"Siehe, Mein Knecht"

Kapitel 1,1-20 - Die Vorbereitung des Weges des Herrn

Im Markus-Evangelium zeigt uns der Heilige Geist den Herrn Jesus in all seiner demütigen Gnade als den Knecht des Herrn. Trotzdem sollten wir uns immer daran erinnern, dass der Eine, der sich herabgelassen hat, um gehorsamer Knecht zu werden, nie aufhörte, die göttliche Person zu sein, die Er von Ewigkeit war, auch wenn Er demütiger Knecht in Gleichheit der Menschen wurde. Deshalb, um seine Herrlichkeit zu wahren, beginnt das Evangelium mit einem siebenfachen Zeugnis über die Grösse seiner Person.

Markus 1,1. Der erste Zeuge ist der Schreiber des Evangeliums. Markus, der vom Heiligen Geist benützt wird, um Den vor uns zu stellen, der sich selbst zu nichts machte und Knechtsgestalt annahm, beginnt sein Evangelium, indem er uns daran erinnert, dass «Jesus Christus, der Sohn Gottes» ist.

Markus 1,2.3. Zweitens werden die Propheten zitiert, die von der Herrlichkeit seiner Person Zeugnis gegeben haben. Sie haben nicht nur sein Kommen vorausgesagt, sondern auch seine Herrlichkeit angekündigt. Das Wort des Herrn zu Maleachi ist: «Siehe, ich sende meinen Boten, damit er den Weg vor mir her bereite.» Der Geist wendet diese Worte auf Christus an, denn Er sagt: «Siehe, ich sende meinen Boten vor deinem Angesicht her, der deinen Weg bereiten wird.» Der Herr Jesus des Neuen Testamentes ist der Herr des Alten Testamentes (Mal 3,1). Das zweite Zitat, von Jesaja, redet von der Zubereitung des Weges des Herrn. Also ist es wieder der Herr, dessen Weg zubereitet wird – denn Jesus ist der Herr (Jes 40,3).

Markus 1,4–8. Das dritte Zeugnis über die Herrlichkeit des vollkommenen Dieners haben wir von Johannes, seinem Vorläufer. Einerseits bezeugt er den sündigen Zustand des Menschen und die Notwendigkeit der «Buße zur Vergebung der Sünden». Anderseits legt er Zeugnis ab von der Herrlichkeit des Einen, der in demütiger Gnade als Knecht gekommen ist, um den Bedürfnissen der Menschen zu begegnen. Er stellt sich in der Wüste auf; «und das ganze jüdische Land ging zu ihm hinaus und alle Bewohner von Jerusalem». Jahrhunderte früher hatte der Herr zu dem Propheten gesagt: «Siehe, ich werde sie locken und sie in die Wüste führen und zu ihrem Herzen reden» (Hos 2,16). Es war, wie jemand gesagt hat: In der schönen, blühenden Stadt konnte Er nicht zu ihrem Herzen reden. Aber er lockte sie in die unfreundliche, unfruchtbare und öde Wüste, um dort zu ihrem Gewissen zu reden und das Herz zu gewinnen. Heute schlägt Gott oft diesen Weg ein, sowohl mit Sündern als auch mit Gläubigen. Wir suchen Behaglichkeit und Bequemlichkeit und finden dabei zu oft, dass unsere Herzen kalt und gleichgültig werden. Dann platzt der Herr mit Kummer und Prüfung herein, um zu unseren Herzen zu reden und unsere Blicke auf sich zu ziehen.

Um sich an das Gewissen zu wenden, zeigt Johannes, dass unsere Sünden die schöne Schöpfung in eine moralische Wüste verwandelt und den Menschen von Gott getrennt haben. Seine Lebensweise, getrennt von der Welt, stand in Übereinstimmung mit seinem Zeugnis. Vor allem zeugte er von der Herrlichkeit des Einen, der im Begriff stand zu kommen. Wenn der Eine, der «es nicht für einen Raub achtete, Gott gleich zu sein», sich herabneigte, um Mensch zu werden und Knechtsgestalt anzunehmen, freute sich Johannes, der grösste unter den Propheten, anzuerkennen, dass ein grösserer Diener gekommen war, dessen er nicht würdig war, Ihm gebückt den Riemen seiner Sandalen zu lösen. Johannes mochte zwar mit Wasser taufen und durch dieses Zeichen des Todes das Volk von seiner Verbindung mit einer verdorbenen Welt lösen, Jesus aber würde mit Heiligem Geist taufen. Diese göttliche Person ist das Siegel dafür, dass die Gläubigen von nun an Christus angehören in einer neuen Welt.

