Botschafter des Heils in Christo 1855

Joseph, ein Vorbild auf Jesus

Wir finden im Alten Testament wohl keine Geschichte, die als Vorbild auf Jesus so reich und so ausgedehnt ist, als die Geschichte Josephs. Die Verwandtschaft derselben, selbst in den verschiedenen Einzelheiten, mit dem, was den Herrn offenbart, ist so sehr in die Augen fallend, dass selbst der einfachste Christ sie mit leichter Mühe bald herausfindet. Zugleich ist es aber auch für das einfältig gläubige Herz eine höchst angenehme und erquickende Beschäftigung, in so vielen innerlichen Schönheiten dieser Geschichte den Herrn selbst, und das, was Ihn offenbart, gleichsam in einem Bild zu schauen; überall findet es Gelegenheit, die mannigfaltige Weisheit Gottes zu bewundern und seinen Namen zu preisen. Der Heilige Geist wolle uns denn bei dieser Betrachtung leiten, dass unsere Herzen durch dieselbe reichlich genährt und erquickt werden, und wir immer tiefer hineinschauen in seine wunderbaren und herrlichen Wege, worin sich stets seine Weisheit und Liebe, seine Gnade, Macht und Gerechtigkeit offenbaren.

Nach den Ratschlüssen Gottes war Joseph der Erbe der Herrlichkeit und das Oberhaupt seiner ganzen Familie. Im Anfang seiner Geschichte haben wir die Offenbarung dieser Ratschlüsse an Israel (Jakob) und seine Söhne durch Josephs Träume, (Kap 37,5–11) und am Ende die Erfüllung derselben (Kap 41–46). Zwischen beiden aber die wunderbaren Wege Gottes. Die Brüder Josephs verstehen Nichts von diesen Ratschlüssen, weil alles das, was uns Gott mitteilt, von unserer Seite Glauben fordert, und dieser war nicht in ihnen. Nur bei der Erfüllung derselben müssen sie mit tiefer Beschämung erkennen, dass Gott treu und wahrhaftig ist, und alles erfüllt, was Er verheißen hat. Jakob aber, ihr Vater, obwohl ihm auch der Ausgang dunkel war, bewahrte doch die Sache (Kap 37,11). Er hatte etwas von den unbegreiflichen Wegen Gottes, sowie von der Wahrhaftigkeit seines Wortes erfahren. – Werfen wir unseren Blick auf die Person des Joseph, so finden wir auch hier die Worte des Apostels bestätigt: „Gott hat das Törichte der Welt auserwählt, auf dass er die Weisen zu Schanden mache; und das Schwache der Welt hat Gott auserwählt, auf dass er das Starke zu Schanden mache; und das Unedle der Welt, und das Verachtete hat Gott auserwählt, und das, was nicht ist, auf dass er das, was ist, zu Nichte mache, dass sich vor Ihm kein Fleisch rühme“ (1. Kor 1,27–29). – Betrachten wir die Führungen des Joseph, so sind diese in der Tat sehr wunderbar, und scheinen oft den Ratschlüssen Gottes nicht zu entsprechen, und ihr Ziel ganz und gar zu verfehlen. Doch am Ende sehen wir den Zweck Gottes völlig erreicht; – und, seien es die Führungen einer einzelnen Seele, seien es die seines ganzen Volkes, immer werden wir genötigt sein, in den Ausspruch des Apostels einzustimmen: „O Tiefe des Reichtums, beides, der Weisheit und der Erkenntnis Gottes! Wie unausforschlich sind seine Gerichte, und unaufspürbar seine Wege! Denn wer hat des Herrn Sinn erkannt? Oder wer ist sein Mitberater gewesen? Oder wer hat ihm zuvor gegeben, und es wird ihm vergolten werden?“ (Röm 11,33–34) – Wenn wir aber glauben, dass die Wege Gottes, die Er uns führt, unaufspürbar und unbegreiflich sind, und der Ausgang köstlich ist, wie ruhig und getrost sollten wir denn in solchen Wegen sein, die wir nicht begreifen. Ist der Zweck Gottes erfüllt, ist das herrliche Ziel erreicht, so wird uns nichts anderes übrig bleiben, als Anbetung und Bewunderung seiner Weisheit und Liebe, seiner Macht und Gnade. –

Die Ratschlüsse Gottes in Betreff des Joseph sind vorbildlich und im kleinen Maßstab diejenigen, welche auf unseren Herrn Jesus Christus Bezug haben. Er ist nach diesen Ratschlüssen der wahrhaftige Herr der Herrlichkeit, der Erbe aller Dinge, das Haupt der ganzen Schöpfung, und das Oberhaupt oder der König seines Volkes, des Volkes Israel. Die Gemeinde, seine Miterbin und die Genossin seiner Herrlichkeit, kommt hier nicht in Betracht. Sie nimmt eine besondere Stellung in den Ratschlüssen Gottes ein; als himmlisches Volk, jetzt vor Gott in Christus, aber bei seiner Erscheinung mit Ihm in Herrlichkeit, genießt sie in seiner persönlichen Gemeinschaft alles, was Ihm vom Vater übergeben ist.

