“ oder „Gemeinde“ ist hier natürlich das Volk Israel. Aber wir können und müssen dies übertragen auf die christliche Zeit, wo die Versammlung (Gemeinde) aus allen wahren Kindern Gottes verschiedener Nationen besteht. Wie tragisch ist es, wenn ein Gläubiger da in der Sünde lebt, wo das göttliche Licht am hellsten scheint!

5,15–20: Nach der Warnung vor der fremden Frau wird uns jetzt die Freude einer reinen Beziehung in der Ehe vorgestellt. Die Ehe ist ein Schutz gegen Unzucht. „Aber um der Hurerei willen habe ein jeder seine eigene Frau, und eine jede habe ihren eigenen Mann“ (1. Kor 7,2).

In der Ehe sind zwei sich liebende Menschen unterschiedlichen Geschlechts für ihr ganzes Leben miteinander verbunden. Die Ehe beginnt mit der öffentlichen Bekundung, von jetzt an ein gemeinsames Leben zu führen. In vielen Ländern geschieht dies vor einem Standesbeamten.

Hier einige Empfehlungen für eine glückliche und gesegnete Ehe:

  • Betet regelmäßig zusammen!
  • Lest gemeinsam Gottes Wort und tauscht euch darüber aus!
  • Liebt und achtet einander auch bei Meinungsverschiedenheiten!
  • Bekennt und vergebt einander eure Verfehlungen!
  • Nehmt gemeinsame Aufgaben im Volk Gottes wahr!
  • Seid euch bewusst, dass alles von Gott kommt: Gesundheit, Kinder, der Arbeitsplatz oder anderer Segen!

5,15 „Trink Wasser aus deiner Zisterne und Fließendes aus deinem Brunnen.“

Die Ehefrau wird hier mit einer „Zisterne“5 und einem „Brunnen“ verglichen. Sie ist eine Erquickung für ihren Mann, sowohl in körperlicher als auch in geistiger und geistlicher Hinsicht. Zisternen und Brunnen waren hoch geschätzte Besitztümer in den trockenen Gegenden des Orients. So soll auch der Mann seine Ehefrau stets wertschätzen (1. Pet 3,7).

Im Lied der Lieder beschreibt Salomo das Glück der intimen Begegnung ebenfalls als ein „Trinken“ (Hld 8,2), und als Prediger schreibt er: „Genieße das Leben mit der Frau, die du liebst, alle Tage deines eitlen Lebens, das er dir unter der Sonne gegeben hat“ (Pred 9,9).

Bereits vor dem Sündenfall schenkte Gott uns Menschen die Ehe. Sie ist sozusagen ein Relikt aus dem Paradies. Dort erfreuten sich Adam und Eva aneinander, ohne dass eine Verführung durch eine Fremde möglich war. Das war eine Ehe in Reinheit. So wie Gott es gewollt hat. Seine Gedanken über die Ehe hat Er seitdem nicht verändert. „Die Ehe sei geehrt in allem und das Ehebett unbefleckt“ (Heb 13,4). Nur wer dies beachtet, wird Freude und Erfüllung in der Ehe finden.

5,16 „Mögen nach außen sich ergießen deine Quellen, deine Wasserbäche auf die Straßen.“

Die Quellen und Wasserbäche sind – wie der vorige Vers zeigt – hier ein Bild des Eheglücks. Sie sollen sich „nach außen“ und „auf die Straßen“ ergießen. Unsere Ehen sollen zum Vorbild und Segen für andere sein, für Gläubige und Ungläubige, vor allem aber für die eigenen Kinder. Indem man heutzutage lockere Verbindungen eingeht, wird die Ehe immer mehr infrage gestellt. Daher sollten wir Christen auch auf diesem Gebiet „Salz der Erde“ sein und ein vorbildliches Eheleben führen.

5,17 „Dir allein sollen sie gehören, und nicht Fremden mit dir.“

Auf der anderen Seite darf das, worin die Ehefrau ihren Mann erfreut („Quellen“ und „Wasserbäche“), nicht von anderen missbraucht werden. In der Praxis kann dies heißen, dass die Ehefrau sich nicht derart „herausputzt“, dass sie andere Männer sexuell erregt. Und was dieser Vers erst recht klar macht: Ein „Partnertausch“, wie er heute in der Welt bisweilen praktiziert wird, ist eine schreckliche Sünde.

Es gibt Übersetzer, die Vers 16 als rhetorische Frage verstehen: „Sollen deine Quellen sich auf die Straße ergießen, deine Wasserbäche auf die Plätze?“6 In diesem Fall wäre Vers 17 die Antwort auf Vers 16 und der Zusammenhang beider Verse wäre einfacher zu verstehen.

5,18 „Deine Quelle sei gesegnet, und erfreue dich an der Frau deiner Jugend, …“

Die Sexualität ist eine kostbare Gabe des Schöpfers, die uns (nicht nur körperliche) Freude und Befriedigung gibt. Es ist eine Freude, auf der Gottes Segen ruht – aber nur, wenn man sie in der Ehe genießt.

► Außerhalb der Ehe – also auch in der Verlobungszeit – ausgeübte Sexualität ist Sünde. Dann wird „deine Quelle“ nicht gesegnet sein!

Der Ausdruck „Frau deiner Jugend“ zeigt zweierlei. Erstens darf man sich von der Frau, die man einmal geheiratet hat, niemals trennen. Eine Ehescheidung ist völlig gegen Gottes Gedanken (z. B. Mt 19,6). Zweitens soll man seine Frau auch im Alter noch in gleichem Maß lieben wie in jungen Jahren und sich an ihr erfreuen. Dabei kann es hilfreich sein, sich öfter einmal an die Zeit der „ersten Liebe“ zu erinnern.

■ Wenn wir das Verhältnis umdrehen, müssen wir beschämt feststellen: Die Braut Christi, die Versammlung, hat leider hierin versagt, indem sie die „erste Liebe“ gegenüber ihrem Bräutigam verlassen hat (Off 2,4).

5,19 „… der lieblichen Hirschkuh und anmutigen Gämse – ihre Brüste mögen dich berauschen zu aller Zeit, taumle stets in ihrer Liebe.“

Die Frau darf und soll der Gegenstand der Liebe und Hingabe ihres Mannes sein. Je inniger die geistige und geistliche Einheit zwischen Mann und Frau ist, desto intensiver und schöner wird auch die körperliche Vereinigung sein. Die Liebe der Frau darf den Mann erfrischen und befriedigen, und umgekehrt soll es genauso sein! Und es ist durchaus gottgewollt, dass dabei äußere Reize ihren Einfluss haben und in tiefer Zuneigung und Liebe zu einem Gefühl überreichlichen Glücks führen.

5,20 „Und warum solltest du, mein Sohn, an einer Fremden taumeln und den Busen einer Unbekannten umarmen?“

Wenn nun alles so schön sein kann – warum sollten dann die Gedanken zu einer anderen Frau hingehen? Warum sollte dann die Sexualität auf tiefstem Niveau und ohne wahre Liebe ausgelebt werden? Ehebruch geschieht nie in der Ge-borgenheit, sondern in der Ver-borgenheit. Man muss es heimlich tun, weil das Gewissen sagt: Es ist böse!

Durch einen „Seitensprung“ kann eine Ehe zerstört werden. Das ist kein Kavaliersdelikt. Es ist Ehebruch! Wenn ein Gläubiger diese Sünde begeht, muss er von der Gemeinschaft der Kinder Gottes (sowohl am Tisch des Herrn als auch im persönlichen Umgang) ausgeschlossen werden (1. Kor 5). Heilung und Vergebung können nur erfolgen durch ein aufrichtiges Bekenntnis vor Gott und Menschen, vor allem vor dem Ehepartner. Dann kann die Ehe gerettet und ein neues Vertrauensverhältnis aufgebaut werden.

■ Der Heilige Geist stellt nicht selten solche „Warum-Fragen“. Meistens sind es rhetorische Fragen, deren Antwort offensichtlich ist. Gott bezweckt dadurch, dass wir uns über die Motive unseres Denkens, Redens und Handelns klar werden. Er will uns zeigen, dass wir besser anders gehandelt hätten. Hier einige Beispiele:

  • Zu Kain: „Warum bist du ergrimmt?“ (1. Mo 4,6)
  • Zu Saul: „Warum hast du denn der Stimme des Herrn nicht gehorcht?“ (1. Sam 15,19)
  • Zu den Jüngern: „Warum seid ihr um Kleidung besorgt?“ (Mt 6,28)
  • Zu Petrus: „Warum hast du gezweifelt?“ (Mt 14,31)
  • Zu den Emmaus-Jüngern: „Warum steigen Gedanken auf in eurem Herzen?“ (Lk 24,38)

5,21–23: Die letzten Verse dieses Kapitels weisen darauf hin, dass Gott alles sieht und das Böse richten wird.

5,21 „Denn vor den Augen des Herrn sind eines jeden Wege, und alle seine Bahnen wägt er ab.“

Sind wir uns dessen immer bewusst? „Die Augen des Herrn durchlaufen die ganze Erde“ (2. Chr 16,9). Menschen mögen schon mal denken, dass „niemand es gesehen hat“, aber vor Gott kann man nichts verbergen. Er sieht jede im Geheimen geschehene Tat. Er nimmt sogar Kenntnis von jedem unreinen Gedanken. „Sieht er nicht meine Wege und zählt alle meine Schritte?“ ist Hiobs rhetorische Frage, und Elihu bestätigt: „Denn seine Augen sind auf die Wege des Menschen gerichtet, und er sieht alle seine Schritte“ (Hiob 31,4; 34,21).

5,22 „Seine eigenen Ungerechtigkeiten werden ihn, den Gottlosen, fangen, und in den Fesseln seiner Sünde wird er festgehalten werden.“

Kein Mensch – auch nicht ein Gläubiger – kann sich den Folgen seiner ungerechten Taten entziehen. Eine Entschuldigung, wie Adam sie vorbrachte, akzeptiert Gott nicht: „Die Frau, die du mir beigegeben hast, sie gab mir von dem Baum, und ich aß“ (1. Mo 3,12). Sein Fehler war: „ich aß.“ Das war „seine eigene Ungerechtigkeit“, und dafür wurde er bestraft („gefangen“). Gott ist vollkommen gerecht. Er richtet jeden „nach seinen Werken“ (Off 20,13). Auch ein Mann, der Ehebruch getrieben hat, kann sich nicht damit entschuldigen, die Frau habe ihn verführt.

Jeder Mensch ist von Natur aus ein „Sklave der Sünde“ (Röm 6,17). Er wird in den „Fesseln seiner Sünde festgehalten“. „Jeder, der die Sünde tut, ist der Sünde Knecht“ (Joh 8,34). Die Fesseln der Sünde empfindet ein Mensch deutlich, wenn er versucht, sich davon zu befreien. Alleine schafft er es nie. Nur der Glaube an den Herrn Jesus kann diese Fesseln lösen. „Jetzt aber, von der Sünde freigemacht und Gott zu Sklaven geworden, habt ihr eure Frucht zur Heiligkeit“ (Röm 6,22). Dann muss man nicht mehr sündigen.

► Wenn wir uns gehen lassen, fallen wir leicht immer wieder in dieselbe Sünde. Obwohl „wir der Sünde gestorben sind“ (Röm 6,2).

Simson ist ein warnendes Beispiel. Dreimal sorgte die verführerische Delila dafür, dass man ihn fesselte, doch ohne Erfolg. Beim vierten Mal „wachte er auf von seinem Schlaf und dachte: Ich werde davonkommen wie die anderen Male und mich freischütteln. Er wusste aber nicht, dass der Herr von ihm gewichen war“ (Ri 16,20). Seine Sünde, die Leichtfertigkeit im Umgang mit Frauen, hatte ihn buchstäblich gefesselt!

► „Seile der Liebe“ (Hos 11,4) sind stärker als die „Fesseln der Sünde“.

5,23 „Sterben wird er, weil ihm Zucht mangelt, und in der Größe seiner Torheit wird er dahintaumeln.“

Der Gottlose wird sterben, „weil ihm Zucht mangelt“. Das ist aber nicht die Schuld seiner „Unterweiser“, als hätten sie ihm zu wenig Zucht erteilt, sondern er selbst hat ja die empfangene Zucht „verschmäht“ (Spr 5,12.13). Das ist die Torheit seines Lebens. Und „in der Größe seiner Torheit“ taumelt er dem ewigen Gericht zu.

d) Schädliche Handlungsweisen (Kap. 6,1–11)

Im ersten Teil des 6. Kapitels werden zwei Problemkreise behandelt:

Spr 6,1–5: Die Bürgschaft
Spr 6,6–11: Die Faulheit

Beide Themen liegen auf den ersten Blick weit auseinander, denn eine Bürgschaft kann durchaus positiv gesehen werden, wogegen Faulheit in jedem Fall verwerflich ist. Doch haben sie gemeinsam, dass beide zu Armut und dem Verlust der Würde führen können.

6,1–5: Eine Bürgschaft ist ein einseitig verpflichtender Vertrag, durch den sich der „Bürge“ verpflichtet, die Schulden des „Schuldners“ zu begleichen, falls dieser zahlungsunfähig werden sollte. Aus verschiedenen Versen des Alten Testaments ist zu entnehmen, dass die Praxis des Bürgens bekannt war und nicht selten ausgeübt wurde.

Bei einer Bürgschaft vertraut man im Grunde genommen auf Menschen. Denn erstens vertraut der Schuldner auf den Bürgen, dass dieser die Mittel zum Aushelfen hat. Er übersieht dabei aber leicht, was Gottes Wort dazu sagt: „Verflucht ist der Mann, der auf den Menschen vertraut und Fleisch zu seinem Arm macht“ (Jer 17,5).

Zweitens vertraut auch der Bürge in gewisser Weise auf den Schuldner, nämlich dass dieser sich verantwortungsvoll verhält und nicht zahlungsunfähig wird. Auch können andere unvorhersehbare Ereignisse eintreten (z. B. der Tod des Schuldners), die es erforderlich machen, die Bürgschaft zu bedienen. Weiß der Bürge denn überhaupt, ob er dann die nötigen Mittel zur Begleichung der Schuld noch hat? Er weiß ja noch nicht einmal, „was der morgige Tag bringen wird“ (Jak 4,14)!

Bei einer Bürgschaft stützen sich also beide Parteien auf eine zukünftige Entwicklung, die sie nicht beeinflussen können. In den Sprüchen – und nicht nur dort – wird daher mehrfach vor dem Eingehen einer Bürgschaft gewarnt:

  • Nicht einmal für seinen Nächsten soll man bürgen (Spr 6,1.2),
  • geschweige denn für einen Fremden (Spr 20,16);
  • Bürgschaft führt zu Problemen und manchmal sogar bis an den Bettelstab (Spr 11,15; 20,16),
  • daher sollte man eine Bürgschaft grundsätzlich erst gar nicht eingehen (Spr 22,26.27) und
  • sich aus einer bestehenden Bürgschaft schnellstens befreien (Spr 6,3–5).

Die Bibel zeigt allerdings auch, dass eine Bürgschaft durchaus Menschen helfen kann, die sozusagen „am Ende“ sind:

  • Der Psalmist bittet: „Sei Bürge für deinen Knecht zum Guten!“ (Ps 119,122).
  • In seiner Not betete Hiskia: „O Herr, mir ist bange! Tritt als Bürge für mich ein!“ (Jes 38,14).
  • Der Herr Jesus ist „Bürge eines besseren Bundes“ (Heb 7,22).
  • Paulus bot sich Philemon als Bürge für Onesimus an (Phlm 19).

In Verbindung mit der göttlichen Aufforderung, den Nächsten zu lieben wie sich selbst, könnte man fragen, ob eine Bürgschaft als „Akt von Nächstenliebe“ wirklich absolut verboten ist. Der Bibelausleger William Kelly (1820–1906) empfiehlt, sich dazu folgende Fragen zu stellen:

  • Bin ich überzeugt, dass es Gottes Wille ist?
  • Bin ich vor Gott bereit, alles zu verlieren, was ich hier einsetze?
  • Bin ich mir völlig klar, dass ich nur Verwalter des mir von Gott anvertrauten Besitzes bin?
  • Bin ich sicher, dass die Angelegenheit göttliches Licht verträgt?
  • Bin ich sicher, dass es nicht für spekulative Transaktionen erfolgt?

6,1.2 „Mein Sohn, wenn du Bürge geworden bist für deinen Nächsten, für einen anderen deine Hand eingeschlagen hast; bist du verstrickt durch die Worte deines Mundes, gefangen durch die Worte deines Mundes: …“

Der Vater geht jetzt von der Möglichkeit aus, dass sein Sohn eine Bürgschaft übernommen hat. Bevor er ihn belehrt, wie er damit nun umzugehen hat (V. 3–5), verdeutlicht er ihm, welche schlimmen Konsequenzen dieses „Handeinschlagen“ hat (Spr 11,15). Durch das Einschlagen der Hand wird das gegenseitige Versprechen in Bezug auf die Bürgschaft rechtlich besiegelt. Über die Problematik eines solchen Versprechens haben wir schon nachgedacht. Man ist dann „verstrickt“ und „gefangen“. Das zweimalige „durch die Worte deines Mundes“ betont die persönliche Verantwortung in dieser Sache. Nun ist es geschehen und man kann es nur schwer wieder rückgängig machen.

► Ganz allgemein müssen wir uns davor hüten, irgendetwas leichtfertig zu versprechen. Petrus versicherte dem Herrn, im Ernstfall sein Leben für Ihn lassen zu wollen (Joh 13,37). Wir kennen den Ausgang.

6,3 „Tu dann dies, mein Sohn, und reiß dich los, da du in die Hand deines Nächsten gekommen bist; geh hin, wirf dich nieder und bestürme deinen Nächsten; …“

Aus einer solchen „Verstrickung“ kommt der Bürge nicht so leicht wieder frei. Es braucht viel Energie und er muss demütig zugeben, unachtsam und sorglos gehandelt zu haben. Suchte vorher der Schuldner Gnade bei ihm, dem Bürgen, so ist es jetzt genau umgekehrt. Wie beschämend für ihn! Er kann nur hoffen, dass sein „Nächster“ ebenfalls einsieht, dass diese Bürgschaft nicht gut war.

6,4.5 „… gestatte deinen Augen keinen Schlaf und keinen Schlummer deinen Wimpern; reiß dich los wie eine Gazelle aus der Hand, und wie ein Vogel aus der Hand des Vogelfängers.“

Dieser Vers geht noch einen Schritt weiter. Wenn der Freund beim ersten Versuch nicht auf die Bitte eingeht, darf der Bürge nicht resigniert aufgeben. Beharrlich und ununterbrochen, sozusagen Tag und Nacht, soll er das Problem bearbeiten. Merken wir, wie wichtig es Gott ist, uns vor leichtfertigen Versprechungen zu warnen? Mit plastischen Bildern und auf dramatisierende Weise wird der Bürge aufgefordert, einen Weg aus dieser Verstrickung zu suchen. Es ist ein demütigender Weg, aber er ist nicht etwa unehrenhaft.

