Zwölf Menschen in den Schriften des Paulus
Bedeutung und Anwendung einiger lehrmäßiger Ausdrücke von Paulus

3. Der „erste Mensch“ und der „zweite Mensch“

Dieses zweite Begriffspaar finden wir in 1. Korinther 15,45–49: „So steht auch geschrieben: Der erste Mensch, Adam, wurde eine lebendige Seele; der letzte Adam ein lebendig machender Geist. Aber das Geistige war nicht zuerst, sondern das Natürliche, danach das Geistige. Der erste Mensch ist von der Erde, von Staub; der zweite Mensch vom Himmel. Wie der von Staub ist, so sind auch die, die von Staub sind; und wie der Himmlische, so sind auch die Himmlischen. Und wie wir das Bild dessen von Staub getragen haben, so werden wir auch das Bild des Himmlischen tragen.“

Wie auch bei dem ersten Begriffspaar, so handelt es sich auch beim „ersten“ und „zweiten Menschen“ um zwei unterschiedliche Menschengeschlechter. Sie beschreiben die zwei Ordnungen der Menschheit unter Adam und unter Christus, jedoch aus einer gänzlich anderen Perspektive. Der Begriffe „alter Mensch“ und „neuer Mensch“ beschrieben die gegensätzlichen moralischen Ordnungen der beiden Geschlechter. Die Ausdrücke „erster Mensch“ und „zweiter Mensch“ beschreiben hingegen die natürliche und geistliche Ordnung derselben.

Das erste Menschengeschlecht unter „dem ersten Menschen Adam“ ist genau das: das erste. Es gab keine anderen Menschengeschlechter vor ihm auf der Erde. Dadurch wird die Vorstellung von Javamenschen, Piltdownmenschen und Neandertalern und ähnlichen Menschenrassen ausgeschlossen. Das Geschlecht der neuen Schöpfung unter Christus, der „letzte Adam“, ist ebenfalls genau das: das letzte. Es wird in der Zukunft keine weiteren Menschenrassen geben. Das schließt Vorstellungen aus dem Science-Fiction-Bereich aus, gemäß derer es zukünftige solche neuen Menschenrassen gäbe.

Es gibt drei hauptsächliche Unterschiede, die die Häupter der beiden Menschengeschlechter unter Christus und Adam kennzeichnen:

  • Der erste Mensch Adam wurde zu einer lebendigen Seele „gemacht“ und war somit eine Schöpfung Gottes. Christus hingegen, der letzte Adam, wurde nicht „gemacht“. Er ist der Schöpfer. Daher heißt es in 1. Kor 15,45 über den ersten Menschen Adam, dass er eine lebendige Seele „wurde“ (d.h.: gemacht wurde); über den letzten Adam heißt es jedoch nur „ein lebendig machender Geist“ und nicht etwa, dass er zu einem lebendig machenden Geist gemacht worden wäre.
  • Der erste Mensch Adam hat Leben empfangen. Christus, der letzte Adam, hingegen ist ein „lebendig machender Geist“, der Leben gibt an seine geistliche Nachkommenschaft, seinem neuen Geschlecht (Joh 17,2; 20,22).
  • Die Menschenordnung unter Adam ist „natürlich“ (seelisch) und „von der Erde“. Die Menschenordnung unter Christus ist hingegen „geistlich“ und „vom Himmel“ (1. Kor 15,46–47).

Es folgen weitere Einzelheiten über den „ersten“ und den „zweiten“ Menschen.

Der erste Mensch

Die Begriffe „alter Mensch“ und „erster Mensch“ verwendet der Apostel Paulus, um zwei unterschiedliche Aspekte des Menschengeschlechts unter Adam zu bestimmen. Der „alte Mensch“ bezeichnet den verdorbenen Zustand des gefallenen Geschlechts, während der „erste Mensch“ das Natürliche und Irdische an diesem Geschlecht benennt. Folglich handelt es sich nicht um Begriffe, die austauschbar verwendet werden könnten.