Das jüdische Volk verstand weder die Ratschlüsse Gottes in den Weissagungen der Propheten, noch erkannte es den, welcher der Mittelpunkt derselben und der Träger aller Verheißungen war, nämlich Jesus, der in Niedrigkeit unter ihnen wohnte, und dessen Herrlichkeit, als die eines Eingeborenen vom Vater, stets sichtbar war. Wie wenig sie ihn aber kannten, sagen uns die prophetischen Worte des Jesaja Kapitel 53,2–3: „Und Er schoss auf vor Ihm, wie ein Reis, und wie eine Wurzel aus dürrem Erdreich. Er hatte keine Gestalt und Schöne; wir sahen Ihn, aber da war keine Gestalt, die uns gefallen hätte. Er war der Allerverachtetste und Unwerteste unter den Menschen, voller Schmerzen und Krankheit, und wie ein die Antlitz vor uns Verhüllender war Er verachtet, und wir haben Ihn nicht geachtet.“ – Nur wenige, obgleich in vielen Stücken noch unwissend, glaubten Ihm in seiner Niedrigkeit und bewahrten seine Worte (Joh 17,6).

Wir haben gesehen, dass die Brüder Josephs die Ratschlüsse Gottes weder verstanden noch glaubten. Die Offenbarung derselben durch die Mitteilung der beiden Träume erregte nur Eifersucht, Neid und Hass in ihren Herzen. Schon hatte die zärtliche Liebe des Vaters zu Joseph diese Neigungen in ihnen aufgeweckt, und als sie nun vollends von letzterem dessen Träume hörten, sagten sie zu ihm: „Willst du etwa König über uns werden; willst du etwa über uns herrschen? Und sie hassten ihn noch mehr um seiner Träume und um seiner Rede willen“ (Kap 37,8). So fiel denn der Hass der Brüder ganz und gar auf den, welcher der Gegenstand der Liebe des Vaters und der Ratschlüsse Gottes war, und sie ruhten nicht eher, als bis sie durch eine böse und grausame Tat ihren Hass an ihm befriedigt hatten. – Als sie nämlich einst fern vom Vaterhaus die Herden weideten, sandte Jakob seinen Sohn Joseph zu ihnen, indem er zu diesem sagte: „Gehe doch, siehe, ob es um deine Brüder und um die Herden wohl steht, und bringe mir Nachricht“ (V 14). Joseph ging hin, und suchte, bis er sie fand. „Und sie sahen ihn von ferne; und bevor er ihnen nahte, machten sie gegen ihn den Anschlag, ihn zu töten. Und sie sprachen einer zu dem anderen: Siehe, der Träumer da kommt! Und nun wohlan, lasst uns ihn erwürgen, und ihn in eine Grube werfen, und dann sprechen wir: Ein böses Tier hat ihn gefressen; da wollen wir sehen, was aus seinen Träumen wird“ (V 18–20). So gedachten sie die Ratschlüsse Gottes, die nichts anderes als ihren Segen bezweckten, zu Nichte zu machen. Und welch einen Unterschied finden wir hier in der Gesinnung des Vaters und der seiner Kinder. Jener ist besorgt, und schickt zu ihnen, um zu erfahren, wie es um sie steht; diese dagegen, sobald sie seinen Gesandten, sein geliebtes Kind, ihren Bruder sehen, denken sie gleich daran, ihn zu töten. Bei ihnen ist keine Besorgnis um das Wohlergehen des Vaters; sie sind sogar bereit, sein Herz mit dem tiefsten Schmerz zu durchbohren. Es gewährt ihnen keine Freude, wenn sie mit guter Botschaft das Herz des Vaters erquicken, und mit einem freien, kindlichen Bewusstsein vor sein Angesicht zurückkehren können; sie wollen ihm vielmehr mit der hässlichsten Lüge nahen, und ihm den grausamen Tod seines Geliebten melden. So sehr herrschte die Sünde in ihren Herzen, dass selbst aller kindliche Gehorsam und alle natürliche Liebe sowohl zu dem Vater als zu dem Bruder darin erstickt war. – Ruben, der älteste Sohn Jakobs, erkannte wohl dieses Unrecht, und dachte auch daran, den Joseph zu retten, und ihn dem Vater zurückzugeben; allein er war zu schwach, seinen Entschluss vor den entarteten Brüdern entschieden auszuführen (V 21–24). – Besonders finden wir hier den Judas wirksam; er rät zwar den Brüdern von ihrem Mordanschlag ab, allein er bestimmt sie, den Joseph an vorüberziehende Ismaeliter zu verkaufen. Und also wurde dieser von seinen Brüdern für zwanzig Silberlinge verkauft und den Heiden übergeben (V 26–28). – Doch sehen wir in diesem allem die verborgene Hand Gottes, der immer beschäftigt ist, alle Umstände zum Besten der Seinen und zur Verherrlichung seines Namens zu leiten; und gerade da ist seine unsichtbare Macht besonders tätig, wo Satan seine volle Wirksamkeit entwickelt, und Triumphe zu feiern glaubt. Dieser denkt nur daran, die weisen und segensreichen Ratschlüsse Gottes zu vereiteln, und dennoch muss sein finsteres Treiben stets dazu dienen, dieselben herbeizuführen. O wie ruhig und getrost, macht es uns, wenn wir überall den Herrn sehen und uns stets in seiner Gegenwart wissen; wenn wir in allen Wegen, die Er uns leitet, die feste Überzeugung haben, dass Er mit uns ist, und in seiner Macht und Liebe immerdar für uns wirkt. Den Gottlosen aber begleiten nur seine Sünden und sein böses Gewissen; er ist in der Gegenwart ohne Trost und für die Zukunft ohne Hoffnung; will er seinen Blick nach oben richten, so fühlt er nur die Furcht vor dem Gericht Gottes.