6,6–11: Jetzt tritt die Kehrseite vor unsere Augen: Wie kann jemand in eine solche Notlage kommen, dass er nur noch den Ausweg einer Bürgschaft sieht? Ein Grund dafür kann Faulheit sein7. Auch dieses Thema wird in den Sprüchen mehrfach behandelt (z. B. Spr 24,30–34; 26,13–16).

6,6 „Geh hin zur Ameise, du Fauler, sieh ihre Wege und werde weise.“

Manch einer kommt sich vielleicht besonders klug vor, mit „minimalem Aufwand“ durchs Leben zu kommen. „Der Faule ist weiser in seinen Augen als sieben, die verständig antworten“ (Spr 26,16). Aber die Aufforderung „werde weise“ zeigt, dass Faulheit in Wirklichkeit von mangelnder Weisheit zeugt. Ein echter Christ hat die Weisheit in Person kennengelernt und wird deshalb nicht faul sein. Er möchte ein Nachfolger dessen sein, der während seines ganzen Lebens unermüdlich tätig war (vgl. z. B. Mk 1,21–39).

Um in dieser Hinsicht weise zu werden, schickt Gott uns hier in die Natur. Wie demütigend ist es, von diesen kleinen Ameisen lernen zu müssen!

Ameisen sind auf der ganzen Erde verbreitet. Daher ist jeder Mensch in der Lage, dieses Bild zu verstehen. Durch die Anrede wird jeder persönlich zum Nachdenken aufgefordert: „Du Fauler“. Du fühlst dich nicht angesprochen? Egal, geh trotzdem „zur Ameise“. Vorbeugend. Schau dir eine einzelne Ameise an. Welch einen Eifer kannst du da entdecken! Sie sammelt und schleppt und ist immer in Bewegung. Vor allem lässt sie sich auf „ihren Wegen“ durch kein Hindernis aufhalten. Der Faule dagegen spricht: „Der Brüller ist auf dem Weg, ein Löwe inmitten der Straßen“ (Spr 26,13). Wenn wir einmal einen Weg als richtig erkannt haben, sollen wir ihn mit Eifer und Fleiß bis zum Ende verfolgen.

■ „Müßiggang ist aller Laster Anfang“. Wie wahr dieses Sprichwort ist, sehen wir im Leben Davids. Als seine Männer in den Krieg zogen, blieb er in Jerusalem. Zur Abendzeit, als er „von seinem Lager aufstand und auf dem Dach des Königshauses umherging“, sah er Bathseba. Wie wir wissen, führte ihn seine Trägheit schließlich zu Ehebruch und Mord (1. Sam 11; s. auch Spr 7,7–10).

6,7 „Sie, die keinen Richter, Vorsteher und Gebieter hat, …“

Scheinbar wimmelt es in einem Ameisenhaufen völlig ungeordnet. Und doch funktioniert alles problemlos. Der Schöpfer hat in jedes einzelne dieser winzigen Insekten eine erstaunliche Weisheit hineingelegt. Jede Ameise hat im Nest ihre Aufgabe, die sie selbstlos für alle ausübt.

Es gibt keinen „Richter“, der die Arbeit beurteilt, weil jede Ameise offenbar ihre Arbeit korrekt und zuverlässig ausführt. Es gibt keinen „Vorsteher“, der die Arbeit regelt, weil alle miteinander kommunizieren und sich gegenseitig informieren. Es gibt keinen „Gebieter“, der zur Arbeit zwingt, weil alle aus der ihnen vom Schöpfer gegebenen „Einsicht“ freiwillig arbeiten. Korrekt, zuverlässig, gemeinschaftlich und freiwillig: so sollte auch jeder von uns seinen täglichen Pflichten nachkommen. Wer nur dann etwas tut, wenn er dazu gezwungen wird oder bei seiner Arbeit kontrolliert wird, ist im Grunde genommen faul.

■ Die Versammlung des lebendigen Gottes hat in ihren Reihen auch keine Richter, Vorsteher8 oder Gebieter. Diese Funktionen stehen allein dem Herrn Jesus und dem Heiligen Geist zu.

6,8 „… sie bereitet im Sommer ihr Brot, sammelt in der Ernte ihre Nahrung ein.“

Der von Gott gegebene Instinkt bringt die Ameise dazu, bei all ihrer Emsigkeit ein Ziel zu verfolgen. Es geht ihr nämlich darum, Vorsorge für den Winter zu treffen (Spr 10,5; 30,25).

Dies ist auch in unserem Leben ein wichtiger Aspekt. Die meisten Menschen sind keineswegs untätig. Manche führen sogar ein geradezu hektisches Leben. Doch die Frage bleibt, ob sie dabei ein Ziel verfolgen, das ihnen für die Zukunft von Nutzen ist.

Glücklich, wer früh mit dem Studium des Wortes Gottes beginnt. Es ist ja die Nahrung für unseren inneren Menschen. Es stellt uns den Herrn Jesus vor, der als das „wahrhaftige Brot aus dem Himmel“ herabgekommen ist (Joh 6,32). Die Bibel unter Gebet lesen, darüber nachdenken und mithilfe guter Betrachtungen studieren, all das ist eine Arbeit, die vorzugsweise im „Sommer“ der Jugend geschehen sollte. Das ist die passende Zeit der „Ernte“. Gott möchte uns ein erfülltes Leben schenken, aber dieser Segen muss erarbeitet werden. Viele Gläubige, die wegen Krankheit oder Alter nicht mehr lesen können, erinnern sich immer noch an früher gelernte Bibelverse. Dadurch empfangen sie Trost und Kraft im „Tal des Todesschattens“.

6,9 „Bis wann willst du liegen, du Fauler? Wann willst du von deinem Schlaf aufstehen?“

Obwohl Gott den Schlaf als notwendige Erholung für unseren Körper vorgesehen hat (Mk 6,31), wird er in der Bibel fast nur negativ gesehen. Oft ist er ein Bild fehlender Wachsamkeit und geistlicher Untätigkeit: „Wache auf, der du schläfst, und stehe auf aus den Toten!“ (Eph 5,14)9.

„Bis wann?“ – das rüttelt uns auf: Inwieweit haben wir bisher die „gelegene Zeit“ ausgekauft (Kol 4,5)? Ist da vielleicht eine grundsätzliche Korrektur nötig? Das betrifft unseren geistlichen Einsatz ebenso wie unsere rein irdischen Gewohnheiten. Nehmen wir die Frage doch einmal wörtlich: „Bis wann willst du [morgen früh im Bett] liegen, du Fauler?“

► Wer in der Ausübung seiner täglichen Pflichten nicht fleißig ist, ist auch nicht tauglich für einen Dienst im Volk Gottes.

6,10 „Ein wenig Schlaf, ein wenig Schlummer, ein wenig Händefalten, um auszuruhen – …“ (= Spr 24,33)

Ist dies etwa die Antwort des Faulen auf die vorhergehende Frage? Auf jeden Fall wird uns hier in einer leicht ironischen Weise gezeigt, wie man – vielleicht unbewusst – seine Trägheit entschuldigt: „Ich kann doch nicht ununterbrochen arbeiten, ich muss doch auch ein wenig ausruhen!“ „Ich fühle mich heute so müde, ich will ein wenig ausspannen.“ Immer nur „ein wenig“ – so wird die mangelnde Aktivität verharmlost. Dabei fehlt uns oft das nötige Durchhaltevermögen. Deswegen werden wir in Gottes Wort oft zum Ausharren ermahnt.

6,11 „… und deine Armut wird kommen wie ein Draufgänger und deine Not wie ein gewappneter Mann.“ (Spr 24,34)

Über kurz oder lang wird Faulheit unweigerlich zu Armut führen. Dies gilt für das irdischen Leben genauso wie für das geistliche.

Gefährlich und drohend kommt die Armut immer näher auf den Faulen zu, wie ein „gewappneter Mann“. Irgendwann gibt es kein Entrinnen mehr. Wer sich erst einmal daran gewöhnt hat, ein bequemes Leben zu führen, wird bald die Folgen davon zu spüren bekommen. Es ist Verderben für Leib und Seele.

■ Im Gleichnis von den Talenten nennt der Herr den Knecht, der sein Talent vergraben hatte, „böse und faul“ (Mt 25,26), und bei dem Gleichnis von den 10 Pfunden sagt der böse Knecht, dass er das Pfund seines Herrn „in einem Schweißtuch verwahrt hielt“ (Lk 19,20). Offenbar benötigte er sein Schweißtuch nicht, weil er ja zu faul zum Arbeiten war. Beide Knechte wurden für ihre Nachlässigkeit schwer bestraft. Das sollte uns im Hinblick auf unseren Einsatz für den Herrn nachdenklich stimmen.

e) Bosheit gegenüber Mitmenschen (Kap. 6,12–19)

In diesem Abschnitt geht es vornehmlich um Lüge, Intrige, Verleumdung, Zwietracht bis hin zu Mord. Während Faulheit und die Übernahme einer Bürgschaft mehr der Person selbst schaden, sind die Sünden, die jetzt vor unsere Blicke kommen, hauptsächlich zum Schaden anderer.

Wir erkennen zwei Teile:

Spr 6,12–15: Sieben Eigenschaften des Belialsmenschen
Spr 6,16–19: Sieben Eigenschaften, die Gott ein Gräuel sind

Die Sieben ist in der Bibel die Zahl der Vollendung. Hier wird sozusagen zweimal die Vollendung des Bösen dargestellt. Einige dieser bösen Eigenschaften werden sogar doppelt erwähnt.

6,12–15: Ein Belialsmensch ist zu Deutsch ein „Nichtswürdiger“. In 2. Korinther 6,15 ist Belial sogar eine Bezeichnung für den Teufel10. Es handelt sich um einen durch Satan beherrschten Menschen, bei dem sich das im Herzen wohnende Böse ungehemmt und auf jede erdenkliche Weise nach außen hin offenbart.

6,12 „Ein Belialsmensch, ein heilloser Mann, ist, wer umhergeht mit Verkehrtheit des Mundes, …“

Der Belialsmensch ist ein „heilloser Mann“. Das hier verwendete hebräische Wort bedeutet ursprünglich „sich (vergeblich) anstrengend“, und erhielt dann auch die Bedeutung „schadend“ oder „Unheil stiftend“. Der Belialsmensch tut das, indem er überall „umhergeht mit Verkehrtheit des Mundes“ (vgl. 1. Kön 21,10). Er ist ein Betrüger (s. Auslegung zu Spr 4,24). Ähnliches wird in den Psalmen über den Gottlosen ausgedrückt: „Sein Mund ist voller Fluch und Trug und Bedrückung; unter seiner Zunge ist Mühsal und Unheil“ (Ps 10,7).

6,13 „… wer mit seinen Augen zwinkert, mit seinen Füßen scharrt, mit seinen Fingern deutet.“

Der Belialsmensch redet nicht nur Verkehrtheiten, sondern bringt seine Falschheit auch durch seine gesamte Körpersprache zum Ausdruck. Drei verschiedene „Techniken“ wendet er an: Er „zwinkert mit seinen Augen“ und „scharrt mit den Füßen“, d. h., er verständigt sich mit einem anderen auf geheime Weise, um einem Dritten Schaden zuzufügen (Ps 35,19). Zusätzlich „deutet er mit seinen Fingern“, d. h., er verhöhnt andere Personen (FußEÜ bei Jes 58,9).

Vielleicht will er mit diesen Aktivitäten auch signalisieren, dass seine gleichzeitig ausgesprochenen Worte anders zu verstehen sind (V. 12).

► Lasst uns stets offen miteinander umgehen!

6,14 „Verkehrtheiten sind in seinem Herzen; er schmiedet Böses zu aller Zeit, streut Zwietracht aus.“

Hier wird deutlich, dass jede Verkehrtheit letztlich aus dem Herzen hervorkommt (Spr 4,23.24). Dort wird sie sorgfältig geplant. Das ganze Sinnen und Trachten des Belialsmenschen zielt darauf ab, seinen Nächsten zu betrügen. Unentwegt und überall „schmiedet er Böses“. Doch damit nicht genug: Er „streut Zwietracht aus“ (vgl. Spr 16,28). Er will auch seine Mitmenschen dahin bringen, sich untereinander zu bekämpfen und einander Schaden zuzufügen.

6,15 „Darum wird plötzlich sein Verderben kommen; in einem Augenblick wird er zerschmettert werden ohne Heilung.“

Spätestens am Tag des Gerichts wird alles offenbar. Nichts von den geheimen Machenschaften bleibt verborgen. Aber auch schon zu ihren Lebzeiten müssen manche erfahren, wie sich plötzlich das Blatt wendet.

Auffällige Beispiele von Menschen, die durch Verkehrtheiten wie Hinterlist, Intrigen oder Verrat gekennzeichnet waren, sind der Pharao zur Zeit Moses, Absalom und Judas Iskariot. Auch ihr Gericht kam „plötzlich“ und „ohne Heilung“.

Dieser Abschnitt soll uns zur rechtzeitigen Warnung dienen, denn „ein Mann, der, oft zurechtgewiesen, den Nacken verhärtet, wird plötzlich zerschmettert werden, ohne Heilung“ (Spr 29,1; vgl. Ps 64,8).

6,16–19: Hier haben wir den ersten „Zahlenspruch“11 in diesem Buch. Bei solchen Zahlensprüchen ist die größere Zahl die eigentlich maßgebliche, während die kleinere dazu eine phrasenhafte Parallele darstellt.

6,16 „Sechs sind es, die der Herr hasst, und sieben sind seiner Seele ein Gräuel: …“

Alle jetzt folgenden sieben Eigenschaften sind Gott ein Gräuel, auch wenn wir vielleicht rasch geneigt sind, Abstufungen zu machen. Egal ob Hochmut, Lüge oder Mord – für Gott sind sie alle abscheulich.

In den Sprüchen begegnet uns häufig der Ausdruck „… dem Herrn ein Gräuel“. Damit wird eine Handlungsweise beschrieben, die dem Wesen Gottes völlig entgegengesetzt ist. Das gilt für alle Zeiten und ist ein Hinweis für alle Menschen, sich niemals in diesen Dingen zu versündigen.

Schon in Sprüche 4,23–27 wurden das Herz, der Mund, die Augen und der Fuß vor falschem Tun gewarnt. Hier geht es wieder um diese wichtigen Teile unseres Körpers und zusätzlich um die Hände. Doch liegt der Schwerpunkt jetzt mehr darauf, wie sehr Gott die beschriebenen Sünden hasst. Das trifft unser Gewissen, denn was Gott hasst, sollten auch wir hassen: „Hasst das Böse und liebt das Gute“ (Amos 5,15)!

Obwohl wir als Gläubige das neue Leben besitzen, sind wir doch noch zu allem Bösen fähig. Wir werden davor bewahrt, wenn wir die acht Ermahnungen in Philipper 4,8 beachten: „Übrigens Brüder, alles, was wahr, alles, was würdig, alles, was gerecht, alles, was rein, alles, was lieblich ist, alles, was wohllautet, wenn es irgendeine Tugend und wenn es irgendein Lob gibt, dieses erwägt.“

Es beginnt in Vers 17 mit den drei charakteristischen Sünden der Menschheit: Hochmut, Lüge und Gewalttat. Genau dasselbe kennzeichnet auch Satan. Er überhob sich (Hes 28,1712), ist „ein Lügner“ und „ein Menschenmörder von Anfang“ (Joh 8,44).

6,17a „… hohe Augen, …“

Die hohen Augen sind ein Hinweis auf Stolz und Hochmut. Daraus entspringen Widerstand und Ungehorsam gegen Gottes Gebote. Deshalb stehen sie am Anfang dieser Liste.

Stolz ist das Gegenteil von Demut, die der Apostel Paulus in Epheser 4,2 sozusagen als die Basis aller Tugenden darstellt. Ein stolzer Mensch ist hochmütig und meint, besser, intelligenter oder geistlicher als andere zu sein. Vielleicht redet er sehr „demütig“. Vielleicht betont er, wie schlecht er doch ist, hofft aber gleichzeitig auf Widerspruch.

Stolz wird selbst in der Welt nicht gern gesehen, wie viel weniger hat er seinen Platz in der Versammlung Gottes. „Stolz der Augen und Überheblichkeit des Herzens, die Leuchte der Gottlosen, sind Sünde“ (Spr 21,4).

■ Ganz anders verhielt sich der Herr Jesus. Er ist der Schöpfer der Welten, aber Er erniedrigte sich selbst und machte sich zu nichts (Phil 2,6–8). Er war gehorsam und von Herzen demütig (Mt 11,29).

6,17b „… eine Lügenzunge, …“

Lüge ist die bewusste Verdrehung von Wahrheit. Viele haben überhaupt kein Problem damit. Sie sprechen von „Notlüge“ oder von einer „kleinen Ungenauigkeit“. Wie leicht geraten auch Christen in dieses Fahrwasser! Doch wie Gott darüber denkt, wird klar, wenn wir die Bibel auf dieses Thema hin untersuchen. Sehr oft musste Gott über sein irdisches Volk klagen, dass sie Lügen redeten13, und allein im Buch der Sprüche gibt es über 30 Stellen zum Thema Lüge, Verkehrtheit und Trug.14

Der Begriff „Lügenzunge“ weist darauf hin, dass es hier um gewohnheitsmäßiges Lügen geht. So jemand kommt in dasselbe Gericht wie die (in unseren Augen) schlimmsten Sünder: „Draußen sind die Hunde und die Zauberer und die Hurer und die Mörder und die Götzendiener und jeder, der die Lüge liebt und tut“ (Off 22,15; vgl. Ps 5,7).

■ Der Herr Jesus konnte von sich sagen, dass Er die Wahrheit ist. Seine Worte stimmten mit seinem heiligen Leben hundertprozentig überein (Joh 8,25). Und selbst sein Gedanke ging nicht weiter als sein Mund (Ps 17,3). Müssen wir da nicht beschämt unsere Augen niedersenken?

Für uns Christen gibt es zwei neue Beweggründe, stets die Wahrheit zu sagen: „Da ihr die Lüge abgelegt habt, redet Wahrheit, jeder mit seinem Nächsten, denn wir sind Glieder voneinander“ (Eph 4,25). Erstens haben wir also durch den Empfang des neuen Lebens „die Lüge abgelegt“, und zweitens sind wir „Glieder voneinander“. Wie könnte es sein, dass die Glieder in einem Leib sich gegenseitig betrügen? Was würde passieren, wenn beispielsweise unser Auge eine falsche Information an unsere Hand liefern würde? Unser Körper könnte nicht funktionieren.