Es heißt nirgends, dass der „erste Mensch“ sündig war

In der Schrift heißt es nie, dass der „erste Mensch“ verdorben oder sündig wäre. Der „alte Mensch“ ist hingegen genau das. Der „erste Mensch“ ist ein Begriff, der die irdische und seelische Seite dieses Geschlechts unter Adam beschreibt, also das rein Natürliche im Menschen. Was menschlich und natürlich ist, ist nicht böse. Daher heißt es auch nie, dass der „erste Mensch“ mit Christus mitgekreuzigt sei oder dass er unter das Gericht Gottes gekommen wäre, wie es beim „alten Menschen“ der Fall ist (Röm 6,6).

Gemäß der Schöpfung des Menschen nach der ersten Ordnung besitzt dieser viele Eigenschaften von Gott selbst, da er nach seinem „Bild“ und nach seinem „Gleichnis“ (1. Mos 1,26) geschaffen wurde. Beispielsweise besitzt der Mensch eine entscheidungsfähige Persönlichkeit, der manche Dinge gefallen und andere missfallen können. Außerdem besitzt er Gefühle, Denkfähigkeit und Ähnliches. Natürliche Gaben und der natürliche Verstand sind nicht böse, aber sie gehören zur Zusammensetzung des Menschen. Gott hat das nicht unter Gericht gestellt, denn es kam bei der Schöpfung aus seiner eigenen Hand. Genauso verhält es sich auch mit unseren Körpern: Nirgendwo heißt es, dass sie böse wären.1 Gott schafft nichts Verdorbenes. Wenn unsere Körper sündig wären, würde Gott uns nicht aufrufen, sie Ihm als ein lebendiges Schlachtopfer darzubringen (Röm 12,1). Genauso heißt es auch nirgendwo über die materielle Schöpfung, dass sie böse sei. Sie wurde durch den Sündenfall verunreinigt und benötigt Reinigung (Hiob 15,15; Hiob 25,5; Heb 9,23) und eines Tages wird sie zusammengefaltet werden und durch einen neuen Himmel und eine neue Erde ersetzt werden (Heb 1,10–12; Off 21,1). Doch es heißt nicht, dass sie von Gott gerichtet werden würde, wie es über den Menschen im Fleisch gesagt wird.

Obwohl über das Natürliche im „ersten Menschen“ nicht gesagt wird, dass es unter das Gericht Gottes kommen würde, wurde diese ganze Menschenordnung durch eine andere, überlegene Menschenordnung unter Christus ersetzt. Darin liegt die Kraft des Wortes „danach“ in 1. Korinther 15,46. Daher ist der erste Mensch beiseitegesetzt worden und durch die neue Menschenordnung unter Christus ersetzt worden. Christen sind nun Teil dieses neuen Geschlechts und warten darauf, das Bild des zweiten physisch zu tragen (1. Kor 15,49).

Der zweite Mensch

Der Herr ist der „zweite Mensch“ und der „letzte Adam“. Als der „zweite Mensch“ war seine Menschheit völlig neuen Ursprungs, da Er durch den Heiligen Geist von einer Jungfrau empfangen wurde (Lk 1,35). In Ihm war eine Einheit von göttlicher und menschlicher Natur (jedoch ohne Sünde), die die neue Menschenordnung formte, die wir in Christus sehen. Als der Herr aus den Toten auferstand, wurde Er als der „letzte Adam“ das Haupt des neuen Menschengeschlechts. Dieses Geschlecht ist vom Geistlichen statt vom Natürlichen gekennzeichnet. Es ist:

  • himmlisch in seinem Ursprung (1. Kor 15,47)
  • himmlisch in seinem Charakter (1. Kor 15,48)
  • himmlisch in seiner Bestimmung (1. Kor 15,49)