Die Söhne Jakobs senden ihrem Vater den Rock Josephs, nachdem sie ihn in das Blut eines geschlachteten Ziegenbocks getaucht haben, und sagen herzlos: „Dies haben wir gefunden, erkenne doch, ob es der Rock deines Sohnes ist, oder nicht?“ (V 31–32) Und als der Vater in tiefem Herzeleid über den Geliebten jammert, da machen sie sich alle auf, um ihn zu trösten. O schreckliche Verstellung des menschlichen Herzens! Doch keine Reue und kein Schmerz über die böse Tat. Wie überschwänglich muss aber die Gnade sein, die solch überströmende Sünde noch weit überströmt.

Doch noch in einem viel tieferen und ausgeprägteren Sinne tritt uns die Wahrheit des Gesagten entgegen, wenn wir unseren Blick auf den wahren Joseph, auf Jesus und das jüdische Volk richten. Kennen wir einigermaßen die Geschichte dieses Volkes, und seine Führungen vom Herrn, so begreifen wir sowohl die Frage des Letzteren in dem Propheten Jesaja 5,3–4: „Und nun, Bewohner Jerusalems und Männer Judas, richtet doch zwischen mir und meinem Weinberg! Was war noch zu tun an meinem Weinberge, das ich nicht getan hätte?“ als auch dessen Ausruf in Amos 5,25–26: „Habt ihr mir Schlacht– und Speisopfer gebracht in der Wüste vierzig Jahre, Haus Israels? Ihr trugt ja die Hütte eures Molochs, und das Gestell eurer Bilder, den Stern eures Gottes, den ihr euch gemacht hattet.“ – Es wurde stets offenbar, dass Israel ein halsstarriges Volk war. Dennoch hatte die Langmut Gottes ihr Ziel nicht erreicht. So groß auch die Sünde war, so war doch die Gnade noch überschwänglicher. Er sandte seinen Sohn, den Geliebten. Jesus sollte in Niedrigkeit unter ihnen, die Gesinnung Gottes zu seinem Volk offenbaren; allein die Weingärtner, die bisher alle vom Herrn des Weinbergs gesandten Knechte beschimpft, geschlagen und gar getötet hatten, stießen auch Ihn, den alleinigen Erben des Weinbergs, hinaus und töteten Ihn. „Er kam in sein Eigentum, aber die Seinen nahmen Ihn nicht auf“ (Joh 1,11). In Ihm begegnete ihnen Gott selbst voll Gnade und Liebe, voll Freundlichkeit und Sanftmut, voll Geduld und Erbarmen; aber dies Volk begegnete in Jesu seinem Gott mit Neid und Hass, mit allerlei Schmähung und Verfolgung, mit Bosheit und Mordlust, und es ruhte nicht eher, als bis sie den Gerechten, ihren verheißenen König vor Pilatus verleugnet und ans Kreuz geheftet hatten. Doch auch jetzt hatten Liebe und Gnade ihr Ziel noch nicht erreicht. Am Kreuz ertönen die erbarmungsreichen Worte aus Jesu Mund: „Vater, vergib ihnen; denn sie wissen nicht, was sie tun;“ allein ihr verhärtetes Herz verstand es nicht; sie lästerten fort und fort. Dies Volk wollte die Zeit seiner Heimsuchung nicht erkennen. Trotz der Niedrigkeit, welche den Herrn umgab, konnte man in Ihm den König Israels nicht verkennen; nur Israel selbst sah es nicht. Bei seiner Geburt ward Er von den Magiern als König der Juden begrüßt; als solcher hielt Er in Jerusalem seinen Einzug; als solcher war Er gekrönt und als solcher gekreuzigt. Er genehmigte das Lob seiner Jünger, welche riefen: „Gesegnet, der König, der da kommt im Namen des Herrn!“ indem Er sagte: „Ich sage euch: Wenn diese schweigen würden, so würden sofort die Steine schreien“ (Mt 19,38–40). Allein alles blieb vor ihren Augen verborgen; sie wollten nicht, dass dieser über sie herrsche. Befreite Er selbst durch die Kraft des Heiligen Geistes die Besessenen von den Teufeln, sie sagten: „Er treibt die Teufel aus durch Beelzebub, den Obersten der Teufel.“ Sie wollten das erbarmungsreiche Herz Gottes nicht erkennen; sie stießen selbst seinen geliebten Sohn, in dem alle Verheißungen Ja und Amen sind, und der, geboren in ihrer Mitte, aus dem Samen Davids nach dem Fleisch, gekommen war, die verlorenen Schafe vom Haus Israel zu suchen und selig zu machen, hartherzig und grausam von sich.