6,17c „… und Hände, die unschuldiges Blut vergießen; …“

Bereits in Sprüche 1,11–16 stand diese Sünde vor unseren Blicken. Kain ist das erste Beispiel eines solchen Menschen. Er war „aus dem Bösen“ und verübte einen Mord, „weil seine Werke böse waren, die seines Bruders aber gerecht“ (1. Joh 3,12). Ein Mörder ignoriert die Rechte Gottes und der Menschen. Aber Gott ignoriert ihn und seine Sünde natürlich nicht. Er sagte zu Kain: „Das Blut deines Bruders schreit zu mir von dem Erdboden her“ (1. Mo 4,10).

■ Als der Heilige Geist diesen Vers inspirierte, hat Er sicher auch die Situation des Herrn Jesus im Blick gehabt. Die Hände von Juden und Heiden vergossen sein „unschuldiges Blut“. Welch eine Gräueltat! Aber Er betete: „Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun!“ (Lk 23,34).

6,18a „… ein Herz, das böse Pläne schmiedet, …“

Hier wird der Gedanke von Vers 14 wiederholt. Gott verurteilt nicht allein die böse Tat, sondern bereits den bösen Plan im Herzen. „Sinnt keiner auf das Unglück des anderen in euren Herzen, und falschen Eid liebt nicht [vgl. V. 19]; denn dies alles hasse ich, spricht der Herr“ (Sach 8,17).

■ Ganz andere „Pläne“ hat Gott in seinem Herzen: „Denn ich weiß ja die Gedanken, die ich über euch denke, spricht der Herr, Gedanken des Friedens und nicht zum Unglück“ (Jer 29,11).

6,18b „… Füße, die schnell zum Bösen hinlaufen; …“ (Spr 1,16)

Wer böse Pläne schmiedet, hat ein Interesse an aller Art des Bösen. „Ihre Füße laufen zum Bösen und eilen, unschuldiges Blut zu vergießen; ihre Gedanken sind Gedanken des Unheils, Verwüstung und Zertrümmerung ist auf ihren Bahnen“ (Jes 59,7).

Die Bibel berichtet von mehreren Personen, die eilig handelten, um ihr böses Ziel zu erreichen, so z. B. Gehasi, der Diener Elisas; die Feinde der aus Babel zurückgekehrten Juden; Haman, der Widersacher der Juden; die Konkurrenten Daniels.15

Andererseits warnt dieser Vers auch vor einer gewissen Sensationslust (Lk 23,48). Die Medien überschütten uns mit Nachrichten über kriminelle Taten. Gehören wir zu denen, die solches begierig aufnehmen?

6,19a „… wer Lügen ausspricht als falscher Zeuge, …“ (Spr 19,5.9)

Dies ist keine bloße Wiederholung des Begriffs „Lügenzunge“ (V. 18), sondern hier geht es speziell um Verleumdungen, Verunglimpfungen und üble Nachrede. „Du sollst kein falsches Zeugnis ablegen gegen deinen Nächsten“ (2. Mo 20,16). Dadurch würde der Ruf einer Person zerstört, die nichts von dem getan hat, was über sie berichtet wird.

■ Wir können sogar noch weiter gehen. Es gibt auch üble Nachrede, die sich auf böse Dinge bezieht, die wohl wahr sind, aber nicht verbreitet werden sollten. Hier ist jemand gefordert, der solche Dinge unter vier Augen anspricht und in Ordnung bringt (Jak 5,19.20).

Falsche Zeugen traten auch gegen den Herrn Jesus auf (Mt 26,60.61). Aus seinem Verhalten können wir die Kehrseite lernen: Er hat zu diesen Verleumdungen geschwiegen!

6,19b „… und wer Zwietracht ausstreut zwischen Brüdern.“

Auch der Belialsmensch streut Zwietracht aus (V. 14). Doch hier ist die Tat wesentlich gemeiner: Es wird Zwietracht gesät „zwischen Brüdern“. In Gottes Augen ist es „gut und lieblich …, wenn Brüder einträchtig beieinander wohnen“ (Ps 133,1). Aber der Teufel versucht immer, gerade diejenigen auseinanderzubringen, die Christus um sich versammelt.

Das ist auch die Devise derer, die andere beherrschen wollen. Sie arbeiten nach dem Motto, „zerteile, um zu herrschen“. Wir sehen dies sehr deutlich bei Diotrephes (3. Joh 9.10), aber auch bei autoritären weltlichen Systemen, die gegen die Christen gekämpft haben und kämpfen.

Besonders traurig ist es, wenn ein Gläubiger Zwietracht ausstreut. Oft geschieht dies durch Verleumdungen, böse Verdächtigungen, Reden „hinter dem Rücken“ oder einfach durch „Tratschen“. Und meistens hat man dabei den eigenen Vorteil im Blick. Dagegen werden wir aufgefordert: „Suche Frieden und jage ihm nach!“ (Ps 34,15; 1. Pet 3,11).

■ Das Kommen des Herrn Jesus auf die Erde hat die Menschheit entzweit (Mt 10,35). Die Gläubigen stehen auf der einen Seite, die Ungläubigen auf der anderen. Das kann sogar quer durch eine Familie gehen. Diese Entzweiung hat ihre Ursache darin, dass die Welt die Nachfolger des Herrn Jesus hasst. Er hat es so vorausgesagt. Aber den Seinen will Er „seinen Frieden“ geben (Joh 14,27), und es schmerzt Ihn sehr, wenn dieser Frieden durch ausgestreute Zwietracht gestört wird.

f) Ehebruch und Hurerei (Kap. 6,20–7)

Zum dritten Mal wird in den Sprüchen vor der „fremden Frau“ gewarnt. Dies geschieht jetzt sehr ausführlich und in mehreren Schritten:

Spr 6,20–23: Aufruf zum Bewahren der Belehrungen
Spr 6,24–29: Verführung durch die böse Frau und ihre Folgen
Spr 6,30–35: Vergleich zwischen Dieb und Ehebrecher
Spr 7,1–5: Erneuter Aufruf zum Bewahren der Belehrungen
Spr 7,6–23: Sexuelle Verführung des einfältigen Jünglings
Spr 7,24–27: Abschließende Ermahnung

6,20–23: Einleitend zu diesem großen Thema wird der „Sohn“ dringend ermahnt, auf die folgenden Belehrungen des Vaters zu hören.

6,20 „Mein Sohn, bewahre das Gebot deines Vaters, und verlass nicht die Belehrung deiner Mutter; …“ (Spr 1,8)

Gott hat beiden Elternteilen Autorität gegeben, insbesondere aber dem Vater als Oberhaupt der Familie. Er gebietet. Wer sich zu dem Herrn Jesus bekennt, wird dies anerkennen und auf das „Gebot seines Vaters“ hören. Er wird es „bewahren“, d. h. sein ganzes Leben lang darauf achten. Das bezieht sich natürlich nur auf solche Gebote, die in Übereinstimmung mit Gottes Wort sind.

Ebenso ist es mit den Belehrungen, die seine Mutter ihm gibt. Die Mutter hat ja gerade in jungen Jahren den größeren Anteil an der Erziehung. Wenn David seinen Gott um Hilfe anruft, dann beruft er sich auf seine gottesfürchtige Mutter, indem er sich „Sohn deiner Magd“ nennt (Ps 86,16). Das zeigt, wie sehr er seine Mutter schätzte.

► Welche Belehrungen hast du von deiner Mutter empfangen? Es ist gut, einmal darüber nachzudenken und sie sich aufzuschreiben.

6,21 „… binde sie stets auf dein Herz, knüpfe sie um deinen Hals.“

Wir sollten uns nicht damit zufriedengeben, geistliche Unterweisung einfach nur anzuhören, zu verstehen oder ihr beizupflichten. Sie sollte stets in unserem Herzen sein. Dort wird unser Wille gebildet. Dort ist auch der Sitz unserer Zuneigungen. Wir zeigen unsere Liebe zu unseren Eltern dadurch, dass wir auf sie hören.

Der Begriff „Hals“ lässt außerdem daran denken, dass Gehorchen für uns ein Schmuck darstellt (Spr 3,3). Es adelt unseren Charakter.

6,22 „Wenn du umhergehst, wird sie dich leiten; wenn du dich niederlegst, wird sie über dich wachen; und erwachst du, so wird sie mit dir reden.“

Bei unseren täglichen Aufgaben („umhergehen“) müssen wir geleitet werden. Wenn wir uns „niederlegen“, brauchen wir Bewahrung, denn gerade vor dem Einschlafen steigen leicht schlechte Gedanken in uns auf. Morgens soll die empfangene Belehrung dann das Erste sein, was vor unseren Blicken steht, und wird – wie eine Person – mit uns „reden“.

► Wenn du deinen Tag mit Gebet und Gottes Wort beginnst, wirst du die Erfahrung dieses Verses machen. Das Wort spricht zu dir! Dann wirst du vor Fehltritten bewahrt.

6,23 „Denn das Gebot ist eine Leuchte, und die Belehrung ein Licht; und die Zurechtweisungen der Zucht sind der Weg des Lebens: …“

In der Welt ist es dunkel. Daher benötigen wir das Licht biblischer Gebote und Belehrungen. Dieses Licht bewahrt uns einerseits vor Sünden und zeigt uns andererseits den Willen Gottes. „Dein Wort ist Leuchte meinem Fuß und Licht für meinen Pfad“ (Ps 119,105). Jeder einzelne Schritt wird beleuchtet, aber auch der vor uns liegende Weg.

■ Eine besondere Art der Belehrung gibt die Prophetie. Petrus ermahnt uns, darauf zu achten „als auf eine Lampe, die an einem dunklen Ort leuchtet“ (2. Pet 1,19).

► Als Gläubige sind wir immer im Licht (1. Joh 1,7). Wenn wir sündigen, dann sündigen wir „im Licht“! Daher werden wir ermahnt, „als Kinder des Lichts“, d. h. dem Licht gemäß, zu wandeln (Eph 5,8).

Durch sein Wort weist Gott uns auch „zurecht“, wenn wir in die Irre gehen. Er übt seine Zucht aus, damit wir wieder auf den „Weg des Lebens“ zurückkommen. Das tat Er auch bei Salomo. Zu dessen Vater David hatte Er gesagt: „Ich will ihm Vater sein, und er soll mir Sohn sein, so dass, wenn er verkehrt handelt, ich ihn züchtigen werde“ (2. Sam 7,14).

6,24–29: Nach den eindringlichen Appellen, auf das Gebot und die Belehrung der Eltern zu achten, kommt Salomo jetzt auf sein spezielles Anliegen zu sprechen. Zunächst warnt er mit kurzen Worten vor den Verführungen der bösen Frau und beschreibt ihre gefährlichen Folgen.

6,24 „… um dich zu bewahren vor der bösen Frau, vor der Glätte der Zunge einer Fremden.“ (Spr 2,16; 7,5)

Es ist eine „böse“ Frau, eine Frau mit moralisch verdorbenem Charakter, die sich als „Fremde“ und sogar verheiratete Frau (V. 26) an den Sohn heranmacht. Sie will ihn mit den Schmeicheleien ihrer „glatten Zunge“ umgarnen (Spr 5,3; 7,21). Aber nicht nur ihre Worte, sondern auch ihr äußeres Erscheinungsbild sind verführerisch:

6,25 „Begehre nicht in deinem Herzen ihre Schönheit, und sie fange dich nicht mit ihren Wimpern!“

Wie schon oft betont, hat jede Sünde ihren Ursprung im Herzen. Daher „behüte dein Herz mehr als alles, was zu bewahren ist“ (Spr 4,23). Ist es nicht mit Christus erfüllt, sucht es sich andere Erfüllung.

Die Begierde nach verbotenen Dingen war der Anlass zur ersten Übertretung (1. Mo 3,6). Und Jakobus stellt fest: „Danach, wenn die Begierde empfangen hat, gebiert sie die Sünde; die Sünde aber, wenn sie vollendet ist, gebiert den Tod“ (Jak 1,15). Daher müssen wir eine im Herzen aufkommende sexuelle Lust sofort unterdrücken, es Gott bekennen und Ihn um Bewahrung bitten.

Die Wimpern verleihen dem Auge Ausdruckskraft. Und das Auge ist es, das die Seele des anderen anspricht. Ein einziger Blick kann mehr sagen als tausend Worte. Blicke können faszinieren. Wenn man sich „tief in die Augen schaut“, kann ein Funke überspringen, der ein Feuer auslöst, das nicht mehr zu löschen ist. Man ist „gefangen“.

► Auch schon das Betrachten unzüchtiger Filme oder Bilder schöner Frauen wird unweigerlich ein Fallstrick für dich werden.

6,26 „Denn wegen einer hurerischen Frau kommt man bis auf einen Laib Brot, und eines Mannes Frau stellt einer kostbaren Seele nach.“

Wie klar spricht Gottes Wort! Ein moralischer Fehltritt ruiniert das ganze Leben (Spr 5,9–11). Wie zuvor bei der Faulheit ist auch hier die materielle und die geistliche Not eine unausweichliche Folge.

Der zweite Teil des Verses zeigt, dass schlussendlich die Seele verdorben wird. Sie ist „kostbar“ in Gottes Augen, aber dieser hurerischen Frau ist das natürlich egal. So wird auch heute aus Gewinnsucht durch die Medien eine regelrechte Jagd auf die Seelen gemacht, indem es von Erotik nur so wimmelt.

6,27 „Sollte jemand Feuer in seinen Gewandbausch nehmen, ohne dass seine Kleider verbrannt würden?“

Diese Illustration ist leicht zu verstehen. Das Sprichwort „Nicht mit dem Feuer spielen!“ geht in dieselbe Richtung. Hurerei ist (wie) Feuer. Feuer ist enorm heiß, breitet sich gefährlich aus und hinterlässt nur Asche. Solche verheerenden Auswirkungen kann die Sünde haben, wenn sie aktiv wird. Sie bricht von innen her aus („Gewandbausch“).

„Kleider“ sind ein Bild unseres Zeugnisses, das wir nach außen abgeben. Dieses Zeugnis wird durch Unzucht und Hurerei beschmutzt. Kann man dann noch ein brauchbarer „Brief Christi“ sein, „gekannt und gelesen von allen Menschen“ (2. Kor 3,2.3)?

6,28 „Oder sollte jemand über glühende Kohlen gehen, ohne dass seine Füße versengt würden?“

Auch dieser Vergleich ist einleuchtend. „Glühende Kohlen“ weisen auf das Gericht hin (Ps 18,9; 120,4), das auf Ehebruch folgt. Die Strafe wird auf jeden Fall kommen (V. 29)! Das kann zunächst menschliche Rache sein (V. 34.35), dann aber vor allem das Gericht Gottes: „Hurer und Ehebrecher wird Gott richten“ (Heb 13,4). Die „versengten Füße“ sprechen davon, dass der ganze Wandel, das gesamte Leben, von den Folgen der Sünde gekennzeichnet und beeinträchtigt wird.

Jeremia beschreibt die schrecklichen Folgen des Ehebruchs mit ähnlichen Worten: „Der Herr mache dich wie Zedekia und wie Ahab, die der König von Babel im Feuer braten ließ!, weil sie eine Schandtat in Israel begangen und Ehebruch getrieben haben mit den Frauen ihrer Nächsten“ (Jer 29,22.23).

6,29 „So derjenige, der zu der Frau seines Nächsten eingeht: Keiner, der sie berührt, wird ungestraft bleiben.“

In unserem Sprachgebrauch ist eine „unberührte Frau“ eine, die noch nie eine geschlechtliche Beziehung hatte. Um geschlechtlichen Verkehr geht es auch hier. „Zu der Frau seines Nächsten eingehen“ und „sie berühren“ bedeutet also, sexuellen Kontakt mit ihr zu haben. In demselben Sinn schreibt Paulus: „… so ist es gut für einen Menschen, keine Frau zu berühren“. Er meint damit, dass es gut ist, unverheiratet zu bleiben und daher auch keinerlei sexuelle Beziehungen zu haben (1. Kor 7,1.27.28.32). Der zweite Versteil bedeutet also nicht, dass wir eine Frau noch nicht einmal anfassen dürften.

► Beachte dabei, was der Herr Jesus zu diesem Thema gesagt hat: „Jeder, der eine Frau ansieht, sie zu begehren, hat schon Ehebruch mit ihr begangen in seinem Herzen“ (Mt 5,28).

Gott wird jeden bestrafen, der eine Frau „berührt“, ohne mit ihr verheiratet zu sein. Es ist Hurerei. Doch leider ist dies mittlerweile gesellschaftsfähig geworden. Die Prominenz geht mit schlechtem Beispiel voran. Das ist nicht neu, fiel doch bereits der König David in diese Sünde. Nathan stellte ihm dann seine Verfehlung vor, indem er bezeichnenderweise das Beispiel eines Diebstahls erzählte (2. Sam 12,1–4). Denn ein Ehebrecher ist tatsächlich auch ein Dieb: Er stiehlt seinem Nächsten die Frau.

6,30–35: Diese Verse stellen heraus, dass die Sünde des Diebstahls weit weniger tragisch ist als Ehebruch.

6,30.31 „Man verachtet den Dieb nicht, wenn er stiehlt, um seine Gier zu stillen, weil er hungrig ist; und wenn er gefunden wird, kann er siebenfach erstatten, kann alles Gut seines Hauses hingeben.“

Wer aus einer Not heraus stiehlt, findet bei den Menschen meist ein gewisses Verständnis, obwohl er natürlich für seine Tat verantwortlich ist und dafür bestraft werden muss. Aber bei einem Ehebrecher gibt es keine derartigen mildernden Umstände. Im Gegensatz zu Essen und Trinken ist nämlich die Befriedigung des Sexualtriebes keinesfalls lebensnotwendig. Deshalb ist das „Stehlen“ einer Frau besonders verachtungswürdig.

Der Dieb kann (und muss) seine Tat wiedergutmachen, indem er notfalls seinen ganzen Besitz hergibt. Bei einem Ehebrecher ist dies unmöglich. Selbst die größte Sühne (V. 35) kann den angerichteten Schaden nicht beseitigen.

