Jesaja, eine Einteilung

1.

Die Einleitung

Kapitel 1

2.

Der Tag des Herrn

Kapitel 2-4

3.

Der Weinberg

Kapitel 5

4.

Der Thron der Herrlichkeit

Kapitel 6

5.

Das Bündnis; oder Immanuel und die Kinder

Kapitel 7-9,7

6.

Der Assyrer

Kapitel 9,8-12

7.

Das Dreschen der Nationen

Kapitel 13-27

8.

Die fünf Weherufe

Kapitel 28-35

9.

Der geschichtliche Abschnitt

Kapitel 36-39

10.

Israel in Babylon

Kapitel 40-48

11.

Jesus und Jerusalem

Kapitel 49

12.

Der auferstandene Jesus und der Überrest

Kapitel 50-52,12

13.

Das Kreuz und seine Kraft

Kapitel 52,13 - Kapitel 55

14.

Der Überrest tritt hervor

Kapitel 56-57

15.

Israels Vorbereitung auf das Königreich

Kapitel 58-60

16.

Die zwei Ankünfte

Kapitel 61-63,6

17.

Das Gebet Israels und die Antwort des Messias

Kapitel 63,7 - Kapitel 65

18.

Schluss

Kapitel 66

Anmerkungen

Kapitel 1 enthält das gesamte Material des Buches: Verfall, Gericht, Herrlichkeit (oder: das Königreich), auch werden sowohl der Überrest als die heutige Zeit (die Zwischenzeit der Nationen) erwähnt. Deshalb, und weil dieser Abschnitt für sich allein steht, nenne ich ihn „Die Einleitung“

Kapitel 2-4. Das Königreich wird hier in der Form eines „Berges“ gleich am Anfang vorweggenommen, indem ihre glorreichen Eigenschaften in der Endzeit beschrieben werden. Dennoch sind Verfall und Gericht die Hauptthemen dieses Abschnitts, der mit Herrlichkeit eröffnet und auch abgeschlossen wird. Uns wird ein kurzer Blick auf den Überrest gewährt (3,10). Gottes Gericht wird, so wie in der Schrift üblich, als „Tag des HERRN“ bezeichnet. Darum nehme ich diesen Ausdruck als Titel des Abschnitts.

Kapitel 5

Dieses Bild eines Weinbergs wird im gleichen Sinn vom Herrn Jesus in Mt 21 verwendet. Wir finden hier Verfall und Gericht - Gericht wie in der heutigen „Zeit der Nationen“. Wir finden aber keine Erwähnung oder Andeutung des Königreichs, was recht unüblich ist. Ebenso war es unüblich für den Herrn, von seinem Tod zu sprechen, ohne auch seine Auferstehung zu erwähnen. Der Titel „Der Weinberg“ bietet sich hier an.

Kapitel 6

Es handelt sich hier um einen Thron des Gerichts bzw. von richterlicher Herrlichkeit.

Dies geht aus dem Kapitel selbst hervor, sowie auf Verweisen auf dieses Kapitel im neuen Testament (s. Mt 23; Joh 12; Apg 28). Man könnte sagen, dass der Prophet hier gleichsam den Überrest darstellt. Er durchlebt die gleichen Ereignisse wie Johannes in Offenbarung 1. Wie in Kapitel 3, geht auch hier die Verblendung der Vernichtung voraus.

Diesen Abschnitt kann man zu Recht als Thron der Herrlichkeit“ bezeichnen.

Kapitel 7-9,7

Hier finden wir Israels Unglauben, und das darauffolgende Gericht. Die Bündnisse ihrer Feinde werden aber am Ende allesamt zerschlagen werden. Dafür gab Gott bereits damals ein Unterpfand und versprach, dass ein Überrest  erhalten bleiben und erzogen werden sollte, so dass am Ende ein Königreich voller Herrlichkeit stehen würde. Immanuel und seine geheimnisvollen Kinder sind ein Zeichen davon. Ähnliche Zeichen oder Zusagen werden in 1. Mose gegeben (s. Hosea 1). Es ist nur naheliegend, diesem Abschnitt den Namen „Das Bündnis, oder: Immanuel und die Kinder“ zu geben.