Mannigfache Gefühle durchdringen uns, wenn wir daran denken, dass die Geschichte Israels die Geschichte unserer eigenen Herzen von Natur ist. Dies Bewusstsein lässt uns erst recht die große Gnade, die uns widerfahren ist, schätzen. Wir werden voll Dank und Freude bekennen müssen, dass uns ein lieblich Los und ein köstlich Heil zu Teil geworden ist. – Doch welch ein unermesslicher Kontrast zwischen Gott und dem Sünder! aber auch welch unzertrennliche Vereinigung in Christus zwischen Ihm und dem Begnadigten und Gerechtfertigten! Dort ein gerechter Richter und ein in allem schuldiger Sünder; hier der Vater voll Liebe und Gnade und seine geliebten Kinder; dort ewige Trennung und hier ewige Gemeinschaft. Gott war durch uns entehrt, aber nun ist Er durch das Kreuz Christi für uns völlig geehrt; seine Gerechtigkeit war durch uns schmählich beleidigt, aber durch das Opfer Christi für uns ist sie nun vollkommen befriedigt. Er ist nun völlig treu und gerecht, wenn Er uns keine Sünde zurechnet. Handelt Er nach Gnade, so handelt Er auch nach Gerechtigkeit. Dies gibt uns große Zuversicht, stets mit Freimütigkeit und ohne Furcht zu nahen; es lässt uns erkennen, wie sicher und köstlich unser Heil in Christus ist, dass wir in Ihm nach allen Seiten geborgen sind. Jeder Feind muss weichen, jede Anklage verstummen, denn Gott selbst ist es, der uns rechtfertigt. Möge Er durch seinen Geist, doch allen den Seinen reiche Erkenntnis des unermesslichen Heils in Christus geben.

Nach der Abwesenheit des Joseph sehen wir in Kapitel 38, wie Juda in allerlei Elend und Schande verfällt. Er hat die Ratschlüsse Gottes verachtet, und ist jetzt den Sünden und der Blindheit seines Herzens preisgegeben. Doch Gott verstößt ihn nicht ganz; Er handelt mit ihm nach Gnade. Er bleibt in der Reihe des königlichen Geschlechts, und selbst sein Sohn, den er mit seiner Schwiegertochter Tamar zeugte, durfte die Linie dieses Geschlechts fortsetzen. –

Viel schrecklicher und ausgedehnter ist jedoch der Verfall des jüdischen Volkes, seit Jesus durch dasselbe verworfen ist. Auf die gräuliche Tat, welche sie durch die Kreuzigung Christi verübt hatten, antwortete ihnen Gott noch einmal mit Gnade. Er sandte seinen Heiligen Geist, und erfüllte also auch diese segensreiche Verheißung. Der Heilige Geist überführte sie von ihrer schrecklichen Sünde und gab Zeugnis von der Gerechtigkeit und von dem Gericht Gottes; allein Er fügte auch durch den Mund des Apostels Petrus hinzu: „Und nun, Brüder, ich weiß, dass ihr es aus Unwissenheit getan habt, gleich wie auch eure Obersten. Tut denn Buße und bekehrt euch, dass eure Sünden getilgt werden, damit die Zeiten der Erquickung kommen vom Angesicht des Herrn, und Er euch Jesus Christus sende, der euch zuvor gepredigt ist“ (Apg 3,17–20). Auch jetzt noch sollte ihrer blutroten Schuld nicht gedacht werden; Gott wollte noch einmal die Zeit ihrer Unwissenheit übersehen, weil der Gerechte für sie am Kreuz gebetet hatte. Jesus sollte wieder zurückkehren, und durch seine Gegenwart dem Volk Zeiten der Erquickung bringen. Doch Israel hatte auch für diese erbarmungsreiche Stimme kein Ohr; es kehrte nicht um, und tat keine Buße; es antwortete vielmehr mit Wut und Zähneknirschen auf das Zeugnis des Heiligen Geistes, und steinigte Stephanus (Apg 7,54–58). Von jetzt an verfiel Israel von Sünde zu Sünde, bis endlich die schreckliche Zerstörung Jerusalems durch die Römer seiner Existenz als Volk ganz und gar ein Ende machte. Seit Jahrhunderten wandeln sie jetzt unstet und zerstreut unter allen Nationen einher, als ein Zeugnis der Langmut und Gerechtigkeit Gottes.