6,32 „Wer mit einer Frau Ehebruch begeht, ist unsinnig; wer seine Seele verderben will, der tut so etwas.“

Der Mann, der aus Hunger stiehlt, hat ein einigermaßen „sinnvolles“ Motiv für seine Tat. Ein Ehebrecher aber „ist unsinnig“. Seine Tat ist mit nichts zu entschuldigen. Sie geschah ohne Sinn und Verstand. Sie entsprang nur seinen bösen Trieben und Gefühlen. Und gerade die Seele, der Sitz seiner Gefühle, wird dabei „verdorben“! So jemand ist später oft nicht fähig, eine erfüllte Liebesbeziehung in einer Ehe einzugehen. Bedenke dies, wenn du noch jung bist! Willst du „deine Seele verderben“?

Es kann sein, dass jemand behauptet, seine Tat sei nicht „unsinnig“ gewesen, weil er die betreffende Frau wirklich liebe. Dem kann man entgegnen, dass wahre Liebe den Partner nie zum Sündigen verleitet hätte – denn jede Form der Unzucht ist Sünde!

6,33 „Plage und Schande wird er finden, und seine Schmach wird nicht ausgelöscht werden.“

Nach einer solchen Tat kommt der Ehebrecher nicht zur Ruhe. Sein Ruf ist ruiniert, und vielleicht ist auch eine Schwangerschaft die Folge. Er wird ständig „geplagt“: Von seinem Gewissen, von Menschen, die unter den Folgen seiner Tat zu leiden haben, und nicht zuletzt von Gott, der diese Sünde richten wird. Für Ehebruch sah das Gesetz die Todesstrafe für beide Beteiligten vor (3. Mo 20,10). Das beweist, wie schrecklich diese Sünde in den Augen Gottes ist.

Außerdem führt eine solche Tat zu „Schande“ und „Schmach“, nicht nur für die Zwei, sondern auch für ihre Familien. Schließlich verabscheut man sich sogar selbst – und das vielleicht ein Leben lang!

6,34 „Denn Eifersucht ist eines Mannes Grimm, und am Tag der Rache schont er nicht.“

Außer der im vorigen Vers beschriebenen Strafe und dem Verlust der Ehre gibt es noch eine dritte schmerzhafte Folge des Ehebruchs: die Eifersucht des betrogenen Ehemanns (der betrogenen Ehefrau). Wie viel Feindschaft, wie viel Streit, ja sogar Gerichtsverfahren gibt es wegen dieser Sünde!

■ Die Bibel redet oft auch von geistlicher Hurerei. Darunter versteht sie jede Form von Götzendienst (z. B. Hes 23). Dabei ist Gott der „betrogene Ehemann“, der eifersüchtig über seine Ehre wacht (2. Kor 11,2; 1. Kor 10,21.22). Auch Er wird einmal am „Tag der Rache“ seinen „Grimm“ hierüber ausschütten.

6,35 „Er nimmt keine Rücksicht auf alles Sühngeld und willigt nicht ein, magst du auch das Geschenk vergrößern.“

Wir befinden uns hier auf dem Boden des Gesetzes und nicht der Gnade. Durch Gesetzeswerke kann man den angerichteten Schaden tatsächlich niemals gutmachen. Da hilft kein „Vergrößern des Geschenks“.

Aber Gott sei Dank: Weil wir es nicht konnten, hat Er in seiner Gnade das „Sühngeld“ bezahlt! Er gab seinen Sohn „als eine Sühnung für unsere Sünden“ (1. Joh 4,10). Jeder, der seine Verfehlung mit tiefer Trauer einsieht und aufrichtig vor Gott und Menschen bekennt, erhält Vergebung (1. Joh 1,9). So war es schon bei David und Bathseba, und so steht auch heute dieser Weg jedem offen.

Kapitel 7: Dieses Kapitel führt die Warnung vor der fremden Frau fort. Es beschreibt eindrucksvoll, wie sie einen jungen, neugierigen Mann durch ihren Charme und ihre List verführt. In den „letzten Tagen“, in denen wir ja leben, wird diese Gefahr immer größer. „Die Menschen werden selbstsüchtig sein …, unheilig, ohne natürliche Liebe, unenthaltsam, mehr das Vergnügen liebend als Gott“ (2. Tim 3,1–4).

Als Kinder Gottes sind wir nicht mehr „im Fleisch“, sondern sind „der Sünde gestorben“ (Röm 8,9; 6,2). Doch ist die alte, sündige Natur immer noch in uns. Sie ist jederzeit bereit, auf die Einflüsse Satans und der Welt zu reagieren. Daher müssen wir die Ermahnungen des Wortes Gottes ernst nehmen.

► Denke stets an deinen Heiland, der dich geliebt und sich selbst für dich hingegeben hat (Gal 2,20). Das bewahrt dich vor falscher „Liebe“.

Bedenken wir auch, dass unsere „Leiber Christi Glieder“ sind. „Jede Sünde, die ein Mensch begehen mag, ist außerhalb des Leibes; wer aber hurt, sündigt gegen seinen eigenen Leib. Oder wisst ihr nicht, dass euer Leib der Tempel des Heiligen Geistes ist, der in euch wohnt, den ihr von Gott habt, und dass ihr nicht euer selbst seid?“ (1. Kor 6,15.18.19).

7,1–5: Zu Beginn des Kapitels wird der Sohn nun schon zum vierten Mal aufgefordert, sich diese Belehrungen und Warnungen auch wirklich zu Herzen zu nehmen (Spr 2,1; 5,1; 6,20). Muss noch einmal erwähnt werden, dass dieses Kapitel auch „Töchtern“ etwas zu sagen hat? Auch sie können verführt werden – oder aber selbst verführen!

7,1 „Mein Sohn, bewahre meine Worte, und birg bei dir meine Gebote; …“

Wie wir schon mehrfach gesehen haben, geht die Aufforderung, die Worte des Vaters zu „bewahren“, weiter, als sich diese Worte lediglich anzuhören (vgl. Spr 3,1.21; 4,13.21; 6,20). Der hinzugefügte Ausdruck „birg bei dir meine Gebote“ verstärkt diesen Gedanken. Was man bergen muss, steht in Gefahr, zu verderben oder sogar völlig verloren zu gehen. Man schützt („birgt“) es, weil es einen großen Wert hat. Genau das trifft auf das Wort Gottes zu.

7,2 „… bewahre meine Gebote und lebe, und meine Belehrung wie deinen Augapfel.“

Die Gebote bewahren ist Leben. Als Jesus von Satan versucht wurde, zitierte Er aus 5. Mose 8,3: „Nicht von Brot allein soll der Mensch leben, sondern von jedem Wort Gottes“ (Lk 4,4).

Was Gottes Wort uns lehrt, müssen wir ebenso aufmerksam wie unseren Augapfel bewahren. Wir können im Auge nicht das kleinste Sandkörnchen, nicht die kleinste Wunde ertragen. Ebenso wenig dürfen wir der kleinsten Ungerechtigkeit erlauben, unser Gewissen zu verletzen.

■ Gott „behütete“ sein Volk „wie seinen Augapfel“ (5. Mo 32,10; Ps 17,8; Sach 2,12). Es ist ein Ausdruck seiner ständigen und intensiven Wachsamkeit über uns. Ebenso sollen auch wir seine Belehrungen bewahren.

Bei einem gesunden Menschen wird der Augapfel allein schon durch die Reflexe des Augenlids geschützt. Wenn wir unser Leben mit dem Herrn Jesus führen, werden wir geistliche „Reflexe“ entwickeln, die uns davor bewahren, von seinen Geboten abzuweichen.

► „Zuckst“ du (noch) zurück, wenn du von einer Sünde versucht wirst?

7,3 „Binde sie um deine Finger, schreibe sie auf die Tafel deines Herzens.“

An das, was man um seinen Finger gebunden hat, erinnert man sich ständig. Und ein Text, den man aufgeschrieben hat, bleibt besser im Gedächtnis haften – das weiß schon jeder Schüler! Aus demselben Grund sollten die Israeliten eine Quaste an ihre Kleidung anbringen (4. Mo 15,38.39). Es ist nutzlos, wenn wir Gottes Wort nur im Bücherschrank aufbewahren. Es muss mit uns gehen. Wir müssen es auf unser Herz binden (Spr 6,21) und um unsere Finger. Das heißt, wir sollen sowohl bei allen Entscheidungen („Herz“) als auch bei allen Handlungen („Finger“) daran denken, die Weisheit seiner Worte zu Rate zu ziehen.

■ Bei Vielen erreicht ihr christliches Bekenntnis nie die „Finger“. Menschen mit schlechter Durchblutung bekommen kalte Extremitäten. Der Grund liegt in mangelnder Aktivität des Herzens. So ist auch im geistlichen Bereich alles „kalt“, was herzlos getan wird. Gott möchte, dass sich sein Wort vom Herzen aus bis in die „Fingerspitzen“ hinein auswirkt.

7,4 „Sprich zur Weisheit:,Du bist meine Schwester!’, und nenne den Verstand deinen Verwandten, …“

Das normale Verhältnis unter Verwandten ist durch Liebe geprägt. Man hat denselben Ursprung, man vertraut einander und kennt sich gut. Ebenso soll es mit uns und der Weisheit sein. Der Ursprung des neuen Lebens in uns ist ja Christus, die Weisheit in Person. Er ist unser nächster „Verwandter“, „denn wer irgend den Willen meines Vaters tut, der in den Himmeln ist, der ist mein Bruder und meine Schwester und meine Mutter“ (Mt 12,50). Ihm sollen wir vertrauen, Ihn sollen wir kennen und lieben. Zugleich ist diese Liebe ein guter Schutz vor der Versuchung, eine fremde Frau zu lieben.

■ Diese verwandtschaftliche Beziehung zur Weisheit und zum Verstand basiert auf Gottes Wort. So wurde auch das neue Leben in uns durch das Wort Gottes hervorgebracht: „Die ihr nicht wiedergeboren seid aus verweslichem Samen, sondern aus unverweslichem, durch das lebendige und bleibende Wort Gottes“ (1. Pet 1,23).

7,5 „… damit sie dich vor der fremden Frau bewahre, vor der Fremden, die ihre Worte glättet.“ (Spr 2,16; 6,24)

Wir Männer haben es offenbar nötig, immer wieder vor den verführerischen Worten einer Frau gewarnt zu werden. Doch wenn wir die Worte der Weisheit bewahren, wird sie uns bewahren (Spr 4,6).

7,6–23: Nun folgt die anschauliche Beschreibung einer Katastrophe. Ein einfältiger junger Mann gerät in die Fangarme einer hurerischen Frau. Wenn wir diese Verse auf unser Gewissen anwenden, wollen wir nicht nur eine tatsächliche Hure im Blick haben, sondern auch an jede „gemäßigtere“ Form von sexuellen Kontakten zwischen zwei nicht miteinander verheirateten Personen denken. Niemand möge also bei den folgenden Ausführungen denken: „Klar, mit einer Hure würde ich mich niemals einlassen – aber mit meinem Mädchen ist das doch etwas anderes!“

7,6 „Denn am Fenster meines Hauses schaute ich durch mein Gitter hinaus; …“

Salomo betrachtet es aus sicherer Position: Er ist im Haus und durch ein Gitter geschützt. Genauso müssen auch wir diese Verse betrachten. Das Thema ist nämlich so schmutzig, dass uns allein schon die Beschäftigung damit verunreinigen kann. Daher muss jeder – egal ob Schreiber oder Leser der folgenden Ausführungen – auf der Hut sein, jetzt irgendwelche unreinen Gedanken in sich aufkommen zu lassen.

■ In Epheser 5,3 wird gesagt: „Hurerei aber und alle Unreinheit … werde nicht einmal unter euch genannt, wie es Heiligen geziemt.“ Das bedeutet nicht, dass man hierüber niemals sprechen darf, sondern dass es nicht nötig sein sollte, diese Dinge anzusprechen.

7,7 „… und ich sah unter den Einfältigen, bemerkte unter den Söhnen einen unverständigen Jüngling, …“

Dieser junge Mann ist nicht direkt boshaft. Aber er ist „einfältig“ und „unverständig“. Er nennt also weder die Weisheit seine „Schwester“ noch den Verstand seinen „Verwandten“ (V. 4). Dabei ist er aber doch ein „Sohn“. Im übertragenen Sinn sehen wir daran, dass auch Kinder Gottes keineswegs vor sexuellen Sünden gefeit sind.

7,8 „… der auf der Straße hin und her ging, neben ihrer Ecke, und den Weg zu ihrem Haus schritt, …“

Die Straße ist ein Bild des uns umgebenden weltlichen Systems. Dort befindet sich der junge Mann. Er geht „hin und her“, schaut sich dies und jenes an, ist unentschlossen. Schlägt vielleicht sein Gewissen? Er weiß doch offenbar, wo er sich befindet: „neben ihrer Ecke“! Dort will er nicht gesehen werden. Deswegen tut er es in der Dunkelheit (V. 9). – Dann geht er schließlich zielsicher zu ihrem Haus …

► Ist das nicht ein typischer Verlauf? Wenn du dich mit weltlichen Dingen beschäftigst, wenn du keine klaren Grundsätze mehr hast, wenn du dich unbeobachtet glaubst, wenn deine Gedanken immer nur um „das Eine“ kreisen – dann bist du auf dem besten Weg, in Sünde zu fallen! So ein Verhalten ist fahrlässig, es ist ein Spiel mit dem Feuer.

7,9 „… in der Dämmerung, am Abend des Tages, in der Mitte der Nacht und in der Dunkelheit.“

Die Finsternis wird hier in vierfacher Weise beschrieben, und zwar mit einer deutlichen Steigerung. So wird es auch in unserem Herzen immer dunkler, je länger wir unseren Begierden freien Lauf lassen. Sünde meidet das Licht und liebt die Finsternis (Spr 4,19). „Die Menschen haben die Finsternis mehr geliebt als das Licht, denn ihre Werke waren böse (Joh 3,19).

Schon Hiob sagte: „Und das Auge des Ehebrechers lauert auf die Dämmerung, indem er spricht: Kein Auge wird mich erblicken; und er verhüllt sein Angesicht“ (Hiob 24,15). Und Paulus mahnt: „Habt nicht Gemeinschaft mit den unfruchtbaren Werken der Finsternis, vielmehr aber straft sie auch; denn das, was heimlich von ihnen geschieht, ist schändlich auch nur zu sagen“ (Eph 5,11.12).

7,10 „Und siehe, eine Frau kam ihm entgegen in Hurenkleidung und mit verstecktem Herzen. – „

Der junge Mann näherte sich leichtfertig ihrem Haus, und schon kommt diese Frau ihm entgegen. Hätte er sich doch gar nicht erst in diese Gefahr begeben! Jetzt ist es für eine Flucht (fast) zu spät. Schon allein durch ihre äußere Aufmachung will diese Frau seine Fantasie anregen. So nutzt sie die bekannte Schwachstelle von Männern aus, sich durch visuelle Reize verführen zu lassen.

In der Welt verwendet man in diesem Zusammenhang gerne das Wort „Liebe“. Man fragt scheinheilig: „Kann denn Liebe Sünde sein?“ Aber bei ehrlichem Nachdenken müsste man zugeben, dass es sich mehr um Egoismus als um Liebe handelt. Auch hier wird deutlich, dass diese Frau echte Empfindungen des Herzens bewusst vermeidet. Sie kommt mit „verstecktem Herzen“.

7,11.12 „Sie ist leidenschaftlich und unbändig, ihre Füße bleiben nicht in ihrem Haus; bald ist sie draußen, bald auf den Straßen, und neben jeder Ecke lauert sie. – „

Es handelt sich in diesen beiden Versen nicht um das aktuell beobachtete Verhalten der Frau, sondern um die Beschreibung ihres Charakters und ihres allgemein bekannten Auftretens. Das will sagen: Diese Merkmale tragen alle Verführer(innen).

Diese Frau folgt nur „leidenschaftlich“ ihren Trieben – fast schon wie ein Tier, das sich nicht zügeln lassen will („unbändig“). Sie ist alles andere als „besonnen, keusch, mit häuslichen Arbeiten beschäftigt, gütig“; sie liebt weder ihren Mann noch ihre Kinder (Tit 2,4.5). Ihr Haus ist kein Heim, und so lenkt sie ihre Füße nach draußen, von ihrer Begierde getrieben.

Dort hat sie das Ziel, ein Opfer zu finden, um es zu verführen. Aber wer sich nicht „draußen“ oder „auf den Straßen“ oder „in den Ecken“ aufhält, bleibt vor ihr bewahrt.

► Vielleicht befinden sich auch in deinem Umfeld derartige Verführer/-innen. Das müssen nicht direkt Prostituierte sein, sondern es kann eine – ansonsten vielleicht durchaus achtbare – Person in deinem schulischen oder beruflichen Umfeld sein.

7,13 „Und sie ergriff ihn und küsste ihn, und mit unverschämtem Angesicht sprach sie zu ihm: …“

In den folgenden 9 Versen nimmt das Unheil seinen Lauf. Die gesamte Initiative geht von der Frau aus. Sie gaukelt ihm Liebe vor, will aber nur Sex (V. 18). Genauso war es damals bei Joseph. Auch ihn „ergriff“ die lüsterne Frau Potiphars. Auch ihm wurde geschmeichelt. Doch Joseph floh (1. Mo 39,12). Hätte unser Jüngling dazu nicht ebenfalls Gelegenheit gehabt? Aber er ist völlig untätig. Er befreit sich weder aus ihren Armen, noch wehrt er ihren Kuss ab.

► Wenn du die erste zärtliche Berührung und den ersten Kuss gestattest, wird es kaum noch ein Zurück geben. Deshalb brich den Kontakt rechtzeitig ab, wenn du merkst, dass ein junges Mädchen/ein junger Mann mit dir flirten möchte!

Ein Kennzeichen von Huren ist ihre „Unverschämtheit“, wie Jeremia feststellt: „Aber du hattest die Stirn eines Hurenweibes, weigertest dich, dich zu schämen“ (Jer 3,3). Sie schämt sich nicht, ihren Körper herzugeben. Sie schämt sich nicht, einen jungen Mann zu verführen. Und sie schämt sich nicht, dabei auch noch fromme Reden zu führen:

7,14 „Friedensopfer oblagen mir, heute habe ich meine Gelübde bezahlt; …“

Offenbar will sie mit dieser Bemerkung das Gewissen des Jünglings beruhigen. Sie ist ja so fromm! Hört man nicht heute auch bisweilen: „Sie/Er geht mit in die Gemeinde und ist vielleicht gläubig. Was spricht dann gegen eine Freundschaft?“ Das ist ein gefährlicher Ansatz!