Markus 1,9–11. Viertens haben wir das Zeugnis über die Herrlichkeit von Christus durch die Stimme aus den Himmeln. In unendlicher Gnade unterwarf sich der Herr der Taufe und machte sich so eins mit dem treuen Überrest in der Trennung von der schuldigen Nation. Sogleich wurde die Stimme des Vaters gehört, welche die Herrlichkeit des «geliebten Sohnes» ausruft, an dem der Vater sein Wohlgefallen findet. Schon in früheren Tagen hatte der Herr durch den Propheten gesagt: «Siehe, mein Knecht, ... an dem meine Seele Wohlgefallen hat: Ich habe meinen Geist auf ihn gelegt» (Jes 42,1). So konnte die Stimme vom Himmel sagen: «Mein Knecht» ist «mein geliebter Sohn». Es ist richtig gesagt worden: Er wurde mit dem Heiligen Geist versiegelt, wie wir es sind; Er, weil Er persönlich würdig war; wir, weil Er uns durch sein Werk und sein Blut dazu würdig gemacht hat.

Markus 1,12.13. Fünftens haben wir eine kurze Anspielung auf die Versuchung in der Wüste. Die Versuchung unserer ersten Eltern im Garten der Wonne brachte ihre Schwäche ans Licht, in der sie von Satan überwältigt wurden. Die Versuchung unseres Herrn in der Wüste wurde zu einem Zeugnis seiner unendlichen Vollkommenheit, in der Er Satan überwand.

Und sechstens zeugt die Schöpfung selbst von der Herrlichkeit seiner Person, denn wir lesen, dass Er «unter den wilden Tieren» war. Wie sehr die Tiere auch die Menschen fürchten mögen, sie haben keine Angst vor diesem gesegneten Menschen, denn Er ist nämlich ihr Schöpfer.

Zuletzt lesen wir: «Die Engel dienten ihm». Der Eine, der kam, um Diener zu sein, wird selbst von Engelheeren bedient. Er ist nichts weniger als «der Sohn», «der Erstgeborene», von dem, wenn Er in die Welt kommt, gesagt wird: «Alle Engel Gottes sollen ihn anbeten» (Heb 1,5.6).

So erklären zu verschiedenen Zeiten Himmel und Erde, Propheten und Engel die Herrlichkeit Jesu als eine göttliche Person. Sie bereiten damit den Weg des Herrn zu dem niedrigen Platz vor, den Er im Begriff stand, als Diener unter Menschen einzunehmen.

Man wird bemerken, dass in diesem Evangelium weder ein Geschlechtsregister noch Einzelheiten seiner Geburt gegeben werden. Begebenheiten aus seinem frühen Leben werden keine erwähnt. Diese Einzelheiten, so kostbar und hilfreich von anderen aufgeschrieben, würden schwerlich im Einklang weder mit dem Markus- noch mit dem Johannes-Evangelium sein. Hier nimmt Er als Diener einen Platz unter allen Geschlechtsregistern ein, währenddem Er im Johannes-Evangelium als Sohn einen Platz über allen menschlichen Abstammungsregistern einnimmt.

Nachdem wir dem siebenfachen Zeugnis über die Herrlichkeit seiner Person gefolgt sind, werden uns in den weiteren, einleitenden Versen sowohl das Ereignis mitgeteilt, das den Weg für den Herrn vorbereitete, um in seinen öffentlichen Dienst einzutreten, als auch der Charakter seines Dienstes, sowie die unumschränkte Gnade, die andere erwählte, um seine Gefährten im Dienst zu sein.