Sie, welche die Ratschlüsse Gottes verwarfen und zu Nichte wachen wollten, könnten jetzt schon, wenn sie anders Augen dafür hätten, das Wort des Propheten Hosea Kapitel 3,4 über sich erfüllt sehen: „Lange Zeit werden die Söhne Israels ohne König, und ohne Obersten, und ohne Opfer, und ohne Bildsäule, und ohne Schulterkleid und ohne Terafim bleiben.“ Doch Israel ist der Blindheit anheimgefallen, bis die Fülle der Heiden eingegangen ist; allein es ist nicht ganz verstoßen, weil Gottes Gnadengaben und Berufung unbereubar sind (Röm 11).

Wenn wir jetzt die Geschichte Josephs weiter verfolgen, so treten uns besonders die wunderbaren und unbegreiflichen Wege Gottes in dessen Führungen entgegen. Die Ismaeliter verkauften ihn nach Ägypten in das Haus des Potifar. Wenn auch jetzt von allen den Seinen verlassen, so begleitete ihn doch der Herr, und war in allem, was er tat, mit ihm; und Er segnete auch um seinetwillen Potifar und sein ganzes Haus (Kap 39,2.5). So versäumt der Herr die Seinen nie, auch nicht den Einzelnen in der Wüste. Er ist ihnen immer nahe, und ist stets bereit, sie zu bewahren und zu segnen. Wie gut ist es, wenn wir dies Bewusstsein haben, wenn wir Ihn in allen unseren Versuchungen finden. Joseph kannte und liebte seinen Gott und wandelte in seiner Gegenwart. In seinem Herzen lebte die Furcht des Herrn; denn selbst in der Stunde der Versuchung, als das Weib des Potifar ihn zum Bösen verleiten wollte, gab er zu erkennen, dass er Gott mehr liebte, als die vergängliche Lust des Fleisch. Er sagte: „Wie sollte ich ein so großes Übel tun, und wider Gott sündigen!“ (V 9) Der Herr ist in jeder Versuchung unsere Kraft und Stärke, wenn wir unser Vertrauen allein auf Ihn setzen. Potifars Weib aber durch Josephs Gottesfurcht gestraft, erhob eine falsche, Anklage wider ihn, und er wurde in Folge dessen ins Gefängnis geworfen. Das war also der Lohn seiner Treue, und Gott schweigt dazu; er hatte den Herrn vor den Menschen bekannt, aber der Herr scheint ihn zu vergessen; seine Gottesfurcht wird für ihn ein Weg zum Gefängnis. Also prüft Gott den Glauben der Seinen. Er lässt sie Unrecht leiden, damit sie den Gehorsam lernen; aber seine Liebe finden sie in allen Umständen und selbst in den größten Trübsalen wirksam. Er erzieht die Seinen in der Schule der Leiden, und bereitet sie vor und macht sie tüchtig zu dem Zwecke, wozu Er sie bestimmt hat. Das Ende aber zeigt uns stets die herrlichen Resultate seiner Führungen. Durch seine Wege macht Er die Seele stille, ernst und besonnen, und lehrt sie ausharren und auf Ihn in jeder Lage zu vertrauen. Doch zu seiner Zeit erhöht Er die Erniedrigten; Er offenbart alsdann seinen starken Arm und verherrlicht seinen Namen. – Auch im Gefängnis ward Joseph nicht verlassen noch versäumt; Jehova war mit ihm, und ließ alles gelingen, was er tat. Wohin uns niemand begleitet, da ist Er uns nahe, und weiß unsere Herzen durch seine Gemeinschaft und Gegenwart zu trösten und zu stärken.