Wenn es wirklich stimmte, dass diese Frau ein Gelübde abgelegt hatte, war es durchaus richtig, dieses mit einem Friedensopfer zu bezahlen (3. Mo 22,21). Aber welch eine Verhöhnung Gottes, wenn ein Friedensopfer – das doch ein Ausdruck der Gemeinschaft mit Gott ist – mit Sünde verbunden wird! Ein derartiges Verhalten war bei den Heiden üblich, die in ihren Götzentempeln Hurerei trieben. Solche Opfer sind Gott ein Gräuel. „Die Seele, die Fleisch von dem Friedensopfer isst, das dem Herrn gehört, und ihre Unreinheit ist an ihr, diese Seele soll ausgerottet werden aus ihren Völkern“ (3. Mo 7,20; vgl. Spr 21,27).

■ Dem Friedensopfer entspricht neutestamentlich das Mahl am Tisch des Herrn (1. Kor 10,18–21). Und genauso wie damals duldet der Herr auch heute keine Verunreinigung seines Tisches. Daher musste der Hurer von der Versammlung in Korinth von der Teilnahme am Tisch des Herrn ausgeschlossen werden (1. Kor 5,1–5.13).

7,15 „… darum bin ich ausgegangen, dir entgegen, um dein Angesicht zu suchen, und ich habe dich gefunden.“

Aus diesen Worten geht hervor, dass dies wohl nicht die erste Begegnung zwischen den beiden ist. Nun streben sie ganz bewusst eine Vertiefung ihrer Beziehung an, nicht nur der Mann (V. 8), sondern insbesondere auch die Frau. So etwas schmeichelt natürlich.

Es sieht nach Zuneigung aus – aber zeugt es wirklich von Liebe, wenn man gern außerhalb der Ehe mit einer Person intim sein möchte? Wenn man sie zu einer Sünde verführt? Wenn man ihrer Seele schadet und sie in Gewissensnöte bringt? Wo wirkliche Liebe ist, geht man den biblischen Weg: den Weg über Verlobung und Heirat.

7,16.17 „Mit Teppichen habe ich mein Bett bereitet, mit bunten Decken von ägyptischem Garn; ich habe mein Lager benetzt mit Myrrhe, Aloe und Zimt.“

Die Frau hat alles gut vorbereitet. Ihr Bett sieht wunderbar aus und duftet. Die Sinne sollen angesprochen werden. So etwas kann leicht von der Sündhaftigkeit eines Vorhabens ablenken. Manche meinen sogar, wenn alles angenehm verläuft, wäre das ein Zeichen des Segens Gottes. Aber oft ist das Gegenteil der Fall.

Die bunten Decken kommen aus Ägypten, einem Bild der gottfeindlichen Welt, die sich durch eigene Anstrengung ein angenehmes Leben erarbeiten will (5. Mo 11,10; Hes 29,3). Myrrhe und Zimt waren Bestandteile des Öls „der heiligen Salbung“, das mit keinem Unbefugten in Berührung kommen durfte (2. Mo 30,23.31–33). Wieder bedient sich diese schamlose Frau heiliger Dinge, um damit ihr unreines, unsittliches Vorhaben zu vertuschen (V. 14).

7,18 „Komm, wir wollen uns in Liebe berauschen bis zum Morgen, an Liebkosungen uns ergötzen.“

Da die beiden nicht miteinander verheiratet sind, ist dies nichts anderes als Unzucht (Hurerei). Hier wird die „Liebe“ im wahrsten Sinne des Wortes prostituiert16. Sie wird zum „Götzen“.

7,19.20 „Denn der Mann ist nicht zu Hause, er ist auf eine weite Reise gegangen; er hat den Geldbeutel mit sich genommen, am Tag des Vollmonds wird er heimkehren.“

Nun zeigt sich, dass die Frau sogar verheiratet ist und damit zu einer Ehebrecherin wird. Wahrscheinlich wusste das der junge Mann. Doch sie vergisst nicht, ihm die Furcht vor einer möglichen Entdeckung zu nehmen. Keiner der beiden scheint daran zu denken, dass es Einen gibt, der von allem, was auf der Erde geschieht, Kenntnis nimmt.

Da ihr Mann genug Geld bei sich hat, wird er nicht so schnell zurückkommen. Dadurch haben die beiden die Möglichkeit, ihr unzüchtiges Treiben ungestört auszuführen.

7,21 „Sie verleitete ihn durch ihr vieles Zureden, riss ihn fort durch die Glätte ihrer Lippen.“

Das mit „Zureden“ übersetzte Wort kann auch „Lehren“ bedeuten. Es ist „böse Lehre“! Durch ihr Zu-reden gewinnt sie die Zu-neigung des jungen Mannes. Er hat jetzt keine Kraft mehr, ihrer Verführung zu widerstehen. Auch über Salomo lesen wir: „Seine Frauen neigten [= verleiteten] sein Herz“ (1. Kön 11,3). Wohin? Zu den fremden Göttern, weg von Gott.

Die Frau verführt den jungen Mann also durch ihr Äußeres (V. 10), durch ihre Zärtlichkeit (V. 13), aber vor allem durch ihre Worte (V. 14–20). Es sind ihr „vieles“ Zureden und die „Glätte“ ihrer Lippen, die ihn schließlich fortreißen.

Heutzutage verläuft die Kommunikation sehr bequem: Man schreibt sich am Tag zigmal eine elektronische Nachricht, man chattet stundenlang am PC oder man präsentiert sich in sozialen Netzwerken. Dabei läuft man Gefahr, Intimitäten auszutauschen, ohne sich dabei in die Augen zu sehen. Schon manche böse Tat ist dadurch entstanden.

7,22 „Auf einmal ging er ihr nach, wie ein Ochse zur Schlachtbank geht und wie Fußfesseln zur Züchtigung des Narren dienen, …“

Sehr drastisch schildert Gottes Wort nun, wie der junge Mann schließlich seiner Verführerin hinterhertrottelt. Das war abzusehen, denn wer eine solche Unentschlossenheit an den Tag legt (V. 8), geht automatisch den Weg des geringsten Widerstands. Er denkt nicht an die Ermahnungen der Eltern, nicht an die Gebote Gottes, nicht an die schlimmen Folgen und auch nicht an die eigene Würde. Er verhält sich wie ein Tier, wie ein „Narr“. Nun ist er „gefesselt“ und kann nicht mehr fliehen.

7,23 „… bis ein Pfeil seine Leber zerspaltet; wie ein Vogel zur Schlinge eilt und nicht weiß, dass es sein Leben gilt.“

In der Antike galt die Leber (wie das Herz) als Sitz der Lebenskraft. Vielleicht sollte deswegen bei den Opfern der Israeliten „das Netz über der Leber“ zusammen mit dem Fett des Tieres ganz für Gott geräuchert werden (z. B. 3. Mo 3,4.5). Hier aber gibt der Jüngling seine ganze Lebenskraft nicht Gott, sondern der verführerischen Frau hin.

Er ist wie ein „Vogel zur Schlinge“ geeilt. Das bestätigt, dass er selbst durchaus aktiv war, die Gefahr aber völlig unterschätzte. Es geht hier nicht um den vorzeitigen leiblichen Tod (obwohl das auch eine Folge von Hurerei sein kann), sondern um den Tod im moralischen Sinn, um das Verderben der Seele. Wir können im Licht des Neuen Testaments auch an den zweiten Tod denken, wohin der Weg der Sünde letztlich führt.

7,24–27: Wem es bei dieser Beschreibung nicht eiskalt über den Rücken gelaufen ist, muss schon sehr abgebrüht sein. Der wird auch durch die jetzt folgenden abschließenden Ermahnungen kaum erreicht werden. Trotzdem erfolgt noch einmal der Aufruf zum Hören.

► Wenn wir nicht hören – wie soll Gott dann unser Herz und Gewissen erreichen? Er kann es nur noch durch züchtigende Maßnahmen tun!

7,24 „Nun denn, ihr Söhne, hört auf mich, und horcht auf die Worte meines Mundes!“ (Spr 5,7; 8,32)

Der junge Mann „wusste nicht, dass es sein Leben gilt“ (V. 23). Er war ahnungslos. Jeder aber, der diesen Bericht gelesen hat, ist spätestens ab heute vorgewarnt!

Noch einmal wollen wir an den 17-jährigen Joseph denken. Er war weit weg vom Elternhaus, als die Frau Potiphars ihn verführen wollte. Aber er verwirklichte, was er zu Hause gelernt hatte, und entgegnete: „Wie sollte ich diese große Bosheit tun und gegen Gott sündigen?“ (1. Mo 39,9). Das war echte Gottesfurcht (Spr 8,13).

7,25 „Dein Herz wende sich nicht ab nach ihren Wegen, und verirre dich nicht auf ihre Pfade!“

Obwohl Salomo eben noch die „Söhne“ anredete, wird er hier doch wieder ganz persönlich. Verirrungen durch „abwegige“ Gedanken beginnen im eigenen Herzen. „Leite dein Herz geradeaus auf dem Weg“ (Spr 23,19).

► Die Wege dieser Frau führten ins Verderben, der gute Hirte aber „leitet mich in Pfaden der Gerechtigkeit“ (Ps 23,3).

7,26 „Denn viele Erschlagene hat sie niedergestreckt, und zahlreich sind alle ihre Ermordeten.“

Schon in Vers 23 wurde sinnbildlich der Tod als Folge des Ehebruchs genannt. Wie viele sind durch unerlaubte sexuelle Beziehungen „erschlagen“ und „ermordet“ worden! Im buchstäblichen Sinn können wir das bei Simson sehen (Ri 16,1.2.4.30), im übertragenen Sinn bei David (2. Sam 12,10–12).

7,27 „Ihr Haus sind Wege zum Scheol, die hinabführen zu den Kammern des Todes.“

Auch wenn ein Gläubiger nie mehr verloren gehen kann (Joh 10,28), kann es doch sein, dass er sich auf einen Weg begibt, der ins ewige Verderben führt. Gott kann ihn dann in seiner Gnade wieder zurechtbringen, aber manchmal bestraft Er einen solchen auch mit dem leiblichen Tod (Apg 5,1–11; 1. Kor 11,30; 1. Joh 5,16). Er ist souverän in seinen Regierungswegen mit seinen Kindern. Ungläubige dagegen werden einmal mit dem zweiten Tod, dem Feuersee, bestraft werden (Off 20,12–15).

Die Weisheit (Kapitel 8–9)

In Kapitel 8 hören wir erneut einen Appell der Weisheit, gefolgt von einer beeindruckenden Charakterisierung ihrer selbst. Vor allem erfahren wir etwas über ihre ewige Existenz. Kapitel 9 stellt abschließend noch einmal die Gegensätzlichkeit von Weisheit und Torheit heraus.

Wir finden hier manche Aspekte der ersten sieben Kapitel wieder. In ähnlicher Weise werden auch im 5. Buch Mose viele früher erteilte Vorschriften wiederholt und vertieft. Wir schwachen, vergesslichen Menschen benötigen derartige Wiederholungen. Sie erhöhen aber auch unsere diesbezügliche Verantwortung. Dabei ist es bemerkenswert, dass die Zahl Fünf auf die Abhängigkeit des schwachen Menschen von Gott und der sich daraus ergebenden Verantwortung hinweist.17

a) Charakterisierung der Weisheit (Kap. 8)

Hier redet die Weisheit wieder selbst und wird dadurch personifiziert. Wie schon oft erwähnt, hören wir letztendlich die Stimme des Sohnes Gottes, „der uns geworden ist Weisheit von Gott“ (1. Kor 1,30) – wenn auch der Schreiber dies damals nicht wissen konnte (1. Pet 1,10.11).

Wir erkennen leicht folgende Einteilung dieses Kapitels:

Spr 8,1–11: Die Worte der Weisheit
Spr 8,12–21: Der Nutzen der Weisheit
Spr 8,22–31: Die ewige Existenz der Weisheit
Spr 8,32–36: Abschließende Ermahnungen

8,1–11: Einleitend führt Salomo erneut die Weisheit ein (V. 1–3), worauf sie dann die Beschreibung der Vorzüglichkeit ihrer Worte selbst übernimmt.

8,1 „Ruft nicht die Weisheit, und lässt nicht die Einsicht ihre Stimme erschallen?“ (Spr 1,20)

Die Weisheit ergreift die Initiative. Das wurde schon in Sprüche 1,20.21 deutlich, wo ganz ähnliche Worte gebraucht werden. Sie redet nichts „Verkehrtes“ (Spr 2,12) und „glättet“ auch nicht ihre Worte wie „die fremde Frau“ (Spr 2,16). Ihr Ruf ist nicht zu überhören, es sei denn, ein Mensch will nicht hören.

8,2 „Oben auf den Erhöhungen am Weg, da, wo Pfade zusammenstoßen, hat sie sich aufgestellt.“

Die Weisheit redet nicht heimlich und im Verborgenen. Das, was sie zu sagen hat, kann und soll von allen gehört werden. Sie stellt sich nicht in dunkle Ecken wie die hurerische Frau (Spr 7,9–12), sondern an die Wegkreuzungen außerhalb der Stadt. Da trifft sie – bildlich gesprochen – Menschen, die ihre Wege nach ihren eigenen Gedanken gehen, ohne groß nach Gesetz und Ordnung zu fragen.

8,3 „Zur Seite der Tore, wo die Stadt sich öffnet, am Eingang der Pforten schreit sie: …“

Im Gegensatz zu Vers 2 sehen wir in der Stadt ein geordnetes System mit Vorschriften und Regeln (Spr 1,21). Hier können wir an Menschen denken, die bemüht sind, ein korrektes und tadelloses Leben zu führen.

Die Weisheit wendet sich also an alle Menschen, unabhängig von ihrer Herkunft, Bildung, Kultur oder sozialen Stellung.

► In ähnlicher Weise sollen auch wir heute das Evangelium verbreiten, indem wir, wie der Apostel Paulus, „allen alles“ werden, damit wir „auf alle Weise einige erretten“ (1. Kor 9,20–22).

■ Als Jesus durch den Hohenpriester über seine Lehre befragt wurde, antwortete Er: „Ich habe öffentlich zu der Welt geredet, ich habe allezeit in der Synagoge und im Tempel gelehrt, wo alle Juden zusammenkommen, und im Verborgenen habe ich nichts geredet“ (Joh 18,20).

8,4 „An euch, ihr Männer, ergeht mein Ruf, und meine Stimme an die Menschenkinder.“

Die gesamte Bibel ist durchzogen von dem Gedanken, dass Gott sich in seiner Güte um uns Menschen kümmert. Deswegen sandte Er uns das „Wort“, den Herrn Jesus selbst (Joh 1,1.14), und redete zu uns durch Ihn und in Ihm (Heb 1,1).

Der Ausdruck „Männer“ weist auf solche hin, die, im Gegensatz zu den Jünglingen, schon etwas an Weisheit und Erfahrung gesammelt haben. Sie tragen Verantwortung. „Menschenkinder“ ist ein weitergehender Begriff und umfasst alle Menschen. Viele von ihnen begnügen sich mit materiellen Dingen. Die göttliche Weisheit ist ihnen fremd. Manche haben auch gar kein Interesse an ihr. Doch egal, wie jemand steht: Die Weisheit wendet sich an jeden, denn jeder braucht ihre Botschaft. Gott will, „dass alle Menschen errettet werden und zur Erkenntnis der Wahrheit kommen“ (1. Tim 2,4).

8,5 „Lernt Klugheit, ihr Einfältigen, und ihr Toren, lernt Verstand!“

Als Erstes verkündet die Weisheit, worum es überhaupt geht. Die Einfältigen und Toren, wozu jeder von Geburt an gehört, sollen Einsicht in (FußEÜ) Klugheit und Verstand bekommen (Spr 1,4). Sie sollen lernen, umsichtige Entscheidungen zu treffen. Das bewahrt sie vor einem falschen und daher für sie schädlichen Weg. Zur Klugheit gehört auch, dass man seine eigenen Schwächen erkennt und berücksichtigt. Drohende Gefahren werden rechtzeitig erkannt und vermieden (Spr 13,16; 22,3).

8,6 „Hört, denn Vortreffliches will ich reden, und das Auftun meiner Lippen soll Geradheit sein!“

Was die Weisheit zu sagen hat, ist einzigartig gut („vortrefflich“) und vollkommen richtig („gerade“). Kein Mensch, auch Salomo nicht, konnte das für sich beanspruchen. Nur der Herr Jesus war vollkommen in seinen Worten. Selbst seine Gegner bescheinigten Ihm: „Niemals hat ein Mensch so geredet wie dieser Mensch“ (Joh 7,46). Er redete das, was Er von seinem Vater gehört hatte (Joh 8,26). Alle seine Worte waren in Übereinstimmung mit Gott und daher „vortrefflich“ und „gerade“. Aber seine Worte waren auch sehr schön und voll lebendiger Illustrationen.

8,7 „Denn mein Gaumen spricht Wahrheit aus, und Gottlosigkeit ist meinen Lippen ein Gräuel.“

Christus ist selbst „die Wahrheit“, und so waren auch seine Worte stets Wahrheit (Joh 14,6; 8,45). Zu Pilatus sagte Er: „Ich bin dazu geboren und dazu in die Welt gekommen, dass ich der Wahrheit Zeugnis gebe. Jeder, der aus der Wahrheit ist, hört meine Stimme“ (Joh 18,37).

► Ist es auch dir ein „Gräuel“, etwas in Unabhängigkeit von Gott („gottlos“) zu sagen?

8,8 „Alle Worte meines Mundes sind in Gerechtigkeit; es ist nichts Verdrehtes und Verkehrtes in ihnen.“

Die Worte der Weisheit sind aber nicht nur frei von Lüge und Gottlosigkeit, sondern auch gerecht. Sie stellen jeden und alles an seinen richtigen Platz. Sie berücksichtigen jeden Aspekt und sind zum Segen und Nutzen für die Menschen. Und das gilt für „alle Worte“ aus dem Mund der Weisheit, also aus dem Mund des Herrn Jesus.

In seinen Worten gab es auch nichts „Verdrehtes und Verkehrtes“, keine halben Wahrheiten oder Aussagen, die man hätte missverstehen können. Alles war klar formuliert. Es gibt das ironische Sprichwort: „Worte sind erfunden worden, um damit die Gedanken zu verbergen.“ Doch so war es nicht bei Ihm. Seine Zuhörer waren es, die seine „Worte verdrehten“ (Ps 56,6)!

► Dieser Vers regt zur Selbstreflexion an: „Tu von dir die Verkehrtheit des Mundes, und die Verdrehtheit der Lippen entferne von dir“ (Spr 4,24).

8,9 „Sie alle sind richtig für den Verständigen und gerade für die, die Erkenntnis erlangt haben.“

Wer verständig ist und eine gewisse Erkenntnis erlangt hat, wird weiter von der Weisheit lernen wollen. Denn so jemand hat erkannt, dass ihre Worte „richtig“ und „gerade“ sind.