Der Herr hat seine Menschheit nicht vom Himmel heruntergebracht, als Er in diese Welt kam. Er selbst war es, der „vom Himmel“ war; Er war daher eine himmlische Person. Beachte außerdem: In 1. Korinther 15,48 heißt es, dass wir himmlisch „sind“. Wir warten darauf, dass unsere Körper das Bild des Himmlischen tragen, sobald der Herr kommt (1. Kor 15,49). Wir müssen jedoch nicht darauf warten, himmlisch zu sein – denn wir sind jetzt bereits himmlische Geschöpfe (1. Kor 15,48)! Als Teil dieses himmlischen Geschlechts sollte unsere Wertschätzung allem gelten, was dessen Stempel trägt. Es sollte dazu führen, dass wir diese himmlischen Gaben und Werte in unserem Leben und in der Versammlung kultivieren.

Einige praktische Überlegungen

Da wir nun zu diesem himmlischen Geschlecht der neuen Schöpfung gehören, welches an die Stelle des ersten Geschlechtes unter Adam getreten ist, sollen wir auch entsprechend wandeln. Als himmlische Geschöpfe müssen wir aufpassen, nichts aus der ersten Menschenordnung in die Sphäre der neuen einzuführen. Was zu dem ersten Menschen gehört, sollte nicht vermischt werden mit göttlichen Dingen. Ausschließlich auf irdischer und natürlicher Ebene zu denken, bedeutete unterhalb dessen zu wandeln, was wir als himmlische Wesen sind. Natürliche Gaben, menschlicher Verstand und menschliche Gefühle usw. sind nicht böse, doch sie stammen vom ersten Menschen und haben keinen Platz in der Versammlung. Die Vermischung mit diesen natürlichen Dingen war ein Problem in der Versammlung der Korinther. Und in genau hier in 1. Korinther 15 behandelt Paulus dieses Thema. Unter ihnen gab es Gläubige, die mit ihrem menschlichen Verstand zu verstehen versuchten, „wie“ die Toten auferstehen würden (1. Kor 15,35). Weil sie dies nicht herausbekommen konnten, zweifelten manche von ihnen an der Auferstehung der Toten.

Wenn wir unseren menschlichen Verstand und menschliches Schlussfolgern auf die Dinge Gottes anwenden, werden wir mit Sicherheit fehlgeleitet. Saßen wir nicht bereits in Brüderstunden und hörten wir nicht bereits menschlichen Ideen und Meinungen interessiert zu, so gut gemeint diese auch gewesen sein mögen? Derartige Vermischungen sollte es in dem geistlichen Reich gar nicht geben, denn dort sollte das Wort Gottes unser einziger Leiter sein.

Auch das Musizieren bei der Anbetung Gottes in einer christlichen Versammlung stellt eine Vermischung des „ersten Menschen“ mit den Dingen Gottes dar. Die menschliche Fähigkeit, schöne Musik zu spielen, ist eine natürliche Sache. Sie ist in Ordnung an ihrer Stelle, aber es gehört nicht in das Reich geistlicher Dinge in der Versammlung. Andererseits ist es eine Eigenschaft des „alten Menschen“ sich selbst mit Stolz und Prahlerei in Szene zu setzen und das hat genauso wenig einen Platz in der Versammlung.

Menschliche Empfindungen und Gefühle, die vom „ersten Menschen“ stammen, können Einfluss auf unser Handeln in der Versammlung nehmen und uns in die dem Wort Gottes entgegengesetzte Richtung führen. Ein Beispiel wäre jemand, der eine wegen Bösem ausgeschlossene Person aus Mitleid liebevoll umarmt, denn die Schrift lehrt uns, keine Gemeinschaft mit einem solchen zu pflegen.

Darüber hinaus kann es passieren, das man das, was im „ersten Menschen“ anständig und respektvoll ist, in der Versammlung duldet und Einfluss nehmen lässt. Es gibt die Tendenz einen Bruder aufgrund seines natürlichen Charmes, seiner Gaben und seines Intellektes zu beurteilen, statt ihn aufgrund seiner geistlichen Qualitäten wertzuschätzen.

Fußnoten

  • 1 Vergleiche Kapitel 2, Fußnote 2.
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