In seiner Niedrigkeit offenbart Joseph die Gedanken und Ratschlüsse Gottes, und wir sehen auch hier, dass der Herr bei der Wahl seiner Werkzeuge zu solchen Offenbarungen sich nicht an das bindet, was hoch und angesehen ist vor der Welt. Selbst der Inhalt seiner Offenbarungen ist in den Augen der Menschen nur Torheit und Schwachheit, auf dass sich vor Ihm kein Fleisch rühme. – Zunächst deutet Joseph den beiden königlichen Dienern ihre Träume im Gefängnis, welche sich nach seiner Deutung erfüllen – der Eine wird nach dreien Tagen wieder in sein Amt eingesetzt; der Andere aber nach ebenso viel Zeit hingerichtet. Zugleich musste Joseph jetzt erfahren, wie schnell die Welt das ihr erwiesene Gute vergisst. Sie denkt nur an sich, und selbst wenn sie an andere denkt und anderen hilft, so ist dies im Grund nichts anderes, als Selbstsucht und Eigenliebe. Gott aber gedachte an Joseph. Sobald die Zeit seiner Prüfung und seines Wartens vollendet war, da wusste Er auch Mittel und Wege zu finden, ihn zu befreien, und ihn die Stellung einnehmen zu lassen, welche er nach seinen Ratschlüssen einnehmen sollte. Ein Traum des Königs Pharao, den alle Zeichendeuter und alle Weisen Ägyptens nicht deuten konnten, weil er eine göttliche Offenbarung enthielt, erinnerte den Ober–Mundschenk an seine Sünden und an Joseph. Dieser wurde aus dem Gefängnis geholt, und wie er früher in demselben bei der Deutung der Träume der beiden königlichen Diener Gott die Ehre gab, indem er sagte: „Gott gehören die Deutungen an,“ so tat er es auch jetzt vor Pharao. Er sprach: „Die Deutung steht nicht bei mir; Gott möge dem Pharao Heil verkündigen“ (Kap 41,16). – Nachdem nun Joseph dem König durch die Auslegung seines Traumes die Gedanken Gottes offenbart, und ihm in Bezug auf diese Gedanken und das Wohl des Landes den Rat erteilt hatte, sich nach einem weisen und verständigen Mann umzusehen, und ihn über das Land Ägypten zu setzen, da sprach Pharao zu seinen Knechten: „Werden wir einen Mann wie diesen finden, in welchem der Geist Gottes wohnt?“ Und er sprach zu Joseph: „Da dir Gott dies alles kund getan, so ist keiner so einsichtsvoll und weise wie du. Du sollst über mein Haus gesetzt sein, und nach deinem Mund soll mein ganzes Volk sich richten, nur um den Thron will ich höher sein, als du.“ Dann bekleidete er den Joseph mit Schmuck und Ehre, und alles musste sich vor ihm beugen. Seinen Namen nannte er: „Zaphnathphaneach“ (d. i. Retter der Welt)

Gleich dem Joseph wurde auch Jesus in Folge falscher Anklagen durch die Heiden erniedrigt. Die Juden verleugneten Ihn vor Pilatus und übergaben Ihn seinen Händen, den Händen der Gesetzlosen, auf dass Er gekreuzigt würde (Apg 2,23). „Er war in der Welt, und die Welt ist durch Ihn gemacht, und die Welt kannte Ihn nicht“ (Joh 1,10). Sie verstand weder die Liebe Gottes, die den eingeborenen Sohn zur Erlösung derer gab, die an Ihn glauben würden, noch fühlte sie die Notwendigkeit ihrer Errettung und Versöhnung mit Gott durch Ihn; sie kannte weder den, der gekommen war, das Verlorene zu suchen und selig zumachen, noch die Ratschlüsse dessen, der alles seinen Füßen unterworfen hat. Sie verwarf und kreuzigte Ihn. Der Prophet Jesajas führt ein lebendiges Bild seiner Erniedrigung und seiner Leiden vor unsere Seele; und wer Ihn unter die Missetäter gerechnet, und geschmäht und gelästert am Kreuz hängen sähe, wer Ihn durch den Mund Davids ausrufen hörte: „Ich bin ein Wurm und kein Mensch! ein Hohn der Leute und verachtet vom Volk. Wer mich sieht, der spottet mein, verzieht die Lippen, schüttelt das Haupt: Befehl er seine Sache Jehova, der helfe ihm, wenn er ihn liebt;“ (Ps 22,7–9) – wer hätte da noch daran denken können, dass Er der Mittelpunkt aller Verheißungen und Ratschlüsse Gottes wäre, und dass Ihm das prophetische Wort des Psalmisten gelte: „Du bist mein Sohn, heute habe ich dich gezeugt! Fordere von mir, so gebe ich dir die Völker zum Besitztum, und zum Eigentum die Enden der Erde. Du sollst sie zerschmettern mit eisernem Zepter, wie Töpfer–Gefäße sie zertrümmern;“ und wiederum: „Küsst den Sohn, dass er nicht zürne, und ihr auf eurem Weg umkommt“ (Ps 2,7–12). Gott hat den, der sich selbst zu Nichts machte, und gehorsam war bis zum Tod, ja zum Tod am Kreuze, erhöht, und hat Ihm einen Namen gegeben, der über alle Namen ist: dass in dem Namen Jesu sich beugen sollen alle Knie derer, die im Himmel und auf Erden und unter der Erde sind, und alle Zungen bekennen sollen, dass Jesus Christus der Herr sei zur Ehre Gottes, des Vaters (Phil 2,8–11). Jetzt ist diese Unterwerfung und Verehrung noch nicht völlig verwirklicht, doch Er ist schon zum Voraus zur Rechten Gottes mit Herrlichkeit und Ehre gekrönt. Er hat Ihn gesetzt über seiner Hände Werk, und alles seinen Füßen unterworfen (Heb 2,8). Ist Er und seine Herrlichkeit auch jetzt noch vor den Augen der Welt verborgen, so wird Er doch offenbart werden, und sie wird Ihn dann in dem völligen Besitz alles dessen sehen, was Ihm vom Vater übergeben ist. Er, der in seiner Niedrigkeit nichts hatte, wird dann in Herrlichkeit als Haupt über alles dargestellt werden.