Für den gläubigen Christen ist die göttliche Weisheit der Bibel verständlich, nachvollziehbar und richtungsweisend. Das bewirkt der Heilige Geist, der in ihm wohnt (Joh 16,13).

■ Wenn der Herr Jesus sprach, gab es – je nach Herzenszustand der Zuhörer – unterschiedliche Reaktionen.18 Heute redet Er vom Himmel aus durch sein Wort und seinen Geist. Seine Botschaft ist für jeden verständlich, der aufrichtig Gottes Gedanken kennenlernen will. „Wenn jemand seinen Willen tun will, so wird er von der Lehre wissen, ob sie aus Gott ist“ (Joh 7,17).

8,10 „Nehmt meine Unterweisung an und nicht Silber, und Erkenntnis lieber als auserlesenes, feines Gold.“

Schon Hiob beschreibt in Kapitel 28 die bunten Aktivitäten des Menschen rund um den Abbau von Gold, Silber und Eisen (s. Auslegung zu Spr 3,14.15). Aber so kostbar diese Metalle auch sind – die Weisheit ist unvergleichlich kostbarer.

Das Einzige, wodurch man Weisheit erlangen kann, ist, ihre Unterweisung anzunehmen. Diese Unterweisung geschieht durch den Sohn Gottes, der alle anderen Lehrer in den Schatten stellt: „Er lehrte sie wie einer, der Vollmacht hat, und nicht wie ihre Schriftgelehrten“ (Mt 7,29).

8,11 „Denn Weisheit ist besser als Korallen, und alles, was man begehren mag, kommt ihr nicht gleich.“ (Spr 3,15)

Für vieles, was dem Menschen wertvoll erscheint, tut er alles, um es zu erlangen. Oft begehrt man materielle Dinge: Schmuck, ein tolles Auto, das neueste Smartphone oder auch eine Villa am Stadtrand. Vielen geht es aber auch um Immaterielles wie Ansehen, Liebe, Gesundheit, ein intaktes Familienleben und Sicherheit.

Das ist verständlich – aber es gibt Besseres: göttliche Weisheit. Einerseits brauchen wir sie, um dem verführerischen Geist dieser Welt zu widerstehen. Andererseits kann nur ein Leben, das den göttlichen Maßstäben entspricht, von Zufriedenheit, Glück und innerem Frieden geprägt sein.

8,12–21: Nach der Beschreibung ihrer Worte charakterisiert die Weisheit nun sich selbst und bezeugt ihren Nutzen für die, die sie lieben.

8,12 „Ich, Weisheit, bewohne die Klugheit und finde die Erkenntnis der Besonnenheit.“

Die Weisheit bewohnt die Klugheit. Was bedeutet das? Mein Haus, in dem ich wohne, wird durch meine Gegenwart geprägt. Ebenso wird die Klugheit – das ist zweckmäßiges und umsichtiges Handeln – durch die göttliche Weisheit geprägt. Weiterhin findet die Weisheit „die Erkenntnis der Besonnenheit“. Übereiltes, vorschnelles Handeln ist ihr fremd.

■ Weisheit beinhaltet grundsätzliche Erkenntnis der Gedanken und Wege Gottes; sie kennt „die Tiefen Gottes“ (1. Kor 2,10). Klugheit ist dagegen mehr die Anwendung von Weisheit.

8,13 „Die Furcht des Herrn ist: das Böse hassen. Stolz und Hochmut und den Weg des Bösen und den Mund der Verkehrtheit hasse ich.“

Petrus fordert uns auf: „Wandelt die Zeit eurer Fremdlingschaft in Furcht“ (1. Pet 1,17). Hier lernen wir, dass diese „Furcht des Herrn“ darin besteht, das Böse zu hassen. Man fürchtet sich, etwas zu tun oder gutzuheißen, was im Widerspruch zu Gott steht.19 Dabei geht es nicht nur um unser äußeres Verhalten, sondern wir müssen das Böse an sich aus tiefstem Herzen hassen. Wer Gott fürchtet, hasst das, was auch Er hasst: den „Weg des Bösen“. Es kann keine Gemeinschaft zwischen Licht und Finsternis geben (2. Kor 6,14). Die Weisheit hilft uns, dies zu praktizieren. Wir sollen „weise … zum Guten, aber einfältig zum Bösen“ sein (Röm 16,19).

Insbesondere hasst Gott Stolz und Hochmut. Stolz ist ein ausgeprägtes Selbstwertgefühl, das zu einem überheblichen Verhalten (Hochmut) führt (Spr 21,24). Nicht den Hochmütigen, sondern „den Armen im Geist“ ist das Reich der Himmel verheißen (Mt 5,3). Wer hochmütig und stolz ist, meint, die Weisheit Gottes nicht nötig zu haben. Doch Gott „widersteht den Hochmütigen, den Demütigen aber gibt er Gnade“ (1. Pet 5,5).

► Stolz und Hochmut zu hassen ist ganz einfach – wenn wir ihn bei anderen entdecken …

Auch den „Mund der Verkehrtheit“, also die Lüge, verabscheut Gott. Er „kann nicht lügen“ und sein „Wort ist Wahrheit“ (Tit 1,2; Joh 17,17).

8,14 „Mein sind Rat und Einsicht; ich bin der Verstand, mein ist die Stärke.“

Nachdem die Weisheit gezeigt hat, was sie hasst, sagt sie nun, welche hohen Werte sie stattdessen geben will. Wir finden sie in dem Herrn Jesus: Rat, Einsicht, Verstand und Stärke. Auch Hiob sagt: „Bei ihm ist Weisheit und Macht, sein ist Rat und Einsicht“ (Hiob 12,13).

Wenn wir Gottes Willen tun wollen und auf seinen „Rat“ warten, erhalten wir „Einsicht“, um uns jeweils für den richtigen Weg zu entscheiden und diesen dann mit „Verstand“ und Tatkraft („Stärke“) zu gehen.

■ Über den kommenden Messias wurde prophezeit: „Und auf ihm wird ruhen der Geist des Herrn, der Geist der Weisheit und des Verstandes, der Geist des Rates und der Kraft, der Geist der Erkenntnis und der Furcht des Herrn“ (Jes 11,2).

8,15 „Durch mich regieren Könige, und Fürsten treffen gerechte Entscheidungen; …“

Keiner braucht wohl mehr Weisheit als der, der in einer gewissen Führungsposition steht. Das gilt nicht nur für Staatsoberhäupter, sondern auch z. B. für Abteilungsleiter, Lehrer, Eltern oder solche, denen der Herr einen Aufseherdienst in seinem Volk anvertraut hat (1. Tim 3,1–7). In solchen „Positionen“ müssen oft wichtige Entscheidungen getroffen werden. Nur Gott kann helfen, dass sie gerecht ausfallen.

■ Als Gläubige warten wir darauf, mit Christus zu herrschen, während wir bis dahin mit Ihm leiden. Macht in der Politik auszuüben, ist daher nicht unsere Aufgabe, denn Christus ist hier verworfen, und wir mit Ihm.

8,16 „… durch mich herrschen Herrscher und Edle, alle Richter der Erde.“

Dies ist ein göttlicher Grundsatz, der auch im Neuen Testament bestätigt wird: „Es gibt keine Obrigkeit, außer von Gott“ (Röm 13,1). Dass Gott Menschen Macht über Menschen überträgt, ist eine Folge der Sünde. Jemand hat einmal dazu gesagt: „Die Obrigkeit ist wie ein Gipsverband um ein gebrochenes Bein. Er heilt das Bein nicht, aber er schützt und stützt es.“

■ Auch der König Salomo war sich der Abhängigkeit von Gott tief bewusst und betete: „Ich bin ein kleiner Knabe, ich weiß nicht aus- und einzugehen; … So gib denn deinem Knecht ein verständiges Herz, um dein Volk zu richten, zu unterscheiden zwischen Gutem und Bösem; denn wer könnte dieses dein zahlreiches Volk richten?“ (1. Kön 3,7.9).

8,17a „Ich liebe, die mich lieben; …“

Noch deutlicher als vorher sehen wir jetzt in der Weisheit eine Person, denn eigentlich kann nur eine Person „lieben“. Wie wir wissen, ist es unser Herr Jesus Christus. Ihn sollen wir lieben, Ihn sollen wir suchen.

Lieben kann man nur, was man zuvor kennengelernt hat. Wir können die Weisheit nur lieben, wenn wir sie zuvor aufgenommen haben. Und wir können auch den Herrn Jesus nur wirklich lieben, wenn wir Ihn in seinem Wort betrachtet und uns mit Ihm beschäftigt haben. Vor allem der Gedanke daran, dass Er uns geliebt und sein Leben für uns gegeben hat (1. Joh 3,16), wird unsere Liebe zu Ihm immer mehr anfachen. „Wir lieben, weil er uns zuerst geliebt hat“ (1. Joh 4,19).

Wenn Er dann sieht, dass Ihn einer seiner Erlösten von Herzen liebt, wird Er sich darüber freuen und sich ihm in besonderer Weise liebend zuwenden.20 Das erkennen wir an den Worten des Herrn Jesus in Johannes 14: „Wenn jemand mich liebt, wird er mein Wort halten, und mein Vater wird ihn lieben, und wir werden kommen und Wohnung bei ihm machen“ (Joh 14,23). Sein Wort ist die Offenbarung seiner Gedanken, und wer Ihn liebt, erfasst seine Gedanken und handelt entsprechend. So jemand erfährt in besonderem Maße die Zuwendung Gottes.

Natürlich liebt der Herr Jesus jeden seiner Erlösten mit derselben göttlichen Liebe. Aber hier wird gezeigt, dass es darüber hinaus noch eine besondere Liebe zu Einzelnen gibt. Auch der Herr Jesus hat durch seine Hingabe eine besondere Liebe des Vaters auf sich herabgezogen: „Darum liebt mich der Vater, weil ich mein Leben lasse“ (Joh 10,17).

■ Den Ausdruck „die mich [Gott] lieben“ finden wir öfter in Gottes Wort. Jede dieser Stellen regt zum Nachdenken an.21

8,17b „… und die mich früh suchen, werden mich finden.“

Den Ausdruck „früh suchen“ können wir sicherlich auf dreierlei Weise deuten:

  1. Früh im Leben: Gott möchte, dass Menschen errettet werden und mit Ihm durchs Leben gehen. Und je früher, desto besser! Ältere Menschen haben im Allgemeinen viel mehr Mühe, überhaupt die Suche nach echter Weisheit zu beginnen. Aber wer sie aufrichtig sucht, wird sie in dem Herrn Jesus finden. „Sucht den Herrn, während er sich finden lässt“ (Jes 55,6).
  2. Früh am Tag: Wenn wir morgens einen Abschnitt aus der Bibel lesen und beten, empfangen wir Weisheit. Das beinhaltet Leitung, Kraft und Bewahrung für den ganzen Tag. Dies haben wir in der uns umgebenden Gott feindlichen Welt dringend nötig. Darum wollen wir es uns zur Gewohnheit machen: „Früh [am Morgen] wirst du, Herr, meine Stimme hören, früh werde ich dir mein Anliegen vorstellen und harren“ (Ps 5,4).
  3. Früh beim Auftreten eines Problems: Oft versuchen wir, mit unseren Problemen erst einmal selbst fertigzuwerden. Doch besser ist es, von Anfang an die benötigte Weisheit bei Gott zu suchen. „Sucht, und ihr werdet finden“ (Mt 7,7; vgl. Ps 63,2; 1. Chr 28,9). Dann wird es gelingen!

► Wenn du nicht früh beginnst, den Herrn zu suchen, wird es einmal zu spät sein: „Sie werden mich eifrig suchen und mich nicht finden“ (Spr 1,28).

8,18 „Reichtum und Ehre sind bei mir, bleibendes Gut und Gerechtigkeit.“

Weisheit von Gott bringt Reichtum und Ehre, und zwar nicht unbedingt im materiellen Bereich, sondern eher als einen unvergänglichen Segen im geistlichen Bereich (s. Auslegung zu Spr 3,16). Gott möchte unser Leben durch seine Weisheit „bereichern“. Das ist kein vorübergehender Reichtum, der durch äußere Umstände verloren gehen kann, sondern „bleibendes Gut“. Davon können wir ein Leben lang zehren.

Es ist ein erhebender Gedanke, dass nicht nur wir Gott ehren sollen, sondern dass Er auch uns „ehren“ möchte. Der Herr Jesus sagt in Johannes 12,26: „Wenn jemand mir dient, so wird der Vater ihn ehren.“ Die Weisheit leitet uns zu einem Leben in praktischer Gerechtigkeit, und ein solches Leben gereicht uns zur „Ehre“ (vgl. Spr 21,21).

■ Alles, was in diesem Vers verheißen wird, haben wir der Stellung nach schon aus lauter Gnade von Gott empfangen. Welchen „Reichtum“ haben wir in geistlicher Hinsicht durch den Herrn Jesus erlangt (2. Kor 8,9)! Das „bleibende Gut“ erinnert an das „unverwesliche und unbefleckte und unverwelkliche Erbteil, das in den Himmeln aufbewahrt ist für euch“ (1. Pet 1,4). Außerdem haben wir durch Ihn, der die Weisheit ist, „Gerechtigkeit“ erlangt: „Ihr seid in Christus Jesus, der uns geworden ist Weisheit von Gott und Gerechtigkeit“ (1. Kor 1,30).

8,19 „Meine Frucht ist besser als feines Gold und gediegenes Gold und mein Ertrag besser als auserlesenes Silber.“ (Spr 3,14; 16,16)

Nicht nur die Weisheit selbst, sondern auch ihre „Frucht“ und ihr „Ertrag“ stehen weit über allem, was die Erde oder die Welt an Kostbarkeiten zu bieten hat. Jakobus zählt einige ihrer Früchte auf: „Die Weisheit von oben aber ist erstens rein, dann friedsam, milde, folgsam, voll Barmherzigkeit und guter Früchte, unparteiisch, ungeheuchelt“ (Jak 3,17).

8,20 „Ich wandle auf dem Pfad der Gerechtigkeit, mitten auf den Steigen des Rechts, …“

Die Weisheit macht es uns vor und möchte, dass auch jeder von uns auf dem „Pfad der Gerechtigkeit“ wandelt. Unser Herr sagt: „Ich bin der Weg“ (Joh 14,6), und Ihm sollen wir folgen, unter allen Umständen.

Das hier mit „Steig“ übersetzte Wort bedeutet „gebahnter Weg“22. Die Weisheit besitzt und erfüllt also festgelegte Normen des „Rechts“.

► Frage dich: Gehe ich mitten auf den Steigen des Rechts? Verhalte ich mich immer und ganz eindeutig gerecht? Oder befinde ich mich manchmal ganz knapp an der Grenze zwischen Gut und Böse? Das wäre sehr gefährlich!

8,21 „… um die, die mich lieben, beständiges Gut erben zu lassen und um ihre Vorratskammern zu füllen.“

Wer den Herrn Jesus liebt und seinen Weg mit Ihm geht, wird gesegnet. Er hat immer genug „Vorrat“, denn „der Herr ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln“ (Ps 23,1). Und dieses Gut ist „beständig“ (vgl. V. 18): „Nur Güte und Huld werden mir folgen alle Tage meines Lebens; und ich werde wohnen im Haus des Herrn auf immerdar“ (Ps 23,6).

8,22–31: Jetzt gibt uns der Heilige Geist eine wunderbare Beschreibung von der ewigen Existenz der Weisheit. Im Verlauf dieser Verse wird es immer deutlicher, dass es nicht allein um die Weisheit als eine Qualität Gottes geht, sondern um die personifizierte Weisheit. Es geht um den, der von Ewigkeit her Gott ist und bei Gott war (Joh 1,1). Wir dürfen einen Blick in die „zeitlose Zeit“ vor Beginn der Schöpfung tun. Dabei lernen wir indirekt, wie die Weisheit tätig war, diese wunderbare und gewaltige Schöpfung ins Dasein zu rufen. Weiter erfahren wir etwas über die ewigen Beziehungen zwischen Gott und seinem Sohn. Aber auch wir Menschen waren bereits Gegenstände der Wonne des Sohnes.

8,22 „Der Herr besaß mich im Anfang seines Weges, vor seinen Werken von jeher.“

Gott hat seine große Weisheit nicht irgendwann bekommen oder vergrößert, sondern Er besaß sie schon immer in Vollkommenheit, „von jeher“. Und angewandt auf seinen Sohn bedeutet das: Dieser „war im Anfang bei Gott“ (Joh 1,2). Bevor Gott in irgendeiner Weise schöpferisch tätig wurde, besaß Er die Weisheit, „besaß“ Er seinen Sohn.

8,23 „Ich war eingesetzt von Ewigkeit her, von Anbeginn, vor den Uranfängen der Erde.“

In der Schöpfung können wir die Weisheit Gottes wahrnehmen (Röm 1,20), aber die Weisheit existierte, bevor irgendetwas geschaffen war. Der göttliche Plan zur Erschaffung aller Dinge stand bereits fest, die Weisheit war „eingesetzt“ – und trat dann in Aktion.

8,24 „Ich war geboren, als die Tiefen noch nicht waren, als noch keine Quellen waren, reich an Wasser.“

Bevor eine „Finsternis über der Tiefe“23 war und erst recht vor der Sammlung der Wasser „an einen Ort“ (1. Mo 1,2.9), war die im Sohn offenbarte Weisheit bereits da.

„Ich war geboren“: Hieraus könnte man schließen, der Herr Jesus habe doch einen Anfang gehabt. Aber Er ist kein Geschöpf, wie dies lästernd behauptet wird. Er ist Gott von Ewigkeit, Gott, der Sohn, wie es die Bibel deutlich bezeugt (z. B. Joh 1,34; Kol 1,15.16).

Was ist also hier gemeint? Auf seine Menschwerdung kann es sich jedenfalls nicht beziehen, denn da gab es die Schöpfung bereits seit Jahrtausenden. Der Ausdruck „geboren“ kann also nur bildlich gemeint sein. Die Erklärung liegt darin, dass hier nicht steht „Ich wurde geboren“. Es geht also nicht um den Vorgang einer Geburt, sondern nur darum, dass Er schon da war, bevor irgendetwas anderes existierte. Entsprechend steht in Johannes 1,1 auch nicht: „Im Anfang wurde …“, sondern: „Im Anfang war das Wort“.