Kapitel 9,8-12

Hier lernen wir, dass Gott Israel (nicht Juda) nach mehreren kleineren Züchtigungen schließlich durch den Assyrer züchtigen lässt. (2. Kön 18). Der Assyrer selbst aber ist dem Untergang geweiht, sein Stolz und sein Sturz werden hier angekündigt. Dennoch führt der Sturz des Assyrers führt Königreich; was zeigt, dass der Assyrer nicht nur der Bezwinger Israels war, der es in früheren Tagen gefangen wegführte, sondern sein Feind in den letzten Tagen, wie in Micha 5,5. (Vgl. Kap. 10,22; Röm 9,2711,10; und Röm 15,12.) Dieser Abschnitt wird demensprechend zu Recht „der Assyrer“ genannt. Das Königreich bzw. die Herrlichkeit wird in Kapitel 12 gefeiert, wie in 2. Mose 15, in Kapitel 4 war sie eher beschrieben worden.

Kapitel 13-27

Nun kommt das Gericht oder das Dreschen (um die prophetische Sprache zu verwenden) aller Nationen die sich in die Geschicke des Volkes Gottes eingemischt hatten. Und diese Gerichtshandlung macht den Weg frei für Israels Befreiung und Königreich. Die Eroberungen Nebukadnezars aus jener Zeit sind als sinnbildliche Ankündigungen jener Gerichte über die Nationen in den letzten Tagen zu sehen, die so zur Errichtung des Reiches führen. Die Kapitel 25-27 greifen gewisse innere Übungen und grundsätzliche Wahrheiten des Überrestes auf, wie sie einer solchen Zeit und solchen Ereignissen angemessen sind. Die Christenheit unserer Zeit hat heute mit dem Herrn Israels, mit Gott, zu tun, so wie diese Nationen, von denen Jesaja spricht, mit Israel zu tun hatten. Deshalb wird die abgefallene Christenheit in den künftigen Tagen ihren Teil in den hier beschriebenen Gerichten haben (vgl. die Gerichte, die in der Offenbarung beschrieben werden). Aus dem Inhalt dieser  Botschaft ergibt sich der Titel: „Das Dreschen der Nationen“

Kapitel 28-35

Im Gegensatz zur vorhergehenden Botschaft ist diese nicht an die Nationen, sondern an Gottes Volk gerichtet. Die Weherufe ergehen nacheinander an Samaria, an Jerusalem, an die aufsässigen Kinder die in Ägypten Rat suchten und an solche, die in Ägypten Hilfe suchten. Erst dann, nicht eher, ergeht der fünfte und letzte Wehruf an Israels Verwüster, den großen Feind der letzten Tage. Je weiter wir in den Wehrufen kommen tritt immer deutlicher die Verheißung von Erlösung und Freude hervor, bis schließlich alles Herrlichkeit ist, die Frucht der Verheißung. Wir können den Abschnitt mit: „Die fünf Wehrufe“ überschreiben.

Kapitel 36-39

Dies ist der „geschichtliche Einschub“. Das gleiche finden wir auch in den historischen Büchern, dort natürlich nicht als Einfügung, sondern als Bestandteil der Geschichtsschreibung. (siehe 2 Könige und 2 Chronika.) Wie wir wissen, enthält die Schrift geschichtliche und erfundene Gleichnisse, in Galater 4 „Sinnbilder“ genannt. In diesem Sinne glaube ich, dass die historischen Fragmente in diesen Kapiteln Sinnbilder sind. Hierzu sei nur soviel aufgeführt: Die Aufzeichnungen Hiskias (38,9) haben einen ähnlichen Charakter wie das Lied am Roten Meer, Deborahs Lied, Hannas Lied, Jeremias Klagelieder, und Marias Lied in Lukas 1 insofern als dass sie eine übertragene Bedeutung haben. Ähnlich verhält es sich mit dem Schiffbruch Jonas, dem Joch Jeremias, der Ehe Hoseas, oder dem Gürtel des Paulus.