Wir sehen in Kapitel 41,45, dass Pharao dem Joseph Asenat, die Tochter Potifars, des Priesters zu On, zum Weib gab. Diese, obgleich dem Joseph als ihrem Haupt untergeordnet, hatte doch an dessen hohen Stellung und Ehre völligen Anteil, und wir finden in diesem Verhältnis ein Bild der Gemeinde in ihrem Verhältnis zu Christus, als ihrem Haupt. Die Gemeinde ist Ihm zugesellt, nicht als das Erbe, sondern als seine Miterbin. Sie teilt in jeder Beziehung seine Herrlichkeit; nur ist sie nicht Gott, wenn sie auch im gewissen Sinne der göttlichen Natur teilhaftig geworden ist. Sie ist aus der Welt erwählt und ist jetzt priesterlichen Geschlechts, versöhnt und erlöst durch das Blut Christi. Ihr Wesen ist himmlisch, wie auch ihre Berufung. Sie ist gesegnet in geistlichen Gütern in den himmlischen Örtern in und mit Christus. Es kann nur ihre Freude sein, immer mehr von der Fülle Christi zu erfahren, weil ja seine Fülle die ihrige ist, und wenn seine Stellung in Herrlichkeit völlig verwirklicht ist, so wird sie bei Ihm sein, und alles mit Ihm genießen. Alsdann wird Offenbarung 19,7–8 erfüllt sein.

Nach der Erhöhung Josephs nimmt besonders das Zusammentreffen mit seinen Brüdern unsere Aufmerksamkeit in Anspruch. Die Not führte die Söhne Jakobs hinab nach Ägypten zu Joseph. Sie erkannten ihn nicht, aber er erkannte sie. Sie beugten sich vor ihm mit dem Antlitz zur Erde, und dies erinnerte den Joseph, der sich gegen sie verstellte und hart mit ihnen redete, an seine Träume (Kap 42,6–9). Einst von seinen Brüdern verkannt, verachtet und verworfen, wird er jetzt von ihnen hochgeehrt. Die Ratschlüsse Gottes finden ihre Erfüllung. Die Brüder Josephs, welche es böse zu machen gedachten, hatten diese Erfüllung nicht verhindern können. Wir sehen, wie eitel und nichtig jeder Anschlag, jede Macht des Feindes ist, wenn Gott in seiner Weisheit und Kraft wirksam ist, und dass seinem Willen nichts widerstehen kann. – Die Bedrängnisse, in welche jetzt die Söhne Jakobs durch die scheinbare Härte des Joseph kommen, demütigen sie und bringen sie zum Bewusstsein ihrer Sünden. Jetzt heißt es: „Fürwahr! das haben wir verschuldet an unserem Bruder, dessen Seelenangst wir sahen, als er uns um Erbarmen bat, und wir hörten nicht; darum ist über uns gekommen diese Not“ (Kap 42,21). Das in Sünden solange verhärtete Herz fängt an, weich zu werden und seine Missetaten zu erkennen. Weder die Liebe und der Kummer des Vaters, noch die mannigfachen Wege Gottes hatten dieses Gefühl, das sich jetzt in der Bedrängnis und in der nicht geahnten Gegenwart Josephs kund gab, zu erwecken vermocht. So muss der Herr oft durch harte Wege die Seelen zu sich führen. Joseph verstand seine Brüder; er wandte sich von ihnen und weinte. Seine Tränen wurden durch ihr Geständnis erweckt; es waren Tränen der Liebe und der Freude.

Auf ihrer zweiten Reise brachten die Söhne Jakobs dem Joseph viele Geschenke mit, und sich vor ihm zur Erde beugend legten sie ihm dieselben dar. Also huldigten sie dem Joseph. Dieser erkundigte sich nach dem Wohlbefinden ihres Vaters und als er Benjamin sähe, da entbrannte sein Herz und er ging ins innere Gemach, um zu weinen. Dann wusch er sein Angesicht, und ging wieder zu ihnen hinaus und hielt die Tränen zurück. Er ist sehr weit von Rache entfernt; er kann nicht Böses mit Bösem vergelten, denn sein Herz ist voll Liebe und Erbarmen gegen seine Brüder. Er gibt sich noch nicht zu erkennen, um sie zu prüfen; allein dieses Verborgenbleiben und dieses Verstellen wird fast für ihn selbst eine Prüfung. Es folgen noch einige schwere Versuchungen für die Söhne Jakobs, worin sie sich aber als solche beweisen, die ihre Sünden erkannt und ihren Sinn geändert haben. Besonders fällt uns in Kapitel 44 die Sinnesänderung des Juda auf, der früher seinen Brüdern den Rat gab, den Joseph zu verkaufen. Er war bei seinem Vater für die Rückkehr des Benjamin Bürge geworden, und als Joseph diesen zurückhalten will, da denkt er nicht daran wie früher, mit Lügen vor das Angesicht des Vaters zurückzukehren. Er stellt sich wirklich für den Benjamin in den Riss; er offenbart dem Joseph seine Bürgschaft, und seine Bereitwilligkeit anstatt des Knaben zu bleiben; er befürchtet, was er früher nicht befürchtete, dass der Vater, wenn Benjamin nicht zurückkehre, stürbe, und also seine grauen Haare mit Herzeleid in die Grube hinab führen, und fügt hinzu: „Wie könnte ich zu meinem Vater hinaufziehen, ohne dass der Knabe bei mir wäre? Ich müsste das Unglück mit ansehen, das meinen Vater träfe“ (V 84). Wir sehen hier, wie sehr seine Gesinnung umgewandelt ist. Joseph aber kann sich jetzt nicht länger enthalten. Nachdem er alle, die bei ihm standen, hatte hinausgehen lassen, gibt er sich seinen Brüdern zu erkennen, und weint laut vor ihnen. Die Bestürzung und die Freude der Söhne Jakobs über dies unerwartete Wiedersehen war groß, doch sei es jedem Leser überlassen, sich unter dem Einfluss des Heiligen Geistes in die Gefühle ihrer Herzen zu versetzen.

