Zwölf Menschen in den Schriften des Paulus
Bedeutung und Anwendung einiger lehrmäßiger Ausdrücke von Paulus

1. Einleitung

In den Schriften des Paulus gibt eine ganze Reihe von lehrmäßigen Ausdrücken, die gewisse Linien der Wahrheit markieren und die, wenn wir sie recht verstehen, eine außerordentliche praktische Bedeutung auf unser Leben haben. Im Folgenden möchte ich zwölf dieser Ausdrücke vorstellen, die als die „zwölf Menschen in den Schriften des Paulus“ bezeichnet werden könnten. Es handelt sich dabei um diese:

  • der „alte Mensch“
  • der „neue Mensch“
  • der „erste Mensch“
  • der „zweite Mensch“
  • der „äußere Mensch“
  • der „innere Mensch“
  • der „natürliche Mensch“
  • der „geistliche“ Mensch
  • der „fleischliche“ Mensch
  • der „erwachsene Mann1
  • ein „elender Mensch“
  • ein „Mensch in Christus“

Die Dinge erkennen und prüfen, die sich unterscheiden

Es entspricht dem Willen Gottes, dass wir in unserem geistlichen Verständnis der Wahrheit wachsen. Daher ist es von außerordentlicher Bedeutung, dass wir auf die feinen Unterschiede in der Lehre seines Wortes achten. Tun wir es, werden uns diese göttlichen Unterschiede eine neue Perspektive auf die Wahrheit eröffnen. Auch wenn Gott uns diese einzelnen Aspekte der Wahrheit offenbaren will, möchte Er keineswegs, dass sie uns lediglich zu einer intellektuellen Übung dienen. Jede Lehre der Schrift sollte, wenn wir sie richtig verstehen, eine praktische Bedeutung für unser Leben haben. Der Apostel Paulus betete für die Heiligen genau darum. Er sagte: „Und um dieses bete ich, dass eure Liebe noch mehr und mehr überströme in Erkenntnis und aller Einsicht, damit ihr prüfen mögt, was das Vorzüglichere [das sich Unterscheidende] sei, damit ihr lauter und unanstößig seid auf den Tag Christi“ (Phil 1,9–10). Er wollte, dass die Heiligen „Erkenntnis“ und „Einsicht“ hätten, damit sie fähig seien, „das sich Unterscheidende“ in Gottes Wort zu erkennen, damit sie tadellos und unanstößig in dieser Welt leben könnten.

Christen lesen die Bibel heute im Allgemeinen viel zu beiläufig. Viele meinen, es sei nicht nötig, sorgfältige Studien der Schriften durchzuführen. Fein gezeichnete Unterschiede, wie jene, die wir im Folgenden untersuchen möchten, erscheinen ihnen haarspalterisch und unergiebig. Leider hat dieser beiläufige Ansatz biblischen Themen gegenüber viele dahin geführt, die einzelnen Begriffe der paulinischen Lehre falsch zu verwenden und zu verwechseln. Diese „zwölf Menschen“ sind ein Beispiel. Wenn wir nicht so sorgsam sind, diese Unterschiede der Schrift zu bewahren, könnte dies letztendlich zum völligen Verlust der unterschiedlichen Wahrheiten des Christentums führen. William Kelly sagte einmal: „Es ist nötig, auf die Unterscheidungen, die die Schrift macht und die sie vorgibt, Acht zu geben. Fürchte dich nicht, dem Wort zu glauben. Nörgler mögen sagen (und sie tun es), dies seien nur allzu feine Unterscheidungen. Wenn aber Gott uns seine Wahrheit so offenbart hat (und die Schrift allein entscheidet, dass Er es getan hat), mögen sie außerordentlich fein sein, so sind sie doch Ihm gemäß, dessen Weisheit und Güte wir anvertraut sind. Wir sind daran gebunden, Unterscheidungen zu machen, wo und wie Gott diese vornimmt. Wenn wir daran scheitern, werden wir unseren Verlust zu spät bemerken.... Aller Fortschritt in wahrer Erkenntnis erweist sich darin, die Dinge zu unterscheiden, die sich unterscheiden. Ja, darin besteht Wachstum in wahrer Weisheit zu einem großen Teil.“

Wir wollen in dieser Angelegenheit keinen „Menschen schuldig erklären wegen eines Wortes“ (Jes 29,21), denn wahrscheinlich haben wir alle diese Begriffe irgendwann einmal falsch verwendet. Dennoch sollten wir den Wunsch haben, ihre richtige schriftgemäße Bedeutung kennen zu lernen, wenn wir auf sie aufmerksam gemacht werden und anfangen, diese Begriffe richtig zu gebrauchen. Es ist daher das Ansinnen dieser Abhandlung, dem Leser ein besseres Verständnis dieser paulinischen Ausdrücke zu geben. Es ist unser ernster Wunsch, dass diese Dinge ebenfalls eine praktische Auswirkung in unserem Leben haben mögen.

Die meisten dieser Begrifflichkeiten tauchen in der Schrift als Paar auf – und zwar als Gegensatzpaar. Der Geist Gottes stellt sie in dieser Weise vor, weil wir Dinge besser erfassen können, wenn wir sie anhand ihrer Gegensätze miteinander vergleichen. Darum werden wir sie jeweils als Paar behandeln.

Fußnoten

  • 1 Im Englischen kann das Wort für „Mann“ auch „Mensch“ bedeuten. Im Original ist somit wörtlich übersetzt die Rede von den „zwölf Männern in den Schriften des Paulus“. Dass bei dem „erwachsenen Mann“ (Eph 4,13) im Gegensatz zu den anderen elf Ausdrücken „Mann“ statt „Mensch“ steht, fällt also im englischen Text nicht auf. Im Grundtext steht hier tatsächlich ein anderer Ausdruck. Bei dem „erwachsenen Mann“ steht „aner“, was in der Elberfelder in der Regel mit „Mann“, manchmal aber auch mit „Mensch“ (z.B.: Lk 5,8) übersetzt wird. Bei den anderen elf Begriffen steht „anthropos“, was genau umgekehrt in der Regel mit „Mensch“, aber auch manchmal mit „Mann“ übersetzt wird. Weder das Englische noch das Griechische unterscheidet die Begriffe „Mann“ und „Mensch“ also so scharf, wie das Deutsche. (Anm. d. Übers.)
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