Kapitel 40-48

Da in diesem Teil des Buches Jesaja Israel, das Volk Gottes, als in Babylon gesehen wird, zeigt der Prophet uns, wie Gott auf dreierlei Weise tätig wird:

  1. Er tritt in seiner eigenen Sache gegen die Babylonier und ihre Götzen auf, überführt und demütigt sie.
  2. Er bringt seine eigene Sache vor bei seinem eigenen Volk in Babylon, tadelt und ermahnt sie.
  3. Er bringt die Sache seines Volkes bei den Babyloniern vor; zerschlägt die eisernen Riegel, hinter denen sie gefangen waren.

Diese Tätigkeiten zeigen ein vollkommenes Handeln. Gott ging mit seinem Volk ähnlich vor, als es ehedem in Ägypten war, wie wir in 2. Mose 115 sehen. Dies sind Illustrationen der Wege Gottes in und mit der Welt, wo sich seine Auserwählten befinden. Der Abschnitt lässt sich einfach überschreiben mit: „Israel in Babylon“.

Kapitel 49

In diesem schönen Abschnitt vernehmen wir aus dem Mund des Messias seinen eigenen Werdegang, vom Mutterleib Marias an bis zum Thron des Königreiches. Als ob es dieser Erzählung gelauscht hätte, beklagt Zion sich wie eine Verlassene, da sie in diesem Bericht keinen Platz für sich findet. Der Messias begegnet dieser Angst und dieser Klage mit guten, tröstlichen Worten. Darum würde ich diesen Abschnitt „Jesus und Jerusalem“ nennen.

Kapitel 50-52,12

Hier blickt der Herr, wie nach seiner Auferstehung, auf seine eigene Geschichte zurück. Diese geht hier von der Zeit des Endes in Matthäus 23, als er Israel hinweg tat (indem er sich von Jerusalem abwandte), bis zum Tag seiner Auferstehung, als Gott ihn rechtfertigte. Auf diese Geschichte folgen und auf ihr beruhen der Rat und die Unterweisung Gottes an den Überrest, sein Israel, inmitten der Nationen.

Unter dieser Belehrung wird der Überrest in Gnade und Wahrheit weitergeführt. Manches von der Lehre des Römerbriefes ist hier im Ansatz wiederzufinden. Der Tag ihrer Erlösung wird vorweggenommen. „Der auferstandene Jesus und der Überrest“ ist eine angemessene Bezeichnung für diesen Abschnitt.

Kapitel 52,13 - 55

Hier blicken der HERR und sein wahres Israel (letzteres am Tage seines Glaubens und seiner Erweckung) abwechselnd auf das Kreuz und den gekreuzigten Jesus. Kraft des Kreuzes erhält Jerusalem dann einen Strom der reichsten Verheißungen, während Sündern einen Blick auf die Weite der Gnadenwege vergönnt wird. So wird uns gezeigt, was wir schon wussten: für welche Wunder der Gnade und Herrlichkeit das Kreuz die Grundlage bildet. Dieser Abschnitt trägt nicht den allgemeinen Charakter der Beschäftigung mit Verfall, Gericht und Herrlichkeit. Vielmehr hat er sein eigenes Thema, und kann daher zu Recht „Das Kreuz und seine Kraft“ genannt werden.

Kapitel 56-57

Dieser Abschnitt des prophetischen Buches lässt sich in drei Teile aufteilen:

  1. Das Volk wird aufgefordert, Gott unter ihrem Bund Frucht zu bringen; den Fremdlingen und Eunuchen werden Segnungen verheißen, wenn sie sich dem Gott Israels anschließen wollen (56,1-8).
  2. Nachdem das Volk von seiner Ungerechtigkeit überführt worden ist, werden die Tiere (Bilder der heidnischen Weltreiche) aufgefordert, Gottes Vergeltung auszuführen. (56,9-57-13)
  3. Inmitten eines verworfenen Volkes tritt der Überrest mit Charakterzügen größter moralischer Schönheit hervor (57,13-21). Nebenbei erfahren wir, dass einige aus dem Überrest den Märtyrertod finden, wie in Psalm 79 und in der Offenbarung beschrieben. Die Hauptgegenstände des Buches Jesaja sind hier zu finden, aber wir nennen es „Der Überrest tritt hervor“.