Jakob und seine Söhne ziehen jetzt auf den Rat des Joseph mit allem, was sie haben, nach Ägypten, um in Gosen, im besten Teile des Landes Ramses, zu wohnen. Ehe Jakob mit den Seinen hinkommt, wird Juda vorausgesandt zu Joseph, um gleichsam den Weg in das bezeichnete Land zu eröffnen, und als sie alle daselbst angekommen sind, und sich wohnend niedergelassen haben, da versorgt Joseph seinen Vater und seine Brüder und das ganze Haus seines Vaters mit Brot, nach Verhältnis der Kinder (Kap 47,12). Die Ratschlüsse Gottes in Betreff des Joseph und seiner Familie sind jetzt erfüllt. Joseph, bezeichnet als Retter der Welt, ist das Haupt und der Versorger seiner Familie, und er leitet und regiert ganz Ägypten, welches jeden Segen durch seine Hand empfängt. Besonders wird uns in Kapitel 47 seine Weisheit dargestellt, mit welcher er während seiner Erhöhung alles ordnet und leitet; es geschieht mit derselben Weisheit, die er schon in seiner Niedrigkeit an den Tag gelegt hatte.

Jakob wurde auch durch Joseph dem König Pharao vorgestellt. Er erkennt vor diesem an, dass seine Tage, im Vergleich mit dem Leben seiner Väter, traurig gewesen sind, indem er sagt: „Der Tage meiner Wallfahrt sind hundert und dreißig Jahre; wenig und böse waren die Tage meines Lebens, und erreichen nicht die Lebenstage meiner Väter in ihrer Wallfahrt“ (Kap 47,9). Trotz dieses Bewusstseins fühlt sich dennoch der verachtete Hirte im Stand, den Monarchen zu segnen, und es ist unstreitig, dass der Segnende größer ist, als der, welcher von ihm gesegnet wird. Selbst das schwächste und am meisten strauchelnde Kind ist sich in Christus seiner Überlegenheit selbst vor den Großen dieser Welt bewusst.

Dieser letzte Teil der Geschichte Josephs, betreffend seine Vereinigung mit seinen Brüdern, ist besonders und selbst in seinen Einzelheiten reich an Vorbildern auf Jesus und der Wiederherstellung Israels.

Wir sehen nach Matthäus 24 und vielen anderen Stellen, dass Israel noch eine große Trübsal bevorsteht. Es werden Tage der Drangsale kommen, wie sie nie gewesen sind, und auch nie mehr sein werden. In dieser Zeit der Läuterung und des Gerichts, auf dessen einzelne Umstände wir hier nicht näher eingehen können, wird Israel seinen Gott suchen, und es werden sich alsdann die Worte des Propheten Sacharia Kapitel 12,10 erfüllen: „Dann gieße ich über das Haus Davids und über Jerusalems Bewohner den Geist der Gnade und des Flehens, und sie blicken hin auf mich, den sie durchbohrt haben, und beklagen ihn, wie man den einzigen Sohn beklagt, und weinen bitterlich über ihn, wie man bitterlich weint über den Erstgeborenen.“ – Israel erkennt und beweint seine vielen Sünden und Missetaten, womit es gegen seinen Gott gesündigt hat. Die Einzelheiten der Wiederherstellung Israels und seiner Glückseligkeit im Land der Verheißung nach dieser Wiederherstellung unter Christus, als dem König der Gerechtigkeit und des Friedens, finden wir namentlich in den Propheten mitgeteilt, und es macht einen wohltuenden und lieblichen Eindruck auf unsere Herzen, diese zu erforschen. Wir sehen Jesus, einst von seinem Volk erniedrigt, verschmäht und verworfen, jetzt durch dasselbe hoch verherrlicht und verehrt und von Ihm mit großer Weisheit und Kraft regiert und geleitet. Als Folge der Wiedereinsetzung der Juden und der Gegenwart des Herrn wird auch der Segen über die Heiden kommen.

Der Herr aber lehre uns durch Erkenntnis der Wahrheit und vor allem seiner selbst immer mehr seinen Namen zu preisen und zu verherrlichen.

« Vorheriges Kapitel