■ Hier noch einige Worte zu seiner Menschwerdung (die wie gesagt in diesem Vers nicht gemeint ist). Der dreieine Gott hat dem Sohn einen Leib bereitet (Heb 10,5), damit die ganze Fülle der Gottheit leibhaftig in Ihm wohnen konnte (Kol 1,19; 2,9). Der Herr Jesus war uns als Mensch in einer gewissen Hinsicht ähnlicher als Adam, denn Er wurde von einer Frau geboren. Andererseits war Er nicht von einem Menschen gezeugt, sondern von Gott, dem Heiligen Geist (Lk 1,35). Er war von jeher Gott, der ewige Sohn (Joh 1,18), aber auch als Mensch „Sohn Gottes“ (Ps 2,7; Heb 1,5). Er ist wahrhaftig Mensch und zugleich der ewige Gott – ein Geheimnis, das wir weder untersuchen noch begreifen können. „Niemand erkennt den Sohn als nur der Vater“ (Mt 11,27).

8,25.26 „Bevor die Berge eingesenkt wurden, vor den Hügeln war ich geboren; als er die Erde und die Fluren noch nicht gemacht hatte, und den Beginn der Schollen des Erdkreises.“

Nachdem in Vers 24 die Weltmeere und Wasserquellen angeführt wurden, geht es hier um die Landmasse der Erde. Aus 1. Mose 1,9 erfahren wir, dass die Berge aus den Wassern hervortraten. Ihre Gründung ist also in großen Tiefen („eingesenkt“). Dieser Vers wird bestätigt in Psalm 90,2: „Ehe geboren waren die Berge und du die Erde und den Erdkreis erschaffen hattest – ja, von Ewigkeit zu Ewigkeit bist du Gott.“

8,27 „Als er die Himmel feststellte, war ich da, als er einen Kreis abmaß über der Fläche der Tiefe; …“

Wir lernen hier, dass der Weltraum „fixiert“ wurde und die Atmosphäre sich gleichmäßig über den Meeren („Tiefe“) der kugelförmigen („Kreis“) Erde verteilte. David schreibt: „Die Himmel erzählen die Herrlichkeit Gottes, und die Ausdehnung verkündet seiner Hände Werk“ (Ps 19,2). Es sind die Hände des Sohnes Gottes! Hiob 22,14 sagt: „Er durchwandelt den Kreis des Himmels“, und in Jesaja 40,22 steht: „Er ist es, der da thront über dem Kreis der Erde …, der die Himmel ausgespannt hat wie einen Schleier und sie ausgebreitet hat wie ein Zelt zum Wohnen.“

8,28 „… als er die Wolken droben befestigte, als er Festigkeit gab den Quellen der Tiefe; …“

Gott machte die einzelnen Luftschichten (FußEÜ) fähig, Wasser zu speichern. Aber auch die riesigen Wasserspeicher unter der Erde entstammen seiner Weisheit. Was wären wir ohne das frische Wasser aus den unzähligen Quellen der Erde? Und wie wichtig es ist, dass Er diesen Quellen „Festigkeit“ gab, sehen wir an den schrecklichen Ausmaßen der Sintflut. Damals hob Er diese Festigkeit für eine Weile auf: „An diesem Tag brachen auf alle Quellen der großen Tiefe“ (1. Mo 7,11).

8,29 „… als er dem Meer seine Schranke setzte, dass die Wasser seinen Befehl nicht überschritten, als er die Grundfesten der Erde feststellte – …“

Den Wolken, dem Meer, den Quellen, der ganzen Erde – allem hat Er seine Grenzen zugewiesen. Mit den Elementen hat Er auch die Naturgesetze geschaffen, nach denen alles „funktioniert“. Jeremia schreibt: „Der ich dem Meer Sand zur Grenze gesetzt habe, eine ewige Schranke, die es nicht überschreiten wird“ (Jer 5,22; vgl. Hiob 38,8).

Das Meer ist groß, aber Gott ist größer. Das Meer hat Macht, wir erleben Sturmfluten und Überschwemmungen – aber Gott steht darüber. Er sprach: „Bis hierher sollst du kommen und nicht weiter, und hier sei eine Schranke gesetzt dem Trotz deiner Wellen“ (Hiob 38,11). Gott hat die „Wasser in ein Tuch gebunden“, wie Agur es bildlich ausdrückt (Spr 30,4). Wir brauchen uns also nicht vor den Mächten der Natur zu fürchten, denn diese Mächte stehen unter seiner göttlichen Macht.

In Verbindung mit den „Grundfesten der Erde“ stellte Gott Hiob die Frage: „Wo warst du, als ich die Erde gründete? … In was wurden ihre Grundfesten eingesenkt?“ (Hiob 38,4.6). Hiob blieb die Antwort schuldig.

8,30 „… da war ich Werkmeister bei ihm und war Tag für Tag seine Wonne, vor ihm mich ergötzend allezeit, …“

Am Ende dieser Beschreibung wird uns dreierlei mitgeteilt, was wir mit Anbetung zur Kenntnis nehmen:

Erstens wird bestätigt, dass die Weisheit, der ewige Sohn, nicht nur vor der Erschaffung der Welten existierte (das war das Thema der Verse 22–29), sondern dass der Sohn da auch schon als „Werkmeister“ feststand. Durch Ihn hat Gott die Welten gemacht (Heb 1,2). Die ewige Weisheit war in Ihm, der das Leben ist und der alles ins Leben gerufen hat (Joh 11,25; 1,3).

Zweitens sehen wir, dass, schon bevor irgendetwas erschaffen war, der Sohn der Gegenstand der Liebe des Vaters war: „Du hast mich geliebt vor Grundlegung der Welt“ (Joh 17,24). Er war und ist stets „im Schoß des Vaters“ (Joh 1,18). Wenn es für Gott diese „Wonne“ bereits vor Grundlegung der Welt gab, dann war sie demnach völlig unabhängig von der Erde und dem Menschen. Diese Wonne fand Gott von jeher ausschließlich und vollständig in seinem eingeborenen Sohn, und zwar „Tag für Tag“24 – ununterbrochen!

Drittens erfreute sich auch der Sohn an dem Vater und an seiner Liebe. Er „ergötzte“ sich allezeit vor Ihm.

Zwischen dem Vater und dem Sohn bestand und besteht also eine uneingeschränkte Harmonie. „Ich und der Vater sind eins“ (Joh 10,30). Auch das wunderbare Schöpfungswerk geschah in dieser völligen Übereinstimmung zwischen dem Vater und seinem Sohn. Die Schönheiten der Schöpfung sind nicht nur für uns Menschen eine Quelle von Freude, sondern auch für den Schöpfer eine Quelle der Befriedigung. Er befand: „… und siehe, es war sehr gut“ (1. Mo 1,31). Vielleicht können wir sagen, dass der „Werkmeister“ auch deshalb zur Wonne Gottes war.

■ Als der Auferstandene ist Jesus das Haupt einer neuen Schöpfung. Diese besteht aus den Erlösten, die Er sich durch seinen Tod erworben hat (2. Kor 5,17). Dadurch hat Er seinem Vater einen neuen Beweggrund gegeben, „seine Wonne“ zu sein (Joh 10,17). „Darum hat Gott ihn auch hoch erhoben“ (Phil 2,9). Er sitzt jetzt zur Rechten Gottes und ist nun in noch viel höherem Maß „Tag für Tag seine Wonne“.

8,31 „… mich ergötzend auf dem bewohnten Teil seiner Erde; und meine Wonne war bei den Menschenkindern.“

Beachten wir, dass es nicht heißt „Die Menschenkinder waren meine Wonne“ (wie Er selbst die Wonne Gottes war), sondern seine Wonne war „bei den Menschenkindern“. Das ist weniger, aber doch überwältigend. Schon vor Erschaffung der Erde, als noch keiner von uns existierte, hat Gott uns „zuvor erkannt“ (Röm 8,29) und mit „Wonne“ an uns gedacht. Er hatte Interesse an uns. Er liebte uns, obwohl Er wusste, dass wir verdorbene, sündige Menschen sein würden. Als der Sohn dann auf die Erde kam und für uns sein Leben in den Tod gab, hatte diese Wonne bei den Menschenkindern ihr Ziel und ihr Ergebnis völlig erreicht.

■ Als Jesus geboren wurde, riefen die Engel: „Herrlichkeit Gott in der Höhe und Friede auf Erden, an den Menschen ein Wohlgefallen“ (Lk 2,14). Damals war Er der einzige Mensch, an dem Gott seine Wonne, sein Wohlgefallen, haben konnte. Doch seit seiner Auferstehung gibt es Scharen von Menschen, an denen Gott nun gleichfalls seine Wonne hat.

8,32–36: Die letzten Verse dieses Kapitels enthalten die abschließende Ermahnung, nun auf diese wunderbare Weisheit auch zu hören. Das wird nicht weniger als dreimal wiederholt (V. 32.33.34).

8,32 „Nun denn, ihr Söhne, hört auf mich: Glückselig sind, die meine Wege bewahren!“ (Spr 5,7; 7,24)

Das „Nun denn“ bezieht sich offensichtlich auf die großartige Entfaltung der Weisheit in den vorigen Versen. Wenn die Weisheit derart gewaltig und ewig ist – sollten wir dann nicht auf sie hören?

Der Herr, die Weisheit in Person, kam als Mensch auf die Erde und ruft uns nun auf, Ihm nachzufolgen, indem wir „seine Wege bewahren“. Dazu müssen wir sein Leben betrachten und uns gut merken („hören“), wie Er in den verschiedenen Situationen gehandelt hat. Das bringt Segen und macht „glückselig“ (vgl. Lk 11,28).

8,33 „Hört Unterweisung und werdet weise, und verwerft sie nicht!“

Es besteht offenbar die Gefahr, dass wir die göttliche Unterweisung verwerfen (Spr 3,11; 13,18). Vor allem dann, wenn wir merken, dass wir unser Verhalten korrigieren müssten. Wie schnell sagen wir dann vielleicht: „Ich sehe das anders!“ oder: „Das gilt nicht für mich!“ Solche Einwände zeugen nicht von Weisheit.

8,34 „Glückselig der Mensch, der auf mich hört, indem er an meinen Türen wacht Tag für Tag, die Pfosten meiner Tore hütet!“

Dies könnte sich auf Vers 3 beziehen. Die Weisheit hat sich an den Pforten der Stadt aufgestellt und ruft. Wer sich dort aufhält, dort „wacht“, bekommt alles mit, was sie sagt. Die Söhne Korahs hatten das verstanden: „Ich will lieber an der Schwelle stehen im Haus meines Gottes, als wohnen in den Zelten der Gottlosen“ (Ps 84,11). Für uns ist es das Hören biblischer Vorträge oder der Besuch von Bibelkonferenzen. Ähnlich hat sich auch Maria verhalten, „die sich auch zu den Füßen Jesu niedersetzte und seinem Wort zuhörte“ (Lk 10,39).

Die „Pfosten meiner Tore hüten“ geht vielleicht noch weiter. Im Haus Gottes gibt es den Dienst von Aufsehern und Ältesten, deren Aufgabe es ist, auf die Gläubigen – die ja das Haus Gottes bilden – und auf die Lehre achtzuhaben (Apg 20,28; 1. Tim 4,16). Aber man kann es sicher auch anwenden auf Väter, die mithilfe der Worte der Weisheit darauf achten sollen, dass sich nichts Böses in ihre Familie einschleicht (5. Mo 6,6–9).

8,35 „Denn wer mich findet, hat das Leben gefunden und Wohlgefallen erlangt von dem Herrn.“

Wer die Weisheit eifrig sucht, wird sie finden (Spr 8,17), und wer sie findet, „hat das Leben gefunden“. In seinen Abschiedsreden ermahnt Mose das Volk Israel, auf die Stimme Gottes zu hören und schließt dann mit den Worten: „Denn das ist dein Leben und die Länge deiner Tage“ (5. Mo 30,20). Weisheit macht das Leben erst lebenswert. Leben und göttliche Gunst findet man nur in der ewigen Weisheit (Spr 3,18). Die Weisheit ist die „Wonne“ Gottes (V. 30) und nun erlangt jeder, der sie findet, ebenfalls „Wohlgefallen von dem Herrn“.

■ Vom christlichen Standpunkt aus betrachtet, geht dieser Vers aber noch viel weiter und weist auf etwas viel Grundsätzlicheres hin: Wer den Herrn Jesus im Glauben gefunden hat, kommt in den Besitz des ewigen Lebens, denn Er ist selbst „das ewige Leben“ (Joh 3,16; 1. Joh 5,20). Und in Ihm haben wir jetzt bei Gott auch „Wohlgefallen erlangt“, denn Er liebt uns, wie Er seinen Sohn geliebt hat (Joh 17,23).

8,36 „Wer aber an mir sündigt, tut seiner Seele Gewalt an; alle, die mich hassen, lieben den Tod.“

Ein Mensch, der nicht auf die Weisheit hört, versündigt sich an ihr. Er zeigt, dass er sie „hasst“. Wer seine Ohren vor Gottes Wort verschließt, beraubt sich aller Segnungen. Er tut auf diese Weise „seiner Seele Gewalt an“. Er hat weder Frieden noch echte Freude. Er genießt weder die göttliche Liebe noch eine lebendige Hoffnung. Sein Leben ist trostlos.

Aber mehr noch: Er geht letztendlich dem zweiten Tod entgegen! Ob sich jeder, der Christus ablehnt, der Tatsache bewusst ist, dass er den Tod liebt?

► Denke bitte nicht: „Das betrifft mich nicht; ich bin ja ein gläubiger Christ.“ Auch ein echter Gläubiger kann sein Ohr dem Wort Gottes verschließen und einen Weg des Verderbens gehen. Gott ruft ihm dann zu: „Du liebst den Tod!“ Denn wenn er auch nicht den zweiten Tod erleiden wird, so können die schlimmen Folgen der Sünde für ihn doch schon während seines Lebens zu „Todesqualen“ werden – ganz abgesehen davon, dass Gott ihn auch den vorzeitigen leiblichen Tod erleiden lassen kann.

b) Gegensätzlichkeit von Weisheit und Torheit (Kap. 9)

Zum Abschluss dieses ersten großen Teils der Sprüche ruft Kapitel 9 nun zu einer Entscheidung auf. Es werden uns zwei Häuser vorgestellt: das Haus der Weisheit und das der Torheit. Beide laden zum Mahl ein. Dazwischen werden die Spötter (die sich für die Torheit entscheiden) den Weisen (die sich für mehr Weisheit entscheiden) gegenübergestellt:

Spr 9,1–6: Das Haus der Weisheit
Spr 9,7–12: Gegensatz zwischen dem Spötter und dem Weisen
Spr 9,13–18: Das Haus von „Frau Torheit“

Auch Mose stellt sein Volk kurz vor Eintritt in das Land Kanaan vor die Entscheidung: „Das Leben und den Tod habe ich euch vorgelegt, den Segen und den Fluch! So wähle das Leben, damit du lebest“ und: „So haltet sie [die Gebote] und tut sie! Denn das wird eure Weisheit und euer Verstand sein vor den Augen der Völker, die alle diese Satzungen hören und sagen werden: Diese große Nation ist ein wahrhaft weises und verständiges Volk“ (5. Mo 30,19; 4,6). Dann aber zeigt die Geschichte Israels leider das Gegenteil. Sie wurden „zum Sprichwort und zur Spottrede unter allen Völkern“ (1. Kön 9,7).

► Bewundert man an deinem konsequent christlichen Verhalten die Weisheit Gottes, oder wird man dich wegen deiner inkonsequenten Haltung verspotten?

9,1–6: Zuerst lädt die Weisheit zu ihrem Mahl ein. Gott stellt im Allgemeinen erst das Gute vor, bevor Er vor dem Schlechten warnt.

9,1 „Die Weisheit hat ihr Haus gebaut, hat ihre sieben Säulen ausgehauen; …“

Nachdem die Weisheit in Kapitel 8 draußen ihre Stimme hat hören lassen, lädt sie jetzt in ihr Haus ein. Salomo war dazu prädestiniert, dieses Bild zu verwenden, denn er, der „weiser als alle Menschen“ war (1. Kön 5,11), bekam von Gott den Auftrag, Ihm ein Haus zu bauen.

Säulen sind in der Bibel einerseits ein Bild von Standfestigkeit und Unterstützung, andererseits von Schmuck (1. Kön 7,2.6.15–22). Hier sind es „sieben Säulen“. Wir finden also in der Weisheit eine Vollkommenheit an Unterstützung und Beistand. Und wer in ihr Haus eintritt, indem er sich mit der Bibel beschäftigt, wird alles schön und herrlich finden.

■ Die sieben Säulen erinnern auch an die siebenfältige Gabe des Geistes, die auf Christus ruhte (Jes 11,2).

9,2 „… sie hat ihr Schlachtvieh geschlachtet, ihren Wein gemischt, auch ihren Tisch gedeckt; …“

Es gibt kaum ein schöneres Bild von Gemeinschaft als eine gemeinsame Mahlzeit. Im Haus der Weisheit gibt es keinen Mangel, sondern genug für alle, und zwar in bester Qualität. „Schlachtvieh“ spricht von geistlicher Nahrung, „Wein“ von geistlicher Freude (Ri 9,13). Es ist alles bereit. Der Tisch wartet sozusagen auf Gäste. Wir müssen nur zugreifen.

■ Wir können hier auch an die zukünftigen Segnungen im Tausendjährigen Reich denken. Davon sagt Gott prophetisch bei den Anordnungen zum Laubhüttenfest: „… und du sollst nur fröhlich sein“ (5. Mo 16,15).

9,3 „… sie hat ihre Mägde ausgesandt, lädt ein auf den Höhen der Stadt: …“

Als Jesus auf der Erde lebte, rief Er: „Kommt her zu mir, alle ihr Mühseligen und Beladenen, und ich werde euch Ruhe geben“ (Mt 11,28). Heute benutzt Er zur Verbreitung dieser Einladung seine Boten.

Die Einladung wird auf den „Höhen der Stadt“ ausgerufen, damit sie weithin gehört wird: „Was ihr hört ins Ohr, verkündet auf den Dächern“ (Mt 10,27). Es erstaunt, dass die Botschaft von Frauen hinausgetragen wird. Soll das vielleicht darauf hinweisen, dass wir uns immer unserer Abhängigkeit bewusst sein sollen, wenn wir das Evangelium verbreiten?

► Auch der Herr Jesus benutzt das Bild eines Gastmahls, zu dem Gott einlädt (Mt 22,1–14; Lk 14,16–24). Leider haben viele seine Einladung ausgeschlagen. Was sagst du zu der Einladung der Weisheit?

■ In der Zukunft wird auch dem Volk Israel eine gute Botschaft verkündigt werden. Bis heute ist es ja unter die Völker zerstreut. Aber Gottes Barmherzigkeit wird sich ihnen nach der Entrückung wieder zuwenden. Das prophezeite bereits Jesaja. Nach einem dreifachen „Hört auf mich“ (Jes 51,1.4.7) und „Wache auf“ (Jes 51,9.17; 52,1) lesen wir dann den Ausruf: „Wie lieblich sind auf den Bergen die Füße dessen, der frohe Botschaft bringt, der Frieden verkündigt, der Botschaft des Guten bringt, der Rettung verkündigt“ (Jes 52,7).