Kapitel 58-60

Dieser Abschnitt lässt sich in fünf Teile aufteilen.

  1. Das Volk wird auf Gottes Geheiß herausgefordert (58)
  2. Der Überrest geht auf diese Herausforderung ein. Sie machen sich mit der Schuld des Volkes ein, wie auch Esra, Nehemia, Daniel und andere in ihren Tagen (59,1-15)
  3. Als Antwort bereitet Gott die Rettung seines Volkes vor, wie auch die übrige Schrift uns belehrt (59,15-20).
  4. Der Herr richtet dann das Wort an den Messias hinsichtlich des Neuen Bundes (59,21).
  5. Die Herrlichkeit bzw. das Königreich wird danach in Einzelheiten dargelegt (60).

Diese Last oder dieser wichtige Ausspruch (vgl. Jer 23,33) des Geistes durch den Propheten können wir „Israels Vorbereitung auf das Königreich“ nennen.

Kapitel 61-63,6

Nach meinem Dafürhalten hat der Tag der Rache beim ersten Kommen des Herrn stattfinden sollen (Lk 1,71). Dann wäre es eine Rache an Israels heidnischen Feinden gewesen; als der Messias aber abgelehnt wurde, wurde die Rache nicht vollzogen, auch wurde Israel nicht befreit. Wenn nun die Rache bei der zweiten Ankunft kommt, wird auch Israel davon betroffen sein. So haben sie sich selbst Not bereitet, so wie wir es alle schon einmal getan haben, und so wie sie es früher auf ihrem Weg durch die Wüste auch getan haben. Infolgedessen weicht ihr Weg in das Königreich (Kap. 62 u. 63) von dem Weg ab, den sie hätten gehen können (61). Seine Helfer sind Wächter, wie wir auch in den Psalmen und in Lukas 18 sehen. Siehe auch die Wächter in Kap. 52,8. Dieser Abschnitt kann „Die zwei Ankünfte“ genannt werden.

Kapitel 63,7-65

Diese Kapitel bieten einen Einblick in die Erprobungen des Überrestes, die wir in den Psalmen so ausführlich beschrieben finden. Sie bilden einen Aufruf und eine Antwort, ähnlich eines Dialoges zwischen dem Messias des HERRN und dem Überrest. Der Geist hat diese Erfahrungen des Volkes Gottes festgehalten, genauso wie christliche Bücher es heutzutage auch tun. Der Überrest werden die Heiligen jener Tage sein. Sie werden deshalb so bezeichnet, weil sie nach dem Gericht übriggelassen werden für das Königreich. Dieser Abschnitt ist ein Dialog, den wir „Das Gebet Israels und die Antwort des Messias“ nennen können.

Kapitel 66

Das letzte Kapitel enthält, ähnlich wie das erste, das gesamte Gedankengut, welches so typisch für das Buch Jesaja ist: Verfall des Volkes, Gericht, Bewahrung eines auserwählten Überrestes, die Herrlichkeit bzw. das Königreich und die „Zeiten der Nationen“. „Barmherzigkeit“ und „Gericht“ wechseln einander thematisch ab (Psalm 101,1).

In Vers 19 klingt das Evangelium der Herrlichkeit an, so wie an anderen Bibelstellen das Evangelium Kanaans (Heb 4) anklingt, das für uns das Evangelium der himmlischen Berufung ist sowie das Evangelium des Königreichs (Mt 24; Off 14). Sacharia 14 sollte zusammen mit einem Großteil dieses Kapitel gelesen werden und Apostelgeschichte 17, wo Paulus in Athen predigt, zusammen mit dem ersten Vers dieses Kapitels.

Da dieses Kapitel, wie das erste, für sich allein steht, nennen wir es „den Abschluss“, so wie wir das erste Kapitel „die Einleitung“ genannt haben.