Markus 1,14. Es ist bedeutsam, dass der Herr Jesus, nachdem Johannes überliefert war, hervortrat, um zu dienen. Die Natur hätte geltend machen können, dass, nachdem der Vorläufer verworfen worden, es nutzlos für Jesus sei, mit seinem Auftrag fortzufahren. Aber Gottes Zeiten und Wege zu handeln sind sehr verschieden von denen der Menschen. Der Dienst des Johannes und auch seine Verwerfung waren eine Demonstration der Sünde und der Not des Menschen. Aber das bewies gerade die Notwendigkeit für einen Dienst der Gnade, der allein diesem Bedürfnis entsprechen konnte, und bereitete den Weg dafür vor. Als die Welt durch die Verwerfung Johannes' ihre Sünde bestätigte, machte Gott seine Gnade bekannt, indem Er den Herrn Jesus sandte.

Markus 1,15. In diesem Vers wird das grosse Ziel des Dienstes des Herrn, wie er im Markus-Evangelium aufgezeichnet ist, zusammengefasst. Er ist in der Mitte Israels gegenwärtig, um anzukündigen, dass das Reich Gottes nahe gekommen sei – ein Reich, das gekennzeichnet ist durch Gerechtigkeit, Frieden und Freude (Röm 14,17). Schon Johannes war im Weg der Gerechtigkeit gekommen und überführte die Menschen von ihren Sünden. Nun war der Herr gegenwärtig – nicht um die Menschen für ihre Sünden zu richten – sondern in Gnade, indem Er die Menschen im Blick auf die frohe Botschaft, die die Vergebung der Sünden verkündigte, zur Buße aufrief.

Markus 1,16–20. Dann lernen wir die Gnade des Herrn kennen, die andere mit Ihm selbst im Dienst einsmacht. Er geht an den offiziellen Priestern, den studierten Schriftgelehrten und den religiösen Pharisäern vorbei und befasst sich mit einfachen Fischern. Simon ist einer, der sagen kann: «Silber und Gold habe ich nicht», und von dem die Welt sagt, dass er ein «ungelehrter und ungebildeter Mann» sei (Apg 3,6; 4,13). Fehlender Reichtum und Mangel an menschlicher Gelehrsamkeit sind keine Hindernisse, um ein Gefährte des Herrn zu sein, oder in seinem Dienst gebraucht zu werden. Trotzdem, so einfach die Berufung derer auch ist, die der Herr in seinen Dienst stellen mag, sind sie nicht arbeitslos. Diese einfachen Männer gingen ihrer Arbeit als Fischer nach, als der Herr sie rief, damit sie Menschenfischer würden. Der Dienst des Herrn soll nicht von denen übernommen werden, die nichts anderes zu tun haben.

Weiter müssen seine Diener für den Dienst ausgerüstet werden, und diese Ausbildung kann nur bei Ihm, in seiner Gegenwart, erlangt werden. Deshalb hören wir die Worte des Herrn: «Kommt, folgt mir nach, und ich werde euch zu Menschenfischern machen». Das ist heute noch wahr, denn die Worte des Herrn bleiben bestehen: «Wenn jemand mir dient, so folge er mir nach» (Joh 12,26). Wir mögen leider mit dem Glauben an das Evangelium zum Heil unserer Seele zufrieden sein und wenig von einem Wandel in der Nachfolge des Herrn auf dem Weg des Glaubens und demütigen Gehorsams kennen, wodurch der Weg für den Dienst vorbereitet wird. Wir mögen nicht berufen sein, buchstäblich alles zu verlassen wie die Jünger, als der Herr auf dieser Erde lebte; aber wenn wir Ihm dienen wollen, kann es nur in der Gesinnung sein, worin Er der gesegnete Anziehungspunkt unserer Seele ist. Es mögen nicht alle berufen sein, ihre tägliche Arbeit aufzugeben. Das ist tatsächlich nur der Weg von einigen wenigen. Der Mehrzahl der Kinder Gottes wird zweifellos gesagt, in ihrem irdischen Beruf zu bleiben (1. Kor 7,20). Trotzdem hat der Herr für alle einen Dienst, denn «jedem Einzelnen aber von uns ist die Gnade gegeben worden nach dem Mass der Gabe des Christus» (Eph 4,7). Dieser Dienst wird das Aufgeben aller Dinge einschliessen, die uns in die Beschäftigungen des Lebens verstricken wollen. Er kann nur ausgeführt werden, wenn wir uns nahe an Ihn halten. Seitens dieser Jünger gab es eine sofortige Antwort auf den Ruf des Herrn, denn wir lesen: sie «folgten ihm nach», und weiter: sie «gingen weg, ihm nach».

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