9,4a „Wer ist einfältig? Er wende sich hierher!“ (Spr 9,16)

Der Aufruf erfolgt an die Einfältigen. Sie sind es, die Hilfe nötig haben. Deshalb sagt Jesus: „Glückselig die Armen im Geist, denn ihrer ist das Reich der Himmel“ (Mt 5,3). Paulus bestätigt, dass „die Welt durch die Weisheit Gott nicht erkannte …, sondern das Törichte der Welt hat Gott auserwählt, damit er die Weisen zuschanden mache“ (1. Kor 1,21.27).

Leider gibt es aber unter den Einfältigen solche, die sich nicht „einfältig“, sondern sehr weise vorkommen. Folglich werden sie diese Einladung nicht auf sich beziehen – zu ihrem eigenen Schaden!

9,4b.5 „Zu den Unverständigen spricht sie:,Kommt, esst von meinem Brot und trinkt von dem Wein, den ich gemischt habe!“

In einer Welt, wo (fast) jeder nur an sich denkt, gibt es so ein Angebot nicht. Aber Gott ist freigebig. Wie das Fleisch, so ist auch das Brot ein Bild von geistlicher Nahrung (5. Mo 8,3). Christus selbst ist das „Brot des Lebens“ (Joh 6,35). Der Wein wurde gemischt. Daran sehen wir, wie vielfältig geistliche Freude ist. „Fülle von Freuden ist vor deinem Angesicht“ (Ps 16,11).

■ Dieser Vers erinnert an das Mahl, das der Herr Jesus uns „zu seinem Gedächtnis“ hinterlassen hat. Wir haben das Brot als „Gemeinschaft des Leibes des Christus“ und „den Kelch der Segnung“ als „Gemeinschaft des Blutes des Christus“ Das sagt Paulus allerdings zu „Verständigen“ (1. Kor 10,15.16)!

9,6 „Lasst ab von der Einfältigkeit und lebt, und beschreitet den Weg des Verstandes!’“

Wenn meine Denkweise von irdischen Dingen geprägt ist, bin ich einfältig. Dann lasse ich Gott aus dem Spiel. Wie kann ich dann „von der Einfältigkeit ablassen“? Dazu muss ich zunächst erkennen, dass meine bisherige Denkweise falsch ist. Dann muss ich bereit sein, eine neue, richtige Denkweise anzunehmen. Wenn ich dann die Worte der Weisheit höre und auch noch befolge, werde ich meine bisherige Einfältigkeit fahren lassen. Dann „lebe“ ich (vgl. Spr 8,35).

Es geht darum, inmitten einer Welt zu leben, wo überall Tod ist. Aber es gibt da einen „Weg des Verstandes“: „Vom Bösen weichen ist Verstand“ (Hiob 28,28). Wenn wir mit Verstand zu Gott aufblicken – und nicht wie unverständige Tiere zur Erde hinab –, werden wir geführt und bewahrt.

9,7–12: Diese Verse behandeln den Gegensatz zwischen dem Spötter und dem Weisen.

9,7 „Wer den Spötter zurechtweist, zieht sich Schande zu; und wer den Gottlosen straft, sein Schandfleck ist es.“

Der Spötter stellt sich über andere, indem er ihre Worte, ihr Verhalten oder ihre ganze Person belächelt und verunglimpft. Er lässt sich durch Worte der Weisheit nicht beeindrucken (Spr 1,22; 13,1; 15,12), sondern verspottet auch diese. Zurechtweisung ist zwecklos, im Gegenteil: Durch sein Gespött „zieht man sich Schande zu“. Wie ist das zu verstehen?

Manchmal treffen wir auf Menschen, deren Herz derart verhärtet ist, dass sie nur noch lästernd über das Evangelium herziehen. Das bringt „Schande“ über uns und das Wort Gottes. Judas hat bereits gewarnt, „dass am Ende der Zeit Spötter sein werden, die nach ihren eigenen Begierden der Gottlosigkeit wandeln“ (Jud 18). Sie sind unbelehrbar und wir sollen uns von ihnen abwenden (Spr 22,10). Deswegen warnt auch der Herr Jesus davor, heilige Dinge den Schweinen vorzuwerfen (Mt 7,6). Der Prophet Amos lebte in einer gottlosen Zeit und sagt: „Darum schweigt der Einsichtige in dieser Zeit, denn es ist eine böse Zeit“ (Amos 5,13). Die göttliche Weisheit wird uns zeigen, wann wir besser schweigen sollten, bevor ein „Schandfleck“ auf unser Zeugnis kommt (Pred 3,7).

9,8 „Strafe den Spötter nicht, dass er dich nicht hasse; strafe den Weisen, und er wird dich lieben.“

Es geht hier wohl um die Strafe der Zurechtweisung. Dies ist eine der schwersten Aufgaben, und sie muss feinfühlig geschehen. Einfach nur Protest zu äußern, ist schlimmer als nutzlos. Zurechtweisung erfordert Weisheit und Takt. Bei einem Spötter aber müssen wir damit rechnen, dass er so nicht erreicht wird, weil ihm offensichtlich die Einsicht fehlt.

Auch ein Weiser benötigt hin und wieder Korrektur und Tadel. Wenn er feststellt, dass der Tadel gerechtfertigt ist, wird er dem Tadler danken und ihn lieben (Spr 25,12). Aber auch wenn er glaubt, die Ermahnung sei unangebracht, wird er dennoch in Ruhe darüber nachdenken und die Angelegenheit im Gebet mit Gott besprechen. Dieser wird ihm zeigen, ob und wo eine Korrektur nötig ist.

► Wie verhalte ich mich, wenn mich jemand zurechtweist? Brause ich auf? Versuche ich, mich zu verteidigen? Zahle ich etwa mit gleicher Münze heim?

9,9 „Gib dem Weisen, so wird er noch weiser; belehre den Gerechten, so wird er an Kenntnis zunehmen. – „

Wirkliche Weisheit besteht darin, Belehrung anzunehmen. Insofern sind Kinder oft „weiser“ als Erwachsene, denn sie halten sich nicht für klug und sind wissbegierig (Mt 18,3.4). Je weiser jemand ist, desto leichter wird er an Erkenntnis zunehmen (Spr 12,15). Daniel pries seinen Gott, denn „er gibt den Weisen Weisheit, und Verstand den Verständigen“ (Dan 2,21).

Der Gerechte hat den Wunsch, alles nach Gottes Gedanken zu beurteilen und zu tun. Daher wird er sich gerne belehren lassen, um Gottes Willen noch besser kennenzulernen („an Kenntnis zunehmen“).

9,10 „Die Furcht des Herrn ist der Weisheit Anfang; und die Erkenntnis des Heiligen ist Verstand.“ (Spr 1,7; Ps 111,10)

Diese wichtige, grundlegende Aussage umrahmt quasi den ersten großen Teil des Buches der Sprüche (Spr 1–9). Sie enthält das tiefe Geheimnis, wie göttliche Weisheit erlangt werden kann. Es gelingt nur auf der Basis der „Furcht des Herrn“, dieser Ehrfurcht vor dem Heiligen, dem Gerechten, dem Ewigen. Er blickt auf den, „der da zittert vor meinem Wort“ (Jes 66,2).

Ohne die „Erkenntnis des Heiligen“ ist jede Kenntnis im Grunde wertlos – auch im praktischen Leben. Und nur „durch die Erkenntnis Gottes“ können wir innerlich wachsen und an „Verstand“ zunehmen (Kol 1,10).

■ Jeder (gesunde) Mensch hat von Gott einen Verstand bekommen. Unter der Furcht des Herrn vollbringt er damit großartige Taten. Aber fern von Gott, „verfinstert am Verstand“ (Eph 4,18), denkt er sich alles mögliche Schlechte und Verkehrte aus.

9,11 „Denn durch mich werden deine Tage sich mehren, und Lebensjahre werden dir hinzugefügt werden.“

Gott verhieß dem treuen Israeliten ein langes Leben (5. Mo 11,21). Das wird sich im Tausendjährigen Reich buchstäblich erfüllen.

Aber schon bei der Betrachtung von Sprüche 3,2 sahen wir, dass es hier für uns nicht unbedingt um die Dauer, sondern eher um die Qualität des Lebens geht. Nur wer gemäß der göttlichen Weisheit lebt, hat ein wirklich erfülltes Leben.

■ Im Neuen Testament wird ein Leben gemäß der Weisheit Gottes und in Übereinstimmung mit Ihm oft mit dem Ausdruck „Gottseligkeit“ umschrieben. Was Paulus dazu schreibt, deckt sich mit unserem Vers: „Die Gottseligkeit aber ist zu allen Dingen nützlich, da sie die Verheißung des Lebens hat, des jetzigen und des zukünftigen“ (1. Tim 4,8).

9,12 „Wenn du weise bist, so bist du weise für dich; und spottest du, so wirst du allein es tragen.“

Abschließend wird hier noch einmal der Weise dem Spötter gegenübergestellt. Beide haben ihre persönliche Verantwortung. Beide stellen sich selbst die Weichen für die Zukunft.

In erster Linie hat der Mensch selbst Nutzen davon, die Weisheit – den Herrn Jesus! – angenommen zu haben. Er wird in allen Lebenslagen und auch im Hinblick auf die Ewigkeit davon profitieren. Umgekehrt trägt er auch ganz alleine den Schaden – in letzter Konsequenz die ewige Verdammnis –, wenn er Ihn ablehnt. „Was irgend ein Mensch sät, das wird er auch ernten. Denn wer für sein eigenes Fleisch sät, wird von dem Fleisch Verderben ernten; wer aber für den Geist sät, wird von dem Geist ewiges Leben ernten“ (Gal 6,7.8).

9,13–18: Sozusagen als letzte Warnung stellt Salomo jetzt ausführlich den schädigenden Einfluss der Torheit dar. Wir stellen fest, dass sie überall gegenwärtig ist und wir uns leicht von ihr einfangen lassen.

9,13 „Frau Torheit ist leidenschaftlich; sie ist lauter Einfältigkeit und weiß gar nichts.“

Wir haben bereits gesehen, dass es beim Begriff „Torheit“ nicht um eine geringe Intelligenz geht, sondern um das bewusste Ablehnen göttlicher Autorität: „Der Tor spricht in seinem Herzen: Es ist kein Gott!“ (Ps 14,1). Torheit ist Sünde. Das sagt der Herr Jesus deutlich in Markus 7,21.22: „Denn von innen aus dem Herzen der Menschen gehen hervor die schlechten Gedanken: Hurerei, Dieberei, Mord, Ehebruch …, Torheit.“

Die Torheit wird als Frau dargestellt. Das heißt natürlich nicht, dass Frauen törichter sind als Männer. Doch sie üben oft einen verführerischen Einfluss aus (Spr 7; vgl. auch Eva). Gott will nicht, dass Frauen öffentlich lehren (1. Tim 2,12), aber „Frau Torheit“ kümmert das nicht. Sie ergreift jetzt das Wort!

Sie ist sozusagen die Rivalin der Weisheit. Sie hat keinerlei Kenntnis von Gott. Sie ist so „einfältig“, dass sie nicht in der Lage ist, Gut und Böse zu unterscheiden. Dennoch beharrt sie „leidenschaftlich“ auf ihrer Meinung.

9,14 „Und sie sitzt am Eingang ihres Hauses, auf einem Sitz an hochgelegenen Stellen der Stadt, …“

Es fällt auf, dass der Heilige Geist fast dasselbe auch von der Weisheit berichtet (Spr 9,3). Frau Torheit imitiert also die Weisheit. Das ist besonders gefährlich. Auch Satan verkleidet sich als „Engel des Lichts“ oder als „listige Schlange“ (2. Kor 11,14.3). Ähnlich wird später der Antichrist „gleich einem Lamm“ (Off 13,11) reden und viele verführen.

9,15 „… um einzuladen, die auf dem Weg vorübergehen, die ihre Pfade gerade halten: …“

Die Torheit lädt ein – ebenso wie auch die Weisheit (Spr 9,1–3). Doch hat sie kein Haus mit „sieben Säulen“. Wie Vers 17 zeigt, besitzt sie auch weder Schlachtvieh noch Wein noch einen gedeckten Tisch.

Ihre Einladung richtet sich ausgerechnet an solche, „die ihre Pfade gerade halten“ (vgl. Spr 28,10). Genauso verhält sich der Teufel: Er will besonders die treuen Gläubigen zur Sünde verleiten. Bei Jesus hat er es vergeblich versucht (Mt 4,1–11). Welchen Erfolg hat er bei uns?

Wir sollten bei den Verführungen der Torheit nicht nur an moralische Sünden denken. Die Gefahr vor falschen Lehren ist ebenso groß. Viele Irrlehrer sind bemüht, ihre Gedanken in Zeitschriften, Büchern oder durch das Internet zu verbreiten. Das mahnt uns zur Vorsicht!

9,16a „Wer ist einfältig? Er wende sich hierher!“ (Spr 9,4)

Es ist erschreckend: Exakt dieselben Worte verwendet die Weisheit! Daher ist es enorm wichtig, dass wir genau nachforschen, welchen Ursprung eine an uns herangetragene Botschaft hat.

► Der Einfältige – und wer von uns will behaupten, dass er nicht (manchmal) dazugehört? – wird von beiden Seiten bedrängt: Weisheit kontra Torheit. Nun muss er sich entscheiden!

9,16b.17 „Und zum Unverständigen spricht sie:,Gestohlene Wasser sind süß, und heimliches Brot ist lieblich.’“

Die Weisheit bietet ihren gemischten Wein und ihr Brot an. Das sind Segnungen, die Gott uns gibt und die gut für uns sind. Dagegen verleitet uns Frau Torheit, Dinge zu genießen, die Gott uns verbietet. Hat sie das nicht schon bei Adam und Eva erfolgreich praktiziert? Die Lust treibt immer zu verbotenen Dingen – gerade weil sie verboten sind. „Die Kraft der Sünde ist das Gesetz“ (1. Kor 15,56; vgl. Röm 7,8). Wenn eine Werbebotschaft den Satz enthält: „Lesen Sie dies nicht“, dann will man es erst recht lesen.

■ In gleichem Maß, wie der natürliche Mensch das Verbotene begehrt, misstraut er dem, was ihm umsonst angeboten wird, was er nicht „stehlen“ muss. Daher wird Gottes Gnade von vielen Menschen abgelehnt.

9,18 „Und er weiß nicht, dass dort die Schatten sind, in den Tiefen des Scheols ihre Geladenen.“

Der Einfältige ahnt nicht, was auf ihn zukommt, wenn er auf die verlockenden Angebote von Frau Torheit hört. Alle, die sich vor ihm auf die Torheit der Sünde eingelassen haben („ihre Geladenen“), befinden sich bei den Toten („Schatten“; Spr 2,18), also im Totenreich („Scheol“) – oder jedenfalls auf dem Weg dorthin. „Der Lohn der Sünde ist der Tod“ (Röm 6,23).

Welch ein Gegensatz zu den Abschlussversen des 8. Kapitels. Dort wird derjenige, der auf die Stimme der Weisheit hört, glückselig genannt.

Fußnoten

  • 1 Siehe Stichwortverzeichnis, Thema „Frauen“.
  • 2 In der Geschichte Abrahams und Isaaks sieht man, dass in alter Zeit sogar Heiden noch ein Empfinden für sexuelle Reinheit hatten (1. Mo 20,9; 26,10.11).
  • 3 Fremde Götter: 1. Mo 35,2; Jos 24,23; Feuer: 3. Mo 10,1; Hirten: Joh 10,5.
  • 4 Wermut ist ein Bitterkraut, dessen Genuss tatsächlich einem zweischneidigen Schwert gleicht: Es fördert nicht nur die Verdauung, sondern seine ätherischen Öle wirken bei hochdosiertem Langzeitgebrauch auch sinnverwirrend. Das wusste natürlich auch Salomo.
  • 5 Ein Sammelbehälter für (Regen-)Wasser.
  • 6 F. E. Schlachter und H. Menge.
  • 7 Selbstverständlich kann jemand auch unverschuldet in große Not geraten.
  • 8 Personen mit einer amtlichen Autorität (Apostel und Älteste) gab es nur zu Beginn des Christentums. Heute gibt es zwar noch „Führer“ (Apg 15,22; Heb 13,7.24) und solche, die „vorstehen“ (1. Thes 5,12), doch haben sie keine amtliche Autorität. Sie werden aufgrund ihrer Arbeit, in der der Heilige Geist sie leitet, als solche erkannt.
  • 9 Vgl. auch die Jünger (Mt 26,40); die Jungfrauen (Mt 25,5); Eutychus (Apg 20,9).
  • 10 Vgl. Worterklärungen in der „Elberfelder Übersetzung“.
  • 11 Siehe Einleitung: Die äußere Form der Sprüche; Spr 30,10-33.
  • 12 In Hesekiel 28,12-19 wird der Teufel im Bild des Königs von Tyrus beschrieben.
  • 13 Z. B. Ps 52,5; Jes 59,3; Hos 4,1.2; 7,3.13; 12,1; Amos 2,4; Micha 6,12; Nah 3,1
  • 14 Z. B. Spr 4,24, wo das Thema Lüge und ihre verschiedenen Formen beleuchtet wird.
  • 15 Gehasi: 2. Kön 5,21; Feinde: Esra 4,23; Haman: Est 3,15; bei Daniel: Dan 6,7.12.16.
  • 16 Prostituieren = öffentlich preisgeben, herabwürdigen (Duden: Fremdwörterbuch).
  • 17 5 Finger an einer Hand; 5 Gebote auf jeder Gesetzestafel; 5 Talente (Mt 25,14-16).
  • 18 Vgl. dazu Mt 7,28; Mk 12,37; Lk 2,47; 4,22.28; Joh 7,46; 8,58.59.
  • 19 Vgl. Auslegung zu Spr 1,7; siehe auch Spr 16,6; Ps 34,12-15.
  • 20 Es geht hier also nicht in erster Linie um die Liebe Gottes zum Sünder.
  • 21 5. Mo 7,9; 11,13-15; Ri 5,31; Ps 145,20; Röm 8,28; 1. Kor 2,9; Jak 1,12; 2,5.
  • 22 So wird es auch in Spr 12,28 übersetzt, sonst jedoch im Buch der Sprüche stets mit „Pfad“.
  • 23 Eig. tiefe, rauschende Wassermenge (FußEÜ).
  • 24 Auch dies ist offensichtlich Bildersprache, da es vor der Schöpfung noch keine „Tage“ gab (1. Mo 1,4).
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